I. Grundsatz
Eine weitere Form der Gefährdungshaftung neben § 833 S. 1 BGB und § 7 I StVG ist in § 1 I 1 ProdHaftG vorgesehen. Es handelt sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung, die nach § 15 II ProdHaftG neben § 823 I BGB in Betracht kommt. Das Produkthaftungsgesetz enthält Haftungsnormen für Hersteller von Produkten, die verkauft werden und die durch einen Fehler eine Person verletzen, töten oder eine Sache beschädigen. Der Haftungsanspruch gegen einen Hersteller aus § 1 I 1 ProdHaftG ist wie folgt zu prüfen:

Achtung: Die Produkthaftung ist nicht mit der Produzentenhaftung nach § 1 I 1 ProdHaftG zu verwechseln!
II. Voraussetzungen
1. Hersteller (§ 4 ProdHaftG)
Anspruchsgegner des Anspruchs aus § 1 I 1 ProdHaftG ist der Hersteller des fraglichen Produkts. Nach § 4 I 1 ProdHaftG ist der Produzent Hersteller. Aber auch der Quasi-Hersteller, der sich durch das Anbringen seines Namens oder seiner Marke als Hersteller ausgibt, ist nach § 4 I 2 ProdHaftG passivlegitimiert.
Beispiel
Ein deutscher Hersteller vertreibt Camcorder eines japanischen Produzenten unter eigenem Namen.
Auch der Importeur eines Produkts gilt nach § 4 II ProdHaftG als Hersteller. Gemäß § 4 III ProdHaftG ist der Lieferant subsidiär passivlegitimiert.
2. Produktfehler (§ 3 ProdHaftG)
Der Anspruch aus § 1 I 1 ProdHaftG setzt einen Fehler eines Produkts aus.
Definition
Das Produkt muss einen Produktfehler im Sinne des § 3 ProdHaftG aufweisen. Der Fehlerbegriff des ProdHaftG unterscheidet sich grundlegend vom Mangelbegriff der §§ 434 ff. BGB, der das Äquivalenzinteresse von Käufern schützt.
Durch das ProdHaftG wird das Integritätsinteresse von Benutzern geschützt. Das Integritätsinteresse ist als Interesse der Benutzer an der Integrität bereits vorhandener Rechte und Rechtsgüter definiert.
Was ein Produkt im Sinne des § 1 I 1 ProdHaftG ist, wird in § 2 ProdHaftG definiert.
Definition
Ein Produkt nach § 2 ProdHaftG ist jede durch menschliche Arbeit hergestellte oder wesentlich veränderte bewegliche Sache im Sinne des § 90 BGB.
3. Rechts-, Rechtsgutsverletzung
Ein Anspruch aus § 1 I 1 ProdHaftG setzt die Verletzung eines der in § 1 I 1 ProdHaftG benannten Rechtsgüter, also dem Körper, der Gesundheit, dem Leben oder der Integrität von Sachen voraus. Hierbei enthält § 1 I 2 ProdHaftG eine Einschränkung bei der Haftung für Sachschäden. Es besteht keine Haftung für Schäden am Produkt selbst. Auch weiterfressende Schäden sind gemäß § 1 I 2 ProdHaftG ausgeschlossen. Außerdem muss die geschädigte Sache nach § 1 I 2 ProdHaftG für den privaten Ge- und Verbrauch bestimmt sein (Privatnützigkeitsklausel).
4. Kein Ausschluss (§ 1 II, III ProdHaftG)
Die Haftung darf nicht nach § 1 II, III ProdHaftG ausgeschlossen sein. So haftet der Hersteller beispielsweise nicht bei sogenannten Ausreißern, also Fehlern, die auf Entwicklungsrisiken zurückzuführen sind (§ 1 II Nr. 5 ProdHaftG). Er haftet jedoch für bekannte Risiken, die nur selten auftreten.
5. Schaden
Außerdem muss durch die Tötung, die Verletzung des Körpers oder der Gesundheit oder die Sachbeschädigung ein Schaden entstanden sein. Genauere Regelungen hierzu enthalten die §§ 7 ff. ProdHaftG. Nach § 10 ProdHaftG besteht eine Haftungshöchstgrenze für Personenschäden in Höhe von 85 Millionen Euro. Außerdem gibt es nach § 11 ProdHaftG einen Selbstbehalt bei Sachschäden in Höhe von 500 €.