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Handelsrechtliche Stellvertretung

Handlungsvollmacht (§ 54 HGB)

Teilgebiet

Handelsrecht

Thema

Handelsrechtliche Stellvertretung

Tags

Stellvertretung
Handlungsvollmacht
§ 54 HGB
§ 164 BGB
§ 167 BGB
§ 168 BGB
Gliederung
  • I. Begriff und Bedeutung

  • II. Erteilung und Erlöschen

    • 1. Erteilung

      • a) Form der Erteilung

      • b) Vertretung bei Erteilung

    • 2. Erlöschen

  • III. Umfang und Grenzen

    • 1. Vollmachtsarten

      • a) Generalhandlungsvollmacht

      • b) Arthandlungsvollmacht

      • c) Spezialhandlungsvollmacht

    • 2. Gesetzliche Grenze, § 54 II HGB

    • 3. Ungeschriebene Grenze

    • 4. Schutz des Rechtsverkehrs, § 54 III HGB

I. Begriff und Bedeutung

Die Handlungsvollmacht gemäß § 54 HGB ist eine Vollmacht im Sinne des § 167 BGB, jedoch mit der Besonderheit, dass für den Umfang zum Schutz des Rechtsverkehrs eine gesetzliche Vermutung besteht.

Merke

Jedenfalls ist eine Handlungsvollmacht vereinfacht: jede Vollmacht, die sich auf eine Tätigkeit in einem Unternehmen bezieht und nicht zugleich eine Prokura ist.

Die Handlungsvollmacht ist sehr praxisrelevant und begegnet auch dir im täglichen Leben fast täglich. Es haben sich daher drei besondere Arten der Handlungsvollmacht herausgebildet: die Generalhandlungsvollmacht, die Arthandlungsvollmacht und die Spezialhandlungsvollmacht.

Dazu sogleich mehr, wenn der Umfang der Handlungsvollmacht genauer erläutert wird.

Merke

Wie im Vertretungsrecht üblich solltest du das Außen- und Innenverhältnis ordentlich abgrenzen. § 54 HGB bezieht sich nur auf das Außenverhältnis, also das "rechtliche Können“. Über das Innenverhältnis (also das „rechtliche Dürfen“) zum Unternehmer enthält § 54 HGB keine Regel.

II. Erteilung und Erlöschen

1. Erteilung

Wie die Prokura auch wird die Handlungsvollmacht als Einzel- oder Gesamthandlungsvollmacht durch eine einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung in Form der Innen- oder Außenvollmacht erteilt.

Zur Prokura gibt es jedoch zwei relevante Unterschiede bei der Erteilung. 

a) Form der Erteilung

Die Handlungsvollmacht ist weder eintragungsfähig noch muss sie ausdrücklich erklärt werden. Ein Arbeitsvertrag zwischen Kassierer und Unternehmer kann zugleich konkludent eine Arthandlungsvollmacht enthalten.

Ferner ist auch die Umdeutung einer Prokura in eine Handlungsvollmacht gemäß § 140 BGB möglich. Zuletzt ist auch eine Duldungsvollmacht denkbar.

b) Vertretung bei Erteilung

Im Gegensatz zur Erteilung der Prokura kann sich der Unternehmer bei der Erteilung der Handlungsvollmacht vertreten lassen, z.B. durch einen Prokuristen.

Die Handlungsvollmacht kann sogar vom Handlungsbevollmächtigten an einen Dritten übertragen werden, soweit der Inhaber des Handelsgeschäfts (§ 58 HGB) oder der Prokurist (vgl. § 49 I HGB) zustimmt.

Die Rechtsmacht zur Erteilung einer Untervollmacht wird durch § 58 HGB jedoch nicht beschränkt. Ob der Handlungsbevollmächtigte dazu berechtigt ist, erfordert eine saubere Auslegung anhand des Einzelfalls. 

2. Erlöschen

Für das Erlöschen der Handlungsvollmacht gelten §§ 168 ff. BGB.

III. Umfang und Grenzen

Während der Umfang der Handlungsvollmacht (wie nach §§ 164 ff. BGB) einseitig vom Vollmachtgeber bestimmt wird, enthält § 54 I HGB einige gesetzliche Vermutungen, welche, je nach Art der Handlungsvollmacht, weiter oder enger sind.

1. Vollmachtsarten

Der Umfang der Vollmacht ist vor allem davon abhängig, welche Art der Handlungsvollmacht erteilt wurde:

a) Generalhandlungsvollmacht

Die Generalhandlungsvollmacht ist der gesetzliche Regelfall des § 54 I HGB. Sie erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen (konkreten) Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt.

Im Umkehrschluss sind also diejenigen Geschäfte nicht erfasst, die branchenfremd oder außergewöhnlich sind.

Beispiel

Beispiel:

Der bei Hans Castorp Baustoffe e.K. angestellte Mitarbeiter A bestellt bei Z zwei Tonnen Zement.

Gegenbeispiel:

Automatenaufstellvertrag im Rahmen eines Gaststättengewerbes.

Da die Vermutung bei einer Generalhandlungsvollmacht enger ist, als bei einer Prokura, ist z.B. die Eintragung in das Handelsregister erst recht nicht umfasst.

b) Arthandlungsvollmacht

Die Arthandlungsvollmacht ist in der Praxis wohl am relevantesten. Umfasst sind nur die Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt. Ermächtigt wird also nur hinsichtlich der Art von Geschäften, welche das Handelsgewerbe sonst darstellen. Der Umfang/die Art der Geschäfte bedarf einer Auslegung im Einzelfall. Kriterien sind die Größe des Handelsgewerbes, die Rechtsnatur der Geschäfte oder die Zuteilung eines bestimmten Aufgabenbereiches.

Beispiel

A darf als Einkäufer für Hans Castorp Baustoffe e.K. zwar zwei Tonnen Zement bestellen, nicht jedoch neue Büroräume oder Werbetafeln anmieten.

c) Spezialhandlungsvollmacht

Auch die Spezialhandlungsvollmacht erstreckt sich auf die Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes für gewöhnlich mit sich bringt. Der Unterschied zur Arthandlungsvollmacht besteht jedoch darin, dass lediglich einzelne Geschäfte umfasst sind.

Beispiel

A ist lediglich für die Bestellung von Zement ermächtigt, nicht aber für die Bestellungen neuer Gabelstapler und erst recht nicht für die Anmietung von Büro- oder Werbeflächen.

2. Gesetzliche Grenze, § 54 II HGB

Ohne Befugnis ist der Bevollmächtigte in jedem Fall nicht zu den in § 54 II HGB aufgeführten Geschäften ermächtigt.

3. Ungeschriebene Grenze

Da die Vermutung nicht weiter als die Prokura reichen kann, ist der Handlungsbevollmächtigte erst recht nicht zu Privatgeschäften oder Grundlagengeschäften ermächtigt.

4. Schutz des Rechtsverkehrs, § 54 III HGB

§ 54 I HGB schützt den guten Glauben des Rechtsverkehrs nicht hinsichtlich der Existenz einer Handlungsvollmacht und auch nicht hinsichtlich der Art der Handlungsvollmacht.

Ist jedoch tatsächlich eine Handlungsvollmacht erteilt, so darf der Rechtsverkehr gemäß § 54 III HGB darauf vertrauen, dass abgesehen von § 54 I, II HGB keine weiteren Einschränkungen vorliegen. Das gilt ausnahmsweise gemäß § 54 III HGB dann nicht, wenn Dritte die Beschränkung kannten oder kennen mussten. „Kennen musste“ bedeutet gemäß § 122 II BGB fahrlässige Unkenntnis.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland erlaubt ist, zitiere den § 122 II BGB an den § 54 III HGB, um dich an die Definition des "Kennen müssens" zu erinnern.

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