I. Einleitung
Willenserklärungen spielen als Bestandteile von einseitigen und zweiseitigen Rechtsgeschäften eine wichtige Rolle im Allgemeinen Teil des BGB und sind Teil jedes Vertragsschlusses und können daher in einer Vielzahl von Konstellationen und vor allem auch rechtsgebietsübergreifend abgeprüft werden.
Im Rahmen der Prüfung einer Willenserklärung sind drei Prüfungspunkte strikt zu unterscheiden:
die Existenz einer Willenserklärung (Abgabe)
das Wirksamwerden einer Willenserklärung (Zugang)
die Bindungswirkung einer Willenserklärung (Nichtigkeitsgründe).
Definition
Unter einer Willenserklärung ist ein Verhalten zu verstehen, welches aus objektiver Sicht unmittelbar (final) auf eine bestimmte Rechtsänderung gerichtet ist. Die gewollte Rechtsänderung besteht hierbei in der Herbeiführung eines bestimmten rechtlich gesicherten wirtschaftlichen Erfolgs.
Der Wille kann ausdrücklich (Sprechen, Schreiben) oder konkludent (durch schlüssiges Verhalten) erklärt werden. Ganz ausnahmsweise kann auch Schweigen eine Willenserklärung darstellen. Konkludente Erklärungen müssen ausgelegt werden - siehe hier.

II. Willenserklärungen durch konkludentes Verhalten
Bei einer Willenserklärung durch konkludentes Verhalten nimmt der Erklärende Handlungen vor, die den Schluss erlauben, dass er einen bestimmten rechtlich gesicherten Erfolg wolle. Dieser Schluss ist zulässig, wenn das Gegenteil (also das Nichtwollen eines bestimmten Erfolgs) im Widerspruch zum Verhalten stünde.
Beispiel
Jemand beginnt mit der Vertragsdurchführung ohne den Antrag ausdrücklich angenommen zu haben. Ohne Vertrag ergibt das keinen Sinn.
III. Willenserklärungen durch Schweigen
1. Grundsatz
Schweigen hat grundsätzlich keine rechtliche Relevanz. Es stellt damit auch keine Willenserklärung dar. Es handelt sich vielmehr um ein rechtliches Nullum. Ausnahmen können kraft Vereinbarung, kraft Gesetzes, kraft Gewohnheitsrechts und der Verkehrssitte bestehen.
2. Beredtes Schweigen
Schweigen kann als Annahme gelten, wenn dies von allen Beteiligten so vereinbart war, sogenanntes beredetes Schweigen („Das Vertragsangebot gilt als angenommen, wenn B nicht bis ... widerspricht.“). Bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist insoweit jedoch § 308 Nr. 5 BGB zu beachten. Der Antragende kann nicht einseitig durch AGB bestimmen, dass Schweigen als Annahme gelten soll.
3. Schweigen an Erklärungs statt
Schweigen kann auch kraft Gesetzes eine Erklärungswirkung aufweisen:
Nach §§ 516 II 2 BGB, 362 I 1 HGB gilt Schweigen als Annahme eines Antrags.
Schweigen kann gemäß §§ 416 I 2 BGB, 377 II HGB auch als Genehmigung anzusehen sein oder
nach §§ 108 II 2, 177 II 2, 415 II 2 BGB als Genehmigungsverweigerung wirken.
4. Gewohnheitsrecht
Schweigen kann auch als Annahme eines Antrags zu werten sein, wenn entsprechende Handelsbräuche im Sinne des § 346 HGB bestehen. Dies ist bei Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben der Fall.
Definition
Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist die Bestätigung eines früheren Vertragsschlusses, bei dem noch nicht alle Punkte fixiert wurden, unter Wiedergabe des Vertragsinhalts oder die Bestätigung eines gescheiterten Vertragsschlusses oder die Wiedergabe vorangegangener Vertragsverhandlungen, die noch nicht zum Vertragsschluss geführt haben.
Mehr zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben findest du hier.