I. Einleitung
Der gesetzliche Anknüpfungspunkt der Fortsetzungsfeststellungsklage ist § 113 I 4 VwGO.
Zitat
Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
Es geht hier also darum, eine nachträgliche Feststellung vorzunehmen, ob ein Verwaltungsakt (oder dessen Ablehnung/Unterlassung), der sich aber bereits erledigt hat, rechtswidrig war. Die Fortsetzungsfeststellungsklage folgt also zeitlich auf eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage, ab dem Zeitpunkt, an dem sich diese erledigt hat.
Beispiel
Zunächst erging von einer Behörde eine Verbotsverfügung bezüglich einer geplanten Versammlung. Mit Ablauf des geplanten Termins hat sich das ursprüngliche Anfechtungsbegehren, die Aufhebung der Verbotsverfügung und die daraus folgende Durchführung der Versammlung erledigt. Um die Rechtswidrigkeit der behördlichen Maßnahme überprüfen zu lassen, steht ihnen trotz Erledigung unter den Voraussetzungen der zulässigen Fortsetzungsfeststellungsklage der Rechtsweg offen. Dies ist für sie vor allem wichtig, da sie in der Zukunft ähnliche Versammlungen durchführen möchten.
Abgewandelt könnte auch ursprünglich ein Verpflichtungsbegehren statthaft gewesen sein, in dem Fall, dass eine Genehmigung von der Behörde versagt wurde und die Versammlung deshalb nicht stattfinden konnte.

II. Zulässigkeit
1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Für eine ausführliche Darstellung der Prüfung der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs siehe hier.
2. Statthafte Klageart
Ausgangspunkt der Bestimmung der statthaften Klageart ist wie immer zunächst das Klagebegehren gemäß § 88 VwGO.
Hier ist das Begehren des Klägers gemäß § 113 I 4 VwGO die Feststellung, ob ein erlassener Verwaltungsakt, oder das Unterlassen des Erlasses eines begehrten Verwaltungsakts, nach Erledigung dieses Begehrens, rechtswidrig war.

a) Ursprüngliches Klagebegehren
Daher muss zunächst abgegrenzt werden, ob es sich bei dem ursprünglichen Begehren des Klägers um eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage handelt.
b) Zwischenzeitliche Erledigung des Begehrens
Als Nächstes müsste sich das Begehren erledigt haben. Ansonsten wäre weiterhin normal die ursprüngliche Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage statthaft.
c) Einschlägige Anwendungsform der Fortsetzungsfeststellungsklage
Der Grundfall des § 113 I 4 VwGO ist die Erledigung eines Anfechtungsbegehrens nach Klageerhebung.
In diesem Fall ist § 113 I 4 VwGO demnach direkt anzuwenden.
Wenn ursprünglich eine Verpflichtungsklage statthaft war, ist § 113 I 4 VwGO analog anzuwenden. Die Analogie bezieht sich dabei auf die ursprüngliche Klageart.
Als Nächstes muss nach dem Zeitpunkt der Erledigung differenziert werden.
Der Grundfall ist die Erledigung des Begehrens nach Klageerhebung.
Die zweite mögliche Alternative ist eine Erledigung des ursprünglichen Klagebegehrens vor Klageerhebung. Für den Fall des Anfechtungsbegehrens ist dann § 113 I 4 VwGO (einfach) analog anzuwenden. Für den Fall eines ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens ist § 113 I 4 VwGO doppelt analog anzuwenden. Die Analogie, bzw. die doppelte Analogie (das „doppelt“), bezieht sich hier also auf den Zeitpunkt der Erledigung.
Merke
Diese Darstellung entspricht der Ansicht der herrschenden Meinung. Nach anderer Ansicht ist im Falle der Erledigung vor Klageerhebung die einfache Feststellungsklage nach § 43 VwGO statthaft. Argumente für die herrschende Meinung sind, dass ein Verwaltungsakt kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 I VwGO ist, sowie dass sonst keine zuverlässige Abgrenzung zwischen den beiden Klagearten gewährleistet wäre. Dieser Streit sollte in der Klausur kurz dargestellt werden, aber keinen Schwerpunkt bilden.

Klausurtipp
Die Prüfung ist hier mit den einzelnen Unterpunkten sehr kleinteilig dargestellt. Du kannst in der Klausur dies in den meisten Fällen zusammen unter dem Prüfungspunkt der statthaften Klageart darstellen.
3. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
Die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Fortsetzungsfeststellungsklage sind bis auf das Fortsetzungsfeststellungsinteresse dieselben wie bei der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Relevant ist hier nur die dogmatische Differenzierung der jeweils einschlägigen Anwendungsform, also entweder direkt, analog oder doppelt analog. Dies ergibt sich aus der einschlägigen Anwendungsform der Klage an sich, welche du ja bereits im Rahmen der statthaften Klageart geprüft hast. Das dort gewonnene Ergebnis überträgst du dann auf die Anwendungsform der einzelnen genannten besonderen Sachurteilsvoraussetzungen.
Beispiel
Wenn zunächst nach dem Klagebegehren eine Anfechtungsklage statthaft war, bei welcher die Erledigung vor Klageerhebung eingetreten ist, ist, wie oben dargestellt, § 113 I 4 VwGO analog anzuwenden. Demnach sind dann auch die Normen für die Klagebefugnis (§ 42 II VwGO), das Vorverfahren (§ 68 VwGO) und § 78 VwGO für den Beklagten analog anzuwenden. Wenn sich ein Verpflichtungsbegehren vor Klageerhebung erledigt hat, sind alle besonderen Sachurteilsvoraussetzungen doppelt analog anzuwenden.

a) Klagebefugnis, § 42 II VwGO
Hier ergeben sich keine Unterschiede im Vergleich zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage.
b) Vorverfahren, § 68 VwGO
aa) Erledigung vor Klageerhebung und Ablauf einer eventuellen Widerspruchsfrist
Bei einer Erledigung vor der Klageerhebung und vor Ende der Widerspruchsfrist (wenn nach § 68 VwGO vorausgesetzt), ist nach herrschender Meinung, kein Vorverfahren durchzuführen (andere Ansicht: Vorverfahren notwendig, da prozessual eine verlängerte Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage handle).
Argumentiert wird dabei, dass die Funktion des Widerspruchsverfahrens als Selbstkontrolle der Verwaltung und Entlastung der Gerichte nicht mehr erfüllt werden könne, da der Verwaltungsakt aufgrund der Erledigung keiner Aufhebung oder Änderung mehr zugänglich ist
bb) Erledigung nach Ablauf der Widerspruchsfrist und vor Klageerhebung
Bei einer Erledigung nach Ablauf der Widerspruchsfrist ergeben sich keine Unterschiede zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage. Hier muss das Vorverfahren normal durchgeführt worden sein, da eine unzulässige Ausgangsklage nicht als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig werden darf. Wenn also ein Vorverfahren vorausgesetzt war, dieses nicht durchgeführt wurde und sich der Verwaltungsakt danach erledigt, ist auch die Fortsetzungsfeststellungsklage unzulässig. Grund dafür ist, dass sonst eine unzulässige Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig werden könnte.
cc) Erledigung nach Klageerhebung
Bei einer Erledigung nach Klageerhebung ist ein Vorverfahren unstrittig vorausgesetzt, da sonst durch Erhebung der Anfechtungsklage die Voraussetzungen der §§ 68 ff. VwGO umgangen werden könnten. Hier ist die Situation die Gleiche wie nach Ablauf der Widerspruchsfrist.
Klausurtipp
Wenn das Widerspruchsverfahren ohnehin entbehrlich ist, kommt es auf den Streit nicht an.
c) Beklagter, § 78 VwGO analog
Hier ergeben sich für die Prüfung grundsätzlich keine Unterschiede im Vergleich zur Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage. Da es sich bei der Fortsetzungsfeststellungsklage um eine Fortführung der ursprünglich statthaften Verpflichtungs- oder Anfechtungsklage handelt, wird § 78 VwGO hier nach allgemeiner Ansicht analog angewendet.
d) Fortsetzungsfeststellungsinteresse
Die einzige Sachurteilsvoraussetzung, die zusätzlich zu den normalen Voraussetzungen der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage hinzukommt, ist das Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
Zitat
§ 113 I 4 VwGO:
“[...] wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.”
Dieses (Fortsetzungs-) Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn eine der anerkannten Fallgruppen einschlägig ist. Hier gibt es im Wesentlichen vier Stück:

Merke
Die genannten Fallgruppen sind nicht abschließend und auch bei ähnlich gelagerten Sachverhalten kann ein Feststellungsinteresse bestehen. Hier musst du dann im Einzelfall mit den genannten Fallgruppen als Auslegungshilfe eine Abwägung vornehmen.
aa) Wiederholungsgefahr
Definition
Wiederholungsgefahr ist gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein vergleichbarer Sachverhalt bestehen könnte.
Beispiel
Gegenüber einem Fußballfan, der regelmäßig die Spiele seiner Mannschaft besucht, wird angeordnet, dass er eine Fahne mit einem bestimmten Aufdruck nicht mit ins Stadion nehmen darf. Bei weiteren Spielen, die er in Zukunft besuchen will, könnte sich die gleiche Situation bezüglich der erlaubten Fahnen stellen.
bb) Rehabilitationsinteresse
Definition
Ein Rehabilitationsinteresse besteht, wenn von dem behördlichen Handeln eine diskriminierende Wirkung für den Kläger ausgeht. Voraussetzung für diese diskriminierende Wirkung ist, dass das soziale Ansehen des Klägers betroffen ist.
cc) Schwerer Grundrechtseingriff
Weiterhin ist ein Feststellungsinteresse auch bei einem schweren Grundrechtseingriff gegeben. Die besondere Schwere des Eingriffs ist erforderlich, da sonst aufgrund der Betroffenheit von Art. 2 I GG alle belastenden Verwaltungsakte ein Feststellungsinteresse begründen würden.
Kriterien können hierbei sein:
die Art und Intensität des Eingriffs,
die Bedeutung des Grundrechts oder
der zeitliche Zusammenhang.
Diese Kriterien sind nicht abschließend und es muss immer eine Abwägung im Einzelfall stattfinden.
Merke
Rehabilitationsinteresse und schwerer Grundrechtseingriff sind regelmäßig schwer voneinander abzugrenzen und können daher auch unproblematisch in einem Punkt zusammen geprüft werden.
dd) Präjudiz
Zuletzt kann auch durch die Präjudizwirkung ein Feststellungsinteresse bestehen.
Wenn ein Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit eines behördlichen Handelns festgestellt hat, sind die Zivilgerichte im Rahmen eines möglichen Schadensersatz- oder Entschädigungsprozesses aufgrund der Rechtskraftwirkung des § 121 VwGO an die vorausgegangene Entscheidung (sogenanntes „Präjudiz“) gebunden.
Merke
Präjudiz gibt es nur, wenn sich das Begehren nach Klageerhebung erledigt hat. Denn nur in diesem Fall gibt es einen laufenden Prozess, der für einen weiteren Prozess Bindungswirkung entfaltet. Dann wäre es aber nicht sinnvoll, diesen Prozess zu beenden und erneute Klage wegen der im Kern gleichen Problematik zu erheben.
e) Klagefrist
Eine Klagefrist ist nach herrschender Meinung bei der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht zu prüfen. Der Grund dafür ist, dass der Zweck der Gestaltungswirkung der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bei einem Feststellungsbegehren nicht gegeben ist. Es sind also im Wesentlichen die Überlegungen zum Vorverfahren auf die Klagefrist übertragbar.
Merke
Nur im Fall einer Klageerhebung nach Fristablauf (des § 74 I 1 VwGO) und eines dadurch bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakts, ist die Klage als unzulässig abzuweisen, da auch die ursprünglich statthafte Klage durch den Fristablauf unzulässig geworden ist.
4. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen
Die allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen sind ohne Unterschiede zu den anderen Klagearten zu prüfen.
a) Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO
Für eine ausführliche Darstellung der Prüfung der Beteiligten- und Prozessfähigkeit siehe hier.
b) Ordnungsgemäße Klageerhebung, §§ 81, 82 VwGO
Für eine ausführliche Darstellung der Prüfung der ordnungsgemäßen Klageerhebung siehe hier.
c) Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
Das Rechtsschutzbedürfnis wird durch das Vorliegen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses indiziert.
Klausurtipp
Hier kannst du dich also kurz halten und das Rechtsschutzbedürfnis im Regelfall einfach knapp bejahen.
III. Begründetheit
Zitat
Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet, soweit der Verwaltungsakt (beziehungsweise die Unterlassung/Ablehnung) vor Erledigung rechtswidrig war und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wurde, § 113 I 1 VwGO analog (§ 113 V VwGO analog bei Verpflichtungsklage).
Hier ist die Prüfung also die gleiche wie im Rahmen der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage.