I. Einleitung
Die §§ 937 ff. BGB regeln die wesentlichen Fälle des gesetzlichen Eigentumserwerbs. In diesen Fällen geht das Eigentum an einer Sache nicht kraft Rechtsgeschäfts (sprich: Übereignung), sondern kraft gesetzlicher Anordnung über.
Es handelt sich damit um einen originären Eigentumserwerb, der unmittelbar auf dem Gesetz beruht und von einem rechtsgeschäftlichen Willen unabhängig ist.

In den Normen ist aber nicht nur geregelt, welche die Voraussetzungen des Eigentumsübergangs sind, sondern auch, welche Ausgleichsansprüche derjenige hat, der ein Recht verliert - denn wenn Eigentum kraft Gesetzes und nicht kraft Rechtsgeschäfts übergeht, kann dies auch gegen den Willen des bisherigen Eigentümers geschehen.
Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche infolge eines Eigentumsverlustes nach §§ 937 ff. BGB ergeben sich aus:
§ 951 I BGB (Vergütung in Geld)
§ 977 BGB (Herausgabe des Erlangten)
§ 346 I, II 1 Nr. 1 (Nutzungsherausgabe und -ersatz)
§§ 987 f. (Nutzungsherausgabe und -ersatz).
II. Ersitzung (§§ 937 - 945 BGB)
Die Ersitzung hat ihre wesentliche Relevanz bei dem Erwerb abhandengekommener Sachen sowie bei unwirksamen Verfügungsgeschäften (insbesondere unter der Beteiligung von Minderjährigen). Sie regelt den Eigentumsübergang infolge lang anhaltendem Eigenbesitz an einer Sache.
1. Voraussetzungen
Voraussetzungen der Ersitzung gemäß § 937 I BGB sind:

Gesetzesverweis
Sofern dies in deinem Bundesland erlaubt ist, kannst du dir den § 872 BGB neben den § 937 I BGB kommentieren.
Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind (§ 937 II BGB):
Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Eigentumslage bei Besitzerwerb
Positive Kenntnis der Eigentumslage nach Besitzerwerb
Bei den vorgenannten Ausschlussgründen ist zu beachten, dass sich der gute Glaube des Ersitzenden auf sein eigenes Eigentum beziehen muss - er glaubt also, dass die Sache tatsächlich ihm gehört. Außerdem ist zu beachten, dass den Ersitzenden keine Nachforschungspflicht hinsichtlich des Eigentums trifft. Beweisbelastet ist vielmehr derjenige, der die Ersitzung bestreitet - beachte die Formulierung „Die Ersitzung ist ausgeschlossen, wenn (…)“.
Merke
Aus solchen „Wenn-Formulierungen“ kann oftmals eine Beweislast geschlossen werden. Diese ist aber nicht nur im Prozess, sondern auch in deiner Klausur relevant, da du hier im Beispiel etwa problemlos vom Vorliegen guten Glaubens ausgehen kannst, wenn du keine besonderen Anhaltspunkte vorliegen hast.
2. Rechtsfolge
Gemäß § 937 I BGB erwirbt der Ersitzende das Eigentum an einer Sache und dies - in der Regel - gemäß § 945 BGB sogar unbelastet von Rechten Dritter.
III. Verbindung und Vermischung (§§ 946 ff. BGB)
Die §§ 946 ff. BGB haben dort ihre Relevanz, wo Dinge zusammengebaut werden oder große Mengen kleiner Sachen vermischt werden - hier ist das Eigentum später oftmals schwer auseinander zu dividieren und daher eine Regelung zum Eigentumserwerb notwendig. Der Regelungsgrund der §§ 946 ff. BGB besteht damit in der Untrennbarkeit der verbundenen oder vermischten Sachen.

1. Voraussetzungen
Die Voraussetzungen der Tatbestände von Verbindung (§§ 946, 947 BGB) und Vermischung (§ 948 BGB) sind einfach:
a) Verbindung (§§ 946, 947 BGB)
Bei der Verbindung werden zwei Sachen so miteinander verbunden, dass sie wesentliche Bestandteile einer einheitlichen Sache werden (§ 93 BGB). Ist bei der Verbindung beweglicher Sachen die Wesentlichkeit der Bestandteile zu verneinen, liegt keine Verbindung vor. Dann kann jedoch geprüft werden, ob der Tatbestand der Verarbeitung anwendbar ist.
Gesetzesverweis
Sofern dies in deinem Bundesland erlaubt ist, notiere dir den § 93 BGB - so wirst du daran erinnert, diese Norm zu zitieren und die Tatbestandsvoraussetzungen ordentlich zu prüfen.
b) Vermischung (§ 948 BGB)
Bei der Vermischung werden mehrere Sachen so miteinander vermischt oder vermengt, dass sie untrennbar werden - also beispielsweise das Vermischen von zwei Flüssigkeiten oder das Hinzufügen von Schrauben in eine Materialschublade. Untrennbarkeit kann in tatsächlicher Hinsicht (§ 948 I BGB) oder in wirtschaftlicher Hinsicht (§ 948 II BGB) gegeben sein. Bei letzterer wäre eine Trennung der Sachen nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich.
2. Rechtsfolgen
Die Rechtsfolgen unterscheiden sich je nach Norm:
a) Wechsel des Eigentums
Bei der Verbindung mit einem Grundstück (§ 946 BGB), erlischt das Eigentum an der beweglichen Sache zugunsten des Eigentümers des Grundstücks.
Bei der Verbindung mehrerer beweglicher Sachen (§ 947 BGB) erwerben die jeweiligen Eigentümer in der Regel Miteigentum an der neuen Sache (§ 947 I BGB). Ist eine der Sachen als Hauptsache anzusehen, erwirbt der Eigentümer dieser Sache das alleinige Eigentum (vgl. § 947 II BGB). Was eine Hauptsache ist, ist nach der Verkehrsanschauung zu beurteilen. Bestandteile einer Sache sind nur dann als Nebensachen anzusehen, wenn sie fehlen könnten, ohne dass die Funktion der einheitlichen Sache dadurch beeinträchtigt würde.
Bei der Vermischung (§ 948 BGB) findet die gleiche Rechtsfolge wie bei § 947 BGB Anwendung.
Problem:
Ein kleines Sonderproblem gibt es im Rahmen des § 948 BGB im Falle der Vermischung von Bargeld. Hier wird teilweise vertreten, dass § 948 BGB nicht anwendbar sei, da der Geldwert herausgefordert werden kann. Herrschend ist aber wohl, Geldscheine und Münzen so wie andere Sachen auch zu behandeln und sie der Regelung des § 948 BGB zu unterwerfen.
3. Ausgleichsanspruch (§ 951 I 1 BGB)
Außerdem ist auf Rechtsfolgenseite der § 951 I 1 BGB zu beachten, der einen Ausgleichsanspruch derjenigen Person regelt, die ihr Eigentum verliert.
In § 951 BGB bezieht sich der Ausgleichsanspruch auf die Regelungen des §§ 812 I 1 Alt. 2 BGB. Dies ist - merken! - eine Rechtsgrundverweisung. Das bedeutet, dass nicht nur die Rechtsfolge des jeweiligen Bereicherungsanspruch eintritt, sondern sämtliche Voraussetzungen zu prüfen sind.

Bei der Prüfung der §§ 812 ff. BGB könnte man im Rahmen des § 816 BGB darauf kommen, dass eine Verbindung oder Vermischung, eine Verfügung im Sinne der Norm darstellt. Dies ist aber nicht der Fall, da eine Verfügung immer rechtsgeschäftlicher Natur ist und der Eigentumsübergang hier kraft Gesetzes erfolgt. Allerdings wird § 816 BGB analog angewendet, um in Einzelfällen Wertungswidersprüche zu vermeiden.
Dabei stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Bereicherung - also der Eigentumserwerb - einen rechtlichen Grund hatte. Der rechtliche Grund ist aber nicht die Verbindung/Vermischung selbst, sondern kann beispielsweise vertraglicher Natur sein (Zum Beispiel die vertragliche Beziehung verschiedener Unternehmer beim Hausbau).
Eine weitere wichtige Frage ist das Verhältnis des § 951 BGB zu anderen Normen. Beachte insoweit § 951 II BGB, der bestimmte Ansprüche (insbesondere aus dem Deliktsrecht) ausdrücklich von § 951 BGB unberührt lässt. Insofern ist jedoch wichtig, sich zu merken, dass (gesetzliche) Verwendungsersatzansprüche den §§ 951 I 1, 812 I 1 Alt. 2 BGB sperren können. Insbesondere die Verwendungsersatzansprüche des EBV in §§ 994 ff. BGB sperren den Anspruch, soweit sie anwendbar sind - denn die dort enthaltenen Wertungen sollen durch den etwas „pauschalen“ Anspruch aus §§ 951 I 1, 812 I 1 Alt. 2 BGB nicht konterkariert werden. Die §§ 994 ff. BGB stellen dementsprechend eine vorrangige Sonderregelung im Vergleich zu §§ 951 I 1, 812 I 1 Alt. 2 BGB dar.
Beispiel
Das heißt: Der Besitzer, der auf eine fremde Sache Verwendungen macht und dabei einen Rechtsverlust nach § 946 - § 950 BGB erleidet, kann damit nur aus §§ 994 ff. BGB Verwendungsersatz vom Eigentümer verlangen.
IV. Verarbeitung (§ 950 BGB)
Bei der Verarbeitung wird aus zwei verschiedenen Sachen eine neue Sache hergestellt. In Abgrenzung von der Verbindung wird eine Verarbeitung - nach der Verkehrsanschauung - dann angenommen, wenn diese etwa einen neuen Namen trägt (etwa: Mehl und Wasser vs. Brot) und wenn die neue Sache eine eigenständige, von der Ausgangssache unterschiedliche Funktion hat.
Merke
Bei mehrstufigen Produktionsprozessen ist auf jeder Stufe des Prozesses eine Prüfung notwendig. Das heißt etwa, dass nicht erst das fertige Auto das neue Produkt im Vergleich zu Schrauben und Metallplatten ist, sondern dass etwa schon der Motor für sich genommen ein neues Produkt sein kann und dann wiederum das Auto.
1. Voraussetzungen
Der Eigentumserwerb an der neuen Sache im Rahmen der Verarbeitung setzt gemäß § 950 I BGB voraus, dass
eine neue Sache hergestellt wird und
der Wert der Verarbeitung nicht erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes - oder anders formuliert: Die Wertdifferenz zwischen der neuen und den alten Sachen darf nicht geringer sein als der Wert der Ausgangssachen selbst
Merke
Als Anhaltspunkt für diese Berechnung kann man circa 60% ansetzen. Die Erheblichkeitsschwelle ist also überschritten, wenn der Verarbeitungswert mindestens 60% des ursprünglichen Materialwerts beträgt.
a) Herstellerbegriff
Nicht ganz leicht zu beantworten ist die Frage des „Wer?“, also des Herstellers, in § 950 I BGB:
Definition
Hersteller im Sinne der Norm ist derjenige, der die Sache tatsächlich herstellt - die Herstellung ist Realakt und nicht Rechtsgeschäft. Natürlich ist aber auch zu berücksichtigen, dass in arbeitsteiligen Organisationen wie einer Fabrik nicht jeder einzelne Mitarbeiter Eigentum an den von ihm hergestellten Sachen erlangen kann. Hersteller ist also nicht zwingend derjenige, der die Sache händisch verarbeitet, sondern auch derjenige, der sich fremder Hilfe - also etwa von weisungsabhängigen Mitarbeitern - bedient, um eine Sache herzustellen. Hersteller ist damit, wer die neue Sache produziert, das wirtschaftliche Risiko der Produktion trägt oder die Organisationshoheit über den Produktionsprozess hat.
Wann ein solcher Fall gegeben ist, musst du im Einzelfall nach der Verkehrsauffassung und deinem allgemeinen Wirtschaftsverständnis entscheiden. In einer Fabrik ist etwa nicht derjenige Hersteller , der die Sache physisch zusammenbaut, sondern nur der Arbeitgeber, der seine Mitarbeiter einsetzt, um selber eine Sache herzustellen.
b) Herstellereigenschaft kraft Herstellerklauseln
Unter Umständen kann der gesetzliche Eigentumserwerb einer Person gewollt sein, die an sich nicht Hersteller im Sinne des § 950 I 1 BGB ist. Es stellt sich die Frage, ob der originäre Eigentumserwerb durch Herstellerklauseln modifiziert werden kann.
Problem
Abbedingbarkeit des § 950 I BGB
Nach einer Ansicht kann § 950 I 1 BGB von den Parteien nicht abbedungen werden. Bei § 950 I 1 BGB handele es sich um zwingendes Sachenrecht. Wolle der Verarbeiter etwa einem Vorbehaltsverkäufer Sicherheit verschaffen, muss er die neue Sache gemäß §§ 929 S.1, 930 BGB übereignen. Dies hätte jedoch den Nachteil, dass ein Durchgangserwerb des Verarbeiters stattfindet und damit seine Gläubiger Zugriff auf die Sache haben können.
Andererseits wird die Meinung vertreten, dass § 950 I 1 BGB abgeändert werden kann. Die Parteien können hiernach durch Vereinbarung einen gesetzlichen Eigentumserwerb des Herstellers ausschließen. Dagegen sprechen jedoch die Rechtsnatur des Sachenrechts als zwingendes Recht und der sachenrechtliche Grundsatz des Typenzwangs. Außerdem ist auch der Sinn und Zweck des § 950 BGB zu beachten, der darin besteht, eine klare Zuordnung des Eigentums zu ermöglichen. Dieser Zweck wird nicht erreicht, wenn der Eigentumserwerb zu Disposition der Parteien steht.
Herrschend ist die Ansicht, dass es sich bei § 950 I 1 BGB um zwingendes Sachenrecht handelt. Die Parteien können den gesetzlichen Eigentumserwerb nicht abbedingen. Sie können jedoch vertraglich vereinbaren, wer als Hersteller im Sinne der Norm anzusehen sein soll und damit letztlich Eigentum erwirbt. Der Verwender einer derartigen Herstellerklausel muss unter Umständen jedoch damit rechnen, dass die Lieferanten weiterer Ausgangsstoffe ebenfalls eine Herstellerklausel verwenden. Um eine Nichtigkeit der Klausel wegen Übersicherung nach § 138 BGB zu vermeiden, ist das Eigentum an der neuen Sache auf einen Anteil zu beschränken, der dem Wert der gelieferten Ausgangsstoffe entspricht.
c) Herstellereigenschaft in „Auftrags“-Verhältnissen
Sofern jemand eine Sache im Auftrag eines anderen herstellt, ist zu ermitteln, wer Hersteller im Sinne des § 950 I 1 BGB ist. Nach herrschender Meinung ist dann der Besteller der Sache auch gleichzeitig Hersteller. Dies wird mit dem systematischen Argument begründet, dass das Werkunternehmerpfandrecht in § 647 BGB überflüssig wäre, wenn der Werkunternehmer schon nach § 950 I 1 BGB Eigentum erwerben würde.
Gesetzesverweis
Sofern dies in deinem Bundesland erlaubt ist, notiere dir die § 1008 BGB und § 741 BGB an den § 947 BGB - so wirst du daran erinnert, diese Norm in der Klausur zu zitieren und die dort genannten Rechtsfolgen zu beachten.
2. Rechtsfolgen
Neben dem Eigentumserwerb (§ 950 I BGB) erlöschen gemäß § 950 II BGB auch die Rechte Dritter an den Ausgangsstoffen.

Außerdem findet auf den § 950 BGB auch der bereits bei den §§ 946 ff. BGB angesprochene Ausgleichsanspruch gemäß § 951 I 1 BGB Anwendung, es kann also derjenige, der durch die Verarbeitung sein Eigentum an den alten Sachen verliert einen Ausgleich von dem neuen Eigentümer fordern.
V. Fruchterwerb (§§ 953 ff. BGB)
Die §§ 953 ff. BGB regeln gewissermaßen den umgekehrten Fall zu den vorstehenden §§ 946 ff. BGB. Denn während es bei Verbindung, Vermischung und Verarbeitung darum geht, dass mehrere Sachen auf die ein oder andere Art und Weise zu einer gemeinsamen, gegebenenfalls neuen, Sache werden, geht es in den §§ 953 ff. BGB um die Abspaltung (oder Trennung) von Erzeugnissen oder sonstigen Bestandteilen einer Sache, die durch die Abspaltung sonderrechtsfähig und somit zu einer eigenständigen Sache werden. Typisch hierfür sind landwirtschaftliche Produkte wie Gemüse oder Obst, aber auch Tiere.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir an den § 953 BGB den § 99 BGB zitieren - der Begriff „Erzeugnisse“ bezieht sich auf den dort definierten Begriff der Früchte. Zitiere dir außerdem an den § 954 BGB den § 1030 BGB - der dort geregelte Nießbrauch ist der typische Fall des in § 954 BGB genannten „Rechts“. Ebenso kannst du dir neben den § 956 BGB den § 581 BGB zitieren, da sich diese Norm insbesondere auf Pachtverhältnisse bezieht.
Die §§ 953 ff. BGB enthalten relativ einfache Regelungen zu den Eigentumsverhältnissen. Eine andere Frage ist, wem diese Sachen schuldrechtlich gehören. Dies ist nach den vertraglichen Regelungen und nach §§ 346, 987, 988, 993 I Hs.1, 1039 I 2, 2133 BGB zu beurteilen.
VI. Aneignung (§§ 958 ff. BGB)
In den §§ 958 ff. BGB ist die sogenannte Aneignung geregelt. Diese sieht in § 985 BGB den Eigentumserwerb von herrenlosen Sachen vor. Eine Sache ist herrenlos, wenn niemand Eigentum an ihr hat - vergleiche hierzu insbesondere die §§ 959 ff. BGB.
1. Voraussetzungen
Eine Aneignung setzt voraus, dass es sich um eine herrenlose Sache handelt, Eigenbesitz begründet wird und kein Ausschlusstatbestand vorliegt.
a) Herrenlose Sache
Wie eine Sache herrenlos wird, ist in den §§ 959 ff. BGB geregelt. Ein wichtiger Anwendungsfall ist insbesondere die Aufgabe des Eigentums (§ 959 BGB) - sogenannte Dereliktion. Man erkennt eine solche Dereliktion einerseits an dem (konkludent) zum Ausdruck gebrachten Willen, das Eigentum an der Sache nicht mehr zu wollen und andererseits an einem tatsächlichen Element der Besitzaufgabe, wie etwa dem Wegwerfen oder Liegenlassen einer Sache.
Merke
Weil es eines Willens - und somit einer (nicht empfangsbedürftigen) einseitigen Willenserklärung bedarf, ist für die Dereliktion Geschäftsfähigkeit erforderlich.
b) Begründung von Eigenbesitz
Eine Aneignung erfordert, dass die aneignende Person Eigenbesitz im Sinne von § 872 BGB erwirbt.
Gesetzesverweis
Sofern dies in deinem Bundesland erlaubt ist, kannst du dir den § 872 BGB neben den § 958 I BGB kommentieren.
c) Ausschluss der Aneignung (§ 958 II BGB)
Wenn die aneignende Person bei der Aneignung gegen das Gesetz verstößt oder das Aneignungsrecht eines anderen verletzt, ist die Aneignung nicht möglich.
2. Rechtsfolge
Die Person, die sich eine Sache aneignet, wird Eigentümer (§ 958 I BGB).
VII. Fund (§§ 965 ff. BGB)
Der Fund ist eine ähnliche Eigentumserwerbsart wie die Aneignung. In beiden Fällen nimmt jemand eine besitzlose Sache in Besitz und erwirbt dadurch Eigentum. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass beim Fund - anders als bei der Aneignung - noch Eigentum an der Sache besteht; sie ist also nicht herrenlos.
1. Voraussetzungen
Ein Fund setzt voraus, dass es sich um eine verlorene (bewegliche) Sache handelt, der Finder seinen Anzeigepflichtigen nachkommt und ein Zeitraum von sechs Monaten abgelaufen ist (§§ 965, 973 BGB).
a) Verlorene Sache
Eine Sache ist verloren, wenn sie besitzlos, aber nicht herrenlos geworden ist. Zu prüfen ist also zweierlei: Die Besitz- und die Eigentumslage am Gegenstand. Verlegte Sachen, die in der Sphäre einer Person verbleiben, die einen generellen Besitzwillen hat, werden nicht besitzlos.
Merke:
Besitzlose Sache = ohne Besitzer —> § 973 I 1 BGB
Herrenlose Sache = ohne Eigentümer —> § 958 BGB
b) Erfüllung der Anzeigepflicht
Gemäß § 965 BGB muss der Finder unverzüglich Anzeige machen, dass er eine Sache gefunden hat. Ein Verstoß hiergegen hindert den Eigentumserwerb!
Der Begriff „unverzüglich“ ist in diesem Zusammenhang gemäß der Legaldefinition in § 121 I 1 BGB zu verstehen.
Merke
Streng genommen ist die Anzeigepflicht keine Tatbestandsvoraussetzung des Eigentumserwerbs, sondern Rechtsfolge des Fundes. Da allerdings die 6-Monats-Frist in der Regel an die Anzeige anknüpft, ist die Anzeige dennoch zwingende Voraussetzung des Eigentumserwerbs, da ohne ihre Vornahme die Frist nicht zu laufen beginnt.
c) Ablauf von sechs Monaten
Diese Frist ergibt sich aus der Bestimmung des § 973 I 1 BGB. Je nach Wert der gefundenen Sache beginnt die Frist mit der Anzeige des Fundes (Absatz 1) oder dem Fund selbst (Absatz 2).
2. Rechtsfolge
Die Person, die die Sache gefunden hat, wird Eigentümer (§ 973 BGB). Allerdings ist das Eigentum für drei Jahre nicht kondiktionsfest (§ 977 BGB) - das heißt, dass der bisherige Eigentümer die Herausgabe der Sache kann.
Eine Besonderheit im Verhältnis zu den sonstigen Formen des gesetzlichen Eigentumserwerbs ist, dass durch den Fund ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Finder und Empfangsberechtigtem (in der Regel: der alte Eigentümer) entsteht, wohingegen bei den sonstigen Erwerbstypen keine über das Eigentum des neuen Eigentümers hinausgehende Pflichten entstehen:
Den Finder trifft eine Verwahrpflicht (§ 966 I BGB), die sich im Einzelfall zu einer Versteigerungspflicht (§ 966 II BGB) entwickeln kann. Er kann sich davon befreien, indem er die Sache bei der zuständigen Behörde (§ 967 BGB) abgibt.
Den Finder trifft die bereits angesprochene Anzeigepflicht (§ 965 BGB), die lediglich bei Bagatellfällen entfällt (§ 965 II 2 BGB)
Der Finder hat allerdings auch einen Anspruch auf Ersatz seiner Anwendungen (§ 970 BGB).
Gesetzesverweis
Bei § 970 BGB bietet es sich an, die §§ 683, 670 BGB zu zitieren, da der § 970 BGB - der selber Anspruchsgrundlage ist - den gleichen Regeln folgt.
Außerdem hat der Finder einen Anspruch auf Finderlohn (vergleiche § 971 BGB).