I. Einleitung
Entgeltliche Darlehensverträge i.S.v. § 488 I BGB, die zwischen einem Verbraucher (§ 13 BGB) und einem Unternehmer (§ 14 BGB) geschlossen werden, nennt man Verbraucherdarlehensverträge. Für diese gelten ergänzend die Sondervorschriften der §§ 491-505e BGB, die den Verbraucher stärker schützen sollen. Gemäß § 512 BGB kann dieser bezweckte Verbraucherschutz zum Nachteil des Darlehensgebers nicht abbedungen oder umgangen werden.
Merke
Der Verbraucher kompensiert durch das Darlehen typischerweise seine fehlende Kaufkraft und erwirbt Güter, die oftmals nicht wertbeständig sind (z. B. Elektronikgeräte, Möbel und andere Verbrauchsgüter). Der Zweck für die Sondervorschriften der §§ 491 ff. BGB liegt daher vor allem in der Aufklärung des Verbrauchers und dem Übereilungsschutz. Merke dir die dahinterstehenden Wertungen, um mit den Normen umgehen zu können. Im Verbraucherdarlehensrecht hast du immer schöne Argumente, wenn etwas problematisch ist.
Es wird weiter unterschieden zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen (§ 491 II BGB) und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen (§ 491 III BGB).
Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge sind gemäß § 491 II 1 BGB entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer.
Merke
Die §§ 491 ff. BGB gelten gemäß § 513 BGB auch für sog. „Existenzgründer“, die grundsätzlich nicht unter den Verbraucherbegriff des § 13 BGB fallen. Dies gilt auch für zusätzliche oder wiederholte Existenzgründungen. Eine Rückausnahme sieht § 513 BGB jedoch vor, sobald der Nettodarlehensbetrag 75.000 € übersteigt.
Immobiliar-Verbraucherverträge sind gemäß § 491 III BGB entgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer, die entweder durch ein Grundpfandrecht besichert sind oder beispielsweise für den Erwerb von Grundeigentum bestimmt sind.
II. Wirksamkeit des Verbraucherdarlehensvertrags
1. Wirksamkeitshindernisse
a) Schriftform, § 492 I BGB
Für den Verbraucherdarlehensvertrag sieht § 492 I 1 BGB ein Schriftformerfordernis vor. Die Schriftform ist grundsätzlich in § 126 BGB geregelt. Auf Seiten des Darlehensnehmers reicht es abweichend vom Grundsatz des § 126 BGB jedoch nicht aus, dass dieser eine Blankounterschrift unter eine vom Darlehensgeber noch auszufüllende Urkunde setzt. Das folgt aus dem Zweck des Verbraucher- und Übereilungsschutzes.
Vernetztes Lernen
Bei dem Wort „Blankounterschrift“ denken viele direkt an das Problem der Blankobürgschaft. Während beim Bürgschaftsvertrag gemäß § 766 S. 1 BGB lediglich die Bürgschaftserklärung (und ggf. eine entsprechende Ausfüllermächtigung) schriftlich erfolgen muss, muss beim Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § 492 I 1 BGB der gesamte Vertrag die Schriftform einhalten. Dafür würde es grundsätzlich ausreichen, wenn ein Vertragspartner ein Blankett unterschreibt, das der andere dann ausfüllt. Jedoch gebietet der Verbraucherschutz im Rahmen von § 492 I 1 BGB insoweit die Einschränkung, dass der Darlehensnehmer die bereits ausgefüllte Urkunde unterzeichnen muss. Andernfalls kann die Schriftform, ihre Warnfunktion des § 492 I 1 BGB nicht erfüllen.
Anders als bei § 126 BGB reicht jedoch gemäß § 492 I 2 BGB die getrennte schriftliche Niederlegung von Antrag und Annahme aus. Eine weitere Erleichterung enthält § 492 I 3 BGB für die Vertragserklärung des Darlehensgebers, falls diese im Wege der Datenverarbeitung erstellt wird.
Wurde die Schriftform insgesamt nicht eingehalten, ist der Vertrag (und ggf. eine entsprechend erteilte Vollmacht) nichtig, § 494 I Alt. 1 BGB.
b) Pflichtangaben, § 492 II BGB
In den Verbraucherdarlehensvertrag sind die Pflichtangaben nach Art. 247 §§ 6 – 13 EGBGB aufzunehmen.
Merke
Ließ dir am besten die Art. 248 §§ 6 – 13 EGBGB einmal durch. Häufig steht in der Klausur so etwas wie „Angaben nach § 492 II BGB fehlen“. Ansonsten ist der wohl häufigste Fall, dass ein Hinweis auf das Widerrufsrecht nach § 495 BGB unterblieben ist. Dies gehört nach Art. 247 § 6 II EGBGB zu den Pflichtangaben.
Fehlen die Pflichtangaben, ist der Vertrag (und ggf. eine entsprechend erteilte Vollmacht) nichtig, § 494 I Alt. 2 BGB.
c) Wucher- (§ 138 II BGB) und wucherähnliches Darlehen (§ 138 I BGB)
Auch der Verbraucherdarlehensvertrag kann wegen Wucher (§ 138 II BGB) oder Wucherähnlichkeit (§ 138 I BGB) nichtig sein. Lies dazu diesen Artikel.
Ist der Darlehensnehmer ein Verbraucher (§ 13 BGB) und der Darlehensgeber ein Unternehmer (§ 14 BGB) wird im Rahmen des wucherähnlichen Geschäfts vermutet, dass sich der Darlehensgeber zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, dass ein auffälliges Missverhältnis vorlag und sich der Darlehensnehmer in einer schwachen Lage befunden hat. Hier bleiben einem daher aufwendige Begründungen erspart.
2. Heilungsmöglichkeit, § 494 II BGB
Wird den Erfordernissen der §§ 492 I, II BGB nicht entsprochen, ist der Vertrag grundsätzlich nach § 494 I BGB nichtig. Durch Empfang des Darlehens oder Inanspruchnahme durch den Darlehensnehmer wird der Mangel gemäß § 494 II 1 BGB jedoch geheilt. Der Verbraucherdarlehensvertrag wird daher mit ex nunc Wirkung gültig.
Hintergrund dieser nachträglichen Heilung ist wiederum der Verbraucherschutz: Der Verbraucher soll davor geschützt werden, dass er das Darlehen nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB sofort zurückzahlen muss. Sobald er das Darlehen ausgezahlt bekommen hat, soll er dieses wie erwartet nutzen können. Auf die Kenntnis des Formmangels kommt es für die Heilungswirkung des § 494 II 1 BGB nicht an.
III. Widerrufsrecht, §§ 495, 355 BGB
Gemäß §§ 495, 355 BGB steht dem Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Es ist nicht erforderlich, dass zusätzlich ein Fernabsatz- oder Außergeschäftsraumvertrag vorliegt. Eine Ausnahme besteht jedoch in Fällen des § 495 II BGB und bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen. Bei letzterem ist dem Verbraucher gemäß § 495 III BGB jedoch eine vorherige Bedenkzeit von sieben Tagen einzuräumen.
1. Widerrufsvoraussetzungen
Die Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Widerrufs nach § 355 I BGB müssen erfüllt sein.
Das Widerrufsrecht ergibt sich aus §§ 495, 355 BGB. Dafür muss ein Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag i.S.v. § 491 I 2, II 1 BGB vorliegen und es darf kein Ausschlusstatbestand gemäß § 495 II, III BGB eingreifen.
2. Widerrufsfrist
Die Widerrufsfrist bemisst sich grundsätzlich nach § 355 II BGB und beträgt 14 Tage ab Vertragsschluss.
Eine Ausnahme regelt insoweit § 356b BGB. Relevant ist hier insbesondere § 356b II 1 BGB. Danach beginnt die Widerrufsfrist bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen, bei deren Abschluss die Pflichtangaben nach § 492 II BGB i.V.m. Art. 247 §§ 6 – 13 EGBGB gefehlt haben, nicht, solange die Pflichtangaben nicht gemäß § 492 VI BGB nachgeholt wurden. Entsprechendes regelt § 356b II 2 BGB für den Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag.
Gemäß § 356b II 3 BGB verlängert sich die Widerrufsfrist ab Nachholung der Pflichtangaben nach § 492 VI BGB auf einen Monat (statt normalerweise 14 Tage).
Werden die Pflichtangaben nicht nachgeholt, regelt § 356b II 4 BGB für den Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag, dass das Widerrufsrecht spätestens nach einem Jahr und 14 Tagen erlischt. Aus dem Umkehrschluss, dass § 356b II 4 BGB diesen Fall nur für den Immobililar-Verbraucherdarlehensvertrag regelt, kann geschlossen werden, dass die Widerrufsmöglichkeit beim Allgemein-Verbraucherdarlehen nie erlischt, solange die Pflichtangaben nicht nachgeholt werden. Erst wenn die Pflichtangaben nach § 492 VI BGB nachgeholt werden, beginnt eine Widerrufsfrist von einem Monat zu laufen.
3. Rechtsfolgen des Widerrufs
Die Rechtsfolgen des Widerrufs werden in § 357b I, III BGB geregelt. Nach § 357b I BGB sind die empfangenen Leistungen spätestens nach 30 Tagen zurückzugewähren. § 357b III 1 BGB stellt fest, dass der Darlehensnehmer für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung den vereinbarten Sollzins zu entrichten hat.
4. Erweiterter Anwendungsbereich
Das Widerrufsrecht besteht auch bei:
Entgeltlichem Zahlungsaufschub und sonstigen entgeltlichen Finanzierungshilfen (§§ 506 I, 495 I BGB)
Unentgeltlichen Verbraucherdarlehensverträgen (§ 514 II BGB)
Unentgeltlichem Zahlungsaufschub und sonstigen unentgeltlichen Finanzierungshilfen (§§ 515, 514 II BGB)
Ratenlieferungsverträgen (§ 510 II BGB)
IV. Zahlungsverzug des Darlehensnehmers
Ist das Darlehen in Teilzahlungen zu tilgen und kommt der Darlehensnehmer mit diesen Teilzahlungen in Zahlungsverzug, kann der Darlehensgeber den Verbraucherdarlehensvertrag nur kündigen, wenn die Voraussetzungen des § 498 I 1 BGB erfüllt sind.
Erforderlich ist, dass
der Verbraucher mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen und i.d.R. mit mindestens zehn/fünf Prozent des Nennbetrags in Verzug ist und
der Darlehensgeber eine zweiwöchige Zahlungsfrist gesetzt hat, die erfolglos abgelaufen ist.
V. Zusammenfassung
