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Zivilrecht

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Bereicherungsrecht

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Dreipersonenverhältnisse

Drei-Personen-Verhältnisse

Teilgebiet

Bereicherungsrecht

Thema

Dreipersonenverhältnisse

Tags

Leistungskondiktion
Nichtleistungskondiktion
Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Geheißerwerb
Anweisungsfälle
Zahlungsverkehr
§ 812 BGB
§ 818 BGB
§ 822 BGB
§ 929 BGB
§ 985 BGB
§ 932 BGB
§ 816 BGB
§ 670 BGB
§ 675c BGB
§ 267 BGB
Gliederung
  • I. Leistungskette

    • 1. Mängel in den Kausalverhältnissen

      • a) Fehlerhaftes Kausalverhältnis zwischen A und B

      • b) Fehlerhaftes Kausalverhältnis zwischen B und C

      • c) Fehlerhaftes Kausalverhältnis sowohl zwischen A und B als auch B und C (Doppelmangel)

    • 2. Mängel auf der Verfügungsebene

      • a) Nichtige Verfügung zwischen A und B | Wirksame Übereignung zwischen B und C

      • b) Nichtige Verfügung zwischen A und B | Wirksame, unentgeltliche Übereignung zwischen B und C

      • c) Verlust der Sache bei A | Wirksame Übereignung zwischen B und C

  • II. Direktlieferung

  • III. Anweisungsverhältnisse 

    • 1. Bestimmungsmängel

      • a) Fehlende Weisung

      • b) Widerruf der Weisung 

    • 2. Rechtsgrundmängel

      • a) Gegenstand der Leistungskondiktion des A gegen B

      • b) Doppelmängel

    • 3. Zahlungsverkehr

      • a) Doppelte Ausführung einer Überweisung

      • b) Fälschung eines Überweisungsauftrags

      • c) Überweisungsauftrag eines Minderjährigen

      • d) Widerruf eines Überweisungsauftrags

  • IV. Zessionsfälle

  • V. Vertrag zugunsten Dritter

  • VI. Zahlung auf fremde Schuld

  • VII. Grundregel für die Kondiktion in Drei-Personen-Verhältnissen

Das Bereicherungsrecht stellt ein komplexes Rechtsgebiet dar. Dies gilt insbesondere für die Problematik der Drei-Personen-Verhältnisse, bei denen Leistungsbeziehungen zwischen mehreren Personen bestehen und in denen rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen rückabgewickelt werden müssen.

Um diese Konstellationen gut zu bewältigen, ist es hilfreich, sich in der Klausur eine Skizze anzufertigen und genau auf die jeweiligen Verhältnisse zwischen den einzelnen Personen zu achten.

I. Leistungskette

Eine Konstellation der Drei-Personen-Verhältnisse stellt die Leistungs- oder Lieferkette dar. Sie zeichnet sich durch zwei Leistungsbeziehungen aus: Zuerst leistet der A an den B. Anschließend leistet B an C. Es liegen zwei (vermeintliche) Kausalverhältnisse/ Verpflichtungsgeschäfte und zwei Übereignungen vor.

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1. Mängel in den Kausalverhältnissen

Bei Leistungs- oder Lieferketten gilt die Grundregel, dass ein Mangel in dem Kausalverhältnis zu einer Kondiktion nur in dem jeweils mangelhaften Verhältnis führt. 

a) Fehlerhaftes Kausalverhältnis zwischen A und B

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Beispiel

Ist das Kausalverhältnis zwischen A und B fehlerhaft, scheidet eine Leistungskondiktion des A gegen C aus, da A nicht an C, sondern an B geleistet hat. Auch eine Nichtleistungskondiktion des A gegen C liegt nicht vor, da C die Sache durch Leistung des B erlangt hat. Außerdem hat C die Sache nicht auf Kosten des A erlangt. C hat die Sache wegen § 929 S. 1 BGB mit einem rechtlichen Grund erlangt. 

Damit ist C vor Kondiktionsansprüchen des A geschützt. A kann nur gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB bei B kondizieren. Da B die Sache nicht mehr hat, muss er nach § 818 II BGB deren Wert ersetzen.

Klausurhinweis

Ausnahmsweise kann A bei C kondizieren und zwar dann, wenn B den Gegenstand dem C unentgeltlich zugewendet hat. Dann ist C nach § 822 BGB zur Herausgabe verpflichtet. 

Genaueres zu dieser Durchgriffskondiktion kannst du hier nachlesen. 

b) Fehlerhaftes Kausalverhältnis zwischen B und C

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Beispiel

Ist das Kausalverhältnis zwischen B und C fehlerhaft, kann A nicht bei C kondizieren, da A nicht an C geleistet hat. 

Auch eine Nichtleistungskondiktion des A an C liegt nicht vor, da C die Sache durch Leistung des B erlangt hat. Außerdem hat C die Sache nicht auf Kosten des A erlangt. C hat die Sache wegen § 929 S. 1 BGB mit einem rechtlichen Grund erlangt. 

Damit ist C vor Kondiktionsansprüchen des A geschützt. Nur B kann bei C gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB kondizieren.

c) Fehlerhaftes Kausalverhältnis sowohl zwischen A und B als auch B und C (Doppelmangel)

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Beispiel

Sind beide Kausalverhältnisse fehlerhaft, scheidet eine Leistungskondiktion des A gegen C aus, da A nicht an C geleistet hat. Auch eine Nichtleistungskondiktion des A gegen C liegt nicht vor, da C die Sache durch Leistung des B erlangt hat. Außerdem hat C die Sache nicht auf Kosten des A erlangt. C hat die Sache wegen § 929 S. 1 BGB mit einem rechtlichen Grund erlangt. 

Damit ist C vor Kondiktionsansprüchen des A geschützt. A kann nur bei B kondizieren.

Da B die Sache nicht mehr hat und § 818 I BGB das Entgelt als rechtsgeschäftliches Surrogat nicht erfasst, richtet sich der Anspruch auf Wertersatz gemäß § 818 II BGB. Das Einzige, was B in seinem Vermögen hat, ist sein Kondiktionsanspruch gegen C. Diesem kann C zudem seinen Gegenanspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises entgegenhalten. 

Es stellt sich die Frage, ob B dem A wegen § 818 III BGB nur seinen Kondiktionsanspruch gegen C abtreten (sogenannte Kondiktion der Kondiktion) oder Wertersatz leisten muss. Es gibt mehrere Argumente, die gegen eine Kondiktion der Kondiktion sprechen. 

  • Zum einen wäre der A den Einwendungen des C, insbesondere dessen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises, ausgesetzt. Jede Partei soll aber grundsätzlich nur den Einwendungen ihres Vertragspartners ausgesetzt sein.

  • Würde C insolvent werden, erhielte A außerdem gar nichts. Jede Partei soll aber grundsätzlich nur das Insolvenzrisiko ihres Vertragspartners tragen. 

  • Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des B, die Sache zu veräußern, den A nicht beeinträchtigen darf. 

Der Anspruch des A gegen B richtet sich damit gemäß § 818 II BGB auf Wertersatz und nicht auf Abtretung der Kondiktion gegen C.

Exkurs

Eine Mindermeinung - die sogenannte Lehre von der Einheitskondiktion - sieht bei Doppelmängeln einen Anspruch des A aus § 822 BGB analog gegen C vor. Damit besteht ein Direktkondiktionsanspruch gegen C. 

Dies wird damit begründet, dass der rechtsgrundlose Erwerb entsprechend der Rechtsprechung zu § 988 BGB dem unentgeltlichen Erwerb gleichzusetzen sei.

Dagegen spricht jedoch, dass die Rechtsprechung zu § 988 BGB einen Spezialfall des Vindikationsrechts betrifft. Schon dort ist die Gleichsetzung von Rechtsgrundlosigkeit und Unentgeltlichkeit überaus zweifelhaft. 

2. Mängel auf der Verfügungsebene

Neben Mängeln in den Kausalverhältnissen können auch Mängel auf der Verfügungsebene auftreten. 

a) Nichtige Verfügung zwischen A und B | Wirksame Übereignung zwischen B und C

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Beispiel

Die Übereignung zwischen A und B ist nichtig. B übereignet die Sache an C weiter. Muss C die Sache an A herausgeben oder übereignen?

  • A könnte gegen C einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB haben. Hierzu müsste A Eigentümer und B Besitzer ohne Recht zum Besitz sein. Ursprünglich war A Eigentümer. Da die Übereignung an B unwirksam war, ist kein Eigentumsverlust eingetreten. A hat sein Eigentum jedoch wegen §§ 932 - 934 BGB an C verloren.
    Damit besteht mangels Eigentums des A kein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB an C. 

  • A könnte gegen C einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Sache aus § 812 I 1 Fall 2 BGB haben. Ein solcher setzt voraus, dass C etwas in sonstiger Weise auf Kosten des A ohne rechtlichen Grund erlangt hat. 

  • C hat Eigentum und Besitz an der Sache erlangt. Er hat jedoch durch Leistung des B Eigentum und Besitz erworben, sodass dies nicht auf sonstige Weise geschehen ist. Damit kann A nicht direkt bei C kondizieren. 

b) Nichtige Verfügung zwischen A und B | Wirksame, unentgeltliche Übereignung zwischen B und C

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Beispiel

Die Übereignung zwischen A und B ist nichtig. Die Übereignung des B an C erfolgte unentgeltlich. Muss C die Sache an A herausgeben oder übereignen? 

Ein Herausgabeanspruch des C gegen A aus § 985 BGB scheidet aus, da C nach §§ 932 - 935 BGB Eigentum erworben hat. 

Es könnte jedoch ein Anspruch auf Herausgabe und Übereignung des A gegen C aus § 816 I 2 BGB. Ein solcher setzt voraus, dass B als Nichtberechtigter unentgeltlich verfügt hat und die Verfügung gegenüber dem Berechtigten wirksam ist. B verfügte als Nichtberechtigter, da er angesichts der nichtigen Übereignung durch A nicht Eigentümer geworden ist. Die Verfügung an C erfolgte außerdem unentgeltlich. Sie ist gemäß §§ 932 - 935 BGB gegenüber dem A wirksam. 

Damit liegen die Voraussetzungen des § 816 I 2 BGB vor. A hat einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung gegen C. 

Merke

§ 816 I 2 BGB verdeutlicht die Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs, nämlich dessen fehlende Kondiktionsfestigkeit.

 

c) Verlust der Sache bei A | Wirksame Übereignung zwischen B und C

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Beispiel

A wird die Sache gestohlen. B übereignet sie an C. Muss C die Sache dem A herausgeben?

A könnte einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB gegen C haben. Ein solcher setzt voraus, dass A Eigentümer und C deren Besitzer ohne Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB ist. Ursprünglich war A Eigentümer der Sache. Ein Eigentumsverlust an C ist wegen § 935 BGB nicht erfolgt. Damit ist A Eigentümer. C ist Besitzer, ohne Recht zum Besitz. Es besteht ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. A kann die Sache von C heraus verlangen. 

Fraglich ist, ob darüber hinaus auch ein Anspruch auf Übergabe aus § 812 I 1 Fall 2 BGB besteht. Dies setzt zunächst voraus, dass § 812 I 1 Fall 2 BGB überhaupt anwendbar ist. Die §§ 985, 1007, 861 BGB könnten nämlich die Eingriffskondiktion verdrängen, soweit es um die Kondiktion des Besitzes geht. Dafür spricht, dass nach § 985 BGB nur der Eigentümer aktivlegitimiert ist. Außerdem setzt § 1007 BGB voraus, dass der aktuelle Besitzer beim Besitzerwerb nicht im guten Glauben war oder die Sache abhandengekommen ist. Auch § 861 BGB hat andere Voraussetzungen als § 812 I 1 Fall 1 BGB, nämlich insbesondere die verbotene Eigenmacht und die Passivlegitimation des fehlerhaft Besitzenden.

Um die engeren Voraussetzungen der §§ 985, 1007, 861 BGB nicht zu unterlaufen, ist eine Eingriffskondiktion, die sich nur auf Herausgabe des Besitzes richtet, abzulehnen. Die §§ 985, 1007, 861 BGB sind leges specialis, die eine auf Besitz gerichtete Eingriffskondiktion verdrängen. 

II. Direktlieferung

Eine andere Konstellation eines Mehrpersonenverhältnisses stellt die Direkt- oder Durchlieferung dar. 

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Dieser Konstellation liegt sachenrechtlich ein Geheißerwerb zugrunde. Was hierunter zu verstehen ist, kannst du hier nachlesen. Auch wenn A direkt an C liefert, liegen zwei Leistungsbeziehungen und zwei Übereignungen vor:

  • Eine (eventuell vermeintliche) Verpflichtung des A gegenüber B, in deren Erfüllung A an B übereignet. 

  • Eine (eventuell vermeintliche) Verpflichtung des B gegenüber C, in deren Erfüllung B an C übereignet. 

III. Anweisungsverhältnisse 

Als dritte Konstellation der im Bereicherungsrecht relevanten Mehrpersonenverhältnisse gibt es noch die Anweisungsverhältnisse. Ihnen liegt eine abgekürzte Lieferung zugrunde. 

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In den Anweisungsfällen besteht je ein Deckungsverhältnis und ein Anweisungsverhältnis.

Definition

Das Deckungsverhältnis besteht zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisenden. Hier also zwischen dem Angewiesenen A und dem Anweisenden B. Das Deckungsverhältnis betrifft die Frage, warum A dem C etwas zuwendet. 

Das Valutaverhältnis besteht zwischen dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger. Hier also zwischen dem Anweisenden B und dem Anweisungsempfänger C. Es betrifft die Frage, warum C das Empfangene behalten darf. 

Beispiel

  • Zwischen A und B besteht ein Kaufvertrag, der A nach § 433 I 1 BGB verpflichtet, dem B die Sache zu übergeben und zu übereignen. Auf Anweisung des B übergibt und übereignet A jedoch nicht an B selbst, sondern unmittelbar an C. A wendet dem C etwas zu, weil er durch den Vertrag mit B hierzu verpflichtet ist. 

  • Zwischen B und C besteht ein Kaufvertrag, der B nach § 433 I 1 BGB verpflichtet, dem C die Sache zu übergeben und zu übereignen. Auf Anweisung des B nimmt der A Übergabe und Übereignung vor. Der Rechtsgrund hierfür liegt dabei im Kaufvertrag zwischen B und C.

  • A verkauft ein Grundstück an B. Dieser verkauft es an C weiter. Um Notar- und Grundbuchkosten zu sparen, übereignet A auf Bitte des B unmittelbar an C. C bestellt bei B ein Whiteboard. B schließt mit A einen Deckungskauf. Statt eines doppelten Geheißerwerbs übereignet A auf Bitte des B unmittelbar an C. Auch wenn A in beiden Fällen unmittelbar an C übereignet, liegen zwei Kausalverhältnisse vor. Eins zwischen A und B und eins zwischen B und C. Mängel der Kausalverhältnisse werden behandelt wie bei der Leistungskette.  Im Unterschied zur Direkt-/Durchlieferung findet aber nur eine Übereignung statt. Diese erfolgt im Verhältnis A und C. Die Übereignung zwischen A und B wird ersetzt durch die Weisung des B an A. Deren Mängel („Bestimmungsmängel“) bedürfen einer eigenständigen Lösung. 

In den Anweisungsfällen ist strikt zu differenzieren zwischen: 

  • Bestimmungsmängeln, bei denen sich der Mangel auf die Weisung bezieht

  • Rechtsgrundmängeln, bei denen sich der Mangel auf das Kausalverhältnis bezieht.

Klausurtipp

In der Klausur ist stets mit Bestimmungsmängeln zu beginnen.

1. Bestimmungsmängel

a) Fehlende Weisung

Im Rahmen der Bestimmungsmängel gibt es die Konstellation, dass die Weisung von Anfang an fehlt.

Beispiel

Fall

Auf Grund eines Versehens, das nicht durch B veranlasst wurde, lieferte A „im Auftrag des B“ einen Projektor an C, obwohl in Wahrheit kein Auftrag besteht. 

Kann A den Projektor bei C kondizieren?

Lösung

  1. Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 1 BGB (Leistungskondiktion)

A könnte einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Projektors aus allgemeiner Leistungskondiktion gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB gegen C haben. Dies setzt voraus, dass C etwas durch Leistung des A ohne rechtlichen Grund erlangt hat.

  • Etwas erlangt

C hat das Eigentum und den Besitz an dem Projektor erlangt. 

  • Durch Leistung

Dies müsste durch Leistung geschehen sein. Eine Leistung ist eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. A hat gegenüber C keinen Leistungszweck verfolgt, sondern nur gegenüber B. Damit fehlt es an einer Leistung. Ein Anspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB besteht nicht. 

  1. Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB (Zuwendungskondiktion)

A könnte gegen C einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Projektor aus Zuwendungskondiktion gemäß § 812 I 1 Fall 2 BGB haben. Eine solche erfordert, dass C etwas in sonstiger Weise auf Kosten des A ohne rechtlichen Grund erlangt hat. 

  • Etwas erlangt

C hat das Eigentum und den Besitz an dem Projektor erlangt. 

  • In sonstiger Weise

Dies müsste in sonstiger Weise also nicht durch Leistung geschehen sein. C könnte Eigentum und Besitz durch Leistung des B erlangt haben. Unter einer Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen. B selbst hat C nichts zugewendet. Fraglich ist damit, ob die Lieferung des A dem B zurechenbar ist. 

Zwar übermittelte A als Bote des B eine Tilgungsbestimmung des B an C. Ohne Botenmacht (Veranlassung) durch B kann diese Tilgungsbestimmung B jedoch nicht zugerechnet werden. Da keine Veranlassung des A durch B vorliegt, handelt es sich um keine Leistung des B. Dies ist selbst dann der Fall, wenn C von einer Weisung ausgehen durfte.

Damit hat C Eigentum und Besitz an dem Projektor in sonstiger Weise erlangt. 

  • Auf Kosten des A

A verliert Eigentum und Besitz an dem Projektor. 

  • Ohne rechtlichen Grund

Ein Rechtsgrund ist nicht ersichtlich. 

Im Ergebnis besteht ein Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB.

Abwandlung

Ändert es etwas, wenn C von B die Lieferung des Projektors verlangen kann?

Lösung

Da im Valutaverhältnis (zwischen B und C) eine zurechenbare Tilgungsbestimmung fehlt, ist die Verbindlichkeit des B gegenüber C nicht erloschen. B hat nichts erlangt. Das Dreipersonenverhältnis A-B-C ist kondiktionsrechtlich nur noch ein 2-Personen-Verhältnis. A kann nur bei C kondizieren.

Klausurhinweis

Wie das obige Beispiel zeigt, steht einem Angewiesenen (hier A) gegen den Empfänger (C) ein Anspruch aus § 812 I 1 Fall 2 BGB zu, wenn die Zuwendung dem vermeintlichen Anweisenden (hier B) mangels eines diesem zurechenbaren Rechtsscheins nicht als dessen Leistung zuzurechnen ist. Es fehlt dann einer Leistung des B an C, sodass im Verhältnis zu A ein Erlangen auf sonstige Weise im Sinne des § 812 I 1 Fall 2 BGB einschlägig ist.

Dies auch der Fall, wenn die Anweisung von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht erteilt wurde. 

Beispiel

  • Eine unwirksame Weisung - etwa gegenüber Minderjährigen - wird so behandelt wie eine fehlende Weisung. 

  • Rechtsgrundmängel schlagen in der Regel nicht auf die Weisung durch. 

b) Widerruf der Weisung 

Bestimmungsmängel können sich auch daraus ergeben, dass eine Weisung widerrufen wurde. 

Beispiel

Fall

C bestellt bei B einen Projektor. B schließt mit A einen „Deckungskauf“ und bittet diesen unmittelbar an C zu liefern. Obwohl B seine Weisung später wirksam widerruft, liefert A versehentlich an C.

Kann A den Projektor bei C kondizieren, der vom Weisungswiderruf nichts weiß?

Lösung

  1. Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 1 BGB (Leistungskondiktion)

A könnte einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Projektors aus allgemeiner Leistungskondiktion gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB gegen C haben. Dies setzt voraus, dass C etwas durch Leistung des A ohne rechtlichen Grund erlangt hat.

  • Etwas erlangt

C hat das Eigentum und den Besitz an dem Projektor erlangt. 

  • Durch Leistung

Dies müsste durch Leistung geschehen sein. Eine Leistung ist eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. A hat gegenüber C keinen Leistungszweck verfolgt, sondern nur gegenüber B. Damit fehlt es an einer Leistung. Ein Anspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB besteht nicht.

  1. Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB (Zuwendungskondiktion)

A könnte gegen C einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Projektors aus Zuwendungskondiktion gemäß § 812 I 1 Fall 2 BGB haben. Eine solche erfordert, dass C etwas in sonstiger Weise auf Kosten des A ohne rechtlichen Grund erlangt hat. 

  • Etwas erlangt

C hat das Eigentum und den Besitz an dem Projektor erlangt. 

  • In sonstiger Weise

Dies müsste in sonstiger Weise also nicht durch Leistung geschehen sein. C könnte Eigentum und Besitz durch Leistung des B erlangt haben. Unter einer Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen. Da B selbst nicht gehandelt hat, ist fraglich, ob die Lieferung des C dem B zurechenbar ist. Hierzu müsste die Tilgungsbestimmung des A dem B zugerechnet werden. Es existierte zunächst eine wirksame Weisung des B, die allerdings widerrufen wurde. 

Da B - im Gegensatz zum Fehlen einer Weisung - das Handeln des A veranlasst hat, muss er sich die Tilgungsbestimmung des A trotz Widerrufs der Weisung zurechnen lassen. Die Tilgungsbestimmung des A ist B zuzurechnen. Zugunsten des Rechtsverkehrs (und des C) greifen Rechtsscheingrundsätze ein:

B hat den A aus Sicht eines objektivierten Empfängers als Boten der Tilgungsbestimmung/ Leistungsmittler eingesetzt. Die Übereignung des Projektors ist damit B zuzurechnen. Die Zuwendung des A stellt eine Leistung des B dar. 

Damit hat C Eigentum und Besitz an dem Projektor nicht in sonstiger Weise erlangt. Eine Zuwendungskondiktion des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB scheidet aus. 

Abwandlung

Kann A den Projektor bei C kondizieren, der vom Weisungswiderruf weiß?

Lösung

Zwar hat B auch hier aus objektiver Sicht den A als Leistungsmittler eingesetzt. Wer aber - wie hier C - die Realität kennt, muss sich mit ihr begnügen. Aus Sicht des C hat A nicht auf Veranlassung des B gehandelt. Die Tilgungsbestimmung ist dem B nicht zuzurechnen. Die Zuwendung des A stellt keine Leistung des B dar.

C hat das Eigentum und den Besitz in sonstiger Weise erlangt. Eine Zuwendungskondiktion des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB ist möglich.

Abwandlung

Kann A den Projektor bei C kondizieren, der den Projektor unentgeltlich erhält?

Lösung

A hat gegen C aus §§ 816 I 2, 822 BGB analog einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten. Man spricht von der Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs. 

2. Rechtsgrundmängel

Im Gegensatz zu den Bestimmungsmängeln betreffen die Rechtsgrundmängel die jeweiligen Kausalverhältnisse, also die Verpflichtungsgeschäfte zwischen den jeweiligen Parteien.

Die abgekürzte Lieferung zwischen A und C ist kondiktionsrechtlich so zu behandeln, wie die Leistungskette: Jeder Beteiligte muss sich nur mit seinem Partner auseinandersetzen. 

Es wird nur innerhalb der jeweiligen Leistungsbeziehungen rückabgewickelt. 

Grund hierfür ist, dass die abgekürzte Lieferung die Erfüllung der Ansprüche vereinfacht. Da sie nur aus Praktikabilitätsgründen gewählt wird, ändern sich die schuldrechtlichen Beziehungen der Beteiligten nicht. 

Das bedeutet konkret:

  • Fehlerhaftes Kausalverhältnis zwischen A und B: Leistungskondiktion des A gegen B aus § 812 I 1 Fall 1 BGB

  • Fehlerhaftes Kausalverhältnis zwischen B und C: Leistungskondiktion des B gegen C aus § 812 I 1 Fall 1 BGB

  • Beide Kausalverhältnisse sind fehlerhaft (Doppelmangel): Leistungskondiktion des A gegen B aus § 812 I 1 Fall 1 BGB und Leistungskondiktion des B gegen C aus § 812 I 1 Fall 1 BGB

Beispiel

Fall

C bestellt bei B ein Whiteboard. B schließt mit A einen Deckungskauf. Statt eines doppelten Geheißerwerbs übereignet A auf Bitte des B unmittelbar an C.

Kann A bei C kondizieren?

Lösung

  1. Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 1 BGB (Leistungskondiktion)

A könnte einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Whiteboards aus allgemeiner Leistungskondiktion gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB gegen C haben. Dies setzt voraus, dass C etwas durch Leistung des A ohne rechtlichen Grund erlangt hat.

  • Etwas erlangt

C hat das Eigentum und den Besitz an dem Whiteboard erlangt. 

  • Durch Leistung

Dies müsste durch Leistung geschehen sein. Eine Leistung ist eine bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. A hat gegenüber C keinen Leistungszweck verfolgt, sondern nur gegenüber B. Er wollte seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag mit B erfüllen und hat deshalb an C geliefert.

Damit fehlt es an einer Leistung des A an C. Ein Anspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB besteht nicht. 

  1. Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB (Zuwendungskondiktion)

A könnte gegen C einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Whiteboards aus Zuwendungskondiktion gemäß § 812 I 1 Fall 2 BGB haben. Eine solche erfordert, dass C etwas in sonstiger Weise auf Kosten des A ohne rechtlichen Grund erlangt hat. 

  • Etwas erlangt

C hat das Eigentum und den Besitz an dem Whiteboard erlangt. 

  • In sonstiger Weise

Dies müsste in sonstiger Weise also nicht durch Leistung geschehen sein. C könnte Eigentum und Besitz an dem Whiteboard durch Leistung des B erlangt haben. Unter einer Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen. B selbst hat C nicht zugewendet. Fraglich ist damit, ob die Lieferung des A dem B zurechenbar ist. A übereignete auf wirksame Anweisung des B unmittelbar an C. Bei der Lieferung an C übermittelte A als Bote des B eine Tilgungsbestimmung des B an C. 

Da eine Veranlassung des A durch B vorliegt, handelt es sich um eine Leistung des B. Damit hat C Eigentum und Besitz an dem Whiteboard durch Leistung des B und folglich nicht in sonstiger Weise erlangt. 

Es besteht kein Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB.

a) Gegenstand der Leistungskondiktion des A gegen B

Bestand im Valutaverhältnis (zwischen B und C) ein Anspruch des C gegen B, wurde B durch die Zuwendung des A an C von seiner Verbindlichkeit gegenüber C befreit. 

B hat durch Leistung des A die Befreiung von einer Verbindlichkeit gegenüber C erlangt. 

Da eine „Schuldbefreiung“ nicht herausgegeben werden kann, schuldet B dem A nach § 818 II BGB Wertersatz. 

Der Wert einer Schuldbefreiung entspricht in der Regel dem Wert der Forderung. B schuldet dem A deren Wert. 

b) Doppelmängel

Bei Doppelmängeln ist wie bei der Leistungs-/Lieferkette eine Direktkondiktion des A gegen C ausgeschlossen. A kann nur bei B kondizieren. Mangels Verbindlichkeit gegenüber C hat B durch die Zuwendung des A an C nur einen Kondiktionsanspruch gegen C erlangt. A kann von B nur die Abtretung von dessen Kondiktionsanspruch gegen C verlangen. Es handelt sich hier um eine Kondiktion der Kondiktion. 

3. Zahlungsverkehr

a) Doppelte Ausführung einer Überweisung

Beispiel

Fall

Die A- Bank führt einen Überweisungsauftrag des B versehentlich doppelt aus. 

Kann A beim Empfänger C kondizieren (der sein Konto bei einer anderen Bank hat), soweit der Geldtransfer vom Überweisungsauftrag nicht gedeckt ist?

Lösung

  1. Anspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB

Eine Leistungskondiktion der A gegen C aus § 812 I 1 Fall 1 BGB scheidet aus, da A gegenüber C weder die Erfüllung einer Verbindlichkeit noch etwas anderes bezweckt.A verfolgt gegenüber C keinen Leistungszweck. 

A leistet folglich nicht an C. 

  1. Anspruch aus § 812 I 1 Fall 2 BGB

Es könnte jedoch ein Anspruch aus Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 I 1 Fall 2 BGB bestehen. 

  • Etwas erlangt 

C hat eine Gutschrift erlangt. 

In sonstiger Weise

Dies müsste in sonstiger Weise geschehen sein. Etwas ist in sonstiger Weise erlangt, wenn es nicht durch Leistung erlangt wurde. C könnte die Gutschrift durch Leistung des B erlangt haben. 

Dies setzt voraus, dass die Gutschrift dem B zurechenbar wäre. Nach § 675j I 1 BGB ist ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er ihm zugestimmt hat (Autorisierung). Mangels Zustimmung des B ist die zweite Gutschrift dem B nicht zurechenbar. C hat diese in sonstiger Weise erlangt.

  • Auf Kosten der A

A verliert eine entsprechende Position auf ihrem Konto.

  • Ohne rechtlichen Grund

Ein Rechtsgrund ist nicht ersichtlich.

Damit besteht ein Anspruch des A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB.

b) Fälschung eines Überweisungsauftrags

Auch bei einem gefälschten Überweisungsauftrag scheidet eine Leistungskondiktion der Bank aus den oben genannten Gründen aus. 

Im Rahmen der Nichtleistungskondiktion aus § 812 I 1 Fall 2 BGB ist wieder zu beachten, dass ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler nach § 675j I 1 BGB nur wirksam ist, wenn er ihm zugestimmt hat (Autorisierung). Damit ist eine Vermögensmehrung dem vermeintlich Überweisenden bei einem gefälschten Überweisungsauftrag nicht zurechenbar. Auch hier ist eine Nichtleistungskondiktion der Bank gegen den Empfänger der Gutschrift aus § 812 I 1 Fall 2 BGB einschlägig.

c) Überweisungsauftrag eines Minderjährigen

Gleiches gilt, wenn der Überweisungsauftrag von einem Minderjährigen erteilt wurde. Nach § 675j I 1 BGB ist ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er ihm wirksam zugestimmt. Die Autorisierung eines Minderjährigen ist wegen § 111 BGB unwirksam. Aus diesem Grund ist die Vermögensmehrung dem Minderjährigen nicht zurechenbar.  Die Bank kann beim Empfänger der Gutschrift nach § 812 I 1 Fall 2 BGB kondizieren. 

Merke

In den Fällen a) bis c) ist unerheblich, ob C von den Mängeln Kenntnis hatte. Mangels Zurechenbarkeit des Rechtsscheins erfolgt kein Schutz des Rechtsverkehrs zulasten des B.  C wird hinreichend über § 818 III BGB geschützt.

d) Widerruf eines Überweisungsauftrags

Beispiel

Fall

Obwohl B dem C eine Zahlung schuldet, widerruft er rechtzeitig nach § 675p IV BGB den entsprechenden Terminüberweisungsauftrag, wovon C nichts erfährt. Versehentlich führt A die Überweisung aus. 

  1. Kann A von B nach §§ 675c I, 670 BGB Aufwendungsersatz verlangen?

  2. Kann A bei B nach § 812 I 1 Fall 1 BGB kondizieren?

  3. Kann A bei C nach § 812 I 1 Fall 2 BGB kondizieren?

Lösung

  1. Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 675c I, 670 BGB 

A könnte einen Aufwendungsersatzanspruch gegen B aus §§ 675c I, 670 BGB haben. Nach § 675c I BGB findet insbesondere § 670 BGB auf einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Erbringung von Zahlungsdiensten zum Gegenstand hat, entsprechende Anwendung. 

Ein solcher Vertrag besteht zwischen A und B. Indem A dem C Geld überwiesen hat, hat er auch eine Aufwendung zum Zwecke der Ausführung der Geschäftsbesorgung im Sinne des § 670 BGB getätigt. Der Anspruch auf Aufwendungsersatz könnte jedoch nach § 675u S. 1 BGB ausgeschlossen sein. Dies setzt voraus, dass der Zahlungsvorgang nicht autorisiert war. 

Nach § 675j I 1 BGB ist ein Zahlungsvorgang gegenüber dem Zahler nur wirksam, wenn er ihm zugestimmt hat. Nach § 675j II 1 BGB kann der Zahler die Zustimmung so lange widerrufen, wie der Zahlungsauftrag nach § 675p BGB widerruflich ist. 

Da B seinen Überweisungsauftrag rechtzeitig nach § 675p IV BGB widerrufen hat, ist die Zahlung nicht autorisiert. 

§ 675u S. 1 BGB schließt damit den Anspruch aus §§ 675c I, 670 BGB aus. 

  1. Leistungskondiktion der A gegen B aus § 812 I 1 Fall 1 BGB

A könnte gegen B einen Anspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB haben. Ein solcher setzt voraus, dass B etwas durch Leistung der A ohne rechtlichen Grund erlangt hat. 

Zunächst müsste B etwas erlangt haben. Er hat die Befreiung von seiner Verbindlichkeit erlangt, falls die Gutschrift auf dem Konto des C Erfüllungswirkung nach § 362 I BGB hatte. 

Hierfür müsste die Überweisung dem B zurechenbar sein. Dies ist umstritten.

Streitstand

Nach früherer Rechtsprechung und herrschender Lehre ist die Überweisung dem B zurechenbar, da er sie veranlasst hat. Damit wäre B durch die Gutschrift von seiner Verbindlichkeit befreit worden. Dies wäre auch durch Leistung der A ohne rechtlichen Grund geschehen. Im Ergebnis bestünde damit ein Anspruch der A gegen B auf Wertersatz in Höhe der Verbindlichkeit aus §§ 812 I 1 Fall 1, 818 II BGB.

Nach neuerer Rechtsprechung ist die Überweisung dem B nicht zurechenbar. Dies wird damit begründet, dass im Anwendungsbereich des § 675u BGB ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang dem Zahler nie zurechenbar ist, und zwar auch dann nicht, wenn C das Fehlen der Autorisierung nicht bekannt war. Damit hätte B nichts erlangt. Gegen diese Ansicht spricht, dass § 675u BGB nur den Aufwendungsersatz im Deckungsverhältnis zwischen A und B regelt. Die Vorschrift besagt nichts zu den Auswirkungen einer nicht autorisierten Zahlung auf das Valutaverhältnis zwischen A und C. Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass die bisherige Dogmatik nicht mit der Zahlungsdienstrichtlinie kompatibel ist. Nach dieser müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass im Falle eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs die Belastungsbuchung unverzüglich storniert wird. Außerdem ordnet die Richtlinie eine Vollharmonisierung an, sodass keine Abweichungsmöglichkeit besteht. 

Im Ergebnis ist damit der neueren Rechtsprechung zu folgen. Da die Überweisung dem B nicht zurechenbar war, hat er durch diese nicht die Befreiung von seiner Verbindlichkeit gegenüber C erlangt. Ein Anspruch der A gegen B aus § 812 I 1 Fall 1 BGB scheidet damit aus.

  1. Nichtleistungskondiktion der A gegen C aus § 812 I 1 Fall 2 BGB

A könnte gegen C einen Anspruch auf Rückzahlung der Gutschrift aus § 812 I 1 Fall 2 BGB haben. Hierzu ist erforderlich, dass C etwas in sonstiger Weise auf Kosten der A erlangt hat. C hat die Gutschrift auf dem Konto erlangt. Da das Verhalten der A dem B nicht zugerechnet werden kann, hat C die Gutschrift nicht durch Leistung des B erlangt. Damit hat er die Gutschrift in sonstiger Weise erlangt. Dies ist auch durch Kosten der A und ohne rechtlichen Grund geschehen.   

C muss die Gutschrift nach § 812 I 1 Fall 2 BGB herausgeben, indem eine Überweisung an A tätigt. 

IV. Zessionsfälle

Bereicherungsrechtliche Mehrpersonenverhältnisse können dir auch in Form von Zessionsfällen begegnen. 

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Beispiel

Feuerversicherungsfall

Ein Versicherungsnehmer VN hatte seinen Anspruch gegen den Feuerversicherer V an den Geschädigten G abgetreten. V zahlte an G.

Später stellt sich heraus, dass V dem VN gegenüber nicht zur Zahlung verpflichtet war. 

Kondiziert der Versicherer V beim Geschädigten G oder bei seinem Versicherungsnehmer VN?

Lösung

Versicherer V könnte einen Anspruch auf Rückzahlung aus § 812 I 1 Fall 1 BGB gegen G haben. Dies setzt voraus, dass G etwas durch Leistung des V ohne rechtlichen Grund erlangt hat. 

G hat eine Gutschrift auf seinem Konto erlangt. Dies müsste durch Leistung des V geschehen sein. Eine Leistung ist jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. Fraglich ist, ob V gegenüber G einen Zweck verfolgt hat. 

Streitstand

Teile der Literatur gehen davon aus, dass V gegenüber G seine Verbindlichkeit erfüllen wollte und damit an diesen geleistet hat. Da die zedierte Forderung nicht bestand, erfolgte die Leistung ohne rechtlichen Grund. Dagegen spricht jedoch, dass das Fehlen der Verbindlichkeit seinen Grund im Kausalverhältnis zwischen V und VN hatte und die Rückabwicklung folglich in diesem Verhältnis stattfinden müsste.

Nach Ansicht der Rechtsprechung hat V nicht an G, sondern an VN geleistet. Da V seine Vertragspflichten gegenüber VN erfüllen wollte, hat er an den VN geleistet. Dafür spricht, dass V ebenfalls direkt an G gezahlt hätte, und zwar auf Anweisung des V, wenn VN die vermeintliche Forderung nicht an G abgetreten hätte. Dann könnte V allerdings, da es sich um einen Rechtsgrundmangel handelt, nur bei VN kondizieren. Müsste V bei G kondizieren, trüge er dessen Insolvenzrisiko und wäre dessen Einwand aus § 818 III BGB ausgesetzt. Die Stellung des Scheinschuldners darf sich jedoch durch die Zession nicht verschlechtern, da er sie gar nicht verhindern kann. 

Aus diesen Gründen ist eine Leistung des V an G abzulehnen. V hat vielmehr an VN geleistet. Es ist eine Leistungskondiktion gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB einschlägig. 

V. Vertrag zugunsten Dritter

Mehrpersonenverhältnisse im Bereicherungsrecht können sich auch aus einem Vertrag zugunsten Dritter ergeben. 

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Bei einem Vertrag zugunsten Dritter erfolgt die Kondiktion genauso, wie wenn der Versprechungsempfänger den Versprechenden lediglich angewiesen hätte, an den Geschädigten zu leisten: In der Regel wird also übers Eck kondiziert

Schwierigkeiten kann der berechtigende Vertrag zugunsten Dritter bereiten (§ 328 BGB):

  • Beim berechtigenden Vertrag zugunsten Dritter leistet A nicht nur an B, sondern auch an C, da er diesem gegenüber verpflichtet ist. Gegen C scheint also eine Leistungskondiktion möglich zu sein. 

  • Dann stünde C allerdings schlechter als beim ermächtigenden Vertrag zugunsten Dritter, bei welchem er keinem Kondiktionsanspruch ausgesetzt ist. 

Dieses widersinnige Ergebnis verdeutlicht, dass die Definition der Leistung nur begrenzt funktionsfähig ist. Entscheidend ist auch hier, dass der kondiktionsauslösende Mangel seinen Ursprung im Kausalverhältnis zwischen dem Versprechenden und Versprechungsempfänger hat. In diesem ist wie gewohnt rückabzuwickeln. 

VI. Zahlung auf fremde Schuld

Die Zuwendungskondiktion im Mehrpersonenverhältnis wird vor allem bei Zahlungen auf fremde Schuld relevant. 

Beispiel

Fall

A glaubt, B schulde dem C 1.000 €. Aus Freundschaft zahlt er an C 1.000 €. Später stellt sich heraus, dass B seine Schulden schon beglichen hatte.

Bei wem kann A kondizieren?

Da B die Zahlung des A nicht veranlasst hat, muss er außen vor bleiben. A kann nur bei C kondizieren. Eine nach § 267 BGB zulässige Drittleistung stellt eine Leistung im Sinne des § 812 I 1 BGB dar. Damit ist eine Leistungskondiktion des A gegen C einschlägig. 

VII. Grundregel für die Kondiktion in Drei-Personen-Verhältnissen

Abschließend solltest du dir noch einmal die Regeln für die Kondiktion in Drei - Personen - Verhältnissen vergegenwärtigen:

Merke

  • Grundsätzlich erfolgt die Kondiktion übers Dreieck, das heißt innerhalb der Kausalverhältnisse. Ausnahmen stellen Bestimmungsmängel und der unentgeltliche Erwerb dar.

  • Die Bestimmungsmängel werden in Anweisungsfällen relevant. Sie betreffen die Weisung zwischen dem Zuwendenden (Angewiesener) und dem Anweisungsempfänger. Fehlt die Weisung oder ist sie unwirksam, muss der vermeintlich Anweisende bei der Rückabwicklung außer Betracht bleiben. Sie vollzieht sich dann nur nach § 812 I 1 Fall 2 BGB zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisungsempfänger. Siehe oben unter III. 1. a). 

  • Der unentgeltliche Erwerb wird im Kontext der §§ 816 I 2 BGB und 822 BGB relevant. Erwirbt ein Dritter unentgeltlich Eigentum nach §§ 932 ff. BGB, ist er nach § 816 I 2 BGB zur Übereignung und Übergabe der Sache an den ursprünglichen Eigentümer verpflichtet. Erwirbt er nach §§ 929 ff. BGB von einem Berechtigten, der aber selbst einem Bereicherungsanspruch des ursprünglichen Eigentümers ausgesetzt ist, ist er nach § 822 BGB zur Übereignung und Übergabe der Sache an den ursprünglichen Eigentümer verpflichtet. 

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