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Lernmethoden

How to: Klausurentechnik

8 min read | 20. Aug. 2025

ChatGPT Bild 20 Aug 2025

Eine gute Staatsexamensklausur ist kein Zaubertrick, sondern erfordert vor allem solides Handwerk und systematisches Vorgehen. Wer Aufgabestellung, Zeit, Struktur und Schwerpunkte im Griff hat, sammelt zuverlässig Punkte – unabhängig vom Rechtsgebiet. Die folgenden Tipps sind gedacht als Anleitung, aber auch als eine best-of-Zusammenstellung der wichtigsten Tipps für das Vorgehen im Examen: pragmatisch, wiederholbar, stressfest.

Tipp 1: Klausurauftrag entschlüsseln

Bevor du die ersten Zeilen schreibst, kläre zunächst worum es geht. Was genau soll abgeliefert werden – ein Gutachten oder eine anwaltliche Beratung? Alle Ansprüche von X gegen Y oder gibt es eine Einschränkung auf Herausgabeansprüche? Sind gewisse Normen durch den Bearbeitervermerk von der Prüfung ausgenommen? Welche Fragen sind ausdrücklich gestellt – und welche gerade nicht? Wer den Bearbeitervermerk sorgfältig liest und die einzelnen Formulierungen und Angaben ernst nimmt, verhindert bereits hier Themenverfehlungen und stellt sicher, in die richtige Richtung zu prüfen. Ein kurzer Randvermerk (z. B.: „Gutachtenstil, Fokus: Frist + Ermächtigungsgrundlage“) schärft den Blick für das Wesentliche.

Tipp 2: Zeitmanagement mit der 1/3–2/3-Regel

Klausuren scheitern selten am Wissen, sondern häufig an der mangelnden Zeit (Stichwort: Rennfahrerklausur). Bewährt hat sich ein Verhältnis von etwa ein Drittel für Erschließen und Strukturieren, zwei Drittel für das Ausformulieren der Lösung. In der Praxis bedeutet das: zügig lesen, den Sachverhalt ordnen, eine belastbare Gliederung und Lösungsskizze entwerfen – und dann konsequent entlang der Skizze die Lösung ausschreiben, ohne dir dann noch Gedanken über einzelne Prüfungspunkte machen zu müssen. Wichtig ist, bereits in diesem Stadium die wesentlichen Schwerpunkte des Falls zu verorten und so deine Gedanken zu priorisieren. Lege vorab fest, wie viel Schreibzeit jeder Schwerpunkt bekommt, und halte dich daran. Wenn du merkst, dass dir Zeit fehlt, dann halte dich notfalls kurz und springe zum nächsten Punkt; eine knappe, aber vollständige Bearbeitung mehrerer Schwerpunkte bringt regelmäßig mehr als die perfekte Ausführung eines einzelnen, wenn das Gutachten insgesamt unvollständig bleibt.

Tipp 3: Zeitstrahl, Rollenkarte und Markierung

Ordnung schafft Überblick. Ein einfacher Zeitstrahl mit den maßgeblichen Daten – Zugang von Erklärungen, Erlass und Bekanntgabe von Verwaltungsakten, Fristenläufe, Tathandlungen – stößt dich oft durch eine visuell strukturierte Darstellung auf typische Fallen (etwa Verjährung oder Fristversäumnisse). Parallel dazu hilft eine kleine „Rollenkarte“: Wer steht zu wem in welcher rechtlichen Beziehung, welche Ansprüche oder Behördenakte sind im Raum, wo drohen Beweis- oder Zuständigkeitsprobleme? Durch das farbliche Markieren des Sachverhalts (z. B. durch unterschiedlich farbige Markierungen von Tathandlung, -erfolg und subjektiven Vorstellungen im Strafrecht) schaffst du dir einen Überblick in verworrenen Sachverhalten und kannst auf einen Blick erkennen, worauf es ankommt. Wenn du diese Methoden nutzt, kannst du jeden Sachverhalt planvoll abarbeiten, ohne dich in seinen Details zu verirren.

Tipp 4: Die Grundstruktur des Fachs sicher fahren

Jedes Rechtsgebiet hat seinen eigenen typischen Prüfungsaufbau – diesen zu beherrschen bringt Ruhe in die Klausur. Im Zivilrecht prüfst du regelmäßig nach dem Schema „Anspruch entstanden – untergegangen – durchsetzbar“ oder du arbeitest in der Reihenfolge der Anspruchsarten (Vertraglich, Quasivertraglich, Sachenrechtlich, Deliktisch, Bereicherung). Im Strafrecht orientiert sich jede Deliktsprüfung am grundsätzlichen Schema von „Tatbestand – Rechtswidrigkeit – Schuld“ (mit Blick auf Qualifikationen, Irrtümer und Konkurrenzen), im Öffentlichen Recht laufen fast alle Klausuren entlang des Schemas von Zulässigkeit und Begründetheit einer Klage und den jeweiligen Prüfungsschritten. Diese Grundordnung kommt zuerst; Spezialfragen docken daran an. Wer so vorgeht, geht sicher, eine strukturierte Lösung abzugeben, die nahe an der Musterlösung des Prüfungserstellers liegt.

Tipp 5: Konsequenter Gutachtenstil

Gute Klausuren bestehen aus sauber und strukturiert abgearbeiteten Prüfungspunkten. Jeder Prüfungspunkt beginnt mit einem präzisen Obersatz („A könnte gegen B einen Anspruch aus § 433 II BGB haben.“), gefolgt von ggfs. notwendigen Definitionen und der Subsumtion unter den Sachverhalt. Wenn du dich streng an den Gutachtenstil hältst, hilft es dir selbst, den roten Faden zu halten und alle wichtigen Aspekte an der passenden Stelle unterzubringen und auch den Sachverhalt bestmöglich zu verwerten. Er ist also kein bloßer Formalismus, sondern der Ausdruck juristischen Denkens – und wird entsprechend auch von Klausurkorrektoren belohnt. Natürlich kannst du auch im Einzelfall auf den verkürzten Gutachtenstil oder den Feststellungs-/Urteilsstil wechseln oder dich mit knappen Ergebnissätzen begnügen. Gehe jedoch im Grundsatz immer vom strengen Gutachtenstil aus und verkürze diesen nur ausnahmsweise.

Tipp 6: Schwerpunktsetzung

Punkte entstehen dort, wo das Ergebnis kippen kann. Unproblematisches wird knapp abgehandelt, Entscheidendes vertieft. In der Klausurpraxis heißt das: schwerpunktorientiert prüfen. Versuche immer, den Schwerpunkt der Klausur zu identifizieren und zu markieren. Meist wird der Sachverhalt klare Indizien dafür bereithalten, worauf es in der Klausur ankommt. Kennzeichne entsprechende Schwerpunkte, um sie nicht zu vergessen. Bei Klausurschwerpunkten werden die meisten Punkte verteilt und du kannst dich durch eine gute und stringente Argumentation von anderen Nutzern abheben.

Tipp 7: Meinungsstreite zielgerichtet und knapp

Meinungsstreitigkeiten sind keine juristische Showeinlage, sondern eine Konsequenz der Abstraktheit von Gesetzen. Wenn du einen Streit darstellst, hinterfrage, ob ihn zu entscheiden wirklich tragend für die Lösung oder ob das Endergebnis das gleiche ist. Wenn letzteres der Fall ist, halte dich kurz und halte dir den Streitentscheid offen: Korrektoren schätzen es, wenn du nicht blind einen Streit darstellst, auf den es im Endeffekt gar nicht ankommt. Wenn es auf den Streitentscheid ankommt, gehe systematisch vor: Stelle die wesentlichen Positionen einschließlich der jeweils angewendeten Auslegungsmethoden (Wortlaut, Systematik, Telos, Gesetzgebungshistorie) dar, übertrage die Ansichten auf den Sachverhalt und entscheide dich - so knapp wie möglich und so ausführlich wie nötig.

Tipp 8: Gesetz aktiv als Arbeitsmittel nutzen

Die Arbeit mit dem Gesetz ist das Fundament jeder Klausur. Lies die Normen vollständig, beachte gesetzliche Verweise oder deine eigenen Unterstreichungen oder Verweis. Damit behältst du die Übersicht und machst deine Klausur weniger fehleranfällig. Wenn Alternativen im Raum stehen, markiere sie sauber („Hilfsgutachten“, „Selbst wenn man annähme …“). Wer so arbeitet, vermeidet Zitationsfehler, entdeckt versteckte Tatbestandsmerkmale und begründet Ergebnisse auf einer belastbaren Grundlage.

Tipp 9: Leseführung und Formalia perfektionieren

Die äußere Form der Klausur kann niemals unterschätzt werden. Klare Absätze, sparsame Verwendung von unnötigen Übergangswörtern („zunächst“, „ferner“, „schließlich“), konsistente Abkürzungen, korrekte Zitate mit Gesetzesnamen und korrekten Absätzen/Sätzen („§ 242 BGB“, „§ 113 I 1 VwGO“, „§ 32 StGB“) und ein ruhiges Schriftbild erleichtern die Korrektur, verbessern die Laune des Korrektors und verhindern Missverständnisse. Plane am Ende einige Minuten fürs Gegenlesen ein: Stimmen die Anspruchsgrundlagen? Sind Namen und Bezeichnungen durchgehend identisch? Passen Verweisungen und Überschriften? Diese letzte Runde rettet erstaunlich viele Punkte durch Vermeiden von Flüchtigkeitsfehlern.

Fazit:

Klausurentechnik ist im Wesentlichen sauberes Handwerk und dieses lässt sich trainieren. Wenn du die Aufgabenstellung klar erfasst, dich zeitlich disziplinierst, mit Zeitstrahl und Rollenkarte Ordnung schaffst, die Grundstruktur sicher fährst und Schwerpunkte bewusst setzt, bist du schon auf dem richtigen Weg und kannst dich in jeder Klausur sicher fühlen. Übe diese einzelnen Methoden bewusst bei Probeklausuren, um sie als Routine zu verinnerlichen. Mit jedem Durchlauf wird dein Schreiben schneller, klarer, punktgenauer und deine Klausur besser.

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