I. Grundlagen
Das Deliktsrecht ist dem Recht der gesetzlichen Schuldverhältnisse zuzuordnen. Es ist im zweiten Buch des BGB in den §§ 823 ff. BGB geregelt. Daneben gibt es noch zusätzliche Rechtsnormen in besonderen Gesetzen, die eine deliktische Haftung begründen können.
Es lässt sich gut in deine Klausur einbauen, da es in der Regel neben einer vertraglichen Haftung Anwendung findet (also nicht verdrängt wird) und es aufgrund der Vielfalt der Anspruchsgrundlagen eine kaum zu überschauende Anzahl von Konstellationen gibt.
II. Grundsatz
Im Rechtsverkehr gilt folgender Grundsatz: Wer einen Schaden erleidet, hat ihn selbst zu tragen.
Eine Ausnahme hiervon besteht jedoch, wenn der Schaden einem anderen zugerechnet werden kann. Hierbei sind als Kriterien für die Zurechnung des Schadens die Verursachung eines Schadens (Gefährdungshaftung) oder das rechtswidrige, schuldhafte Verhalten eines anderen, das zu einem Schaden führt (Deliktshaftung oder Verschuldenshaftung) heranzuziehen.
III. Arten der Haftung
Im Rahmen des Deliktsrechts ist zwischen verschiedenen Arten der Haftung zu unterscheiden.

1. Verschuldenshaftung
Die Verschuldenshaftung zeichnet sich, wie der Name schon sagt, dadurch aus, dass nur schuldhaftes Handeln zur Haftung führt.
Im Rahmen der Verschuldenshaftung ist das Verschulden des Schädigers sowohl Haftungsgrund als auch Haftungsvoraussetzung. Haftungsvoraussetzung bedeutet, dass ein Schadensersatzanspruch im Rahmen der Verschuldenshaftung schuldhaftes Handeln des Schädigers erfordert.
Gleichzeitig ist das Verschulden des Schädigers auch Grund für die Haftung. Wer schuldhaft ein Rechtsgut eines anderen verletzt, dem ist diese Verletzung derart zurechenbar, dass er einen hieraus entstandenen Schaden zu ersetzen hat.
Beispiel
§ 823 BGB
§ 826 BGB
§ 839 BGB
2. Haftung aus vermutetem Verschulden
Bei der Haftung aus vermutetem Verschulden ist das Verschulden zwar Haftungsgrund, nicht aber Haftungsvoraussetzung. Ein etwaiges Verschulden des Schädigers gehört damit nicht zum Tatbestand. Er wird kraft Gesetzes vermutet.
Der Schädiger kann die Verschuldensvermutung allerdings dadurch widerlegen, dass er sein Nichtverschulden nachweist. Hierfür trägt er die Beweislast.
Merke
§ 831 BGB
§ 832 BGB
§ 833 BGB
§ 834 BGB
§ 18 StVG
Hintergrund der Haftung für vermutetes Verschulden ist die Überlegung des Gesetzgebers, dass derjenige, der etwa Gehilfen zu einer Entlastung einsetzt, Kinder zu beaufsichtigen hat, Tiere hält oder Besitzer eines Gebäudes ist, nur nach § 823 I, II BGB haftet, wenn ihm selbst hinsichtlich
der Auswahl und Überwachung (§ 831 BGB),
der Aufsicht (§§ 832 - 834 BGB) oder
der Gefahrabwendung (§ 836 BGB)
zumindest Fahrlässigkeit nachgewiesen werden kann. Dieser Beweis wird einem Geschädigten selten gelingen.
Als Reaktion auf diese Beweisnot hat der Gesetzgeber die §§ 831-838 BGB geschaffen.
Es handelt sich um eine Haftung für widerleglich vermutetes Verschulden. Das bedeutet, dass der Geschädigte das Fehlverhalten des Schädigers nicht zu beweisen braucht.
Der Schädiger kann allerdings nach §§ 831 I 2, 832 I 2, 833 S. 2, 836 I 2 BGB den Entlastungsbeweis antreten, indem er beweist, dass ihm kein Verschulden zur Last fällt.
3. Gefährdungshaftung
Eine weitere Haftungsart stellt die Gefährdungshaftung dar. Der Gefährdungshaftung liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der Gefahrenquellen unterhält, in den gesetzlich geregelten Fällen auch ohne Fehlverhalten oder Verschulden haften soll.
Es handelt sich damit um eine Haftung für erlaubtes Verhalten.
Beispiel
§ 7 StVG
§ 831 BGB
§ 833 S. 1 BGB
Die Gefährdungshaftung ist die Ausnahme, denn eigentlich gilt der obige Grundsatz, dass man seinen Schaden grundsätzlich selbst zu tragen hat - die Regel ist also, dass ein anderer den Schaden nur bei fehlerhaftem Verhalten (=Verschuldenshaftung) trägt. Die Haftungsnormen sind aus diesem Grund abschließend („numerus clausus“). Eine Analogie ist ausgeschlossen.
Der Verzicht auf ein Fehlverhalten bei der Gefährdungshaftung wird durch Einschränkungen aus der Rechtsfolgenseite kompensiert. Dies geschieht durch
Höchstbeträge, § 12 StVG (§ 10 ProdHaftG)
Selbstbehalt des Geschädigten (§ 11 ProdHaftG)
Verwirkung in kurzer Zeit (§ 15 StVG).
Klausurtipp
Die Gefährdungshaftung verdrängt nicht die Verschuldenshaftung, sondern tritt neben sie. Bei einem Verkehrsunfall sind dann § 823 I, II BGB, § 7 I StVG und § 18 I StVG zu prüfen. Die Gefährdungshaftung sagt nämlich nicht, dass es in ihrem Anwendungsbereich kein Verschulden geben darf, sondern dass es dieses nicht geben muss.
Lies dir die Artikel zur Tierhalter-, Produkt- und Straßenverkehrshaftung durch, um dich mit wesentlichen Arten der Gefährdungshaftung vertraut zu machen.
4. Aufopferungshaftung
Die Aufopferungshaftung greift ein, wenn dem Geschädigten eigentlich ein Abwehranspruch zustünde, etwa aus § 1004 BGB, er aber zugunsten eines höheren Rechtsguts ein Rechtsgut opfern muss.
Beispiel
§ 904 I 2 BGB
§ 906 II 2 BGB
§ 912 II BGB
§ 917 II BGB
Genaueres zum Anspruch aus § 1004 BGB kannst du hier nachlesen.
IV. Anspruchsgrundlagen im Deliktsrecht
Im Deliktsrecht gibt es verschiedene Anspruchsgrundlagen die die Begehung unterschiedlicher Delikte sanktionieren.
1. Gemeinsame Tatbestandsvoraussetzungen aller Anspruchsgrundlagen
Ein Delikt besteht immer aus den gleichen Tatbestandsvoraussetzungen, die durch einen kausalen Zusammenhang verknüpft sein müssen.

Zu den deliktischen Tatbestandsvoraussetzungen kommen in der Falllösung noch die anspruchsspezifischen Tatbestandsvoraussetzungen hinzu. Dazu findest du mehr Informationen in den jeweiligen Artikeln. Im Artikel zu § 823 I BGB gehen wir auf die Grundlagen zu den deliktischen Tatbestandsvoraussetzungen ein.
2. Tatbestandsmäßiger Erfolg der Anspruchsgrundlagen
Der tatbestandsmäßige Erfolg, also die konkrete negative Folge einer Handlung, dessen Eintreten sanktioniert wird ist für jede deliktische Anspruchsgrundlage unterschiedlich.

Was die tatbestandsmäßigen Erfolge im Detail bedeuten, kannst du in den jeweiligen Artikeln zu den Ansprüchen nachlesen.