I. Einführung
Die wichtigsten Arten der Leistungsgegenstände sind in §§ 243-265 BGB geregelt. Diese Normen werden oft nicht beachtet. Die Abgrenzung der einzelnen Institute ist aber häufig wichtig für die Falllösung - wie zum Beispiel die Abgrenzung von Gattungsschuld und Stückschuld im Rahmen der Unmöglichkeit.

II. Geldschuld (§§ 244-248 BGB)
Die Verpflichtung zur Geldleistung stellt den häufigsten Gegenstand eines Schuldverhältnisses dar und ist Teil fast jeder vertraglichen Vereinbarung.
Definition
Eine Geldschuld verpflichtet zur Übertragung abstrakter Kaufmacht in Form von Bargeld (amtliche Geldscheine und Münzen) oder Buchgeld (Forderungen gegen Banken).
Geldschulden können in zwei Arten auftreten:
Ist die Schuld beziffert, liegt eine Geldsummenschuld vor. Der Gläubiger trägt das Geldwertminderungsrisiko („Nominalismus“).
Beispiel
Wer die Rückzahlung eines Darlehens schuldet, hat exakt den geschuldeten Betrag zu leisten.
Ist ein bestimmter Schaden oder Wert zu ersetzen, liegt eine Geldwertschuld vor. Der Schuldner trägt insoweit das Risiko von Preiserhöhungen, umgekehrt kommt ihm aber auch ein Preisverfall zugute („Valorismus“).
Beispiel
Wer Reparaturkosten zu ersetzen hat, hat diese auch dann voll zu bezahlen, wenn sie zwischenzeitlich gestiegen sind.
III. Stückschuld
Definition
Eine Stückschuld liegt vor, wenn die geschuldete Sache nach individuellen Merkmalen bestimmt wird. Sie verpflichtet zur Lieferung konkreter Gegenstände.
IV. Gattungsschuld
Definition
Eine Gattungsschuld liegt vor, wenn die geschuldete Leistung nur nach allgemeinen Leistungsmerkmalen bestimmt ist.
Ob eine Gattungs- oder Stückschuld vorliegt, bestimmen die Parteien. Je mehr Merkmale vereinbart werden, desto stärker ist der Umfang der Gattung eingegrenzt.
Beispiel
V und K vereinbaren die Lieferung eines Serienstuhls (Stückschuld) oder dass ein Stuhl dieser Serie geliefert wird (Gattungsschuld).
1. Rechtsnatur
Gattungsschulden sind Beschaffungsschulden. Das heißt, der Schuldner ist nicht zur Leistung bestimmter oder seiner wertvollsten Stücke aus der Gattung verpflichtet. Er kann vielmehr eine Vorauswahl treffen und muss nur Sachen mittlerer Art und Güte leisten (§ 243 I BGB).
2. Konkretisierung (§ 243 II BGB)
Hat der Schuldner das seinerseits Erforderliche getan, beschränkt sich die Verpflichtung des Schuldners auf die von ihm ausgewählten Objekte. Die „konkretisierte Gattungsschuld“ folgt damit den Regeln der Stückschuld, was insbesondere für die Erfüllung und Unmöglichkeit von Bedeutung ist.
Das seinerseits Erforderliche getan hat der Schuldner, wenn er zu keinem weiteren Tun verpflichtet ist, das heißt, wenn er
am richtigen Ort,
zur rechten Zeit,
gegenüber einem Empfangszuständigen
an einem erfüllungstauglichen Leistungsobjekt
die geschuldeten Handlungen
vorgenommen hat.
a) Geschuldete Handlungen
Welche Handlungen geschuldet sind, bestimmt sich primär nach den vertraglichen Vereinbarungen und hilfsweise nach den gesetzlichen Bestimmungen.
Bei Anwesenheit des Käufers hat ein Verkäufer alles Erforderliche getan, wenn er sein Übereignungsangebot gegenüber dem Käufer abgegeben hat und dem Käufer den Zugriff auf die Sache ermöglicht.
Ist der Gläubiger abwesend, so hängen die erforderlichen Handlungen davon ab, ob eine Hol-, Schick- oder Bringschuld vorliegt:

Merke
Als Vorstufe der Erfüllung müssten die Handlungen des Schuldners erfüllungstaugliche Objekte betreffen. Da Schlecht-, Aliud- und Minderlieferungen nicht erfüllungstauglich sind, führen sie nicht zur Konkretisierung.
b) Bindung an Konkretisierung
Wenn Konkretisierung eintritt, bindet sie grundsätzlich auch den Schuldner, da er sie nicht wieder rückgängig machen soll (Vertiefungshinweis: Mot. II, S. 12, 74; Prot. I, S. 287 f.; MüKoBGB/Emmerich § 243 Rn. 34; in der Literatur wird teilweise eine andere Ansicht vertreten: Staudinger/Schiemann, § 243 Rn. 43).
Klausurtipp
In einer Klausur kann beides vertreten werden. Wenn aber der Gläubiger ohne Grund die Annahme einer gleichwertigen Sache verweigert, kann man dies als Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) werten. Im Ergebnis kommt damit eine „Rekonkretisierung“ in Betracht.
V. Wahlschuld (§§ 262-265 BGB)
Die Wahlschuld kann sich aus Vertrag oder Gesetz ergeben. Sie ist in § 262 BGB legaldefiniert.
Definition
Werden mehrere verschiedene Leistungen in der Weise geschuldet, dass nur die eine oder die andere zu bewirken ist (§ 262 BGB), liegt eine Wahlschuld vor.
1. Rechtsfolgen
Sofern eine Wahlschuld vorliegt, gewährt dies dem Gläubiger oder dem Schuldner ein Wahlrecht. Im Zweifel ist der Schuldner berechtigt (§ 262 BGB).
Die Wahl erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil (§ 263 I BGB). Die gewählte Leistung gilt als von Anfang an allein geschuldet (§ 263 II BGB). Ist eine der Leistungen unmöglich, beschränkt sich das Schuldverhältnis auf die übrigen Leistungen (§ 265 BGB).
Falls keine Wahl getroffen wird, ist maßgeblich, wer zur Wahl berechtigt war:
Sofern der Schuldner wahlberechtigt war, muss der Gläubiger auf die Bewirkung der einen oder anderen Leistung nach Wahl des Schuldners klagen. Nimmt der wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem Beginn der Zwangsvollstreckung vor, kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach seiner Wahl auf die eine oder andere Leistung richten (§ 264 I BGB).
Falls der Gläubiger wahlberechtigt war, kann der Schuldner ihm eine angemessene Frist zur Vornahme der Wahl setzen (§ 264 II 1 BGB). Mit Ablauf der Frist geht das Wahlrecht auf den Schuldner über (§ 264 II 2 BGB).
2. Abgrenzung
a) Elektive Konkurrenz
Im Unterschied zur Wahlschuld kann der Gläubiger nicht unter mehreren Objekten, sondern unter mehreren Ansprüchen oder Gestaltungsrechten auswählen.
Beispiel
Bei mangelhafter Lieferung hat der Käufer nach § 439 I BGB die Wahl zwischen Nachbesserung und Nachlieferung.
b) Ersetzungsbefugnis
Im Unterschied zur Wahlschuld ist bei einer Ersetzungsbefugnis das Leistungsobjekt festgelegt.
Ist der Schuldner ersetzungsbefugt, kann er mit einer anderen Leistung erfüllen (Beispiel: §§ 244 I, 251 II 1 BGB).
Ist der Gläubiger ersetzungsbefugt, kann er eine andere Leistung fordern (Beispiel: §§ 249 II 1, 843 III BGB).