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Käuferrechte

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Mängelrechte

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Mängelrecht
Nacherfüllung
Schadensersatz
Gefahrübergang
Frist
§ 437 BGB
§ 273 BGB
§ 320 BGB
§ 446 BGB
§ 434 BGB
§ 363 BGB
§ 441 BGB
§ 323 BGB
§ 439 BGB
§ 326 BGB
§ 280 BGB
§ 281 BGB
§ 283 BGB
§ 311a BGB
§ 440 BGB
§ 284 BGB
§ 475d BGB
Gliederung
  • I. Einleitung

  • II. Primäranspruch 

  • III. Rechte und Ansprüche vor Gefahrübergang

    • 1. Anspruchssystem

    • 2. Gefahrübergang

    • 3. Sonderprobleme

      • a) Geringfügigkeit des Mangels

      • b) Mangelkenntnis bei Vertragsschluss

      • c) Gewährleistungsansprüche vor Gefahrübergang (Minderung, Nachlieferung)

  • IV. Rechte nach Gefahrübergang

    • 1. Anwendungsbereich

      • a) Prüfungsschema

      • b) Konkurrenzen

    • 2. Verweigerung der Kaufpreiszahlung

    • 3. Anspruch auf Nacherfüllung

    • 4. Einzelne Sekundärrechte

      • a) Rücktrittsrecht, § 437 Nr. 2 BGB

      • b) Recht zur Minderung, § 437 Nr. 2 BGB

      • c) Schadensersatz, § 437 Nr. 3 BGB

      • d) Fristsetzung (Schadensersatz und Rücktritt)

        • aa) § 440 BGB

          • aaa) Fehlschlagen der Nacherfüllung (§ 440 S. 1 Fall 2 BGB)

          • bbb) Unzumutbarkeit der Nacherfüllung (§ 440 S. 1 Fall 3 BGB)

        • bb) § 475d BGB

I. Einleitung

In diesem Kapitel geht es um die Rechte und Ansprüche des Käufers. Dabei ist zwischen dem vertraglich vereinbarten Primäranspruch zu unterscheiden sowie den Rechten und Ansprüchen, die entstehen, wenn etwas „schiefläuft“. Gerade letztere sind für die Klausur sehr relevant und erfordern gutes Systemverständnis, da einerseits über die §§ 437 ff. BGB im Mängelrecht die Regelungen des allgemeinen Schuldrechts Anwendung finden und andererseits spezielle kaufrechtliche Regelungen zu beachten sind, die eine „Abweichung“ vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht darstellen und somit für eine zusätzliche Komplexität sorgen.

II. Primäranspruch 

Der Primäranspruch des Käufers aus Kaufvertrag gemäß § 433 I 1 BGB richtet sich auf die Übergabe und Übereignung der Kaufsache.

Klausurtipp

Achte beim Formulieren des Obersatzes und generell bei der juristischen Arbeit, auf Präzision. Der Anspruch auf Übereignung entstammt nicht § 433 I 1 BGB, sondern aus dem Kaufvertrag. § 433 I 1 BGB ist also eigentlich nur klarstellend.

Beispiel: „XY könnte einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus Kaufvertrag gemäß § 433 I 1 BGB haben."

III. Rechte und Ansprüche vor Gefahrübergang

Im Folgenden geht es darum, was passiert, wenn die Kaufsache mangelhaft ist gemäß § 434 BGB.

1. Anspruchssystem

Soweit sich bereits vor Gefahrübergang ein Mangel zeigt, kann der Käufer die Pflichten aus dem Kaufvertrag (§ 433 II BGB), einerseits die Abnahme (§ 273 I BGB) und andererseits die Zahlung (§ 320 BGB), verweigern (mehr zu Unterscheidung von § 273 BGB und § 320 BGB findest du hier). Der Käufer behält seinen Primäranspruch und kann gegebenenfalls Sekundärrechte aus §§ 280 ff. BGB oder §§ 320 ff. BGB geltend machen. Es gilt insofern bei allen „Problemen“ das allgemeine Leistungsstörungsrecht.

Merke

Zu diesem Zeitpunkt bestehen noch keine kaufrechtlichen Sekundäransprüche (dazu gleich mehr), denn diese setzen einen Mangel bei Gefahrübergang voraus (§ 434 I BGB).

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2. Gefahrübergang

Wann der Gefahrübergang vorliegt, ist in § 446 BGB bestimmt - mit Übergabe der Sache.

Merke

Teilweise wird vertreten, dass es für den Übergang auf das Mängelrecht der §§ 437 ff. BGB eigentlich auf die Annahme als Erfüllung im Sinne des § 363 BGB ankäme. Annahme an Erfüllung (§ 363 BGB) liegt vor, wenn der Gläubiger durch sein Verhalten bei und nach Entgegennahme der Leistung zum Ausdruck bringt, dass er die geleistete Sache als im Wesentlichen vertragsgemäß ansieht. Einer ausdrücklichen Erklärung des Gläubigers bedarf es hierzu nicht. Dies meint nicht nur die rein „körperliche„ Annahme oder Entgegennahme einer Kaufsache, sondern den Akt des vertragsgemäßen Akzeptierens der Kaufsache. 

Diese Norm enthält aber lediglich eine Beweislastregelung, wonach der Käufer nachweisen muss, dass eine Leistung, die er angenommen hat, keine Erfüllung darstellt - dies gilt über den Wortlaut hinaus auch für mangelhafte Leistungen. 

Dies ist nur dogmatisches Hintergrundwissen - du musst (und solltest auch nicht) auf diese Problematik in der Klausur nicht eingehen.

Problem: Gefahrübergang bei Beteiligung von Minderjährigen

Ein minderjähriger Käufer ist nicht empfangszuständig und kann die Kaufsache daher ohne Zustimmung seiner gesetzlichen Vertreter nicht als Erfüllung annehmen (§ 363 BGB). Es tritt aber auch kein Gefahrübergang gemäß §§ 446 ff. BGB ein (der Gefahrübergang ist als „Vorstufe“ der Erfüllung anzusehen.

3. Sonderprobleme

a) Geringfügigkeit des Mangels

Problem

Geringfügigkeit des Mangels

Fraglich ist, ob der Käufer die Abnahme und Bezahlung der Kaufsache auch dann verweigern darf, wenn der Mangel geringfügig ist (Arg.: Treu und Glaube). Dafür spricht sich der BGH aus, da § 433 I 2 BGB nicht nach der Erheblichkeit der Pflichtverletzung differenziert. Dies gilt jedenfalls bei behebbaren Mängeln. Bei unbehebbaren Mängeln wird ein solches Verweigerungsrecht abgelehnt, da der Käufer sonst, ohne den Rücktritt zu erklären, faktisch zurücktreten würde („Rücktritt durch die Hintertür“). Dies ist bei behebbaren Mängeln anders, da der Verkäufer dort weiterhin eine mangelhafte Sache liefern kann.

b) Mangelkenntnis bei Vertragsschluss

Problem

Mängelrechte bei Mangelkenntnis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses

Wusste der Käufer bereits bei Vertragsschluss, dass die Kaufsache mangelhaft ist, kann er weder Abnahme/Zahlung verweigern, noch sonstige Sekundärrechte wie Schadensersatz oder den Rücktritt geltend machen, da er sich insoweit mit der Abweichung der Sache einverstanden erklärt - die Kaufsache ist daher gerade nicht mangelhaft, sondern vertragsgemäß. Das Gleiche wird (überwiegend) vertreten für die grob fahrlässige Mangelunkenntnis analog § 442 I 2 Hs. 1 BGB.

c) Gewährleistungsansprüche vor Gefahrübergang (Minderung, Nachlieferung)

Bereits vor Gefahrübergang kann der Käufer nach den allgemeinen Grundsätzen zurücktreten. Ein Minderungsrecht ist im allgemeinen Schuldrecht grundsätzlich nicht vorgesehen. Allerdings ist anerkannt, dass der Käufer bereits vor Eintritt der Fälligkeit nicht nur gemäß § 323 IV BGB zurücktreten, sondern auch gemäß §§ 441 I 1, 323 IV BGB mindern kann, wenn klar ist, dass die Voraussetzungen der Minderung eintreten werden.

Auch der Nachlieferungsanspruch aus §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB kann bereits geltend gemacht werden, bevor der Gefahrübergang eintritt. Der Käufer muss nicht zunächst eine mangelhafte (ersetzbare) Sache entgegennehmen, um dann den Nachlieferungsanspruch geltend zu machen, sondern kann dies schon zuvor.

IV. Rechte nach Gefahrübergang

Nach Gefahrübergang hat der Käufer einen Anspruch auf Nacherfüllung sowie die kaufrechtlichen Sekundäransprüche („Mängelgewährleistungsansprüche“) gemäß §§ 437 ff. BGB, wenn er eine mangelhafte Sache (§ 434 BGB) erhalten hat.

§ 437 BGB ist die zentrale Vorschrift und zugleich ein Katalog oder Spickzettel, indem aufgezählt wird, welche Rechte in Betracht kommen.

Merke

Mit Gefahrübergang wandelt sich der Inhalt des Schuldverhältnisses und aus dem Anspruch auf mangelfreie Lieferung (§ 433 I 2 BGB) entsteht der Anspruch auf Nacherfüllung (§ 439 BGB). Dessen Gegenstand ist nicht die Lieferung der „ursprünglichen“ mangelfreien Sache, sondern die Herstellung ihrer Mangelfreiheit durch Nachbesserung oder Ersatzlieferung einer (anderen) mangelfreien Sache.

1. Anwendungsbereich

Die §§ 437 ff. BGB müssten zunächst anwendbar sein. Erst dann kannst du den Nacherfüllungsanspruch sowie die kaufrechtlichen Sekundärrechte prüfen.

a) Prüfungsschema

Bevor die §§ 437 ff. BGB geprüft werden, müssen die Anwendbarkeitsvoraussetzungen geprüft werden:

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b) Konkurrenzen

Die Anwendbarkeit der §§ 437 ff. BGB kann die Anwendbarkeit anderer Rechtsinstitute einschränken. Eine Übersicht zu den wichtigsten Konkurrenzverhältnissen findest du in diesem Artikel.

2. Verweigerung der Kaufpreiszahlung

Zunächst kann der Käufer die Zahlung verweigern, da sein Anspruch auf mangelfreie Lieferung (§ 433 I 2 BGB) nicht erfüllt wurde.

3. Anspruch auf Nacherfüllung

Gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 BGB hat der Käufer einen Anspruch auf Nacherfüllung, wobei er nach § 439 I BGB zwischen der Mangelbeseitigung und der Nachlieferung wählen kann.

Merke

Der Anspruch ist grundsätzlich vorrangig vor den in § 437 BGB genannten Sekundärrechten, da er ohne Fristsetzung sofort geltend gemacht werden kann. Daher spricht man auch von dem Vorrang der Nacherfüllung.

Unseren Artikel zur Nacherfüllung findest du hier.

4. Einzelne Sekundärrechte

Merke

Grundsätzlich gibt § 437 BGB dem Käufer eine sogenannte „elektive Konkurrenz“. Er kann also zwischen Nacherfüllung (Nr. 1 BGB) und den in § 437 BGB genannten Sekundärrechten wählen (sogenannte Ersetzungsbefugnis). Dieses Wahlrecht erlischt mit der (Nach-)Erfüllung des gewählten Anspruchs oder der Auswahl/Geltendmachung eines der Sekundärrechte. Davon abzugrenzen ist die Wahlschuld (§ 263 BGB), bei der schon die Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs zum Erlöschen der Sekundärrechte führen würde (§ 263 II BGB).

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a) Rücktrittsrecht, § 437 Nr. 2 BGB

Gemäß §§ 437 Nr. 2, 323 und § 326 V BGB kann der Käufer auch zurücktreten. Dies ist wegen des Verweises auf § 323 I BGB jedoch nicht ohne Fristsetzung möglich. Im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 BGB) kann von der Fristsetzung abgesehen werden, falls nach Unterrichtung über den Mangel eine angemessene Frist abgelaufen ist, § 475d I Nr. 1 BGB.

Bei den Voraussetzungen des Rücktritts bestehen wenig kaufrechtliche Besonderheiten - den Artikel zum Rücktritt findest du hier. Du musst „lediglich“ vor der Prüfung der Rücktrittsvoraussetzungen zunächst die oben dargestellte Anwendbarkeit der §§ 437 ff. BGB prüfen.

b) Recht zur Minderung, § 437 Nr. 2 BGB

Gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB kann der Käufer auch den Kaufpreis mindern.

Unseren Artikel zur Minderung findest du hier.

c) Schadensersatz, § 437 Nr. 3 BGB

Gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 I, 281, 283 und §§ 311a BGB kann der Verkäufer außerdem neben („und“) Rücktritt oder Minderung, Schadensersatz bzw. Aufwendungsersatz nach § 284 BGB verlangen.

Auch hierfür ist eine Fristsetzung grundsätzlich erforderlich, beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB) jedoch eventuell gemäß §§ 475d I Nr. 1, II BGB entbehrlich.

Unseren Artikel zu den kaufrechtlichen Besonderheiten beim Schadensersatz findest du hier.

d) Fristsetzung (Schadensersatz und Rücktritt)

Rücktritt sowie Schadensersatz statt der Leistung unterliegen grundsätzlich nach den allgemeinen Regelungen einem Fristformerfordernis (§§ 281 I, 323 I BGB). Das Kaufrecht enthält jedoch bestimmte Regelungen, in denen diese Frist für nicht erforderlich erklärt wird.

aa) § 440 BGB

§ 440 BGB regelt, dass in gewissen (neben den in §§ 281 II, 323 II BGB genannten) Fällen eine Fristsetzung nicht erforderlich ist.

Merke

Hintergrund der Regelung des § 440 BGB ist, dass es dem Käufer in den dort genannten Fällen nicht zumutbar ist, bis zum Ablauf einer angemessen Frist zu warten. Wenn die Nacherfüllung „fehlgeschlagen“ oder unzumutbar ist oder vom Verkäufer verweigert wird, würde eine solche Frist auch gar keinen Sinn ergeben, da eine (Nach-)Erfüllung dann nicht zu erwarten ist.

Der Käufer kann dann ohne Fristsetzung zurücktreten, mindern, Schaden-/Aufwendungsersatz verlangen oder weiterhin auf der Nacherfüllung beharren.

aaa) Fehlschlagen der Nacherfüllung (§ 440 S. 1 Fall 2 BGB)

Die Nacherfüllung schlägt fehl, wenn mit ihrer ordnungsgemäßen Erbringung nicht mehr fristgerecht zu rechnen und daher weiteres Zuwarten sinnlos ist. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn

  • die Zeit für die ordnungsgemäße Nacherfüllung zu knapp geworden ist,

  • Fehlversuche offenbart haben, dass der Verkäufer zur Nacherfüllung nicht willens oder in der Lage ist oder

  • die Nachbesserung (nicht: Nachlieferung) zweimal erfolglos versucht wurden (§ 440 S. 2 BGB)

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir § 439 I Alt. 1 BGB an den § 440 S. 2 BGB zitieren, um dich an die Differenzierung zwischen Nachbesserung und -lieferung zu erinnern.

bbb) Unzumutbarkeit der Nacherfüllung (§ 440 S. 1 Fall 3 BGB)

Die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung kann sich ergeben aus

  • der Person des Verkäufers,

  • der Art des Mangels oder 

  • den Begleitumständen der Nacherfüllung

Beispiel

Der Ausbau der mangelhaften Sache führt zu erheblichen Belästigungen des Käufers. Gegenbeispiel: Während der Nacherfüllung kann der Käufer die Sache nicht nutzen.

bb) § 475d BGB

Zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung bei Verbrauchsgüterkäufen lies dir diesen Artikel durch.

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