I. Einleitung
Im Bereicherungsrecht wird zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktionen unterschieden.
Die Anspruchsgrundlagen für die Leistungskondiktionen sind in den §§ 812 I 1 Fall 1, 812 I 2, 813 I, 817 S. 1 BGB enthalten. Sie unterscheiden sich in dem Merkmal „ohne rechtlichen Grund“ voneinander - der wesentliche Unterschied ist, dass der rechtliche Grund aus verschiedenen Gründen fehlt.
II. Formen der Leistungskondiktionen
Es gibt die folgenden Formen der Leistungskondiktionen:
Allgemeine Leistungskondiktion (§ 812 I 1 Fall 1 BGB):
Die bekannteste und sicherlich auch klausurrelevanteste Art der Leistungskondiktion ist in § 812 I 1 Fall 1 BGB vorgesehen. Die allgemeine Leistungskondiktion (condictio indebiti) ist einschlägig, wenn auf eine Nichtschuld geleistet wird und damit der Rechtsgrund für die Leistung von Anfang an nicht vorhanden war. Einen Unterfall der allgemeinen Leistungskondiktion stellt die Kondiktion bei Leistung auf eine einredebehaftete Schuld nach § 813 I BGB dar.
Kondiktion des weggefallenen Rechtsgrundes (§ 812 I 2 Fall 1 BGB):
Außerdem gibt es die Kondiktion des weggefallenen Rechtsgrundes (condictio ob causam finitam). Diese ist einschlägig, wenn ursprünglich ein Rechtsgrund für die Leistung bestand, welcher dann später weggefallen ist.
Zweckverfehlungskondiktion (§ 812 I 2 Fall 2 BGB):
Eine weitere Leistungskondiktion ist in § 812 I 2 Fall 2 BGB vorgesehen. Sie ist von Bedeutung, wenn ein mit der Leistung bezweckter Erfolg nicht eingetreten ist (condictio ob rem).
Kondiktion bei Gesetzes- oder Sittenverstoß (§ 817 S. 1 BGB):
Bei der Leistungskondiktion nach § 817 S. 1 BGB ergibt sich der fehlende Rechtsgrund aus einem Gesetzes- oder Sittenverstoß des Leistungsempfängers.
III. Prüfungsschema
Wie der Name schon sagt, zeichnen sich die Leistungskondiktionen dadurch aus, dass eine Leistung erfolgt ist, wegen der nun der Anspruch geltend gemacht wird.
Die Voraussetzungen eines Anspruchs aus Leistungskondiktion sind in folgender Reihenfolge zu prüfen:

Merke
Dieses Schema gilt als Basis für alle Arten der Leistungskondiktion.
1. Etwas erlangt
Zunächst ist erforderlich, dass der Bereicherungsschuldner etwas erlangt hat. Was hierunter fallen kann, kannst du in diesem Artikel nachlesen.
2. Durch Leistung
Die Leistung stellt eine zentrale Voraussetzung jeder Leistungskondiktion dar. Das erlangte Etwas muss gerade durch Leistung erlangt worden sein. Wann dies der Fall ist, kannst du hier nachlesen.
3. Ohne rechtlichen Grund
Ein Bereicherungsanspruch aus einer Leistungskondiktion erfordert außerdem, dass etwas ohne rechtlichen Grund erlangt wurde. Wann etwas mit rechtlichem Grund erlangt wurde, kann objektiv oder subjektiv bestimmt werden.
a) Objektiver Rechtsgrundbegriff
Etwas ist mit Rechtsgrund erlangt, wenn die Vermögensverschiebung objektiv gerechtfertigt ist durch
einen durchsetzbaren Anspruch oder
eine Rechtsgrundabrede oder
das Gesetz.

b) Subjektiver Rechtsgrundbegriff
Demgegenüber ist etwas nach dem subjektiven Rechtsgrundbegriff mit Rechtsgrund erlangt, wenn der Leistende seinen Leistungszweck erreicht hat.
Da der Leistende in der Regel den Zweck verfolgt, eine Verbindlichkeit gegenüber dem Bereicherungsgläubiger zu erfüllen und diese nur besteht, wenn ein entsprechender Anspruch gegeben ist, decken sich die beiden Rechtsgrundbegriffe in der Regel.
Merke
Das ist Dogmatik zum Verständnis - hierauf musst du im Fall nicht eingehen. In aller Regel ergibt sich der Rechtsgrund aus Vertrag oder Gesetz und du musst nicht auf die unterschiedlichen Rechtsgrundbegriffe eingehen.
c) Gründe für das Fehlen des Rechtsgrundes
Das Fehlen des Rechtsgrundes kann sich daraus ergeben, dass eine gesetzliche Anspruchsgrundlage oder ein Rechtsgeschäft nicht vorhanden ist. Zudem können rechtshindernde, rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendungen bestehen.
Merke
Rechtshindernde Einwendungen sind Nichtigkeitsgründe.
Rechtsvernichtende Einwendungen sind Erlöschensgründe.
Rechtshemmende Einwendungen sind Einreden.
d) Varianten der Rechtsgrundlosigkeit
Abhängig davon, aus welchem Grund die Rechtsgrundlosigkeit vorliegt, kommen unterschiedliche bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht. Es handelt sich hierbei stets um Unterfälle der Leistungskondiktion. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Leistungskondiktionen besteht damit in dem Grund für das Fehlen des Rechtsgrundes.
Dementsprechend ist auf die jeweils einschlägigen Artikel zu verweisen:
Fehlen eines Rechtsgrundes: § 812 I 1 Fall 1 BGB
Wegfallen eines Rechtsgrundes: § 812 I 2 Fall 1 BGB
Verfehlen eines verfolgten Zwecks: § 812 I 2 Fall 2 BGB
Unwirksamkeit des Rechtsgrundes: § 817 S. 1 BGB
