I. Einleitung
Die gerichtlichen Verfahren unterliegen prozessualen Anforderungen. Neben den „allgemeinen“ Anforderungen, die auch für das Erkenntnisverfahren gelten, hat das Vollstreckungsverfahren spezifische Voraussetzungen, die in jeder vollstreckungsrechtlichen Klausur zu prüfen sein werden. Gerade die Voraussetzungen der konkreten Vollstreckungsmaßnahme wie der Pfändung führen in Klausur und Praxis regelmäßig zu Problemen.
II. Voraussetzungen (Prüfungsschema)

1. Rechtsgrundlage
Um in die Prüfung einzusteigen, musst du zunächst feststellen, welcher der Grund und was das Objekt der Zwangsvollstreckung ist.
Bei der Frage des Vollstreckungsgrundes ist nach dem zugrunde liegenden Anspruch zu differenzieren:
Geldforderungen richten sich nach §§ 802a ff. ZPO
Herausgabeansprüche richten sich nach §§ 883 ff. ZPO
Handlungs-/Duldungs-/Unterlassungsansprüche richten sich nach §§ 887 ff. ZPO
Bei der Frage des Vollstreckungsobjekts ist danach zu differenzieren, in welche Vermögenswerte vollstreckt wird:
Bei beweglichen Sachen sind je nach Vollstreckungsgrund die §§ 803 ff. ZPO oder §§ 883 f. ZPO zu beachten
Bei unbeweglichen Sachen sind je nach Vollstreckungsgrund die §§ 864 ff. ZPO oder der § 885 ZPO sowie die Vorschriften des GVG zu beachten
Bei Forderungen und sonstigen Rechten sind die §§ 828 ff. ZPO zu beachten
Bei Handlungen sind die §§ 887, 888 ZPO zu beachten
Bei Duldung oder Unterlassung ist der § 890 ZPO zu beachten.
Klausurtipp
Hier hilft dir die Systematik des Gesetzes weiter. Beachte die Überschriften der verschiedenen Abschnitte und Titel des Zwangsvollstreckungsrechts - sie helfen dir, den Überblick zwischen verschiedenen Vollstreckungsobjekten und -gründen zu bewahren.

2. Allgemeine Verfahrensvoraussetzungen
Wie im Erkenntnisverfahren müssen auch hier die allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen vorliegen. Das bedeutet, dass
ein ordnungsgemäßer Antrag gestellt wird,
das Vollstreckungsorgan zuständig ist,
beide Parteien partei- und prozessfähig (und gegebenenfalls ordnungsgemäß vertreten) sind,
Prozessführungsbefugnis und
Rechtsschutzbedürfnis vorliegt
3. Allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen
Des Weiteren enthält auch das Vollstreckungsrecht allgemeine Vollstreckungsvoraussetzungen, die gegeben sein müssen. Diese sind:
Vollstreckungstitel
Vollstreckungsklausel
Zustellung von Titel und Klausel
a) Titel
Definition
Titel sind Entscheidungen und Urkunden, aus denen kraft gesetzlicher Anordnung vollstreckt werden kann.
Dies sind insbesondere Endurteile aus dem Erkenntnisverfahren (§ 704 ZPO), aber auch die in § 794 ZPO aufgeführten Titel (insbesondere: Prozessvergleiche und Vollstreckungsbescheide) sowie Arrestbefehle und einstweilige Verfügungen (§§ 928 ff., 936 ZPO).
Merke
Endurteile müssen entweder rechtskräftig (§ 705 ZPO) oder für vorläufig vollstreckbar (§ 708 ZPO) erklärt worden sein.
b) Klausel (§§ 724 ff. ZPO)
Die Vollstreckungsklausel ist eine mit einem speziellen Vermerk der Vollstreckbarkeit versehene vollstreckbare Ausfertigung des Titels (§§ 724, 725 ZPO). Diese kann gemäß § 727 ZPO auch für den Rechtsnachfolger des Gläubigers erteilt werden.
Merke
Die Klausel darf nur erteilt werden, wenn der Titel formgültig ist und einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
c) Zustellung
Die Zustellung erfüllt den Zweck, dem Schuldner eine letzte Warnung zu geben, bevor die Zwangsvollstreckung durchgeführt wird. Sie erfolgt gemäß den Regelungen in §§ 166 ff. ZPO.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir die §§ 795a, 796, 929 ZPO an den § 724 ZPO zitieren, um dich an die Fälle zu erinnern, in denen eine Vollstreckungsklausel ausnahmsweise entbehrlich ist. Zitiere dir außerdem den § 166 ZPO, um dich an die allgemeinen Zustellungsvorschriften zu erinnern.
4. Besondere Vollstreckungsvoraussetzungen
Je nach Titel und Vollstreckungsgrund bedarf es noch weiterer besonderer Vollstreckungsvoraussetzungen:
Zug-um-Zug-Leistungen: Ist der Schuldner befriedigt oder befindet er sich jedenfalls im Annahmeverzug (§§ 756, 765 ZPO)?
Datumsabhängiger Anspruch: Ist der Kalendertag abgelaufen (§ 751 ZPO)?
Wartefrist: Ist die Wartefrist für die Vollstreckung abgelaufen (z. B.: §§ 750 III, 720a, 798 ZPO)?
5. Keine Vollstreckungshindernisse
Es gibt verschiedene Vollstreckungshindernisse, bei deren Vorliegen eine Zwangsvollstreckung (vorläufig) nicht wahrgenommen werden darf:
§ 89 InsO: Verbot der Einzelzwangsvollstreckung
§ 775 ZPO: Einstellung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung
§ 765 a ZPO: Einstellung aufgrund Vollstreckungsschutzes
§§ 766, 769, 771 III ZPO: einstweilige Einstellung durch Gericht aufgrund anhängiger Rechtsbehelfe
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, markiere dir diese Vollstreckungshindernisse. Es ist natürlich schwierig, sich solche Einzelnormen zu merken, daher hilft es, beim Durchblättern des Gesetzes auf das Bestehen von entsprechenden Regelungen hingewiesen zu werden.
6. Voraussetzungen der konkreten Maßnahme
Je nach konkreter Maßnahme der Zwangsvollstreckung sind noch die jeweiligen Voraussetzungen der konkreten Maßnahme zu berücksichtigen. Lies dir dazu die Artikel zur
Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen
Zwangsvollstreckung in Forderungen und sonstige Vermögensrechte
Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen
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