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Zivilrecht

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ZPO I

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Erkenntnisverfahren

Klage und Streitgegenstand

Teilgebiet

ZPO I

Thema

Erkenntnisverfahren

Tags

Streitgegenstand
Klageänderung
Klagehäufung
Streitgenossenschaft
Intervention
Streitverkündung
§ 256 ZPO
§ 263 ZPO
§ 267 ZPO
§ 260 ZPO
§ 59 ZPO
§ 60 ZPO
§ 61 ZPO
§ 62 ZPO
§ 66 ZPO
§ 67 ZPO
§ 68 ZPO
§ 69 ZPO
§ 70 ZPO
§ 72 ZPO
§ 74 ZPO
Gliederung
  • I. Einleitung

  • II. Klagearten

  • III. Klageänderung

  • IV. Klagehäufung

    • 1. Objektive Klagehäufung

    • 2. Subjektive Klagehäufung

      • a) Streitgenossenschaft (§§ 59 ff. ZPO)

        • aa) Notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO)

        • bb) Einfache Streitgenossenschaft (§§ 59 - 61 ZPO)

      • b) Nebenintervention (§§ 66 ff. ZPO)

      • c) Streitverkündung (§§ 72 ff. ZPO) 

  • V. Haupt- und Hilfsantrag

I. Einleitung

Die ZPO enthält für verschiedene Klagebegehren unterschiedliche Klagearten. Außerdem kann sich natürlich im Verlauf eines mitunter langen Prozesses die Klage ändern, weil der Kläger nun etwas anderes, weniger oder mehr begehrt. 

Der dafür maßgebliche Begriff ist der Streitgegenstand

Definition

Streitgegenstand wird gemäß BGH durch den Antrag des Klägers bestimmt sowie den konkreten zugrunde liegenden Sachverhalt (zweigliedriger Streitgegenstand).

Problem

Streitgegenstand bei kontradiktorischem Gegenteil

Ein besonderes - aber kaum geprüftes - Problem: Wird ein Kläger K in einem ersten Prozess zur Zahlung an Verkäufer V verurteilt (Streitgegenstand Anspruch des V), kann K den V in einem zweiten Prozess nicht auf Herausgabe des Erlangten (Streitgegenstand: Anspruch des K) verklagen, obwohl streng genommen zwei Streitgegenstände vorliegen. Da es jedoch in beiden Fällen um den Kaufvertrag der Parteien geht (Identität i.S.d. kontradiktorischen Gegenteils), ist die zweite Klage wegen bestehender Rechtskraft hinsichtlich des Streitgegenstands gesperrt.

II. Klagearten

Es gibt drei wesentliche Klagearten:

  • Leistungsklagen: Handeln, Unterlassen oder Dulden

  • Feststellungsklagen (§ 256 ZPO): Feststellung des Bestehens von Rechtsverhältnissen oder der Echtheit oder Unechtheit von Urkunden

  • Gestaltungsklagen: Rechtsänderungen, die durch ein Rechtsgeschäft nicht erreicht werden könnte (z. B.: Auflösung einer oHG gemäß § 138 HGB) 

III. Klageänderung

Die Klageänderung ist die Änderung des Streitgegenstands durch Änderung des Klageantrags oder Auswechslung des Lebenssachverhalts.

Die Klageänderung ist zulässig, wenn

  • der Beklagte einwilligt (§ 263 Fall 1 ZPO)

  • der B Beklagte sich rügelos einlässt (§ 267 ZPO)

  • die Klageänderung sachdienlich ist, weil der Prozessstoff verwertbar bleibt und keine schutzwürdigen Belange des Beklagten beeinträchtigt sind (§ 263 Fall 2 BGB)

Beispiel

A hat zunächst beim LG 100.000 Euro eingeklagt. Er ermäßigt vor der mündlichen Verhandlung seinen Antrag auf 3.000. Euro. Geht das, und falls ja, ohne Zustimmung des Beklagten? Ist das LG nun unzuständig?

Lösung

1. Kann Klage ermäßigt werden? 

(+) aufgrund des Dispositionsgrundsatzes

2. Ohne Zustimmung des Beklagten? 

Als teilweise Klagerücknahme: § 269 I ZPO. Als Klageänderung: „an sich“ § 263 ZPO; aber: „Nicht als Klageänderung anzusehen“, § 264 Nr. 2 ZPO.

3. Zuständigkeit des LG? 

  • §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG: LG wird „an sich“ sachlich unzuständig, da der Streitwert unter 5.000 € fällt. 

  • Aber: § 261 III Nr. 2 ZPO: („Perpetuatio fori“): LG bleibt zuständig.

IV. Klagehäufung

1. Objektive Klagehäufung

Ein Kläger kann mit einer Klage mehrere unterschiedliche Ansprüche geltend machen. Dies ist die objektive Klagehäufung (§ 260 ZPO).

Die Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung sind keine Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage. Sind die Voraussetzungen nicht gegeben, wird die Klage nicht als unzulässig abgewiesen, sondern in ihre einzelnen Streitgegenstände aufgeteilt (§ 145 ZPO). Sie wird daher nach der Bejahung der Zulässigkeit der Klage in einem zweiten Schritt vor der Begründetheit geprüft.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du den § 145 ZPO an den § 260 ZPO zitieren, um dich daran zu erinnern, dass die Klagehäufung nicht Teil der Zulässigkeitsprüfung ist.

2. Subjektive Klagehäufung

Eine weitere Art der Klagehäufung ist die subjektive Klagehäufung (§ 260 ZPO analog) und bezieht sich auf die Klageparteien. Es können sowohl auf Kläger- als auch auf Beklagtenseite mehrere Personen gemeinsam auftreten.

Merke

Diese Analogie ist absolut anerkannt und muss von dir nicht diskutiert werden. Wenn auf einer der beiden Seiten mehrere Personen beteiligt sind und eine subjektive Klagehäufung vorliegt, ist immer auch § 260 ZPO analog mitzuprüfen.

Es gibt einige gesetzlich geregelte Fälle der subjektiven Klagehäufung:

a) Streitgenossenschaft (§§ 59 ff. ZPO)

Eine Streitgenossenschaft liegt vor, wenn mehrere Kläger und/oder mehrere Beklagte gegeben sind.

Klausurtipp

Wenn eine Streitgenossenschaft vorliegt, wird dennoch die Zulässigkeit der Klage für jeden Streitgenossen einzeln geprüft - es handelt sich um zwei separate Verfahren, die prozessual verbunden werden. Die Begründetheitsprüfung kann dann aber zusammengelegt werden.

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aa) Notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO)

Eine notwendige Streitgenossenschaft bedeutet, dass aus prozess- oder materiell-rechtlich zwingenden Gründen nur eine einheitliche Sachentscheidung gegenüber allen Genossen möglich ist:

Bei prozessrechtlich notwendiger Streitgenossenschaft sind dennoch Einzelklagen durch einzelne Genossen zulässig. Allerdings findet eine Rechtskrafterstreckung auf alle Streitgenossen statt.

Beispiel

Gestaltungsklagen gemäß §§ 243 AktG, 48 III WEG. Klagen bei Vor- und Nacherbschaft (§ 326 ZPO) oder Testamentsvollstreckung (§ 327 ZPO)

Bei materiell-rechtlich notwendiger Streitgenossenschaft ist eine Klageerhebung nur gemeinschaftlich möglich. Entweder steht der geltend gemachte Anspruch allen (klagenden) Parteien zu oder der Anspruch kann nur durch alle (beklagten) Parteien erbracht werden.

Beispiel

Gesamthandsklage gegen Miterbengemeinschaft (§ 2059 II BGB), Klage gemeinsam verwaltender Ehegatten (§§ 1450, 1472 I BGB), Klage mehrerer Testamentsvollstrecker (§ 2224 I 1 BGB)

Wird eine Klage entgegen diesen Grundsätzen nicht durch oder gegen alle Streitgenossen erhoben, ist die Klage unzulässig, da es insoweit an der Prozessführungsbefugnis mangelt.

Merke

In Säumniskonstellationen werden säumige Streitgenossen durch nichtsäumige Streitgenossen als vertreten angesehen (§ 62 I ZPO). Einzelne Prozesshandlungen können nur mit Wirkung für und gegen alle Streitgenossen vorgenommen werden.

bb) Einfache Streitgenossenschaft (§§ 59 - 61 ZPO)

Eine einfache Streitgenossenschaft entsteht durch Einreichen der Klage durch mehrere Kläger oder gegen mehrere Beklagte. Sie ist nicht zwingend, aber zweckmäßig und unter den Voraussetzungen der §§ 59, 60 ZPO zulässig sowie wenn die Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) gegeben sind.

Bei einfacher Streitgenossenschaft bestehen weiterhin eigenständige Prozesse, die jeweils für sich zulässig sein müssen, und Handlungen eines Streitgenossen entfalten nur Wirkung für und gegen den jeweils Handelnden (§ 61 ZPO). Allerdings können der Tatsachenvortrag sowie die Beweisführung gemeinsam vorgenommen werden.

b) Nebenintervention (§§ 66 ff. ZPO)

Eine Nebenintervention durch einen sogenannten Streithelfer liegt vor, wenn eine Person dem Rechtsstreit eines anderen beitritt. Der Beitritt hat den Zweck, dass eine Person, die nicht Partei oder Parteienvertreter ist, Einfluss auf den Prozess ausüben und eine Partei unterstützen kann.

Klausurtipp

Die Nebenintervention ist an der Stelle zu prüfen, an der der Streithelfer aktiv wird. Nur wenn die Voraussetzungen gegeben sind, können seine Handlungen eine Rechtswirkung auf den Prozess ausüben.

Voraussetzungen der Nebenintervention sind, dass 

  • der Rechtsstreit anhängig ist, 

  • ein Interventionsgrund besteht, § 66 I ZPO (ein solcher besteht insbesondere darin, wenn der Streithelfer befürchtet, in einem zweiten Prozess von einer der Parteien in Anspruch genommen zu werden oder wenn er akzessorisch für die Schuld des Beklagten haftet)

  • und der Beitritt wirksam erklärt wird (§ 70 ZPO).

Sind diese Voraussetzungen gegeben, kann der Streithelfer

  • alle Prozesshandlungen vornehmen (§ 67 ZPO),

  • eine säumige Partei vertreten

  • und wird durch das Ergebnis des Prozesses im Verhältnis zur Hauptpartei gebunden (§ 68 ZPO) - Bindungswirkung entfaltet anders als im Rahmen des § 322 ZPO nicht nur der Tenor, sondern alle Tatsachenfeststellungen sowie deren rechtliche Würdigung.

Beispiel

K verklagt V auf Nacherfüllung wegen einer mangelhaften Kaufsache. Hersteller H tritt nun dem Streit bei, um V zu unterstützen. Denn würde K den Prozess gewinnen, hätte V Regressansprüche gegen H in einem Folgeprozess.

c) Streitverkündung (§§ 72 ff. ZPO) 

Die Streitverkündung ist das Gegenstück zur Nebenintervention - es tritt nicht eine dritte Person einem Prozess bei, sondern sie wird durch eine der Prozessparteien in den Prozess hineingezogen. 

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Eine Partei kann gemäß §§ 72, 73 ZPO den Streit verkünden, wenn sie glaubt, gegen diese dritte Person Ansprüche zu haben oder von dieser Person in Anspruch genommen zu werden, wenn sie den Prozess verliert.

Durch die Streitverkündung wird gemäß § 74 III, 68 ZPO die Wirkung der Nebenintervention ausgelöst, wenn die dritte Person (der Streitverkündete) gemäß den vorigen Darstellungen dem Streit beitritt (§ 74 I ZPO). Tut der Streitverkündete dies nicht, wird der Rechtsstreit ohne seine Beteiligung fortgesetzt (§ 74 II ZPO). Der Streitverkündete muss die tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Würdigungen des Erstprozesses in einem Folgeprozess gegen sich gelten lassen muss.

Beispiel

K verklagt V auf Nacherfüllung wegen einer mangelhaften Kaufsache. V verkündet dem Hersteller H den Streit. Denn würde K den Prozess gewinnen, hätte V Regressansprüche gegen H in einem Folgeprozess.

V. Haupt- und Hilfsantrag

Eine Klage kann auch so erhoben werden, dass sie einen Hauptantrag und einen Hilfsantrag enthält.

Beispiel

Klage auf Herausgabe eines Pkw, hilfsweise auf Schadensersatz

Der Hilfsantrag soll dann nur in dem Fall verfolgt werden, dass dem Hauptantrag nicht entsprochen wird. Dennoch wird der Hilfsantrag bereits mit Klageerhebung des Hauptantrags auflösend bedingt rechtshängig. Gibt das Gericht dem Hauptantrag statt, endet die Rechtshängigkeit beider Anträge. Andernfalls, bleibt der Hilfsantrag rechtshängig und es ist über ihn zu entscheiden.

Merke

Dies wirkt sich beispielsweise auf die Verjährung des zugrundeliegenden Anspruchs aus, die durch die Rechtshängigkeit gehemmt wird (§§ 204 Nr. 1, 209 BGB).

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