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Zustandekommen von Verträgen

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Zustandekommen von Verträgen, Formvorschriften

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Formvorschriften
Nichtigkeit
§ 125 BGB
§ 126 BGB
§ 127 BGB
§ 128 BGB
§ 129 BGB
§ 126a BGB
§ 126b BGB
§ 550 BGB
§ 492 BGB
§ 507 BGB
§ 242 BGB
Gliederung
  • I. Formfreiheit

  • II. Formzwang

    • 1. Umfang

    • 2. Rechtsgeschäftliche Änderungen

  • III. Funktionen von Formvorschriften

  • IV. Arten

    • 1. Überblick

    • 2. Schriftform (§ 126 BGB)

    • 3. Elektronische Form (§ 126a BGB)

    • 4. Textform (§ 126b BGB)

      • a) Definition

      • b) Exkurs

    • 5. Vereinbarte Form (§ 127 BGB)

    • 6. Notarielle Beurkundung (§ 128 BGB)

    • 7. Öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB)

  • V. Folgen der Nichteinhaltung

    • 1. Nichtigkeit

    • 2. Formnichtigkeit und Treu und Glauben

    • 3. Schadensersatz

I. Formfreiheit

Im Grundsatz gilt im Zivilrecht das Prinzip der Formfreiheit. Als Konsequenz der Privatautonomie können Rechtsgeschäfte grundsätzlich ohne die Einhaltung einer bestimmten Form abgeschlossen werden, wenn nicht eine besondere Form vorgeschrieben ist. Ist dies nicht der Fall, können dann wirksame Rechtsgeschäfte auch durch konkludente Willenserklärungen abgeschlossen werden.

Ausnahmsweise kann sich eine Formgebundenheit aus einer gesetzlichen Bestimmung oder einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung ergeben. Wichtige Beispiele sind etwa die Übereignung eines Grundstücks oder das Schenkungsversprechen.

II. Formzwang

1. Umfang

Bei formbedürftigen Rechtsgeschäften erstreckt sich der Formzwang grundsätzlich auf die Erklärungen aller Parteien. Manchmal sieht das Gesetz jedoch vor, dass nur die Erklärung einer Partei formbedürftig ist.

Beispiel

  • § 518 I 1 BGB (Schenkungsversprechen)

  • § 766 S. 1 BGB (Bürgschaftsübernahme)

  • § 780 f. BGB (Schuldversprechen, Schuldanerkenntnis)

  • § 1154 I 1 BGB (Abtretung einer Hypothekenforderung)

Der Formzwang umfasst auch Verträge, die zum Abschluss formbedürftiger Rechtsgeschäfte verpflichten, etwa Bürgschaftsaufträge (=Avalverträge) oder Vorverträge. Dies folgt aus der Warnfunktion der Formvorschriften. Könnte aus einem formfreien Vertrag auf Abgabe formbedürftiger Willenserklärungen geklagt werden, wäre die Warnfunktion hinfällig.

2. Rechtsgeschäftliche Änderungen

Rechtsgeschäftliche Änderungen eines formbedürftigen Rechtsgeschäfts können selbst auch formbedürftig sein. Zwingend ist dies jedoch nicht. Im Rahmen einer Auslegung der Formvorschrift ist daher zu ermitteln, wen diese schützen will.

  • Dient sie dem Schutz beider Teile (zum Beispiel beim Grundstückskauf) bedarf jede Änderung der vorgeschriebenen Form.

  • Dient sie nur dem Schutz einer Partei (zum Beispiel beim Schenkungsversprechen oder der Bürgschaftserklärung) kann die Verpflichtung formfrei reduziert werden. Erweiterungen hingegen sind formbedürftig.

Beispiel

  • Erhöhung der Bürgschaftsschuld von 5.000 € auf 10.000 €: formbedürftig ➝ Belastung des Bürgen: Schutz vor Übereilung und Warnung erforderlich

  • Verringerung der Bürgschaftsschuld von 5.000 € auf 3.000 €: nicht formbedürftig ➝ Entlastung des Bürgen: kein Schutz nötig

III. Funktionen von Formvorschriften

Den gesetzlichen Formvorschriften kommen unterschiedliche Funktionen zu:

  • Beweisfunktion: Formvorschriften sorgen dafür, dass ein klarer Beweis des entsprechenden Rechtsgeschäfts erbracht wird.

  • Informationsfunktion: Die Einhaltung einer Formvorschrift gewährleistet den dauerhaften Abruf von Informationen.

  • Warnfunktion: Auch tragen die Formvorschriften zu einer Bewusstseinsschärfung bei riskanten Rechtsgeschäften bei, indem sie vor einer Übereilung schützen.

  • Beratungsfunktion: Formvorschriften kommt eine Beratungsfunktion zu. Die Beurkundung und Beratung durch einen Notar verhindert, dass Unerfahrenen ein Nachteil entsteht. Es erfolgt eine Belehrung über die Tragweite und komplexe Folgen eines Rechtsgeschäfts.

IV. Arten

1. Überblick

In den §§ 126 ff. BGB sind verschiedene Arten der Form eines Rechtsgeschäfts aufgelistet.

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2. Schriftform (§ 126 BGB)

Die Schriftform setzt eine mit einer Namensunterschrift unterzeichnete Urkunde voraus. 

Definition

Unter einer Urkunde ist jedes Schriftstück zu verstehen. 

Es kann aus mehreren Blättern bestehen. Auch Vordrucke und Kopien sind erfasst. Mehrere Schriftstücke werden durch ausdrückliche oder sinngemäße Bezugnahme zu einer Urkunde. 

Die Erklärung muss im Rahmen der Schriftform schriftlich abgefasst sein, wobei sie nicht eigenhändig geschrieben sein muss, wie etwa bei § 2247 I BGB, sondern auch ausgedruckt sein kann. Sie muss mit einer Namensunterschrift unterzeichnet sein.

Definition

Eine Namensunterschrift im Sinne des § 126 I BGB erfordert einen individuellen Schriftzug, der zumindest einzelne Buchstaben erkennen lässt. 

Gedruckte, gescannte oder gestempelte Unterschriften genügen nicht.

Definition

Die Unterzeichnung der Urkunde mit der Namensunterschrift ist gegeben, wenn die Unterschrift den Text der Urkunde räumlich abschließt. 

Nachsätze müssen unterzeichnet werden, eingefügte Änderungen nicht.

3. Elektronische Form (§ 126a BGB)

Die elektronische Form im Sinne des § 126a BGB kann nach § 126 III BGB die Schriftform ersetzen, wenn dies nicht ausgeschlossen ist. 

Ausschlüsse können sich aus dem Gesetz ergeben. 

Beispiel

  • § 623 I 2 BGB (Beendigung eines Arbeitsverhältnisses) 

  • § 766 S. 2 BGB (Erteilung von Bürgschaftserklärungen) 

 

Die elektronische Form muss den Namen des Ausstellers und dessen qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz enthalten. Letztere wird in einem speziellen Verfahren verschlüsselt.

4. Textform (§ 126b BGB)

a) Definition

Die Textform setzt gemäß § 126b S. 1 BGB eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger voraus. Der dauerhafte Datenträger ist in § 126b S. 2 BGB legaldefiniert. 

Definition

Unter einem dauerhaften Datenträger ist jedes Medium zu verstehen, das es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist und geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.

Beispiel

  • Papier

  • USB - Stick

b) Exkurs

Schwieriger gestaltet es sich mit Internetseiten. Fraglich ist, ob es den Anforderungen des § 126b BGB genügt, wenn ein Text auf einer Website oder mittels eines Links ausgedruckt oder heruntergeladen werden kann. 

Entscheidend ist, ob der Datenträger dem Verbraucher die Speicherung der an ihn persönlich gerichteten Informationen erlaubt sowie die Gewähr dafür bietet, dass ihr Inhalt und ihre Zugänglichkeit während einer angemessenen Dauer nicht verändert werden und dass dem Verbraucher die Möglichkeit ihrer originalgetreuen Wiedergabe eröffnet wird. 

Eine fortgeschrittene Website genügt diesen Anforderungen, wenn sie Elemente enthält, die den Verbraucher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu anhalten, die Informationen in Papierform zu sichern oder auf einem dauerhaften Datenträger zu speichern oder wenn sie einen sicheren Speicherbereich vorsieht, auf welchen nur dieser mittels Eingabe von Benutzernamen und Passwort zugreifen kann. 

5. Vereinbarte Form (§ 127 BGB)

Die Parteien können auch vertraglich vereinbaren, dass eine bestimmte Form eingehalten werden soll. Welche Voraussetzungen an die vereinbarte Form geknüpft sind, ist durch Auslegung zu ermitteln. Hilfsweise ist auf die gesetzlichen Regeln zurückzugreifen.

Haben die Parteien zunächst Formzwang vereinbart und schließen sie dann Rechtsgeschäfte, ohne den Formzwang zu beachten, kann hierin eine Aufhebung der ursprünglichen Vereinbarung liegen. Die Parteien können als Herren des Vertrags ihre Meinung hinsichtlich eines Formerfordernisses privatautonom ändern. 

Komplizierter wird es, wenn die Parteien beim formfreien Abschluss des Rechtsgeschäfts überhaupt nicht an die Formklausel dachten. Haben die Parteien zunächst Formzwang vereinbart und schließen sie dann ein Rechtsgeschäft ohne den Formzwang zu beachten, kann hierin eine Aufhebung der ursprünglichen Vereinbarung liegen. Umstritten ist, ob eine solche auch möglich ist, wenn die Parteien überhaupt nicht an die Formklausel gedacht haben. In einem älteren BGH-Urteil wurde dies unter der Voraussetzung, dass die Parteien mit dem Willen zur bindenden Neugestaltung des Vertrags gehandelt haben, bejaht. Dies wird damit begründet, dass die Parteien sich für eine gesetzlich nicht vorgeschriebene Form entschieden haben, über welche sie frei bestimmen können. Sie können von dieser nach ihrem Willen auch wieder absehen.

6. Notarielle Beurkundung (§ 128 BGB)

Der Zweck der notariellen Beurkundung im Sinne des § 128 BGB besteht darin, bei Erklärungen und Verträgen von erheblicher Bedeutung durch Mitwirkung eines Notars sicherzustellen, dass eine sachkundige Beratung und Belehrung erfolgen, die Übereinstimmung von Wille und Erklärung (minimierte Anfechtungsmöglichkeit) gewährleistet ist und der Vertragstext entsprechend § 17 BeurkG klar und eindeutig formuliert wird.

Das Beurkundungsverfahren ist in den §§ 6 - 35 BeurkG normiert:

  • Nach § 8 BeurkG muss eine Niederschrift über die Verhandlung aufgenommen werden, die nach § 9 BeurkG die Bezeichnung des Notars und der Beteiligten, die Erklärungen der Beteiligten und den Ort und Tag der Verhandlung erhalten soll/muss. 

  • Nach § 13 I, III BeurkG muss die Niederschrift in Gegenwart des Notars den Beteiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt werden. Außerdem ist erforderlich, dass der Notar und die Beteiligten eigenhändig unterschreiben. 

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir die §§ 6 - 35 BeurkG neben den § 128 BGB kommentieren, um zu wissen, wo du Näheres zum Beurkundungsverfahren findest. 

Zur Erleichterung des Beurkundungsverfahrens erlaubt § 128 BGB die sukzessive Beurkundung von Vertragsantrag und Vertragsannahme.

Soweit allerdings die gleichzeitige Anwesenheit der Parteien vorgeschrieben ist, genügt die Sukzessivbeurkundung nicht. Wichtigster Anwendungsfall ist die Auflassung gemäß § 925 BGB.

Merke

Dass im Rahmen von § 925 BGB die gleichzeitige Anwesenheit der Parteien vorgeschrieben ist, schließt die Bevollmächtigung eines Stellvertreters nicht aus. Der Stellvertreter gibt zeitgleich mit dem Vertragspartner (oder dessen Vertreter) eine eigene Willenserklärung ab. Hingegen ist eine Botenschaft bei der Auflassung nicht möglich, da der Bote lediglich eine fremde Willenserklärung überbringt. Die gleichzeitige Anwesenheit wird hierdurch nicht gewahrt. 

7. Öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB)

Die öffentliche Beglaubigung im Sinne des § 129 BGB stellt gemäß § 40 I BeurkG ein Zeugnis eines Notars, dass eine Unterschrift in seiner Gegenwart vollzogen oder anerkannt wurde, dar. Dies gewährleistet die Authentifizierung des Erklärenden, die Prüfung seiner Geschäftsfähigkeit und der Freiheit von physischem Zwang, sowie Rechtssicherheit.

Wichtigster Anwendungsfall der öffentlichen Beglaubigung ist die Eintragungsbewilligung nach § 29 I GBO.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir den § 40 I BeurkG und den § 29 I GBO neben den § 129 BGB kommentieren. 

V. Folgen der Nichteinhaltung

1. Nichtigkeit

Die Nichteinhaltung der Formvorschriften kann gemäß § 125 S. 1 BGB zur Formnichtigkeit des Rechtsgeschäfts führen. Diese allgemeine Regel kann durch besondere Vorschriften des Besonderen Teils verdrängt werden, die bei der Nichteinhaltung eine andere Rechtsfolge anordnen, etwa § 550 I BGB, § 492 II BGB, § 507 I 2, II BGB.

Bei rechtsgeschäftlich vereinbartem Formzwang führt der Formmangel gemäß § 125 S. 2 BGB nur "im Zweifel" zur Nichtigkeit (Auslegungsregel). Oft soll mit der vereinbarten Form nur der Beweis gesichert werden, sodass die Formnichtigkeit bei Nichteinhaltung nicht den Parteiinteressen entsprechen könnte.

Merke

Formmängel können mit ex nunc Wirksamkeit durch Erfüllung geheilt werden, zum Beispiel nach § 311b I 2 BGB, § 518 II BGB, § 766 S.3 BGB und § 2301 II BGB.

Die Heilung wird auch Konvaleszenz genannt. Aufgrund des Ausnahmecharakters der Heilungsvorschriften sind diese nicht analogiefähig.

2. Formnichtigkeit und Treu und Glauben

Ausnahmsweise kann es gemäß § 242 BGB rechtsmissbräuchlich sein, wenn sich eine Partei auf die Formnichtigkeit im Sinne des § 125 S. 1 BGB beruft. Ein derartiges venire contra factum proprium setzt voraus, dass das Vorverhalten dieser Partei und die Schutzwürdigkeit der anderen Partei die Wirksamkeit des Vertrags nach Treu und Glauben zwingend erfordern.

Beispiel

Eine Partei kennt die Formnichtigkeit und nimmt gleichwohl die Gegenleistung an.

War der Formmangel bei Vertragsschluss beiden Parteien bekannt, fehlt in der Regel ein schutzwürdiges Vertrauen. Das Rechtsgeschäft ist dann in der Regel nichtig. Dies kann anders sein, wenn eine Partei die Einhaltung der vorgeschriebenen Form bewusst vereitelt. 

3. Schadensersatz

Wurde die Formnichtigkeit von einer Partei (mit-)veranlasst, ist ein Anspruch aus c.i.c. gemäß §§ 280 I, 311 II, 241 II BGB zu prüfen. Dieser richtet sich bei arglistiger Täuschung auf das positive Interesse. 

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