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Volkssouveranität
Demokratieprinzip
Mehrheitsprinzip
Neutralität
Wesentlichkeitstheorie
Parlamentsvorbehalt
Volksentscheid
Art. 3 GG
Art. 20 GG
Art. 21 GG
Art. 28 GG
Art. 29 GG
Art. 38 GG
Gliederung
  • I. Allgemeines

  • II. Willensbildung des Volkes

  • III. Demokratische Legitimation von Amtsträgern

    • 1. Demokratische Legitimation durch Wahlen

    • 2. Mehrheits- und Minderheitsprinzip

    • 3. Materielle Grenzen

  • IV. Wesentlichkeitsgarantie

I. Allgemeines

Das Demokratieprinzip ist in Art. 20 II 1 GG verankert.

Zitat

Art. 20 II 1 GG

“Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.”

Es legt fest, dass alle Staatsgewalt vom Volk ausgeht. Es garantiert die Volkssouveränität und verpflichtet alle staatlichen Organe dazu, ihre Legitimation durch das Volk herzuleiten. In der parlamentarischen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland wird der Wille des Volkes vor allem durch Wahlen und Abstimmungen vermittelt, wobei die repräsentative Ausgestaltung durch gewählte Volksvertreter im Vordergrund steht. 

II. Willensbildung des Volkes

Das Demokratieprinzip verlangt, dass der politische Wille in einem von unten nach oben gerichteten Verlauf vom Volk ausgeht und sich auf die Staatsorgane überträgt. Daraus folgt, dass staatliche Stellen sich im politischen Meinungskampf zurückhalten müssen. Eine parteiergreifende Einflussnahme durch amtliches Verhalten wäre mit dieser Grundordnung unvereinbar. In ihrer amtlichen Funktion sind staatliche Organe daher zur Neutralität verpflichtet. Wird diese Pflicht verletzt, kann dies nicht nur das Demokratieprinzip selbst beeinträchtigen, sondern auch die durch Art. 38 I 1 GG garantierten Grundsätze der freien und gleichen Wahl sowie die Chancengleichheit der politischen Parteien gemäß Art. 21 I 1 GG i.V.m. Art. 3 I GG verletzen.


Diese Pflicht zur Neutralität gilt dabei nicht nur während der Wahlkampfzeiten, da der politische Wettbewerb in einer freiheitlichen Demokratie konstant stattfindet. Deshalb ergibt sich aus dem Recht der Parteien auf gleiche Chancen im politischen Wettbewerb auch ein Verbot für staatliche Organe, in amtlicher Funktion Werbung für oder gegen einzelne politische Akteure zu betreiben oder sich einseitig zu positionieren.

Beispiel

Ein Bundesminister veröffentlicht kurz vor einer Wahl über die offizielle Website seines Ministeriums eine Stellungnahme, in der er seine eigene Partei lobt und eine Oppositionspartei kritisiert. Damit nutzt er staatliche Ressourcen zur Wahlwerbung und verletzt die Neutralitätspflicht staatlicher Organe, was die Chancengleichheit der Parteien und das Demokratieprinzip beeinträchtigt.

III. Demokratische Legitimation von Amtsträgern


1. Demokratische Legitimation durch Wahlen

In einem demokratischen Staat geht die Staatsgewalt vom Volk aus. Die wichtigste Form der Ausübung dieser Macht sind Wahlen, also die Entscheidungen über die personelle Zusammensetzung der Volksvertretung, also um die Auswahl der Abgeordneten. Diese wiederum übernehmen sowohl sachliche als auch personelle Entscheidungen im staatlichen Gefüge. Die Wahl bildet somit die Grundlage jeder demokratischen Ordnung. Ist sie mit gravierenden Fehlern behaftet, die das Wahlergebnis beeinflussen, fehlt auch den darauf fußenden Entscheidungen die notwendige demokratische Legitimation. Deshalb stellt das Grundgesetz sowohl für Bundestagswahlen (Art. 38 I 1 GG) als auch für Wahlen auf Landes- und kommunaler Ebene (Art. 28 I 2 GG) bestimmte Wahlgrundsätze auf. Genaueres zu den Wahlrechtsgrundsätzen findest du in diesem Artikel.


Abstimmungen des Volkes sind dagegen im Grundgesetz kaum vorgesehen. In Art. 29 II, III, V GG enthält das Erfordernis eines Volksentscheids zur Bestätigung von durch Bundesgesetz getroffenen Maßnahmen zur Neugliederung des Bundesgebiets. 

In den Landesverfassungen vieler Länder sind demgegenüber Volksentscheide vorgesehen.

Dabei ist zu beachten, dass dies grundsätzlich nicht zu einem Verstoß gegen das Homogenitätsprinzip des Art. 28 I 1 GG führt. Volksentscheide sind aber nur auf Landesebene zulässig, wenn die zu regelnde Materie innerhalb der Kompetenz der Länder liegt und der Inhalt der Entscheidung mit höherrangigem Recht vereinbar ist. 

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2. Mehrheits- und Minderheitsprinzip

Allgemein besteht im Rahmen des Demokratieprinzips ein Spannungsverhältnis, das sich aus dem Mehrheitsprinzip einerseits und dem systematisch verankerten Schutz der Minderheit andererseits ergibt. In der mittelbaren Demokratie verwirklicht sich diese Gewalt vor allem in regelmäßige Wahlen. Weil in einer pluralen Gesellschaft Einstimmigkeit faktisch ausgeschlossen ist, hat sich das Mehrheitsprinzip als Entscheidungsregel durchgesetzt: Ein Wahlvorschlag, der eine größere Zustimmung erhält, gilt als stärker legitimiert als ein solcher mit geringerer Zustimmung. Dieses Prinzip endet jedoch nicht bei der Stimmabgabe, es setzt sich in allen kollegial organisierten Staatsorganen (Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und selbst den Senaten des Bundesverfassungsgerichts) fort. Innerhalb des Parlaments ist dabei zwischen verschiedenen Mehrheitsarten zu unterscheiden: Die einfache Mehrheit erfordert mehr Ja- als Nein-Stimmen und bildet die Grundform gesetzgeberischer Entscheidungen. Die absolute Mehrheit bezieht sich auf die Gesamtheit der gesetzlichen Mitglieder und ist unter anderem für die Wahl des Bundeskanzlers erforderlich. Qualifizierte Mehrheiten, etwa die Zweidrittelmehrheit für Verfassungsänderungen, dienen als bewusst höhere Hürden für besonders weitreichende Beschlüsse.


Gerade weil das Mehrheitsprinzip Handlungsfähigkeit garantiert, bedarf es zugleich verlässlicher Schranken, um zu verhindern, dass wechselnde Mehrheiten Minderheiten unbeschränkt ihren Willen aufzwingen können. Der Schutz der Minderheit ist daher in zweifacher Hinsicht verankert: Institutionell-verfahrensbezogen und materiell-inhaltlich. Institutionell verleiht das Grundgesetz parlamentarischen Minderheiten bedeutsame Kontroll- und Initiativrechte. So kann bereits ein Viertel der Abgeordneten einen Untersuchungsausschuss einsetzen oder eine abstrakte Normenkontrolle beim Bundesverfassungsgericht anstrengen. Solche Möglichkeiten gewährleisten, dass Regierungen und Mehrheitsparteien nicht ohne wirksame Opposition agieren können. Untrennbar damit verbunden ist das Demokratiegebot der „Herrschaft auf Zeit“: Nur wenn das Volk in angemessenen, nicht zu langen Abständen erneut über die Zusammensetzung des Parlaments entscheiden kann, bleibt die Chance gewahrt, dass heutige Minderheiten morgen zur Mehrheit werden. Die derzeit vierjährige Wahlperiode erfüllt diese Anforderung. Eine allgemeine Verlängerung künftiger Perioden etwa auf fünf Jahre wäre zwar durch eine Verfassungsänderung möglich, die Verlängerung einer bereits laufenden Legislaturperiode hingegen würde den Kerngehalt des Demokratieprinzips verletzen, weil sie das zeitlich begrenzte Mandat des bestehenden Bundestages nachträglich ausdehnte (echte Rückwirkung).

3. Materielle Grenzen

Neben diesen formellen Sicherungen bestehen materielle Schranken. Die Grundrechte, insbesondere Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, bilden einen starken Minderheitenschutz. Sie gewährleisten, dass sich oppositionelle Stimmen ungehindert informieren, organisieren und öffentlich äußern können. Selbst Entscheidungen, die mit der erforderlichen Mehrheit getroffen werden, sind deshalb an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und an das Bestimmtheitsgebot gebunden. Übermäßige oder unklare Eingriffe in Freiheit und Gleichheit bleiben verfassungswidrig, gleichgültig wie groß die parlamentarische Zustimmung war.


Insgesamt sorgt das Mehrheitsprinzip für die notwendige Effizienz staatlicher Entscheidungsprozesse, während der Minderheitenschutz deren Legitimität sichert. Demokratie im Sinne des Grundgesetzes ist damit nicht bloße Herrschaft der Mehrheit, sondern ein dynamisches Gefüge: Mehrheit herrscht nur, solange sie Recht und Verfahren achtet. Minderheiten bleiben geschützt, damit sie freie Oppositionsarbeit leisten und bei der nächsten Wahl selbst Mehrheit werden können. Dieses Gleichgewicht bewahrt den freiheitlichen und pluralistischen Charakter der Verfassungsordnung und macht sie zugleich anpassungsfähig gegenüber neuen gesellschaftlichen Herausforderungen.


IV. Wesentlichkeitsgarantie

Aus dem Demokratieprinzip hat das Bundesverfassungsgericht die sogenannte Wesentlichkeitstheorie abgeleitet. Danach müssen Entscheidungen von erheblicher Bedeutung für das Gemeinwohl dem Parlament vorbehalten bleiben, da es als unmittelbar vom Volk gewähltes Organ über die höchste demokratische Legitimation verfügt. Mit anderen Worten: In zentralen Fragen, die das Gemeinwesen betreffen, ist zwingend ein förmlicher Beschluss der Volksvertretung erforderlich (Parlamentsvorbehalt), es darf also keine grundlegende staatliche Entscheidung geben, die am Parlament vorbeigetroffen wird.

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