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Bereicherungsrecht

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Rechtsfolgen

Rückabwicklung gegenseitiger Verträge

Teilgebiet

Bereicherungsrecht

Thema

Rechtsfolgen

Tags

Zweikondiktionenlehre
Saldotheorie
§ 812 BGB
§ 818 BGB
§ 819 BGB
Gliederung
  • I. Konstellation

  • II. Strenge Zweikondiktionentheorie

  • III. Saldotheorie

  • IV. Modifizierte Zweikondiktionentheorie 

  • V. Anwendbarkeit der strengen Zweikondiktionentheorie

Die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge stellt eine besondere Konstellation im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen dar. Bei der Frage, wie diese Konstellation zu lösen ist, haben sich verschiedene Lehren durchgesetzt - die Zweikondiktionentheorie und die Saldotheorie.

I. Konstellation

Beispiel

V veräußert an K einen Motorroller im Wert von 3.000 € zum Preis von 4.000 €. K bezahlt sofort. Der Kaufvertrag war nichtig, wovon keine der Parteien etwas wusste. Kurz nach dem Kauf erleidet K einen Totalschaden. Das wertlose Wrack wird entsorgt.

K will den Kaufpreis zurück.

Dieser Fall lässt sich anhand der genannten Theorien lösen:

II. Strenge Zweikondiktionentheorie

Nach der strengen Zweikondiktionentheorie hat jede Partei einen Kondiktionsanspruch. Auch kann sich jede Partei auf Entreicherung berufen, ohne dass dies ihren eigenen Anspruch berührt. 

Beispiel

Lösung zum Beispielfall

Hiernach hat der V gegen K keinen Anspruch auf Wertersatz aus §§ 812 I 1 Fall 1, 818 II BGB, da dieser nach § 818 III BGB wegen der Entreicherung des K ausgeschlossen ist. K hat einen Anspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 4.000 € gegen V.

Dasselbe gilt, wenn der Käufer die Kaufsache weggeworfen, verprasst oder verschenkt hat. Bezüglich der strengen Zweikondiktionentheorie bestehen insoweit Bedenken, als dass jeder die Verluste, die in der Einflusssphäre des anderen eintreten, zu tragen hat. 

III. Saldotheorie

Die ständige Rechtsprechung vertritt die sogenannte Saldotheorie. Diese geht von einer Saldierung der Bereicherungsansprüche aus. Hierbei werden alle Vermögensabflüsse berücksichtigt. Ob etwas abgeschöpft werden kann, ergibt sich erst nach Saldierung aller Vermögenszuflüsse und -abflüsse inklusive Gegenleistung.

Da nur eine Partei einen positiven Saldo aufweisen kann, gibt es nur eine Kondiktion. Hierbei wird der Wert der Entreicherung zum Abzugsposten bei dem eigenen Bereicherungsanspruch des Entreicherten. 

Für die Saldotheorie spricht, dass sie dem inneren Zusammenhang von Leistungen (Synallagma) gerecht wird. 

Beispiel

Lösung zum Beispielsfall

  1. Saldo des K: 

K hat einen Zufluss in Höhe des Werts des Motorrollers, also von 3.000 €. Hiervon ist der Kaufpreis in Höhe von 4.000 € abzuziehen. Durch den Totalschaden kommt es zu einem Abfluss in Höhe von 3.000 €. Damit liegt der Saldo des K bei - 4.000 €.

  1. Saldo des V:

Der V hat einen Zufluss in Höhe des Kaufpreises in Höhe von 4.000 €. Gleichzeitig hat er einen Abfluss in Höhe des Werts des Motorrollers, der 3.000 € beträgt. Der Saldo des V beträgt damit 1.000 €. Dieser Saldo des V wird abgeschöpft. V hat einen Anspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB in Höhe von 1.000 € gegen K. 

IV. Modifizierte Zweikondiktionentheorie 

Eine weitere Lösungsmöglichkeit stellt die modifizierte Zweikondiktionentheorie der herrschenden Lehre dar. 

Hiernach ist § 818 III BGB auf die Rückabwicklung gegenseitiger Verträge nicht anwendbar. § 818 III BGB ist nämlich auf nichtsynallagmatische Rechtsverhältnisse zu reduzieren.

Beispiel

Lösung zum Beispielsfall

Für den konkreten Fall bedeutet dies, dass K gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 4.000 € hat, während dem V gegen K ein Anspruch auf Wertersatz in Höhe von 3.000 € zusteht. Werden beide Ansprüche miteinander verrechnet, verbleibt ein Saldo zugunsten des K in Höhe von 1.000 €. Das Ergebnis deckt sich mit der Saldotheorie.

Für die modifizierte Saldotheorie spricht, dass die entreicherte Partei den erworbenen Gegenstand mit der gleichen Wahrscheinlichkeit verloren hätte, ohne ihre eigene Leistung zurückzuerhalten, wenn der Vertrag wirksam wäre. Außerdem weiß der Kondiktionsschuldner, dass die Gegenleistung verloren ist, sodass er sich analog §§ 818 IV, 819 BGB nicht auf § 818 III BGB berufen kann. 

Die modifizierte Zweikondiktionentheorie verdient Vorzug gegenüber der Saldotheorie, wenn ein Vorleistungsfall vorliegt: 

  • Hat V schon geleistet, K jedoch noch nicht bezahlt, weist keine Partei einen positiven Saldo aus. 

  • K ist nach der Saldotheorie nicht zum Wertersatz verpflichtet. 

Nach der modifizierten Zweikondiktionentheorie kann sich K jedoch nicht auf § 818 III BGB berufen und ist zum Wertersatz verpflichtet.

V. Anwendbarkeit der strengen Zweikondiktionentheorie

Die reine Zweikondiktionentheorie ist in einigen Fällen unstreitig nach der Rechtsprechung und herrschender Lehre anwendbar. 

Weder die Saldotheorie noch die modifizierte Zweikondiktionentheorie sind nach der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre anwendbar zugunsten:

  • eines Verklagten, § 818 IV BGB

  • eines nach §§ 819 I BGB verschärft Haftenden

  • eines Wucherers. 

Da diese nicht schutzwürdig sind, findet die strengere Zweikondiktionentheorie Anwendung. Außerdem sind sowohl die Saldotheorie als auch die modifizierte Zweikondiktionentheorie umgekehrt auch nicht anwendbar zulasten:

  • Nicht voll geschäftsfähiger

  • Eines arglistig Getäuschten, der die eigen übliche Sorgfalt beachtet hat

  • Eines Käufers, wenn die Entreicherung Folge eines Mangels war

  • Der Masse im Falle der Insolvenz

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