I. Einleitung
Aufgrund des Charakters als Dauerschuldverhältnis müssen sowohl Vermieter als auch Mieter ihre vertraglichen Pflichten über einen längeren Zeitraum, gegebenenfalls immer wieder in gewissen zeitlichen Abständen (wie bei einer „klassischen“ Monatsmiete). Das führt dazu, dass die wechselseitigen Primärleistungspflichten komplexer sind als bei anderen Vertragsarten und es insbesondere viele - klausurrelevante - Ansatzpunkte für Schlechtleistung gibt, die dann wiederum Ausgangspunkt für das mietrechtliche Mängelrecht sind.
Merke
Viele Ausführungen und Beispiele werden sich im Folgenden auf das Wohnraummietrecht beziehen, da dieses nicht nur praktisch, sondern auch in der Klausur am relevantesten ist.
II. Vertragliche Pflichten

1. Vermieterpflichten
a) Gebrauchsgewährung (§ 535 I 1 BGB)
Der Vermieter hat dem Mieter den Gebrauch der Sache zu gewähren. Dies impliziert nicht, dass er auch Eigentümer der Sache sein muss - so kann etwa ein Mieter die Sache an einen anderen „untervermieten“. Voraussetzung für die Gebrauchsgewährung ist die Überlassung des unmittelbaren Besitzes (§ 854 BGB).
Beispiel
Es gibt nur wenig Gegenbeispiele für diesen Grundsatz, wie die Vermietung einer Werbefläche, bei der der mittelbare Besitz ausreicht.
Da es sich bei der Miete um ein Dauerschuldverhältnis handelt, führt eine verspätete Besitzverschaffung dazu, dass für den Verspätungszeitraum die entsprechende Leistungspflicht unmöglich wird (§ 275 I BGB) - sie kann nicht nachgeholt werden.
2. Gebrauchsüberlassung und Erhalt (§ 535 I 2 BGB)
Der Vermieter muss nicht nur initial den Gebrauch gewähren, sondern ihn auch während der ganzen Vertragszeit überlassen und fortlaufend den vertragsmäßigen Zustand erhalten.
a) Gebrauchsüberlassung
Anders formuliert muss er den vertragsgemäßen Gebrauch des Mieters dulden.
Merke
Im Wohnraummietrecht bezieht sich dies etwa auf die Aufstellung von Elektrogeräten, die Verkabelung der Wohnung oder das Anbringen von Antennen.
Die Gebrauchsüberlassungspflicht kann aber auch dazu führen, dass der Vermieter gezwungen wird, aktiv einzugreifen, um den vertragsgemäßen Gebrauch zu ermöglichen.
Beispiel
Wird der Mieter etwa von anderen Mietern gestört/belästigt, muss der Vermieter diese Störung unterbinden.
b) Erhalt (Instandsetzung und Schönheitsreparaturen)
Die Gebrauchserhaltungspflicht muss der Vermieter all die Maßnahmen treffen, die notwendig sind, um die Sache instand zu halten. Dazu gehören auch Reparaturen an der Sache, die die vertragsgemäße Benutzbarkeit aufrechterhalten.
Merke
In der Praxis der Wohnraummiete wird diese Instandhaltungspflicht in der Form eingeschränkt, dass der Vermieter nicht alle Reparaturen vornehmen muss, sondern ein Mieter zur Vornahme sogenannter Schönheitsreparaturen verpflichtet ist (Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln, die durch vertragsgemäßen Verbrauch entstanden sind).
Problem
AGB-Widrigkeit von Schönheitsreparaturklauseln
Grundsatz: Es liegt kein Verstoß gegen § 307 BGB vor, da die Verpflichtung des Mieters, Schönheitsreparaturen vorzunehmen, bei der Mietberechnung berücksichtigt wird und diese somit ein Teil des Mietzinses ist.
Ausnahme: Wenn die Verpflichtung, solche Reparaturen vorzunehmen, mit starren Fristen versehen ist, liegt in aller Regel ein Verstoß gegen § 307 BGB vor. Wird z. B. ein Mieter dazu verpflichtet, zum Auszug Schönheitsreparaturen vorzunehmen, verstößt dies gegen § 307 BGB, wenn diese Verpflichtung unabhängig vom Zustand der Wohnung besteht. Ein Verstoß besteht auch dann, wenn eine Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen wird, wenn der Mieter keinen ausreichenden finanziellen Ausgleich erhält.
Bei Unwirksamkeit greift gemäß § 306 II BGB die gesetzliche Regel ein: Das heißt, dass der Vermieter für die Instandhaltung zu sorgen hat (§ 535 I 2 BGB). Hat der Vermieter bereits eine Reparatur durchgeführt, zu der er nicht verpflichtet war, kann er vom Vermieter Wertersatz verlangen (§§ 812 I 1 Fall 1, 818 II BGB) und gegebenenfalls auch Schadensersatz (§ 280 I BGB). Umgekehrt macht sich aber auch der Mieter schadensersatzpflichtig, wenn er auszieht, ohne die Reparatur vorzunehmen. Er haftet auch dann, wenn er zwar Schönheitsreparaturen vornimmt, dies aber so schlecht tut, dass der Vermieter sie wiederholen muss (§§ 280 I, 241 II BGB) - ein typisches Beispiel ist eine ungewöhnliche Wandfarbe, die von Folgemietern regelmäßig nicht akzeptiert werden würde.
Lies dir zum AGB-Recht auch diesen Artikel durch.
c) Konkurrenzschutz
Insbesondere bei der Vermietung von Geschäftsräumen kann sich aus dem Mietvertrag eine „vertragsimmanente“ Pflicht ergeben, nicht im selben Gebäude oder in unmittelbarer Nähe ein Konkurrenzunternehmen zu eröffnen oder Räume an ein solches zu vermieten. Diese Pflicht ergibt sich aus der Verpflichtung zu vertragsgemäßen Gebrauchsüberlassung (§ 535 I 2 BGB).
Merke
Verstößt der Vermieter gegen diese Pflicht, kann der Mieter Unterlassung verlangen und es liegt ein Mangel vor.
d) Sonstige Pflichten
Mit der Vermietung von (Wohn-)Räumlichkeiten einher, geht auch die Verpflichtung, die Grundversorgung mit Gütern wie Wasser und Strom sowie die Einrichtung einer funktionierenden Heizung sicherzustellen.
Gemäß § 535 I 3 BGB hat der Vermieter auch die „auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen“. Dies sind im Kontext des (Wohn-)Raummietrechts Nebenkosten wie die Müllabfuhrgebühren, Grundsteuer etc.
Merke
Gemäß § 556 BGB sind diese Kosten aber auf den Mieter übertragbar, wenn dies nicht formularmäßig in einer Weise geschieht, dass der Mieter die (Höhe der) Belastung klar erkennen kann. Vergleiche dazu auch den Artikel zum Wohnraummietrecht.
3. Mieterpflichten
a) Mietzahlung (§ 535 II BGB)
Primär ist der Mieter zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet. Dieser kann grundsätzlich privatautonom vereinbart werden. Er unterliegt aber insbesondere im (Wohn-)Raummietrecht besonderen Einschränkungen.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir die §§ 556b, 579 II BGB an den § 535 II BGB zitieren, um dich an die Regelung zur Fälligkeit der Miete zu erinnern. Zitiere dir außerdem die §§ 556 ff. BGB, um dich an die Regelungen zur Miethöhe zu erinnern.
Verstößt der Mieter gegen diese Pflicht, kann der Vermieter aus einem außerordentlichen Grund kündigen (§ 543 I, II Nr. 3 BGB).
Zu beachten ist, dass § 537 I 1 BGB ausdrücklich regelt, dass der Mieter auch dann die Zahlung des Mietzinses schuldet, wenn er die Mietsache selbst nicht nutzen kann.
b) Obhut- und Sorgfaltspflichten
Der Mieter hat die Sache sorgfältig zu behandeln und ist dazu verpflichtet, etwaige Mängel an den Vermieter zu melden (§ 536c BGB).
c) Vertragsgemäßer Gebrauch
So wie der Vermieter verpflichtet ist, den vertragsgemäßen Gebrauch zu gestatten, hat der Mieter diesen auch einzuhalten. Das heißt insbesondere, dass er die Sache nicht ohne Zustimmung untervermieten darf (§§ 540, 553 BGB) und das mietvertragliche Gebot der Rücksichtnahme (§ 241 II BGB) berücksichtigen muss.
Merke
Wer eine Wohnung mietet, stimmt in der Regel auch einer Hausordnung zu und bezieht diese somit in den Vertrag mit ein. Ist dies der Fall, ist der Mieter verpflichtet, sich an die dort festgelegten Regeln (z. B. Nachtruhe) zu halten.
Zu beachten ist, dass Abnutzungen im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs keine Haftung begründen (§ 538 BGB).
d) Rückgabe der Mietsache (§ 546 I BGB)
Am Ende des Mietverhältnisses muss der Mieter dem Vermieter die Mietsache zurückgeben, das heißt: den unmittelbaren Besitz verschaffen - die bloße Besitzaufgabe genügt nicht.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, zitiere dir den § 854 BGB an den § 546 I BGB, um dich daran zu erinnern, dass „Rückgabe“ Verschaffung des unmittelbaren Besitzes bedeutet.
e) Sonstige Pflichten
Weitere Pflichten des Mieters umfassen
Verpflichtung zur Mängelanzeige (§ 536c BGB)
Verpflichtung zur Duldung baulicher Änderungen (§§ 555a ff. BGB)
f) Verstoß gegen Mieterpflichten
aa) Grundsatz
Verstößt der Mieter gegen seine vertraglichen Pflichten, hat der Vermieter einen Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB. Im Falle einer Untervermietung ist ein etwaiges Verschulden des Dritten zurechenbar (§ 540 II BGB).
Vernetztes Lernen
Der Untermieter ist kein Erfüllungsgehilfe des Vermieters - vgl. § 278 BGB.
Bei verspäteter Rückgabe der Mietsache § 546 I BGB kann zum einen ein Nutzungsentschädigungsanspruch direkt aus § 546a BGB entstehen und außerdem ein Anspruch auf Ersatz des Verzugsschadens (§§ 280 I, II, 286 BGB).
Merke
Achtung: Der Anspruch aus § 546a I BGB bezieht sich auf die ortsübliche Miete, für den Verspätungszeitraum. Der Vermieter muss also nicht eine konkrete andere Vermietungsmöglichkeit geltend machen. Außerdem ist § 546a II BGB zu beachten, wonach über diesen Betrag hinaus auch der Schadensersatz geltend gemacht werden kann.
Dem Vermieter steht außerdem das Recht zur fristlosen Kündigung zu (§§ 543 I, II Nr. 2 BGB), wenn die Pflicht „in erheblichem Maße“ verletzt wird.
bb) Schönheitsreparaturen
Sofern eine wirksame Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen besteht, besteht bei Nichtvornahme ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280 I, III, 281 BGB.
Merke
Es besteht eine Schadensersatzpflicht statt der Leistung, weil die Schönheitsreparatur ein Teil der Entgeltpflicht ist. Eine Fristsetzung ist gemäß § 281 II Alt. 1 BGB entbehrlich, da der Auszug ohne Vornahme der Reparaturen aufgrund des endgültigen Charakters auch eine endgültige Erfüllungsverweigerung darstellt.
cc) Verjährung von Ersatzansprüchen
Ansprüche des Vermieters gegen den Mieter wegen Veränderung oder Verschlechterung der Sache verjähren gemäß § 548 I BGB abweichend von der allgemeinen Verjährungsfrist in 6 Monaten.
Merke
Dies gilt auch bei Vertragsverletzungen durch Dritte, die in den Schutzbereich des Vertrages miteinbezogen sind (Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter) sowie bei unerlaubten Handlungen durch den Mieter.