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Schadensersatz

Schadensersatz neben der Leistung (§§ 280 ff. BGB)

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Schadensersatz

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Schadensersatz
§ 280 BGB
§ 281 BGB
§ 282 BGB
§ 283 BGB
§ 284 BGB
§ 311a BGB
§ 323 BGB
Gliederung
  • I. Einführung

  • II. Voraussetzungen

    • 1. Abgrenzung Schadensersatz statt/neben der Leistung

    • 2. Schuldverhältnis

      • a) Vertragliche Schuldverhältnisse

      • b) Gesetzliche Schuldverhältnisse

    • 3. Pflichtverletzung

      • a) Begriff der Pflichtverletzung

      • b) Vorliegen einer Verletzung 

      • c) Pflicht aus dem Schuldverhältnis

      • d) Tatsächliche Leistungsverpflichtung 

    • 4. Vertretenmüssen (§ 280 I 2 BGB)

      • a) Haftungsmaßstab

        • aa) Milderung des Maßstabs

        • bb) Verschärfung

        • cc) Haftungsmaßstab bei Geldschulden

      • b) Haftung für Dritte (§ 278 BGB)

      • c) Beweislastverteilung

  • III. Rechtsfolge

    • 1. Schaden

    • 2. Kausalität

    • 3. Mitverschulden

  • IV. Art des Schadensersatzes (Statt und neben der Leistung)

    • 1. Einfacher Schadensersatz

    • 2. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung

    • 3. Schadensersatz statt der Leistung

    • 4. Abgrenzung von Schadensersatz statt und neben der Leistung / Klausurvorgehen

      • a) Prüfungsort

      • b) Vornahme der Abgrenzung

  • V. Exkurs: Vergleich des Rücktritts- und Schadensersatzrechts

I. Einführung

§ 280 BGB enthält die „Grundnorm“ der vertraglichen Schadensersatzansprüche der §§ 280 ff. BGB und ist daher in allen schadensersatzrechtlichen Konstellationen zu beachten.

Einerseits regelt die Norm in § 280 I BGB den Haftungsgrund - die Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis - und andererseits die Möglichkeit für den Schuldner sich hinsichtlich dieser Pflichtverletzung zu exkulpieren, wenn er sie „nicht zu vertreten hat“. 

Zusätzlich enthalten die § 280 II, III BGB Verweise auf die Voraussetzungen der §§ 281 ff. BGB, die

  • bei Schadensersatz wegen Verzögerung (II + § 286 BGB) und

  • bei Schadensersatz statt der Leistung (III + §§ 281 ff. BGB)

zusätzliche Tatbestandsvoraussetzungen bestimmen.

II. Voraussetzungen

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1. Abgrenzung Schadensersatz statt/neben der Leistung

Eine wichtige Feststellung, die du vor der Prüfung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen treffen musst, ist, dass es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um einen Schadensersatz neben der Leistung handelt. Je nach Fallkonstellation kannst du ohne eine nähere Prüfung davon ausgehen oder musst diese Fragestellung und die Abgrenzung zum Schadensersatz statt der Leistung problematisieren. Dazu später im Artikel mehr.

2. Schuldverhältnis

Zunächst muss geprüft werden, ob ein Schuldverhältnis vorliegt. Gemeint sind damit vertragliche oder gesetzliche Schuldverhältnisse.

a) Vertragliche Schuldverhältnisse

Verträge müssen vollwirksam sein. Das bedeutet, dass nicht nur keine Nichtigkeitsgründe entgegenstehen dürfen, sondern auch, dass alle notwendigen Bedingungen (§ 158 BGB) erfüllt und etwaige Genehmigungen/Zustimmungen (§§ 182 ff. BGB) erteilt wurden. Der Wirksamkeit entgegenstehende Nichtigkeitsgründe (wie zum Beispiel Formnichtigkeit, Gesetzwidrigkeit oder Sittenwidrigkeit) dürfen ebenfalls nicht vorliegen.

Merke

Ein Schuldverhältnis kann auch zu „Dritten“ entstehen - siehe dazu den Artikel zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter sowie zur Drittschadensliquidation.

b) Gesetzliche Schuldverhältnisse

Gesetzliche Schuldverhältnisse können etwa sein:

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Merke

Das deliktische Schuldverhältnis aufgrund der §§ 823 ff. BGB ist kein gesetzliches Schuldverhältnis, auf das § 280 I BGB Anwendung findet. Die Ansprüche aus §§ 823 ff. BGB umfassen sämtliche Folgen des Delikts, also auch die Nicht-, Spät- oder Schlechterfüllung eines auf Naturalrestitution gerichteten Anspruchs. Zudem sind §§ 848 f. BGB leges speciales.

3. Pflichtverletzung

Des Weiteren muss der Schuldner eine Pflichtverletzung begangen haben.

a) Begriff der Pflichtverletzung

Das umfasst sowohl eine Verletzung von Leistungspflichten im Sinne des § 241 I BGB als auch von Schutzpflichten im Sinne des § 241 II BGB (letztere sind vor allem allgemeine Verkehrssicherungspflichten zugunsten des Gläubigers).

Klausurtipp

Bei den Schadensersatzansprüchen aus §§ 281 ff. BGB wird die Art der Pflichtverletzung in den jeweiligen Normen spezifiziert (z. B. fordert § 281 BGB eine Schlecht-/Nichtleistung oder § 283 BGB das Vorliegen von nachträglicher Unmöglichkeit). Streng genommen sind dies zusätzliche Tatbestandsvoraussetzungen, aber regelmäßig werden sie im Rahmen der Prüfung der Pflichtverletzung (respektive an deren Stelle) geprüft.

Die Pflichtverletzung im Sinne des § 280 I 1 BGB ist ausschließlich objektiv zu verstehen:

Sie erfasst jede Abweichung des Ist-Zustands vom Soll-Zustand. Der Grund der Pflichtverletzung ist irrelevant.

Merke

Hier geht es noch nicht um die Frage des Vertretenmüssens oder Verschuldens. Die Pflichtverletzung kann daher auch Folge eines Unglücks (Naturereignisse / Terroranschläge / höhere Gewalt) sein.

b) Vorliegen einer Verletzung 

Eine Pflichtverletzung liegt dann vor, wenn eine Pflicht nicht zu 100 % erfüllt wird (§ 362 I BGB).

Problem

Diese von der herrschenden Lehre vertretene Ansicht ist (dogmatisch) umstritten. Teilweise wird argumentiert, dass eine Pflichtverletzung nur dann vorliegt, wenn der Schuldner von seinen Verhaltenspflichten abweicht (sogenannte „verhaltensbezogene Auffassung“). Hierdurch wird aber dem Gläubiger die Beweislast aufgebürdet, obwohl diesem praktisch betrachtet der Beweis oft nicht gelingen würde. Umgekehrt muss nach der herrschenden Lehre der Gläubiger nur den Nichteintritt des Leistungserfolges beweisen, was ihm einfacher möglich sein wird.

Diese nicht vollständige Erfüllung kann sich sowohl auf den Erfolg selbst (also z. B. die Übereignung einer Sache) beziehen als auch auf eine Verhaltenspflicht, wenn eine solche geschuldet ist. Ist dies der Fall, liegt in jedem Fehlverhalten eine Pflichtverletzung.

Beispiel

Ein Arbeitnehmer ist dazu verpflichtet, (1) überhaupt zu arbeiten, (2) pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen und (3) die vereinbarte Zeit zu arbeiten.

c) Pflicht aus dem Schuldverhältnis

Die Pflichtverletzung muss sich auf eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis beziehen. Nicht umfasst sind hiervon Pflichten, die „jedermann“ treffen und darin bestehen, niemanden zu verletzen. Verletzungen gegen solche Pflichten sind weder einklagbar noch führen sie zu vertraglichen Schadensersatzansprüchen.

Beispiel

Beispiel:

Bei der Anlieferung einer Waschmaschine verursacht der Verkäufer fern der Lieferadresse einen Verkehrsunfall, bei dem der Pkw des Käufers beschädigt wird. Hier beruht der Schaden auf den Risiken des Straßenverkehrs.

=> Keine Störung des Schuldverhältnisses. Der Lieferant haftet daher nicht nach §§ 280 I, 241 II BGB (sondern „nur“ aus §§ 823 I, II BGB, §§ 7 I, 18 StVG).

Gegenbeispiel:

Bei der Anlieferung einer Waschmaschine beschädigt der Verkäufer das Garagentor des Käufers. Hier beruht der Schaden darauf, dass der Verkäufer bei der Leistungserbringung Rücksichtnahmepflichten verletzt hat.

=> Störung des Schuldverhältnisses. Der Lieferant haftet daher sowohl nach §§ 280 I, 241 II BGB als auch nach §§ 823 I, II BGB, §§ 7 I, 18 StVG.

d) Tatsächliche Leistungsverpflichtung 

Eine Pflichtverletzung kann nur bestehen, wenn eine durchsetzbare Pflicht besteht. Das heißt: Der Anspruch muss 

  • wirksam, das heißt: nicht erloschen sein (durch rechtsvernichtende Einwendungen),

  • durchsetzbar sein (aufgrund von rechtshemmenden Einreden)

  • und fällig sein (gemäß der vertraglichen Vereinbarung, § 271 BGB).

Merke

In aller Regel schließt schon das Bestehen einer Einrede die Leistungspflicht aus. Nur, wenn es zum Prozess kommt, muss sie ausdrücklich erhoben werden. Etwas anderes gilt für die speziellen Einreden aus §§ 273 BGB, 320 BGB. § 273 BGB setzt die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts voraus, da der Gläubiger die Einrede durch Sicherheitsleistung abwenden kann (§ 273 III BGB). Diese Möglichkeit würde ihm genommen, wenn das Zurückbehaltungsrecht auch schon ohne Geltendmachung vorläge. Im Rahmen von § 320 BGB gilt, dass die Einrede nur besteht, wenn der Gläubiger seine Leistung tatsächlich bewirkt oder jedenfalls anbietet (§§ 294 ff. BGB).

4. Vertretenmüssen (§ 280 I 2 BGB)

Nach § 280 I 2 ist die Haftung ausgeschlossen, „wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.“

Merke

Somit gehört das Vertretenmüssen zwar zum Haftungsgrund, nicht aber zum Haftungstatbestand. In vielen Lösungsskizzen wird hier aber nicht streng differenziert und das Vertretenmüssen wie eine „normale“ Tatbestandsvoraussetzung geprüft.

Bezugspunkt des Vertretenmüssens ist die jeweilige Pflichtverletzung. 

Merke

Das heißt bei den speziellen Schadensersatzansprüchen nach den §§ 281 ff. BGB, dass du jeweils an die Gründe für die Nicht- oder Schlechtleistung (§ 281 BGB), Unmöglichkeit (§ 283 BGB) oder Leistungsverzögerung (§ 286 BGB) anknüpfen musst.

a) Haftungsmaßstab

Grundsätzlich hat ein Schuldner gemäß § 276 I 1 BGB Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.

Definition

Fahrlässig im Sinne des § 276 II BGB handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

Der Schuldner haftet auch dann, wenn er wegen persönlicher Defizite nicht so sorgfältig handeln konnte, wie dies von einem Menschen mit durchschnittlichen Fähigkeiten zu erwarten ist.

aa) Milderung des Maßstabs

In manchen Fällen hat der Schuldner abweichend vom Grundsatz des § 276 I 1 BGB nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. 

Definition

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn selbst naheliegende Erwägungen nicht angestellt werden oder anders gesagt, wenn nicht beachtet wird, was auf der Hand liegt.

Eine solche Milderung des Haftungsmaßstabs des Schuldners liegt insbesondere während des Annahmeverzugs des Gläubigers vor (§ 300 I BGB). Der Grund dafür liegt darin, dass der Schuldner vor der Haftung geschützt werden soll, wenn Gläubiger ihn davon „abhält“ seine Leistung zu erbringen, indem er sie nicht annimmt. Außerdem kann natürlich privatautonom eine entsprechende Vereinbarung getroffen werden (vgl. § 276 I 1 BGB: „aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses“).

Merke

Für Vorsatz kann die Haftung gemäß § 276 BGB nicht ausgeschlossen werden. Insoweit wird die Privatautonomie eingeschränkt. Gemäß § 309 Nr. 7a BGB kann in AGB kein Haftungsausschluss im Rahmen von Verletzungen von Leben, Körper und Gesundheit vereinbart werden. Dies gilt auch für normale Fahrlässigkeit. § 309 Nr. 7b BGB schließt ferner aus, dass in AGB die Haftung für grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird.

Einen weiteren häufigen Fall der Haftungserleichterung regelt der § 277 BGB, auf den Bezug genommen wird, wenn ein Schuldner nur für eigenübliche Sorgfalt haftet. 

Merke

Eigenübliche Sorgfalt ist subjektiv nach den Fähigkeiten und den üblichen Gewohnheiten des Schädigers zu bestimmen. Jedoch wird diese Bestimmung durch § 277 BGB bei grob fahrlässigem Verschulden begrenzt.

bb) Verschärfung

Der Haftungsmaßstab kann aber auch verschärft werden:

  • So wie der Schuldner im Annahmeverzug des Gläubigers milder haftet, haftet er „schärfer“, wenn er sich selbst im Schuldnerverzug befindet (§§ 286, 287 S. 2 BGB)

  • Auch eine Haftungsverschärfung kann freilich privatautonom vereinbart werden

  • Wenn der Schuldner eine Garantie oder ein Beschaffungsrisiko übernommen hat, haftet er entsprechend der Vereinbarung sogar ohne Verschulden (§ 276 I 1 a. E. BGB)

Definition

Mit einer Garantieerklärung kann der Gläubiger eine verschuldensunabhängige Haftung begründen. Die Übernahme einer Garantie im Sinne des § 276 I 1 BGB setzt voraus, dass aus der Sicht des Gläubigers der Wille des Schuldners erkennbar wird, unabhängig vom Verschulden für die in der Garantie bestimmten Umstände haften zu wollen.

Übernimmt der Verkäufer ein Beschaffungsrisiko im Sinne des § 276 I 1 BGB, so geht das Leistungsversprechen darüber hinaus, die geschuldete Sache zu liefern. Vielmehr verspricht der Verkäufer, sich in den Stand zu versetzen, die Leistung zu erbringen, auch wenn er sich nicht im Besitz einer erfüllungstauglichen Sache befindet, mithin die Kaufsache zu beschaffen.

cc) Haftungsmaßstab bei Geldschulden

Bei Geldschulden gilt der Spruch: „Geld hat man zu haben.“ Das heißt, dass der Schuldner für eine Geldschuld immer das Beschaffungsrisiko (§ 276 I 1 a. E. BGB) trägt. Das gilt auch, wenn die Pflichtverletzung Folge von Geldmangel ist, wenn der Schuldner etwa eine Leistung nicht erbringen konnte, weil ihm ein Vorprodukt zu teuer war. Auch hierfür haftet der Schuldner also ohne Verschulden.

Merke

Das ist nur konsequent, denn Bezugspunkt des Vertretenmüssens ist die Ursache für die Pflichtverletzung. Dies ist in solchen Fällen, dass der Schuldner nicht genügend Geld hatte, um etwas zu tun, das er für die Leistungserbringung hätte tun müssen.

b) Haftung für Dritte (§ 278 BGB)

Handelt für den Schuldner ein gesetzlicher Vertreter oder Erfüllungsgehilfe, ist § 278 BGB zu prüfen. Sinn und Zweck dieser Norm ist es, dass ein Vertragspartner davon ausgehen darf, dass der Schuldner, der einen Dritten für sich einsetzt, stillschweigend garantiert, dass der Dritte sich sorgfältig verhalten wird.

Lies dir zu der Regelung des § 278 BGB den gesonderten Artikel durch, der die Norm genauer erläutert.

c) Beweislastverteilung

§ 280 I 2 BGB bürdet die Beweislast hinsichtlich des Vertretenmüssens dem Schuldner auf. Dieser haftet nur dann nicht, wenn er vorträgt und gegebenenfalls beweist, dass er die Leistungsstörung nicht zu vertreten hat. Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Schuldner am besten in der Lage ist, die Umstände aufzuklären, die ihn an der Erfüllung seiner Pflichten hindern.

Merke

Trotzdem handelt es sich bei den §§ 280 ff. BGB natürlich um eine Verschuldenshaftung. Allerdings handelt es sich eben um eine Haftung aus widerleglich vermutetem Verschulden, sodass du nur dann Argumentationsaufwand benötigst, wenn du die Exkulpation begründen willst.

III. Rechtsfolge

Wenn die Voraussetzungen des § 280 I BGB gegeben sind, „kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verlangen“.

1. Schaden

Das setzt voraus, dass der Gläubiger einen Schaden erlitten hat, dessen Vorliegen du anhand der §§ 249 ff. BGB bestimmen kannst. Beachte, dass der Gläubiger ein Wahlrecht zwischen den Optionen des § 249 I BGB und § 249 II BGB hat.

Definition

Schaden ist jede unfreiwillige Einbuße an materiellen oder immateriellen Werten.

Bei der Anwendung der §§ 249 ff. BGB ist die wichtige Einschränkung zu beachten, dass Kausalität gegeben sein muss. 

2. Kausalität

Dieser Schaden muss kausal durch die Pflichtverletzung entstanden sein.

Merke

Conditio sine qua non: Wäre der Schaden ohne die Pflichtverletzung entfallen?

3. Mitverschulden

Teilweise hat auch der Gläubiger eine „Mitschuld“ an der Schadensentstehung.

Beispiel

Ein Kunde nutzt ein Produkt nicht gemäß der Gebrauchsanweisung und es kommt dadurch zu einem Defekt. Obwohl der Verkäufer möglicherweise eine mangelhafte Ware geliefert hat, kann dem Kunden ein Mitverschulden angerechnet werden, weil er die Ware nicht ordnungsgemäß genutzt hat.

Dieses Mitverschulden wird dem Gläubiger gemäß § 254 BGB angerechnet und ein etwaiger Ersatzanspruch entsprechend verringert.

IV. Art des Schadensersatzes (Statt und neben der Leistung)

Die Differenzierung zwischen den verschiedenen Schadensarten im Zusammenhang mit den §§ 281 ff. BGB ist komplex und hängt von der Art der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden ab.

1. Einfacher Schadensersatz

§ 280 I BGB betrifft Integritätsschäden und schützt das Integritätsinteresse des Gläubigers, also das Interesse an der Unversehrtheit der eigenen Rechte und Rechtsgüter und somit der Beibehaltung des status quo ungeachtet der Leistung des Schuldners. Tritt hier ein Schaden ein, kann dieser auch durch eine ordnungsgemäße Leistung des Schuldners nicht vermindert oder beseitigt werden.

Merke

Daher enthält § 280 I BGB keine weiteren Voraussetzungen wie eine Fristsetzung oder Mahnung, da diese hier keinen Sinn ergeben würden, da diese keinen Sinn ergeben würden, wenn eine weitere Leistung des Schuldners den Schaden nicht beseitigt.

2. Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung

So regelt § 280 II BGB speziell den Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung, den der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 BGB (Schuldnerverzug) verlangen.

3. Schadensersatz statt der Leistung

Demgegenüber betrifft § 280 III BGB den Schadensersatz statt der Leistung, den der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 281283 BGB verlangen kann. Geschützt ist hiervon das positive Interesse (oder auch: Erfüllungsinteresse, Äquivalenzinteresse). Dieses umfasst das Interesse des Gläubigers an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages und stellt ihn somit so, als hätte der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt.

4. Abgrenzung von Schadensersatz statt und neben der Leistung / Klausurvorgehen

Wenn du vertragliche Schadensersatzansprüche prüfen willst, musst du dir die Frage stellen, welche Art des Schadensersatzes als Ergebnis herauskommen soll, da davon abhängt, ob lediglich der § 280 I BGB gegeben sein muss oder die weiteren Voraussetzungen aus §§ 280 II, III, 281 ff. BGB. Die Beantwortung dieser Frage hängt davon ab, ob der Schaden

  1. an die Stelle der Leistung tritt und diese ersetzen soll (dann sind die weiteren Voraussetzungen der §§ 280 III, 281 BGB oder §§ 280 III, 283 BGB zu prüfen)

  2. oder ausschließlich durch die Verzögerung der Leistung entstanden ist (dann müssen die §§ 280 II, 286 BGB geprüft werden)

  3. Andernfalls gilt allein § 280 I BGB.

a) Prüfungsort

Klausurtipp

  • Teilweise wird diese Abgrenzung nach der Bejahung des Tatbestandes und der Rechtsfolgen des § 280 I BGB geprüft. Dies scheint auch im Einklang mit dem Wortlaut von § 280 II, III BGB zu sein: „… kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung […] verlangen …“. 

  • Man kann die Abgrenzung aber auch schon vorab vornehmen, um direkt in die Prüfung der „richtigen“ Anspruchsgrundlage einzusteigen. Dies hat außerdem den Vorteil, dass man bereits anstelle der Prüfung der Pflichtverletzung, die anspruchsspezifisch vorwerfbare Handlung (also: Nicht-/Schlechtleistung, Unmöglichkeit, Verzug, …) prüfen und auch eine etwaige Fristsetzung oder Mahnung direkt in die Prüfung des Tatbestandes einbauen kann, ohne die Prüfung „künstlich“ in zwei verschiedene Tatbestände (einmal § 280 I BGB, einmal §§ 281 ff. BGB) aufzuteilen. Dieses Vorgehen empfehlen wir.

b) Vornahme der Abgrenzung

Ausgangspunkt deiner Überlegung ist der Begriff „Schadensersatz statt der Leistung“: Es ist zu klären, ob die geltend gemachte Schadensposition die Primärleistung ersetzen - also „statt der (ordnungsgemäßen) Leistung“ (z. B. bei Wertersatz für das geschuldete Objekt, Kosten eines Deckungskaufs oder den Kosten der Mangelbeseitigung) - oder zusätzlich zu dieser - also „neben der (ordnungsgemäßen) Leistung“ - erfolgen soll. 

  • Begehrt der Anspruchsteller Schadensersatz neben der Leistung, sind nur die Voraussetzungen des § 280 BGB zu prüfen.

  • Begehrst der Anspruchsteller Schadensersatz statt der Leistung, musst du die §§ 280 III, 281 ff. BGB prüfen.

Klausurtipp

Die Testfrage lautet insoweit: Würde die geltend gemachte Schadensposition durch ordnungsgemäße (Nach-)Erfüllung entfallen?

  • Falls du diese Frage bejahst, geht es um Schadensersatz statt der Leistung (z. B. bei entgangenem Gewinn aus einer vereitelten Weiterveräußerung: Hätte der Schuldner ordnungsgemäß erfüllt, wäre dem Gläubiger der Gewinn nicht entgangen).

  • Falls du diese Frage verneinst, geht es um Schadensersatz neben der Leistung, denn dann steht der Schadensersatz eben "neben" der Leistung und würde durch diese nicht ersetzt.

Sobald du geklärt hast, dass nicht Schadensersatz neben, sondern statt der Leistung gefordert wird, musst du als Nächstes bestimmen, welche der Anspruchsgrundlagen geprüft werden muss:

  • Wurde eine Schutzpflicht (§ 241 II BGB) verletzt? Dann sind §§ 280 III, 282 BGB zu prüfen.

  • Ist die Leistungspflicht unmöglich (§ 275 BGB)? Dann sind entweder §§ 280 III, 283 BGB oder § 311a II BGB zu prüfen.

  • Wurde eine Leistungspflicht (§ 241 I BGB) auf eine andere Art und Weise verletzt? Dann sind §§ 280 III, 281 BGB zu prüfen.

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V. Exkurs: Vergleich des Rücktritts- und Schadensersatzrechts

Die §§ 280 ff. BGB enthalten einige Parallelen zu den gesetzlichen Rücktrittsgründen (siehe hier). So haben die §§ 323 ff. BGB jeweils ein Pendant in den §§ 280 ff. BGB. Hier erkennst du die systematische Ähnlichkeit des Rücktritts- und des Schadensersatzrechts: 

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Merke

Es gibt aber auch abweichende Regelungen, die zu beachten sind. So erfordert der Schadensersatzanspruch anders als das Rücktrittsrecht ein Vertretenmüssen. Außerdem enthält § 281 I 2, 3 BGB Regelungen zu Teilleistungen, die der § 323 I BGB nicht kennt.

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