I. Einleitung
Der Darlehensvertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag, bei dem sich ein Darlehensgeber dazu verpflichtet, einem Darlehensnehmer Geld oder vertretbare Sachen eigentumsweise zu übertragen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Darlehensnehmer, nach Zeitablauf oder Kündigung den Geldbetrag zurückzuzahlen oder Sachen gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren. Es handelt sich um einen Konsensualvertrag. Er kommt also durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande.
Insbesondere Gelddarlehen sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung im Alltag. Ein Gelddarlehen ermöglicht es vielen Menschen, Anschaffungen zu tätigen, obwohl das benötigte Kapital nicht sofort zur Verfügung steht (z. B. Häuser, Autos, größere Haushaltsgegenstände). Auch Unternehmen benötigen oft Darlehen, um Investitionen zu finanzieren und so die Wirtschaft am Laufen zu halten. Somit sind Darlehen ein wesentlicher Bestandteil unseres Finanzsystems.
II. Abgrenzung Geld- und Sachdarlehen
Zu unterscheiden sind der Gelddarlehensvertrag nach §§ 488 ff. BGB und der Sachdarlehensvertrag nach §§ 607 ff. BGB. Beim Gelddarlehen verpflichtet sich der Darlehensgeber zur Überlassung eines Geldbetrags (in Form von Banknoten, Münzen, Buchgeld), beim Sachdarlehen zur Überlassung einer vertretbaren Sache (§ 91 BGB). In beiden Fällen findet eine Überlassung auf Zeit durch den vorleistungspflichtigen Darlehensgeber statt.
Bei den beiden Darlehensarten kann darüber hinaus jeweils zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Darlehen unterschieden werden.

Das entgeltliche Gelddarlehen nach § 488 I BGB beziehungsweise das entgeltliche Sachdarlehen nach § 607 I BGB sind als gegenseitiger Vertrag i.S.v. §§ 320 ff. BGB ausgestaltet. Das zinslose Darlehen (vgl. § 488 III 2 BGB) bzw. das unentgeltliche Sachdarlehen stellen einen unvollkommen zweiseitigen Vertrag dar, weswegen die §§ 320 ff. BGB hier nicht anzuwenden sind.
In beiden Fällen handelt es sich um ein sogenanntes Dauerschuldverhältnis mit wiederkehrender Leistungserbringung. Eine Beendigung für die Zukunft ist daher nur durch eine Kündigung i.S.d. § 314 BGB möglich.
III. Vertragstypische Rechte und Pflichten beim entgeltlichen Gelddarlehen
1. Synallagmatische Pflichten
Der Darlehensgeber ist gemäß § 488 I 1 BGB dazu verpflichtet, einen Geldbetrag (den Darlehensbetrag) zur Verfügung zu stellen.
Merke
Oft liest man, dass der Darlehensgeber den Darlehensbetrag „überlassen“ muss. Dieser Terminus ist zwar richtig, kann aber verwirrend sein, denn der Darlehensgeber ist im Falle eines Bardarlehens dazu verpflichtet, den Darlehensbetrag an den Darlehensgeber gemäß § 929 S. 1 BGB zu übereignen. Er muss ihm die sog. volle Kaufkraft verschaffen. Durch Rückzahlung durch den Darlehensnehmer übereignet dieser den gleichen Betrag seinerseits nach § 929 S. 1 BGB zurück. Sofern keine physische Übereignung erfolgt, wird die Pflicht durch Überweisung oder eine Gutschrift erfüllt.
Gemäß § 488 I 2 Alt. 1 BGB ist der Darlehensnehmer im Gegenzug zur Zahlung des vereinbarten Zinses verpflichtet. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Darlehen im Normalfall entgeltlich gewährt wird. Der geschuldete Zins ergibt sich in der Regel aus der Vereinbarung der Parteien, diese Vereinbarung kann auch konkludent erfolgen. In einigen Fällen wird der Zins auch kraft Gesetzes geschuldet (z. B. § 354 II HGB).
2. Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers
Der Darlehensnehmer ist nach § 488 I 2 Alt. 2 BGB ebenfalls dazu verpflichtet, das Darlehen bei Fälligkeit zurückzuzahlen. Diese Pflicht steht jedoch nicht mit im Synallagma des § 488 I BGB.
Wann der Darlehensnehmer zur Rückzahlung berechtigt und verpflichtet ist, hängt davon ab, ob das Darlehen unbefristet oder befristet gewährt wurde.
Bei einem unbefristet gewährten Gelddarlehen bestimmt sich die Fälligkeit der Rückzahlung gemäß § 488 III 1 BGB danach, ob Darlehensnehmer oder -geber gekündigt haben. Bei der ordentlichen Kündigung nach § 488 III 1 BGB gilt gemäß § 488 III 2 BGB eine Frist von drei Monaten. Daneben kann nach § 314 BGB außerordentlich gekündigt werden.
Bei einem befristeten Gelddarlehen ist die Rückzahlung zum vereinbarten Rückzahlungstermin fällig. Dem Darlehensnehmer steht darüber hinaus unter Umständen ein ordentliches Kündigungsrecht nach § 489 BGB oder ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 490 II BGB zu, um die Rückzahlung fällig werden zu lassen. Der Darlehensgeber kann nur außerordentlich nach § 490 I BGB kündigen. § 314 BGB bleibt unberührt.
Merke
Aus dem Umkehrschluss zu § 488 III 3 BGB wird deutlich, dass eine verzinsliche Darlehensschuld nicht vorzeitig zurückgezahlt werden kann, sofern es keine entsprechende Parteienabrede gibt oder dem Darlehensnehmer ein Kündigungsrecht nach § 489 BGB zusteht. Diese Regelung ist lex specialis zu § 271 II BGB, wonach im Zweifel anzunehmen ist, dass der Schuldner die Leistung auch vor Fälligkeit bewirken kann.

3. Sonstige Pflichten
Weitere Verpflichtungen ergeben sich nicht aus dem Darlehensvertrag, sondern aus zusätzlichen Vereinbarungen der Parteien. Oft regeln die Parteien zum Beispiel, dass der Darlehensnehmer Sicherheiten zu bestellen hat. Denkbar sind hier sowohl Personalsicherheiten (Bürgschaft, Garantie, Schuldbeitritt) als auch Realsicherheiten (Pfandrechte, Sicherungsübereignung, Sicherungsabtretung). Diese Vereinbarung nennt man dann Sicherungsvertrag.
IV. Vertragstypische Rechte und Pflichten beim entgeltlichen Sachdarlehen
Der Sachdarlehensgeber schuldet die Überlassung einer vereinbarten, vertretbaren Sache i.S.v. § 91 BGB. Auch hier erfolgt die Überlassung durch Übereignung i.S.v. § 929 S. 1 BGB.
Vernetztes Lernen
Der Sachdarlehensvertrag ist wie auch die Miete, Pacht oder Leihe ein Gebrauchsüberlassungsvertrag. Anders als bei den genannten Vertragstypen muss der Sachdarlehensnehmer allerdings nicht dieselbe, ihm überlassene Sache zurückgeben, sondern eine vergleichbare Sache zurückübereignen.
Der Darlehensnehmer schuldet gemäß § 607 I 2 Alt. 1 BGB die Zahlung des vereinbarten Zinses.
Gemäß § 607 I 2 Alt. 2 BGB schuldet der Darlehensnehmer bei Fälligkeit die Rückerstattung einer Sache gleicher Art, Güte und Menge.
Beispiel
Du willst sonntags einen Kuchen backen und plötzlich fällt dir auf, dass du keine Eier mehr zu Hause hast. Du gehst zu deiner Nachbarin und fragst umgangssprachlich, ob sie dir drei Eier leiht. Dies ist ein typisches Beispiel für ein Sachdarlehen und gerade keine Leihe. Denn bei einer Leihe bist du verpflichtet, dasselbe Ei zurückzugeben. Bei dem Sachdarlehen musst du nur einen Gegenstand gleicher Art, Güte und Menge zurückgeben.