I. Einleitung
Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage muss es auch im Verwaltungsprozess einen klar definierten Zeitpunkt geben, auf welchen sich die Entscheidung bezieht. Dies ist notwendig, da sich die tatsächlichen und rechtlichen Umstände theoretisch zu jedem Zeitpunkt während des Verfahrens ändern können. Um Rechtssicherheit zu gewährleisten, bedarf es eines klaren Bezugspunktes hinsichtlich des relevanten Zeitpunkts.
Klausurtipp
Das ist auch für die Klausur von großer Relevanz - denn abhängig davon, auf welchen Zeitpunkt du für die Rechtslage abstellst, kann eine Klage begründet oder unbegründet sein.
Dabei ist zunächst zwischen Anfechtungsklage auf der einen Seite und Verpflichtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage auf der anderen Seite zu unterscheiden.
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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des entscheidungserheblichen Zeitpunkts im Eilrechtsverfahren nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO ist aufgrund von dessen Akzessorietät derjenige in der Hauptsache.
II. Bei Anfechtungsklagen
1. Regel
Grundsätzlich kommt es für die Begründetheit bei Anfechtungsklagen auf den Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung an:
Wenn ein Vorverfahren durchgeführt wird, ist dies der Widerspruchsbescheid.
Wenn kein Vorverfahren durchgeführt wird, ist es der Erlass des Verwaltungsakts, also dessen Bekanntgabe.
2. Ausnahme
Davon abweichend kann der entscheidungserhebliche Zeitpunkt auch der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sein. Dies ist der Fall bei:
noch nicht vollzogenen Verwaltungsakten, welche ein Verbot oder Gebot enthalten
Merke
Hier ist inhaltlich nach den Arten des Verwaltungsakts zu differenzieren. Siehe dazu hier.
und bei Dauerverwaltungsakten, also der Regelung für einen bestimmten Zeitraum.
Merke
Hier ist der Zeitpunkt der Entscheidungserheblichkeit zwar mit dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch definiert, der Dauerverwaltungsakt muss aber für den gesamten Zeitraum rechtmäßig sein.
Eine Rückausnahme besteht bei der Gewerbeuntersagung bezüglich der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nach § 35 VI GewO.
III. Bei Verpflichtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage
1. Regel
Bei Verpflichtungs-, Leistungs- und Feststellungsklage ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht entscheidend.
Merke
Es kann theoretisch zu der Situation kommen, dass nach Klageerhebung alle für den Verwaltungsakt notwendigen Tatbestandsvoraussetzungen eintreten. Dann müsste die Behörde den Verwaltungsakt während des laufenden Verfahrens erlassen. Wenn dies nicht passiert, wird eine Verpflichtung durch das Gericht erfolgen.
2. Ausnahme
Eine Ausnahme davon besteht für den Fall, dass sich der Verwaltungsakt auf bestimmte Zeitabschnitte oder Zeitpunkte bezieht.
Beispiel
Sondernutzung einer Straße für eine Woche.
Dann ist der entscheidungserhebliche Zeitpunkt der jeweils betroffene Zeitraum oder Zeitpunkt.