I. Einleitung
Die Klagehäufung betrifft die Frage, was passiert, wenn ein Kläger mehrere Klagebegehren hat. Gäbe es keine Regelung, müsste der Kläger für jedes Begehren eine zusätzliche Klage erheben. Dies wäre aber mit “unnötigem” Aufwand und Kosten verbunden. Abhilfe schafft die Klagehäufung.
Merke
Die Möglichkeit, verschiedene Begehren in einer Klage zu kombinieren, macht die Klagehäufung für die Klausur interessant. Denn sie ermöglicht es dem Klausurersteller in einer Klage, verschiedene Regelungen zu prüfen.
II. Objektive Klagehäufung
Zitat
§ 44 VwGO:
Mehrere Klagebegehren können vom Kläger in einer Klage zusammen verfolgt werden, wenn sie sich gegen denselben Beklagten richten, im Zusammenhang stehen und dasselbe Gericht zuständig ist.
Der Sinn hinter der Klagehäufung ist es, die Effizienz des Gerichtsverfahrens zu fördern und Doppelarbeit zu vermeiden, indem ähnliche oder zusammenhängende Klagen gemeinsam verhandelt werden können.
Für dich heißt das in der Klausur, dass du z.B. nur eine Zulässigkeitsprüfung machen musst, wenn die Voraussetzungen des § 44 VwGO erfüllt sind, statt einer Zulässigkeitsprüfung für jedes einzelne Begehr. Außerdem wird es sich bei mehreren Begehren, die im Wege der Klagehäufung geltend gemacht werden, um dieselbe (statthafte) Klageart handelt, da sie andernfalls nicht “im Zusammenhang” stehen - du ersparst dir also eine doppelte Prüfung der Statthaftigkeit.

1. Alternative Anträge
Eine wahlweise Geltendmachung von mehreren Anträgen (“oder”) ist stets unzulässig, da der Klageantrag zu unbestimmt ist.
2. Kumulative Anträge
Kumulative Anträge liegen vor, wenn diese nebeneinander stehen (“und”). Hier muss gegebenenfalls zunächst eine Abgrenzung zu Annexanträgen im Sinne des § 113 I S. 2, 3 VwGO erfolgen. Wenn ein Annexantrag vorliegt, ist § 44 VwGO demgegenüber ausgeschlossen.
Der Aufbau deiner Prüfung sieht im Fall von kumulativen Anträgen dann wie folgt aus:
A. Zulässigkeit
Die Zulässigkeitsprüfung erfolgt für alle Klageanträge zusammen. Spätestens bei der Klageart ist dann auf die verschiedenen Anträge einzugehen.
B. Objektive Klagehäufung, § 44 VwGO
Unter einem separaten Prüfungspunkt (zwischen Zulässigkeit und Begründetheit) prüfst du dann die Voraussetzungen des § 44 VwGO (= gleicher Beklagter, inhaltlicher Zusammenhang und dieselbe Gerichtszuständigkeit).
C. Begründetheit
Die Begründetheit wird dann getrennt nach Anträgen, aber in ansonsten bekannter Weise geprüft.
I. Antrag zu 1.
II. Antrag zu 2.
3. Eventualanträge
Neben den kumulativen Anträgen gibt es auch die Möglichkeit einer objektiven Klagehäufung in Form von Haupt - und Hilfsanträgen.
Beispiel
X klagt auf Feststellung, dass die von ihm geplante Sondernutzung der Straße nicht erlaubnispflichtig ist. Hilfsweise klagt er auf Erteilung der Erlaubnis durch den zuständigen Träger der Straßenbaulast.
Hier wird zuerst der Hauptantrag geprüft. Je nachdem welche Zielrichtung der Hilfsantrag hat (hilfsweise bei Erfolg oder hilfsweise bei Erfolglosigkeit) ist danach potenziell der Hilfsantrag zu prüfen.
Merke
Systematisch falsch wäre es, beide Anträge gemeinsam zu prüfen, da auf den Hilfsantrag erst eingegangen werden darf, wenn das Antragsziel nicht bereits durch den Hauptantrag erreicht wurde.
Der Aufbau sieht demnach wie folgt aus:
A. Zulässigkeit des Hauptantrags
B. Begründetheit des Hauptantrags
Nach der Prüfung des Hauptantrags stellst du dir dann gedanklich die Zwischenfrage: Braucht es jetzt noch den Hilfsantrag oder hat der Kläger sein Ziel bereits mit dem Hauptantrag erreicht?
Wenn die Antwort ist, dass der Kläger sein Ziel erreicht hat, ist der Hilfsantrag nicht mehr zu erwähnen und die Prüfung ist vorbei.
Wenn die Antwort ist, dass der Kläger sein Ziel nicht erreicht hat, geht es mit der Prüfung des Hilfsantrags weiter, also:
C. Zulässigkeit Hilfsantrag
D. Objektive Klagehäufung, § 44 VwGO
Hier prüfst du dann normal die oben genannten Voraussetzungen des § 44 VwGO.
E. Begründetheit des Hilfsantrags
Merke
Wenn die Voraussetzungen des § 44 VwGO nicht erfüllt sind, liegt keine Unzulässigkeit der Klagen vor. Sie sind dann nur getrennt zu prüfen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die objektive Klagehäufung kein Teil der Zulässigkeitsprüfung ist, sondern getrennt von Zulässigkeit und Begründetheit als eigenständiger Gliederungspunkt dazwischen geprüft wird.
III. Subjektive Klagehäufung
Neben der objektiven Klagehäufung, die wir hier behandeln, gibt es auch eine subjektive Klagehäufung. Subjektive Klagehäufung bedeutet, dass sich mehrere verschiedene Kläger zu einer Streitgenossenschaft zusammenschließen. Möglich ist dies nach § 64 VwGO i.V.m § 59 ZPO.
Voraussetzung dafür ist gemäß § 59 ZPO, dass sie „hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind“. Ein Beispiel dafür sind die Ansprüche mehrerer Geschädigter aus einem Verkehrsunfall. Diese können als Rechtsgemeinschaft nach § 59 ZPO i.V.m. 64 VwGO ihre Ansprüche gemeinsam gegen den Schädiger gerichtlich geltend machen.
Merke
Dies hat aber überwiegend Praxisrelevanz und für die Klausur kaum wirkliche Bedeutung.