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Schuldrecht AT

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Schadensersatz

Schadensersatz statt der Leistung wegen Unmöglichkeit

Teilgebiet

Schuldrecht AT

Thema

Schadensersatz

Tags

Schadensersatz
Unmöglichkeit
§ 280 BGB
§ 283 BGB
§ 311a BGB
§ 275 BGB
§ 122 BGB
Gliederung
  • I. §§ 280 I, III, 283 BGB

    • 1. Voraussetzungen

      • a) Schuldverhältnis

      • b) Pflichtverletzung / Unmöglichkeit

      • c) Keine (!) Fristsetzung

      • d) Keine Exkulpation (§ 280 I 2 BGB)

      • e) Schaden

      • f) Kausalität

  • II. § 311a II BGB

    • 1. Anfängliche Unmöglichkeit

    • 2. Keine Exkulpation (§ 311a II 2 BGB)

  • III. Exkurs: Beidseitige Unmöglichkeit

  • IV. Exkurs: § 122 BGB analog

§§ 283 BGB und § 311a II BGB regeln die Schadensersatzansprüche für Schadensersatz statt der Leistung, die dann relevant werden, wenn eine Leistung gemäß § 275 BGB unmöglich ist.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, zitiere dir den § 311a II BGB an den § 283 BGB, um dich an den Zusammenhang zwischen den beiden Normen zu erinnern.

Der Anspruch aus §§ 280 I, III, 283 BGB regelt den Schadensersatz wegen nachträglicher Unmöglichkeit (§ 275 BGB). § 311a II BGB enthält den Anspruch wegen anfänglicher Unmöglichkeit.

I. §§ 280 I, III, 283 BGB

1. Voraussetzungen

Die Anspruchsvoraussetzungen entsprechen den „allgemeinen“ Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung.

a) Schuldverhältnis

Hier bestehen keine Besonderheiten. Zwischen den Parteien muss ein Schuldverhältnis bestehen.

b) Pflichtverletzung / Unmöglichkeit

Die „Pflichtverletzung“ des Schuldners liegt im Rahmen des §§ 280 I, III, 283 BG darin, dass er gemäß § 275 BGB nicht zu leisten braucht, das heißt, dass die Leistung unmöglich ist. 

Klausurtipp

Hier zeigt sich eine „Unklarheit“ der §§ 280 ff. BGB. Denn streng genommen bestimmt § 280 I 1 BGB, dass der Anspruch eine Pflichtverletzung erfordert und § 283 BGB, dass eine Leistung unmöglich sein muss. Ist die Leistung aber unmöglich, kann insoweit keine Pflichtverletzung vorliegen. Hier empfiehlt es sich daher, die Prüfung der Pflichtverletzung aufzuspalten in Vorliegen einer fälligen und durchsetzbaren Leistungspflicht und Nichterbringung der Leistung aufgrund von Unmöglichkeit nach Vertragsschluss - eines davon separaten Prüfungspunkt der „Pflichtverletzung“ bedarf es nicht.

Im Falle des § 275 I BGB ist dies aufgrund des Einwendungscharakters der Norm schon ipso iure der Fall - im Rahmen des § 275 II BGB muss der Schuldner die Einrede der Unmöglichkeit geltend gemacht haben.

Klausurtipp

Hat er dies nicht, richtet sich der Anspruch nach §§ 280 I, III, 281 BGB. Denn wenn der Schuldner nicht leistet, ohne dass er zur Leistungsverweigerung berechtigt ist, liegt eine schlichte Nichtleistung vor.

c) Keine (!) Fristsetzung

Ein wesentlicher Unterschied des Anspruchs aus §§ 280 I, III, 283 BGB zu §§ 280 I, III, 281 BGB ist, dass § 283 BGB anders als § 281 I 1 BGB kein Fristerfordernis enthält.

Merke

Wieso auch? Wenn eine Leistung unmöglich ist, ergibt eine Fristsetzung keinen Sinn, da die Leistung nicht erbracht werden kann.

d) Keine Exkulpation (§ 280 I 2 BGB)

Auch hier bestehen keine Besonderheiten. Beachte nur, dass sich das vermutete Vertretenmüssen hier auf das Herbeiführen der Unmöglichkeit bezieht. Umgekehrt gelingt auch die Exkulpation nur, wenn der Schuldner nachweist, den Eintritt der Unmöglichkeit nicht verschuldet zu haben.

e) Schaden

Hier bestehen keine Besonderheiten. Die Prüfung des Schadens richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften.

f) Kausalität

Hier bestehen keine Besonderheiten. Die Prüfung der Kausalität richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften.

II. § 311a II BGB

Die Prüfung des § 311a II BGB entspricht der Prüfung des §§ 280 I, III, 283 BGB - mit zwei wesentlichen Unterschieden:

1. Anfängliche Unmöglichkeit

Die Unmöglichkeit der Leistung muss bereits „von Anfang an“, das heißt: vor Vertragsschluss, vorgelegen haben muss (§ 311a I BGB).

2. Keine Exkulpation (§ 311a II 2 BGB)

Wie auch § 280 I 2 BGB, regelt § 311a II 2 BGB speziell für den Schadensersatzanspruch aus § 311a II BGB eine Exkulpationsmöglichkeit für den Schuldner und umgekehrt eine Vermutung, dass der Schuldner die Unmöglichkeit bei Vertragsschluss nicht kannte und dies auch nicht zu vertreten hat.

Merke

An dieser Unterscheidung erkennst du, dass der „Vorwurf“ an den Schuldner ein anderer ist. Es geht nicht um die Unmöglichkeit „an sich“, sondern darum, dass der Schuldner den Vertrag abgeschlossen hat, obwohl die Leistung bereits zu diesem Zeitpunkt unmöglich war.

III. Exkurs: Beidseitige Unmöglichkeit

Ein klassisches Klausurproblem ist die Konstellation der beidseitigen Unmöglichkeit, wenn also Schuldner und Gläubiger gleichermaßen ein Vorwurf trifft und keiner der beiden überwiegend verantwortlich ist. Obwohl auch den Gläubiger ein gewisser Vorwurf trifft, geht diese Situation voll zulasten des Schuldners:

  • Zwar muss er gemäß § 275 I BGB nicht mehr leisten, aber er schuldet dem Gläubiger gemäß §§ 280 I, III, 283 BGB Schadensersatz

  • Der Gläubiger wiederum muss seine Gegenleistungspflicht nicht erbringen, da diese gemäß § 326 I 1 BGB entfällt und nur dann aufrechterhalten wird, wenn der Gläubiger „überwiegend“ verantwortlich ist, § 326 II 1 BGB (mehr dazu hier).

Wie dieses Problem aufzulösen ist, ist umstritten:

Problem

Beidseitige Unmöglichkeit

  • T.v.A.: Es bleibt bei der gesetzlichen Folge, dass der Gläubiger seine Gegenleistung gemäß § 326 I 1 Hs. 1 BGB nicht erbringen muss. Der Verschuldensanteil des Gläubigers wird auf Rechtsfolgenebene seines Schadensersatzanspruchs im Rahmen des Mitverschuldens gemäß § 254 BGB berücksichtigt und der Anspruch entsprechend gekürzt. D.h.: Der Schuldner hat keinen Anspruch und der Gläubiger „nur“ einen gekürzten Schadensersatzanspruch.

  • A.A.: Diese gesetzliche Folge ist unbillig. Daher bleibt abweichend von § 326 I 1 BGB die Gegenleistungspflicht des Gläubigers voll bestehen. Dieser wird mit dem Schadensersatzanspruch des Gläubigers verrechnet, der mittels der Surrogationsmethode gerechnet wird, bei der der Wert der Sache an die Stelle der zerstörten Sache rückt und gemäß § 254 BGB um den Verschuldensanteil des Gläubigers gekürzt wird. D.h.: Der Schuldner hat einen vollen Kaufpreisanspruch und der Gläubiger hat einen gekürzten Schadensersatzanspruch auf Grundlage des Werts der Sache. So wird einerseits der Schaden berücksichtigt, den der Gläubiger erlitten hat, aber andererseits auch, dass ihn auch ein Verschuldensvorwurf trifft. Problematisch an dieser Lösung ist die dogmatische Abweichung von der Systematik des § 326 BGB.

  • A.A.: Die Gegenleistungspflicht des Gläubigers entfällt im Einklang mit § 326 I BGB. Der Schuldner hat allerdings einen Schadensersatzanspruch gegen den Gläubiger: Denn (auch) durch dessen Verschulden hat der Schuldner seinen Anspruch aus § 326 I BGB verloren, sodass der Gläubiger ihm gemäß § 280 I BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist in der Höhe der entfallenen Gegenleistung abzüglich des eigenen Verschuldensanteils.
    D.h.: Der Schuldner hat einen gekürzten Schadensersatzanspruch und der Gläubiger hat ebenfalls einen gekürzten Schadensersatzanspruch (aber nicht in Höhe des Werts der Sache, sondern berechnet auf Grundlage der Vermögensdifferenz, § 249 BGB).

  • Die Konsequenz der ersten Ansicht ist offensichtlich unbillig. Beide anderen Ansichten können jedoch vertreten werden

IV. Exkurs: § 122 BGB analog

Grundsätzlich regelt § 311a II BGB den Anspruch wegen anfängliche Unmöglichkeit. Daneben kann man jedoch auch über eine Anwendung des § 122 BGB analog nachdenken.

Merke

§ 122 BGB regelt den Anspruch des Anfechtenden wegen Schadensersatzes nach einer Anfechtung. Man könnte in der unerkannten anfänglichen Unmöglichkeit einen Anfechtungsgrund im Sinne des § 119 II BGB analog sehen, der den Schuldner zur Anfechtung berechtigt, ihn in der Konsequenz aber schadensersatzpflichtig gemäß § 122 BGB analog macht und er dementsprechend den Vertrauensschaden schuldet, der nicht durch den Anspruch aus § 311a II BGB ersetzt wird. Dafür spricht, dass derjenige, der sich wegen Willensmängeln von seiner Willenserklärung lösen kann, das gleiche Recht haben sollte, wenn er sich über seine eigene Leistungsfähigkeit irrt.

Aufgrund des konsistenten Systems der §§ 280 ff. BGB + § 311a II BGB liegt hier jedoch keine planwidrige Regelungslücke vor. Dieses Ergebnis wird noch dadurch unterstrichen, da das Gesetz vor der Schuldrechtsreform in § 307 BGB a.F. eine Regelung gab, die den Ersatz des negativen Interesses regelte, die aber letztlich gestrichen wurde. Das zeigt: Eine verschuldensunabhängige Haftung für den Vertrauensschaden ist somit bewusst nicht vorgesehen.

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