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Die einzelnen Grundrechte

Art. 1 I GG (Menschenwürde)

Teilgebiet

Grundrechte

Thema

Die einzelnen Grundrechte

Tags

Menschenwürde
Grundrechtsqualität
Ehrverletzungen
Existenzminimum
Schwangerschaftsabbruch
Totenruhe
Art. 1 GG
§ 168 StGB
Gliederung
  • I. Einleitung

  • II. Grundrechtsqualität

  • III. Schutzbereich

    • 1. Persönlicher Schutzbereich

    • 2. Sachlicher Schutzbereich

  • IV. Eingriff

  • V. Einschränkungsmöglichkeit

I. Einleitung

Das Grundrecht der Menschenwürde ist in Art. 1 I GG verankert und bildet das fundamentale Prinzip der Verfassung und die oberste Werteentscheidung des Grundgesetzes. Es stellt die unantastbare Grundlage des deutschen Grundrechtskatalogs dar und schützt die Würde eines jeden Menschen als höchsten Wert. Die Menschenwürde ist dabei nicht nur die Basis für die Freiheits- und Gleichheitsrechte, sondern auch ein unverzichtbarer Maßstab für staatliches Handeln. Ihre Bedeutung reicht weit über den individuellen Schutz hinaus und beeinflusst das gesamte Rechts- und Gesellschaftssystem, indem sie den Schutz vor erniedrigender, entwürdigender oder entmenschlichender Behandlung sicherstellt. Sie begründet dabei sowohl Abwehrrechte als auch einen Schutzanspruch.

II. Grundrechtsqualität

Es existiert ein dogmatischer Streit darüber, ob Art. 1 I GG überhaupt zu den Grundrechten zählt.

Nach einer Ansicht sei dies nicht der Fall. Als Argument dafür wird der Wortlaut „die nachfolgenden Grundrechte“ in Art. 1 III GG angeführt. Die Grundrechte sollen demnach erst nach Art. 1 GG, also ab Art. 2 GG, beginnen.

Die herrschende Meinung sieht Art. 1 I GG aber demgegenüber als Grundrecht an. Zum einen wird mit der Überschrift „Die Grundrechte“ vor Art. 1 GG argumentiert. Zum anderen sei das Argument der Gegenansicht mit Art. 1 III GG nicht überzeugend, da die Bindungswirkung bereits in Art. 1 I 2 GG statuiert wird.

Klausurtipp

Diesen Streit brauchst du ohne besondere Anhaltspunkte im Sachverhalt nicht anzusprechen. In einer Hausarbeit oder mündlichen Prüfung kann er aber relevant werden.

III. Schutzbereich

1. Persönlicher Schutzbereich

Bei der Menschenwürde handelt es sich um ein Jedermannsrecht. Grundrechtsträger ist also jede natürliche Person.

Grundrechtsträger der Menschenwürde ist auch schon die Leibesfrucht und auch noch ein Verstorbener.

Problem

Die Frage, ab wann der Nasciturus (das ungeborene Kind) den Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 I GG genießt, ist in der juristischen Literatur und Rechtsprechung umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch festgestellt, dass der grundrechtliche Schutz des ungeborenen Lebens bereits mit der Empfängnis, also mit der Einnistung des befruchteten Eis in der Gebärmutter (sogenannte Nidation), beginnt, denn fortan handelt es sich um ein individuelles, genetisch einmaliges und nicht mehr teilbares Leben.

Der Staat muss daher auch rechtliche Vorkehrungen treffen, um das ungeborene Leben zu schützen, und Schwangerschaftsabbrüche sind nur unter bestimmten Bedingungen zulässig.

Beispiel

  • Abtreibungsregelungen: Die Menschenwürde der Leibesfrucht wird in Fällen des Schwangerschaftsabbruchs diskutiert. Insbesondere die gesetzliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (z. B. im Zusammenhang mit § 218 ff. StGB) muss die Menschenwürde der ungeborenen Leibesfrucht sowie die Grundrechte der schwangeren Frau in Einklang bringen. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Staat verpflichtet ist, das Recht auf Leben und die Menschenwürde der Leibesfrucht zu schützen, während gleichzeitig der Selbstbestimmungsanspruch der Frau berücksichtigt wird.

  • Schutz der Totenruhe: Fälle, in denen die Störung der Totenruhe relevant ist, wie etwa das unerlaubte Öffnen von Gräbern, der Missbrauch von Leichenteilen oder die Verunstaltung von Grabstätten, betreffen die Menschenwürde Verstorbener. Der Schutz der Menschenwürde erstreckt sich in diesem Kontext auf die Achtung des Andenkens an Verstorbene, und Eingriffe in die Totenruhe können strafrechtlich geahndet werden (§ 168 StGB).

2. Sachlicher Schutzbereich

Der sachliche Schutzbereich ist die Menschenwürde, also der geistig-sittliche Wert eines jeden Menschen.

IV. Eingriff

Ein Eingriff in den Schutzbereich der Menschenwürde liegt vor, wenn der Staat eine Person auf eine Weise behandelt oder Bedingungen schafft, die den inneren Wert und die unveräußerliche Würde des Menschen grundlegend missachten oder ihn zum bloßen Objekt staatlichen Handelns degradieren. Ein solcher Eingriff setzt voraus, dass die Würde des Menschen durch herabwürdigende, erniedrigende oder entmenschlichende Maßnahmen in Frage gestellt wird.

Hier gibt es einige typische Fallgruppen, welche regelmäßig in Klausuren relevant werden können:

  • Schutz vor systematischen Ehrverletzungen

  • Wahrung menschlicher Identität

Beispiel

Maßnahmen, die die Geschlechtsidentität einer Person leugnen oder sie zwingen, eine andere Identität als ihre eigene anzunehmen, wie etwa die Verweigerung der Anerkennung des selbstgewählten Geschlechts oder erzwungene medizinische Eingriffe.

  • Anspruch auf jenes Existenzminimum, das ein menschenwürdiges Dasein ausmacht.

V. Einschränkungsmöglichkeit

Zitat

Art. 1 I GG:

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Aus dem Wortlaut „ist unantastbar“ folgt, dass für das Grundrecht der Menschenwürde keine Einschränkungsmöglichkeiten bestehen. Demnach kann ein Eingriff verfassungsrechtlich nie gerechtfertigt sein.

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