Das Arbeitsrecht sieht in § 4 KSchG mit der sogenannten Kündigungsschutzklage eine besondere Art der Feststellungsklage vor. Will der Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, muss dies innerhalb von drei Wochen durch Klageerhebung beim Arbeitsgericht erfolgen. Andernfalls gilt die Kündigung als von Anfang an wirksam. Ihre Unwirksamkeit wird geheilt.
I. Punktuelle Feststellungsklage
Gegenstand der Kündigungsschutzklage ist die Feststellung, dass eine bestimmte Kündigung das Arbeitsverhältnis zu dem darin vorgesehenen Zeitpunkt nicht beendet hat. Andere Beendigungsgründe werden davon nicht erfasst. Aufgrund dieses punktuellen Streitgegenstandes spricht man von einer punktuellen Feststellungsklage.
Wird dem Antrag stattgegeben, wird festgestellt, dass im Zeitpunkt der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestand und durch die streitbefangene Kündigung nicht aufgelöst ist.
Beispiel
Im Tenor des Urteils würde stehen: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom … nicht aufgelöst wurde.

1. Anwendbarkeit der §§ 4-7 KSchG
Die Kündigungsschutzklage und ihre 3-Wochen-Frist gelten für alle Betriebe, Kleinbetriebe und Verwaltungen (argumentum e contrario, § 23 I 1, 2 KSchG).
Sie gilt auch für außerordentliche Kündigungen (§ 13 I 2 KSchG) sowie während der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 I KSchG.
Ausnahmen sind beispielsweise für leitende Angestellte sowie für Kündigungen im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen vorgesehen (vgl. §§ 14 I, 25 KSchG).
Merke
Die Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage setzt nicht die Anwendbarkeit des KSchG voraus.
2. Zulässigkeit
Merke
Es gibt noch weitere Prüfungsvoraussetzungen im Rahmen der Zulässigkeit, die bei einer arbeitsrechtlichen Schwerpunktklausur, in aller Regel jedoch nicht in Examenskonstellationen, anzusprechen sind. Wir stellen hier daher nur die wichtigsten Prüfungspunkte der Zulässigkeit vor.
a) Rechtsweg
Bei einer kündigungsrechtlichen Streitigkeit ist der Rechtsweg nach § 2 I Nr. 3 b) ArbGG eröffnet.
b) Örtliche Zuständigkeit
Für die örtliche Zuständigkeit gelten die allgemeinen Regeln der ZPO (Grundsatz: Wohnsitz des Arbeitnehmers), vgl. §§ 46 II ArbGG i.V.m. 12 ff. ZPO.
c) Feststellungsinteresse
Das Feststellungsinteresse ergibt sich bereits aus der Gefahr der Präklusion gemäß §§ 7, 13 I 2 KSchG.
3. Begründetheit
a) Allgemeine Kündigungsvoraussetzungen
Im Rahmen der Begründetheit sind die allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen zu prüfen.

b) Insbesondere: Keine Präklusion, §§ 7, 13 I 2 KSchG
Die Besonderheit besteht darin, dass die Möglichkeit einer Präklusion an dieser Stelle geprüft wird. Wird die Frist des § 4 KSchG versäumt, so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam (§ 7 KSchG). Die Unwirksamkeit der Kündigung wird geheilt. Die Klage ist dann unbegründet, nicht unzulässig. Es wird also nicht mehr geprüft, ob die soziale Rechtfertigung der Kündigung vorliegt oder sonstige Unwirksamkeitsgründe (z.B. Verstoß gegen Kündigungsverbot § 17 I MuSchG, § 102 I BetrVG; oder §§ 134, 138 BGB) gegeben sind.
Merke
§ 4 KSchG enthält eine prozessuale Frist mit materieller Wirkung.
Die Berechnung der Frist richtet sich nach den allgemeinen Regeln (§ 46 II ArbGG, 222 ZPO, 186 ff. BGB). Erfolgt die Zustellung nach Ablauf der 3-Wochen-Frist, kommt ggf. eine Rückwirkung der Zustellung unter den Voraussetzungen des §§ 46 II 1 ArbGG, 167 ZPO in Betracht.
Beispiel
Geht die Kündigungserklärung nicht zu, wird die Frist des § 4 KSchG aufgrund des eindeutigen Wortlauts nicht in Gang gesetzt. Auch bei einem Verstoß gegen § 623 BGB (wenn die Kündigung nicht schriftlich erfolgt) wird die Drei-Wochen-Frist nicht in Gang gesetzt. Diese Unwirksamkeitsgründe können daher auch nach Ablauf der Frist geltend gemacht werden.
Ein Verstoß gegen die Kündigungsfrist des § 622 BGB lässt sich in der Regel als Kündigung zum nächst zulässigen Zeitpunkt auslegen. Andernfalls ist die Kündigung aus anderen Gründen im Sinne des § 4 KSchG unwirksam, weshalb eine Kündigungsschutzklage innerhalb der Drei-Wochen-Frist erforderlich ist.
II. Allgemeine Feststellungsklage
1. Inhalt
Neben der besonderen Feststellungsklage gibt es im Arbeitsrecht auch die allgemeine Feststellungsklage. Sie ergibt sich aus § 46 II 1 ArbGG i.V.m. §§ 495, 256 ZPO.
Gesetzesverweis
Sofern es in dem jeweiligen Bundesland zulässig ist, können die Normen der ZPO neben § 46 II ArbGG notiert werden, um an die Voraussetzungen der allgemeinen Feststellungsklage zu denken.
Mit ihr kann das Bestehen beziehungsweise Nichtbestehen eines gegenwärtigen, konkreten Rechtsverhältnisses festgestellt werden (unabhängig von einer konkreten Kündigung). Beispielsweise, wenn der Arbeitnehmer eine Feststellung über seine noch offenen Urlaubsansprüche für das laufende Kalenderjahr begehrt.
Mit dem allgemeinen Feststellungsantrag kann aber auch die Feststellung über die Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses begehrt werden
Beispiel
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht.
Das festzustellende Rechtsverhältnis ist das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses. Das kommt vor allem in Betracht, wenn die §§ 4, 7 KSchG nicht anwendbar sind, also beispielsweise das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses wegen Nichteinhaltung der Schriftform geltend gemacht wird.
Merke
Der allgemeine Feststellungsantrag kann allein oder zusammen mit dem Antrag nach § 4 KSchG erhoben werden (als sog. Schleppnetzantrag).
2. Notwendigkeit der isolierten Feststellungsklage
Die allgemeine Feststellungsklage ist isoliert zu erheben, wenn die §§ 4, 7 KSchG nicht anwendbar sind.
Beispiel
Nichteinhaltung der Schriftform (§ 623 BGB)
Kein Zugang der Kündigung
Kündigung durch einen vollmachtlosen Vertreter, §§ 180, 177 BGB
3. Kombinierter Feststellungsantrag („Schleppnetzantrag“)
Definition
Der Schleppnetzantrag ist ein mit § 4 KSchG kombinierter Feststellungsantrag nach § 256 I ZPO.
Daneben kommt der allgemeinen Feststellungsklage vor allem im Zusammenhang mit der Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG Bedeutung zu.
Das Problem der Kündigungsschutzklage besteht in ihrem punktuellen Streitgegenstand. Mit dem Antrag nach § 4 KSchG kann immer nur jeweils eine einzige Kündigung angegriffen werden. Falls die Drei-Wochen-Frist versäumt wird, wird die Unwirksamkeit der Kündigung geheilt (§ 7 KSchG). Problematisch wird dieses Zusammenspiel jedoch, wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt, der Arbeitgeber im anschließenden Schriftsatz jedoch weitere Kündigungen ausspricht und diese gewissermaßen „versteckt“. Geht der Arbeitnehmer nicht gegen diese durch Antrag nach § 4 KSchG vor, wird ihre Unwirksamkeit nach § 7 KSchG geheilt und das Arbeitsverhältnis wirksam beendet. Viele Arbeitnehmer werden in der Regel nicht wissen, dass die erstmalige Klageerhebung nicht ausreicht, um wirksam gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorzugehen. Dass dieses Ergebnis unbillig ist, ist offensichtlich.
In der Praxis wird diesem Problem durch die Möglichkeit eines kombinierten Feststellungsantrages begegnet.
Eine allgemeine Feststellungsklage ist neben dem Antrag nach § 4 KSchG allerdings nur zulässig, wenn ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegt. Voraussetzung hierfür ist, dass eine auf konkrete Tatsachen gestützte Besorgnis vorliegt, dass der Arbeitgeber neben der bereits vorliegenden Kündigung eine weitere Kündigung ausspricht.
Beispiel
Das ist beispielsweise der Fall, wenn der Arbeitgeber erklärt, dass er den Arbeitnehmer auf jeden Fall vom Betrieb fernhalten möchte.
In der Praxis lässt sich das besondere Interesse in der Regel mit einschlägiger Rechtsprechung annehmen.
Beispiel
Ein kombinierter Feststellungsantrag würde wie folgt aussehen:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom … nicht aufgelöst worden ist. (Punktuelle Kündigungsschutzantrag)
Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis darüber hinaus fortbesteht. (Schleppnetzantrag)
Daneben geht die Rechtsprechung inzwischen von einem erweiterten punktuellen Streitgegenstand aus. Das bedeutet, dass von dem Antrag nach § 4 KSchG (also Antrag 1) auch weitere Kündigungen erfasst sind, soweit sie diese vor oder gleichzeitig mit der (ursprünglich) angegriffenen Kündigung das Arbeitsverhältnis beenden sollen. An sich wäre der Schleppnetzantrag für diese Fälle überflüssig.
Da aber weiterhin die Gefahr besteht, dass Kündigungen ausgesprochen werden, deren Beendigungszeitpunkt nach dem Zeitpunkt der angegriffenen Kündigung liegt, wodurch Präklusion eintreten könnte, sollten Arbeitnehmer immer noch den Schleppnetzantrag stellen.
Merke
Das Gericht überprüft neben der konkreten Kündigung, wegen der die Kündigungsschutzklage erhoben wurde, alle Kündigungen, die bis zur letzten mündlichen Verhandlung Wirksamkeit entfalten können (wie ein „Schleppnetz“). Der Vorteil besteht darin, dass keine Präklusion dieser Kündigungen eintreten kann, die im Prozess ausgesprochen werden und unterzugehen drohen.