Constellatio Logo Icon
InhalteFeaturesKarteikartenPreisBlogNewsÜber unsAnmelden

Zivilrecht

/

Kaufrecht

/

Mängelrechte

Sach- und Rechtsmängel

Teilgebiet

Kaufrecht

Thema

Mängelrechte

Tags

Mängelrecht
Sachmangel
Rechtsmangel
§ 434 BGB
§ 446 BGB
§ 447 BGB
Gliederung
  • I. Sachmangel

    • 1. Sachmangelfreiheit, § 434 BGB

      • a) Subjektive Anforderungen, § 434 II BGB

        • aa) Beschaffenheitsvereinbarungen

        • bb) Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, § 434 II 1 Nr. 2 BGB

        • cc) Übergabe des vereinbarten Zubehörs und Anleitungen, § 434 II 1 Nr. 3 BGB

      • b) Objektive Anforderungen, § 434 III BGB

        • aa) Eignung zur gewöhnlichen Verwendung, § 434 III 1 Nr. 1 BGB

        • bb) Übliche Beschaffenheit, § 434 III 1 Nr. 2 BGB

        • cc) Probe/Muster, § 434 III Nr. 3 BGB

        • dd) Zubehör und Anleitungen, § 434 III 1 Nr. 4 BGB

      • c) Montageanforderungen, § 434 IV BGB

      • d) Falschlieferung, § 434 V BGB

      • e) Fazit/Klausurtipp

    • 2. Rechtsmängel, § 435 BGB

    • 3. Unerhebliche Mängel

  • II. Relevanter Zeitpunkt

    • 1. Gefahrübergang beim Verbrauchsgüterkauf

    • 2. Vermutung des § 477 I 1 BGB

In der Einführung hast du gelernt, dass gemäß § 433 I 2 BGB das Kaufobjekt frei von Sach- und Rechtsmängeln („mangelfrei“) sein muss.

Nicht nur die Frage der ordnungsgemäßen Erfüllung gemäß § 362 BGB hängt von der Frage der Mängelfreiheit ab, sondern auch die kaufrechtlichen Sekundärrechte, die in das allgemeine Schuldrecht und insbesondere die dortigen Schadensersatz- und Rücktrittsrechte verweisen. 

I. Sachmangel

Der Sachmangel wird gängigerweise etwas knapp als „negative Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit“ bezeichnet.

Web App FeatureUnsere Grafiken sind nur in der Web App verfügbar.
Platzhalter Grafik

1. Sachmangelfreiheit, § 434 BGB

In der Klausur solltest du aber präzise und am Gesetz arbeiten, deshalb ist sich an § 434 I BGB zu orientieren. Diese Vorschrift definiert jedoch nicht, wann ein Kaufgegenstand einen Sachmangel hat, sondern nur, wann eine Kaufsache sachmangelfrei ist.

Gemäß § 434 BGB ist eine Kaufsache sachmangelfrei, wenn sie folgenden Anforderungen entspricht:

  • den subjektiven Anforderungen, § 434 II BGB und

  • den objektiven Anforderungen, § 434 III BGB und

  • den Montageanforderungen, § 434 IV BGB

Klausurtipp

Regelmäßig wirst du nicht auf alle Punkte eingehen müssen. Vorwiegend die Richtigkeit der Montageanforderungen wird oft - mangels Montageanforderungen - nicht relevant sein.

Dem Wortlaut zufolge müssen die verschiedenen Anforderungen kumulativ erfüllt sein und außerdem sind die Anforderungen gleichrangig. Objektive Anforderungen sind also nicht schon deshalb unbeachtlich, weil den subjektiven Anforderungen entsprochen wird.

Dieser Grundsatz wird allerdings durch § 434 III BGB eingeschränkt, soweit eine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt. Die Wirksamkeit einer solchen Beschaffenheitsvereinbarung hängt zumeist davon ab, ob ein Verbrauchsgüterkauf, oder ein normaler Kaufvertrag vorliegt.

a) Subjektive Anforderungen, § 434 II BGB

aa) Beschaffenheitsvereinbarungen

§ 434 II Nr. 1 BGB knüpft zunächst an eine Beschaffenheitsvereinbarung an. Was eine Beschaffenheit ist, ist nicht legaldefiniert. Die Rechtsprechung arbeitet jedoch mit einem weiten Beschaffenheitsbegriff: 

Definition

Als Beschaffenheit sind alle tatsächlichen, rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Umstände anzusehen, die nach der Verkehrsauffassung Wert und Brauchbarkeit der Kaufsache selbst unmittelbar beeinflussen.

 

Das gilt auch dann, wenn diese Umstände nicht unmittelbar mit dem physischen Zustand der Kaufsache zusammenhängen.

Beispiel

Unbebaubares Grundstück wegen langfristiger Bausperre.

Die Beschaffenheitsvereinbarung muss nicht zwingend ausdrücklich geschlossen werden, sondern kann auch konkludent geschlossen werden. Dies geschieht dann, indem der Käufer bestimmte Anforderungen an den Kaufgegenstand erkennbar macht und der Verkäufer diesen Anforderungen zustimmt. Diese Zustimmung muss dann die Bereitschaft des Verkäufers ausdrücken, für die Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. Genau darin liegt auch der Unterschied zwischen einer Äußerung des Verkäufers gemäß § 434 III 1 Nr. 2 BGB. 

Die einseitige Vorstellung, welche der Käufer dem Verkäufer nicht offenbart, dem Verkäufer aber bekannt ist, genügt deshalb auch nicht.

Eine Beschaffenheitsvereinbarung kann sich auch auf das Fehlen von Eigenschaften beziehen, wobei bei Verbrauchsgüterkäufen § 476 I 2 BGB zu beachten ist.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, könntest du dir § 476 I 2 BGB neben § 434 II Nr. 1 BGB kommentieren, um dich an diese Besonderheit zu erinnern.

Werden Mängel schon bei Vertragsschluss offengelegt, besteht in der Regel eine Vereinbarung über diese mangelhafte Beschaffenheit. Die Kaufsache ist dann nie mangelhaft, sondern vertragsgemäß.

Beispiel

Wird ein Gebrauchtwagen als Unfallfahrzeug gekauft, so ist ein verborgen gebliebener Unfallschaden kein Sachmangel.

bb) Eignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung, § 434 II 1 Nr. 2 BGB

§ 434 II 1 Nr. 2 BGB meint die Fälle, in denen die Parteien keine Einigung auf einzelne Merkmale der Beschaffenheit erzielen, sondern sich darauf einigen, dass die Sache für eine bestimmte Verwendung tauglich ist. Ist die Kaufsache für die Verwendung ungeeignet, so liegt ein Sachmangel vor. 

Beispiel

Bestimmte Benutzung der Sache an einem bestimmten Ort bei besonderen klimatischen oder rechtlichen Rahmenbedingungen.

Zu beachten ist aber, dass die vorausgesetzte Verwendungseignung nicht mit der Idealnorm zu verwechseln ist. 

Beispiel

So besteht eine Beeinträchtigung der vorausgesetzten Verwendung bei Pferden nicht schon dann, wenn ein klinisch unauffälliges Pferd in Wahrheit physiologische Besonderheiten aufweist, die theoretisch dazu führen könnten, dass das Pferd seine Eignung als Rennpferd verliert.

cc) Übergabe des vereinbarten Zubehörs und Anleitungen, § 434 II 1 Nr. 3 BGB

Gemäß § 434 II 1 Nr. 3 BGB ist die Kaufsache zudem nicht mangelfrei, wenn das vereinbarte Zubehör, die vereinbarten Anleitungen einschließlich Montage- und Installationsanleitungen übergeben wird.

b) Objektive Anforderungen, § 434 III BGB

Ferner muss die Sache neben den subjektiven Anforderungen auch den objektiven Anforderungen genügen.

aa) Eignung zur gewöhnlichen Verwendung, § 434 III 1 Nr. 1 BGB

§ 434 III Nr. 1 BGB verlangt die Eignung zur gewöhnlichen Verwendung. Die Waren müssen für die Zwecke geeignet sein, die für Waren gleicher Art üblicherweise gebraucht werden. Was die gewöhnliche Verwendung ist, entscheidet daher die sektorspezifische Verkehrsanschauung, wobei der Erwartungshorizont eines Durchschnittskäufers maßgeblich ist. 

Die Sache genügt schon dann nicht den Anforderungen, wenn die Tauglichkeit für die gewöhnliche Verwendung herabgesetzt ist. Eine vollständige Aufhebung der Gebrauchsfähigkeit ist nicht zwingend erforderlich.

bb) Übliche Beschaffenheit, § 434 III 1 Nr. 2 BGB

Die Kaufsache muss die Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache und aufgrund öffentlicher Äußerungen des Verkäufers oder einem anderen Glied der Verkäuferkette oder einem in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung erwarten kann. Hierfür ist nicht die subjektive und konkrete Käufererwartung relevant, sondern die objektive Erwartung eines Durchschnittskäufers. Es kann daher dazu kommen, dass die gewöhnliche Verwendungseignung von der vertraglich vorausgesetzten Verwendungseignung abweicht.

§ 434 III 2 BGB zählt hierbei auf, was zur üblichen Beschaffenheit dazugehört, also insbesondere die Qualität, aber auch die Haltbarkeit, Funktionalität und Kompatibilität.

Die zu erwartende Beschaffenheit kann sich gemäß § 434 III 1 Nr. 2 lit. b) BGB aus den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, eines Glieds in der Vertragskette oder eines beauftragten Dritten ergeben. Gemeint sind, wie § 434 III 1 Nr. 2 lit. b) BGB ausführt, nicht nur, aber vorwiegend die Werbung oder Etikettierung.

Merke

Der Anwendungsbereich des § 434 III 1 Nr. 2 lit. b) BGB wird nicht bei Äußerungen des Verkäufers selbst relevant. Tätigt der Verkäufer nämlich im Rahmen eines Verkaufsgesprächs eine Werbeaussage, welche für die Kaufentscheidung relevante Eigenschaften betrifft, so wird in dieser Werbeaussage und der Zustimmung durch den Käufer schon eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne des § 434 II Nr. 1 BGB liegen.

Gemäß § 434 III 3 BGB ist der Verkäufer an seine öffentliche Äußerung nicht gebunden, falls er diese nicht kannte oder nicht kennen konnte, falls die Äußerung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in derselben oder zumindest gleichwertiger Weise berichtigt wurde oder die öffentliche Äußerung in Wahrheit gar nicht die Kaufentscheidung beeinflusste.

cc) Probe/Muster, § 434 III Nr. 3 BGB

Hat der Verkäufer vor Vertragsschluss dem Käufer eine Probe oder ein Muster zur Verfügung gestellt, gehört das qualitative Entsprechen der Kaufsache an das Muster gemäß § 434 III 1 Nr. 3 zu den objektiven Anforderungen. Weicht die Kaufsache also von der Beschaffenheit des Musters oder der Probe ab, so liegt ein Sachmangel vor.

dd) Zubehör und Anleitungen, § 434 III 1 Nr. 4 BGB

Haben die Partien nicht vereinbart, dass Zubehör, Verpackung und Anleitungen gemäß § 434 II 1 Nr. 3 BGB übergeben werden, so bedeutet das nicht, dass zur Mangelfreiheit gar nichts dergleichen übergeben werden muss. Gemäß § 434 III 1 Nr. 4 BGB müssen nämlich Zubehör, Verpackungen und Anleitungen, deren Erhalt der Käufer erwarten kann, auch übergeben werden. Fehlen diese Gegenstände, so liegt ein Sachmangel vor.

c) Montageanforderungen, § 434 IV BGB

§ 434 IV BGB ist nicht besonders prüfungsrelevant. Dennoch sollten hier Einzelheiten gesagt sein:

„Montage“ umfasst alle für den vertraglichen Gebrauch erforderliche Handlungen, wie beispielsweise den Zusammenbau von Einzelteilen, das Aufstellen oder Einbau/Installation am vorgesehenen Ort.

Während § 434 IV Nr. 1 BGB einfach zu verstehen ist, ist bei § 434 IV Nr. 2 BGB danach zu differenzieren, ob die Montage durch den Käufer oder den Verkäufer durchgeführt wurde.

  • Führt der Verkäufer die Montage selbst durch, so liegt schon in der unsachgemäßen Montage der Sachmangel.

  • Hat der Käufer die Montage hingegen selbst durchgeführt, so liegt ein Sachmangel nur dann vor, wenn die unsachgemäße Montage auf einer vom Verkäufer übergebenen Anleitung beruht. 

Merke

Wer dabei an die alten Ikea-Anleitungen denkt, welche kaum Hinweise hatten, liegt genau richtig: Nicht umsonst wird diese Vorschrift als „Ikea-Klausel“ bezeichnet.

d) Falschlieferung, § 434 V BGB

Gemäß § 434 V BGB steht die Falschlieferung einem Sachmangel gleich. Gemeint ist jedoch nur die verdeckte Aliudlieferung. Wird die Lieferung des aliud durch den Käufer moniert, so liegt eine Nichtleistung vor, sodass keine Sekundäransprüche entstehen, sondern der Käufer seinen ursprünglichen Erfüllungsanspruch behält.

e) Fazit/Klausurtipp

In der Klausur darfst und solltest du auch, die einschlägigen Sachmängeltatbestände nacheinander ordentlich prüfen. Das gibt dir nicht nur eine einheitliche und logische Arbeitsstruktur, sondern auch der Korrektor ist dir dankbar, wenn du systematisch vorgehst. Das bedeutet aber nicht, dass du jeden möglichen Sachmangeltatbestand abklappern sollst, sondern nur die, die für die Falllösung interessant sein könnten. Wenn du ordentlich mit dem Gesetz arbeitest, kommst du mit Sicherheit zu einer vertretbaren Lösung.

2. Rechtsmängel, § 435 BGB

Damit die Sache rechtsmangelfrei ist, dürfen Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können, § 435 S. 1 BGB

Hinsichtlich Rechten an Immobilien ist ein Rechtsmangel schon dann gegeben, wenn das hindernde Recht eingetragen ist. Dieses Recht muss nicht existieren, § 435 S. 2 BGB.

Rechte Dritter im Sinne des § 435 BGB sind:

  • Dingliche Rechte (Pfandrecht, Hypothek/Grundschuld, Nießbrauch, Eigentumsanwartschaft)

  • Obligatorische Besitzrechte (z.B. aus Miete/Pacht/Leihe).

  • Vormerkung

  • Öffentlich-rechtliche Gebrauchsbeschränkungen (lesenswert: BGH NJW 2017, 1666 - Eintragung eines Kfz ins SIS).

Öffentliche Lasten sind keine Rechtsmängel, § 436 II BGB.

Während § 434 BGB auch ein subjektives Verständnis zugrunde liegt, ist § 435 BGB rein objektiv zu verstehen, sodass auch die Rechte Dritter erfasst sind, welche die vorgesehene Verwendung des Käufers eigentlich nicht beeinträchtigen.

3. Unerhebliche Mängel

Die §§ 434 ff. BGB nehmen unerhebliche Mängel nicht von der Gewährleistung aus, denn die Haftung für Sachmängel soll nicht an niedrigere Voraussetzungen als das allgemeine Leistungsstörungsrecht geknüpft werden. Eine Ausnahme hiervon besteht hinsichtlich des Rücktrittsrechts gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 V 2 BGB und für den Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß §§ 437 Nr. 3, 281 I 3 BGB.

II. Relevanter Zeitpunkt

Damit die kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrechte anwendbar sind, muss der Sachmangel schon „bei Gefahrübergang“ vorliegen.

Wann ein Gefahrübergang vorliegt, bestimmen die §§ 446, 447 BGB:

  • § 446 S. 1 BGB: Übergabe an den Käufer

  • § 446 S. 3 BGB: Annahmeverzug des Käufers

  • § 447 BGB: Auslieferung an den Transporteur.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, könntest du dir §§ 446, 447 BGB über das unterstrichene Wort „bei Gefahrübergang“ bei § 434 I BGB kommentieren, um dich an die Gefahrübergangstabestände zu erinnern.

Dabei sind jedoch stets zwei Besonderheiten beim Verbrauchsgüterkauf (Details findest du im Artikel zum Verbrauchsgüterkauf) zu bedenken:

1. Gefahrübergang beim Verbrauchsgüterkauf

Erstens ist § 447 BGB in der Regel nicht beim Verbrauchsgüterkauf anwendbar.

Gesetzesverweis

Soweit in deinem Bundesland zulässig, solltest du dir § 475 II BGB neben § 447 BGB kommentieren. So vergisst du diese Nichtanwendbarkeit des § 447 BGB beim Verbrauchsgüterkauf nicht.

2. Vermutung des § 477 I 1 BGB

Zweitens wird beim Verbrauchsgüterkauf gemäß § 477 I 1 BGB vermutet, dass die Kaufsache schon bei Gefahrübergang mangelhaft war, falls sich der Mangel innerhalb eines Jahres nach Gefahrübergang zeigt.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, könntest du dir § 477 I 1 BGB neben, § 434 I BGB kommentieren, um dich an die Beweislastregel zu erinnern.

Flag
Flag
Background lines

Bereit, Jura digital zu lernen?

Mach dir dein eigenes Bild unseres Digitalen Compagnons und erlebe, mit wie viel Freude man Jura im Jahr 2025 lernen kann.

Kostenlos ausprobieren

Ohne Zahlungsdaten