I. Einleitung
Die Mängelrechte im Werkvertragsrecht sind in den §§ 634 ff. BGB geregelt und bieten dem Besteller verschiedene Möglichkeiten, auf Mängel seines Werkes zu reagieren. Die Systematik der Mängelrechte ist dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht und dem Kaufrecht ähnlich.

Soweit die Vorschriften des werkvertraglichen Mängelrechts einschlägig sind, verdrängen sie als lex specialis die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts.
II. Anwendbarkeit
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für Entstehung der Mängelrechte
a) Grundsatz
Zunächst ist sich vor Augen zu führen, ab wann die werkvertraglichen Mängelrechte anwendbar sind. Grundsätzlich entstehen sie mit der Abnahme – bis dahin bestehen lediglich die Primärleistungsansprüche, insbesondere auf die Herstellung des Werks.
Merke
Dies ergibt auch Sinn - denn bis zu diesem Zeitpunkt hat der Werkunternehmer seine Leistung in aller Regel noch nicht erbracht. Es gibt also keinen Bezugspunkt für das Vorliegen eines Mangels. Außerdem könnte der Besteller dem Unternehmer sonst über die Auswahl des Mängelrechts vorschreiben, wie er die Leistung zu erbringen hat.
Die Abnahme bildet daher eine wichtige Zäsur:
Sie ist Ausgangspunkt für die Verjährung der Mängelrechte.
Gemäß § 641 I BGB wird in diesem Zeitpunkt der Werklohn fällig.
Gemäß § 644 I BGB geht im Zeitpunkt der Abnahme die Vergütungsgefahr auf den Besteller über.
Mit der Abnahme geht die Beweislast hinsichtlich des Vorliegens von Mängeln auf den Besteller über.

b) Ausnahme
Von dem zuvor dargestellten Grundsatz, dass die Rechte in §§ 634 ff. BGB eine Abnahme voraussetzen, gibt es jedoch auch Ausnahmen:
aa) Erfolglose Fristsetzung
Die Rechte in §§ 634 ff. BGB setzen keine Abnahme voraus, wenn
eine Frist zur Herstellung des ursprünglich geschuldeten mangelfreien Werks fruchtlos verstrichen oder die Fristsetzung entbehrlich ist und
der Besteller daraufhin erklärt hat, dass er die weitere Erfüllung des Vertrages ablehnt.
Merke
Dies ergibt dann Sinn, wenn sich ein Mangel bereits vor Abnahme zeigt - dann wäre es zwecklos, eine Abnahme zu erfordern, wenn klar ist, dass der Besteller die Sache nicht annehmen würde.
bb) Abrechnungsverhältnis
Die Rechte setzen auch dann keine Abnahme voraus, wenn
der Besteller nicht mehr die Nacherfüllung des Vertrages verlangen kann und
das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist.
Definition
Ein Abrechnungsverhältnis liegt vor, wenn sich der Besteller mit dem mangelhaften Werk zufrieden gibt und auf die vollständige Vertragserfüllung bzw. die Nacherfüllung „verzichtet“, indem er gegenüber dem Unternehmer (nur) den kleinen Schadensersatz geltend macht oder die Minderung des Werklohns erklärt.
2. Vorprüfung
Wie auch im Kaufrecht, muss auch im werkvertraglichen Mängelrecht zunächst eine Vorprüfung vorgenommen werden, um die Anwendbarkeit der Mängelrechte zu bejahen:

III. Mängelrechte
Das Schema der einzelnen Rechte ähnelt dem Grundschema des kaufrechtlichen Mängelrechts und hängt im Einzelnen von dem jeweiligen Recht oder Anspruch ab, das oder der geltend gemacht wird:

Grundsätzlich entstehen die Mängelrechte, wie bereits dargestellt, erst mit der Abnahme des Werks. Die Abnahme kann er jedoch verweigern und auf der Herstellung eines mangelfreien Werks beharren (§§ 631, 633 I BGB) – sei es durch Nachbesserung oder Neuherstellung des Werks. Dies ist kein Mängelrecht im engeren Sinne, da es nur die Geltendmachung des originären Leistungsanspruchs ist.
Neben der Nacherfüllung umfassen die Mängelrechte im Werkvertragsrecht die Selbstvornahme, die Minderung, den Rücktritt sowie Schadens- oder Aufwendungsersatz. Letztere werden auch als sekundäre Mängelrechte bezeichnet, weil sie der Nacherfüllung nachrangig sind und nur unter bestimmten Voraussetzungen geltend gemacht werden können. Der Besteller kann auf diese Ansprüche lediglich dann zurückgreifen, wenn die Nacherfüllung für ihn unzumutbar oder unmöglich ist oder der Werkunternehmer eine – sofern nicht entbehrlich - angemessene Frist zur Nacherfüllung hat verstreichen lassen.
1. Nacherfüllung, §§ 634 Nr. 1, 635 BGB
Die Nacherfüllung nach §§ 634 Nr. 1, 635 BGB stellt das zentrale Mängelrecht dar, das du auch aus dem Kaufrecht kennst.

Der Besteller kann gemäß §§ 634 Nr. 1, 635 BGB entweder
Nachbesserung wie z. B. die Reparatur eines defekten Daches oder
eine Neuherstellung des Werkes wie z. B. die Neuherstellung des Daches verlangen.
Beispiel
A beauftragt B, seine Badezimmerpflanze zu verlegen. Nach der Fertigstellung bemerkt A, dass einige Fliesen nicht richtig verlegt sind und eine Schräglage aufweisen. A informiert B über den Mangel und fordert ihn auf, die Fliesen innerhalb einer bestimmten Frist neu zu verlegen.
Der Besteller hat grundsätzlich eine Wahlfreiheit zwischen beiden Formen.
Vernetztes Lernen
Im Kaufrecht besteht diese Wahlfreiheit nicht. Die Abweichung lässt sich dadurch begründen, dass der Unternehmer besser beurteilen kann, welche Nacherfüllungsform effizienter ist, während es für den Besteller egal ist, da dieser im Ergebnis ein mangelfreies Werk erhält.
Macht der Besteller diesen Nacherfüllungsanspruch geltend, erlischt sein Erfüllungsanspruch aus §§ 631, 633 I BGB.
aa) Kosten der Nacherfüllung
Die Kosten der Nacherfüllung trägt der Werkunternehmer, § 635 II BGB.
Merke
Dies gilt nicht für die sogenannten „Sowieso-Kosten“. Dies sind solche Kosten, die unabhängig von der Nacherfüllung auch bei ordnungsgemäßer Leistungserbringung angefallen werden. Diese sind somit nicht originäre Kosten „der“ Nacherfüllung und fallen damit nicht unter die Regelung des § 635 II BGB.
bb) Ausschluss der Nacherfüllungspflicht
aaa) Unverhältnismäßige Kosten (§ 635 III BGB)
Wenn die Nacherfüllung für den Werkunternehmer mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist, kann der Werkunternehmer die Nacherfüllung nach § 635 III BGB verweigern.
bbb) Unmöglichkeit (§ 275 BGB)
Wie jede andere Leistungspflicht kann auch die Nacherfüllungspflicht unmöglich sein. Lies dir zu dazu den Artikel zu den unterschiedlichen Formen der Unmöglichkeit durch.
Merke
Die Nacherfüllung als Ganzes ist nur unmöglich, wenn beide Arten der Nacherfüllung unmöglich sind. Andernfalls beschränkt sich der Nacherfüllungsanspruch auf die andere, noch mögliche Art der Nacherfüllung.
2. Selbstvornahme & Aufwendungsersatz, §§ 634 Nr. 2, 637 BGB
a) Grundsatz
Das Recht zur Selbstvornahme im Werkvertragsrecht erlaubt dem Besteller, Mängel am Werk auf eigene Kosten zu beseitigen und vom Unternehmer Ersatz der dafür erforderlichen Aufwendungen zu verlangen, wenn der Unternehmer nicht fristgemäß nacherfüllt hat (§ 637 BGB). Sie ermöglicht es dem Besteller, den Mangel selbst zu beseitigen statt darauf warten zu müssen, dass der Werkunternehmer dies tut.
Beispiel
A lässt sich von H eine neue Dusche einbauen. Nach Fertigstellung stellt A fest, dass die Dusche undicht ist, und das Badezimmer jedes Mal überschwemmt wird. A fordert H auf, den Mangel zu beheben und setzt dem H dafür eine Frist von zwei Wochen. H kommt der Aufforderung nicht nach und lässt die Frist verstreichen. A behebt den Mangel auf eigene Kosten selbst und verlangt von H die Erstattung der Reparaturkosten.
b) Voraussetzungen

Eine der wesentlichen Voraussetzungen ist die Fristsetzung. Achte hier auf den Verweis auf § 323 II BGB in § 637 II BGB, wonach die dortigen Gründe, die zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung führen, auch hier greifen.
Problem
Eigenmächtige Ersatzvornahme eines Bestellers
Umstritten ist, ob die eigenmächtige Ersatzvornahme eines Bestellers ohne die gemäß § 637 I BGB eigentlich erforderliche Fristsetzung dennoch zu einem Aufwendungsersatzanspruch hinsichtlich der dem Unternehmer ersparten Aufwendungen führt.
T.v.A.: Gemäß §§ 684 I, 818 I, II BGB, § 812 I 1 Fall 2 BGB oder § 326 II 2 BGB analog steht dem Besteller ein solcher Anspruch zumindest in der Höhe der Aufwendungen zu, die dem Unternehmer durch die eigenmächtige Vornahme erspart geblieben sind. Dieser soll nicht besser stehen, als wenn der Besteller eine ordnungsgemäße Frist gesetzt hätte.
BGH: § 637 BGB ist eine abschließende Regelung. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Werkunternehmer die Möglichkeit verliert, das Werk zu untersuchen und eine eigene Beweiserhebung durchzuführen, da er vor vollendete Tatsachen gestellt wird.
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Dieses Problem stellt sich in entsprechender Form auch im Mietrecht.
c) Aufwendungsersatz
Hat der Besteller die Selbstvornahme berechtigterweise durchgeführt, kann er nun Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Diese umfassen etwa Materialkosten, den Werklohn für einen beauftragten Unternehmer oder eine eigene Vergütung für den Zeitaufwand des Bestellers.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, zitiere dir den § 287 ZPO an den § 637 BGB, um dich daran zu erinnern, dass die Vergütung für den Zeitaufwand des Bestellers im Gerichtsprozess zu schätzen wäre.
Gemäß § 637 III BGB hat der Besteller sogar einen separaten Anspruch auf Vorschusszahlung für diese Aufwendungen, noch bevor er die Arbeiten durchgeführt hat.
3. Rücktritt, §§ 634 Nr. 3, 636, 323 BGB
Das Recht, vom Werkvertrag zurückzutreten, ermöglicht dem Besteller, sich bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen vom Vertrag zu lösen, wenn das Werk mangelhaft ist. Hinsichtlich des Rücktrittsrechts kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zum Kaufvertrag verwiesen werden.
Merke
Die Normen ähneln sich sehr stark. Der wesentliche Unterschied ist, dass im Kaufrecht in § 440 S. 2 BGB eine Fallgruppe des Fehlschlagens der Selbstvornahme geregelt ist, die es so im Kaufrecht in § 636 BGB nicht gibt.
Beispiel
M beauftragt U mit der Renovierung seines Badezimmers. Nach Abschluss der Arbeiten stellt sich heraus, dass die Fliesen schief verlegt wurden und einige Fugen bereits Risse aufweisen. M fordert U auf, den Mangel zu beheben und setzt U eine Frist von drei Wochen. U versucht die Mängel zu beseitigen, doch auch nach der Nachbesserung sind die Fliesen immer noch ungleichmäßig verlegt. M tritt deshalb vom Vertrag zurück und erklärt U schriftlich seinen Rücktritt. U hat nun einen Anspruch auf Wertersatz für die bereits erbrachten und nicht mehr herausgebbaren Leistungen, während M die Rückzahlung eines Teils des Werklohns verlangen kann, der dem mangelhaften Teil der Leistung entspricht.
4. Minderung, §§ 634 Nr. 3, 638 BGB
Hinsichtlich des Rechts zur Minderung kann auf die Ausführungen zum Kaufvertrag verwiesen werden. Die Prüfung erfolgt hier nach dem gleichen Muster.
Merke
Hat der Besteller bereits gezahlt und bemerkt den Mangel erst nachträglich, kann er dennoch mindern und sich den überzahlten Betrag gemäß § 638 IV 1 BGB zurückholen. So wie auch im Kondiktionsrecht (vgl. § 812 I 1 Fall 1 BGB) soll der Empfänger einer Leistung diese nicht behalten dürfen, wenn es für sie keine Rechtsgrundlage gibt.

5. Schaden- und Aufwendungsersatz, §§ 634 Nr. 4, 636, 280 ff. BGB
Der Besteller kann bei Vorliegen eines Mangels, einen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen oder Ersatz seiner vergeblichen Aufwendungen verlangen (§ 634 Nr. 4 BGB). Hier kann auf die Ausführungen zum Kaufrecht verwiesen werden.
a) Schadensersatz
§ 634 Nr. 4 BGB verweist dabei im Wesentlichen auf die §§ 280 ff. BGB mit der Sonderregelung hinsichtlich der Entbehrlichkeit einer Fristsetzung in § 636 BGB.
aa) Voraussetzungen
Die konkreten Voraussetzungen sind abhängig davon, welche Art des Schadensersatzes gewählt wird:
§§ 280 I, III, 283 BGB, 311a II BGB: Schadensersatz wegen Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung (Achtung: Nicht Unmöglichkeit der Primärleistung)
§§ 280 I, III, 281 BGB: Schadensersatz wegen Nicht- oder Schlechtleistung (hier: nur Mangelschäden)
§ 280 I BGB: Schadensersatz wegen Schlechtleistung (hier: nur Mangelfolgeschäden)
§§ 280 I, II, 286 BGB: Schadensersatz wegen Verzögerung der Nacherfüllung
Klausurtipp
Bei den Ansprüchen aus § 280 I BGB sowie §§ 280 I, III, 281 BGB ist zwischen drei Fallgruppen zu unterscheiden, in denen dem Unternehmer das Vertretenmüssen vorzuwerfen ist:
Der Werkunternehmer kannte den Mangel und hat diesen trotz einer entsprechenden Aufklärungspflicht arglistig verschwiegen – hierfür genügt es, wenn der Unternehmer mit dem Vorliegen eines Mangels rechnet.
Der Werkunternehmer hat eine Eigenschaft zugesichert oder eine verschuldensunabhängige Garantie übernommen.
Der Werkunternehmer hat den Mangel fahrlässig verkannt – der Fahrlässigkeitsmaßstab hängt, wie immer, von den konkreten Umständen und dem Wissen und der Fachkenntnis des Unternehmers ab.
bb) Rechtsfolge
Die Schadensberechnung erfolgt grundsätzlich gemäß den §§ 249 ff. BGB.
Merke
Beachte insoweit die Unterscheidung zwischen Mangelschäden (Schadensersatz statt der Leistung) und Mangelfolgeschäden (Schadensersatz neben der Leistung). Letzterer umfasst Schäden an anderen Rechtsgütern als dem Werk selbst.
Hinsichtlich des Schadensersatzes statt der Leistung gilt das Folgende: Zum Mangelschaden gehört der Reparaturaufwand, der mangelbedingte Minderwert, Gutachterkosten, Mehrkosten für eine Ersatzsache und ein entgangener Gewinn.
Merke
Der Reparaturaufwand kann nicht verlangt werden, wenn der Werkunternehmer die Nacherfüllung zuvor zu Recht verweigert hat (§ 635 III BGB).
Der Besteller kann wählen zwischen
Kleiner Schadenersatz: Besteller behält das Werk und verlangt die Differenz von Soll- und Ist-Wert ersetzt
Großer Schadensersatz: Der Besteller gibt das Werk zurück und verlangt den Soll-Wert ersetzt.
Problem
Umfasst der kleine Schadensersatz die fiktiven Mängelbeseitigungskosten
Fraglich ist, ob Mängelbeseitigungskosten, die nicht wirklich angefallen sind, Teil des Schadensersatzanspruches sind. Dies betrifft den Fall, in dem der Besteller die mangelhafte Sache behält und nicht reparieren lässt.
Bisherige Rspr.: Unabhängig von der tatsächlichen Vornahme der Reparatur kann der Besteller die Mängelbeseitigungskosten ersetzt verlangen, denn in Höhe des Mangels hat er einen Schaden. Den Werkunternehmer geht es nichts an, ob der Besteller lieber ein mangelhaftes Werk + Geld hat oder ein mangelhaftes Werk reparieren lässt.
Neue Rspr.: Der Schaden wird nicht nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten berechnet, da kein Vermögensschaden besteht, wenn der Besteller den Mangel hinnimmt. Der Besteller, der die Sache tatsächlich reparieren und somit den Mangel beseitigen lässt, kann die tatsächlich angefallenen Kosten als Schaden gemäß §§ 634 Nr. 4, 280, 281 BGB geltend machen (§§ 249 II, 250 BGB). Beseitigt er den Mangel nicht, kann er den mangelbedingten Minderwert entweder anhand eines konkreten Mindererlöses bei Verkauf des Werks berechnen oder als fiktiven Mindererlös, wenn die Sache nicht veräußert wird (vgl. § 251 BGB).
b) Aufwendungsersatz (§ 284 BGB)
Anstelle der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs hat der Besteller - bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches auch die Möglichkeit, Ersatz der Aufwendungen zu verlangen, die er im Vertrauen auf die Herstellung eines mangelfreien Werks gemacht hat und billigerweise machen durfte (§ 284 BGB).
Beispiel
Kosten des Vertragsschlusses, Einbau-/Umbaukosten, Untersuchungskosten
IV. Verjährung der Mängelrechte
Wie jeder andere Anspruch, können auch die Mängelrechte verjähren, wofür grundsätzlich die allgemeinen Verjährungsvorschriften des allgemeinen Teils anwendbar sind (siehe hier). Allerdings enthält § 643a BGB eine spezielle Regelung für werkvertragsrechtliche Ansprüche wegen der Verletzung der Primärleistungspflicht zur Verletzung von Nebenpflichten.

1. Verjährungsfrist (§ 634a I, III BGB)
§§ 634 I, III BGB enthält drei unterschiedliche Verjährungsfristen:
§ 634 I Nr. 1 BGB: 2-jährige Verjährungsfrist bei Herstellung, Wartung, Veränderung einer Sache oder bei Planungs- und Überwachungsleistungen
§ 634 I Nr. 2 BGB: 5-jährige Verjährungsfrist bei Planungs- und Überwachungsleistungen für ein Werk und Bauwerk
Definition
Ein Bauwerk ist eine unbewegliche Sache, die durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellt wird, also der Neubau, Umbau oder Einbau sowie der Hoch- und Tiefbau.
Im Übrigen (d.h.: bei allen anderen Ansprüchen) gilt auch im Werkvertragsrecht die Regelverjährung der §§ 195 ff. BGB (§ 634a I Nr. 3 BGB).
Merke
Verschweigt der Werkunternehmer den Mangel arglistig, ist § 634a III BGB zu beachten. Die Verjährung beträgt dann mindestens die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren.
2. Beginn der Verjährungsfrist (§ 634a II BGB)
Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 634a II BGB mit der Abnahme.
Merke
Verschweigt der Werkunternehmer den Mangel arglistig, ist § 634a III BGB zu beachten. Dann gelten die allgemeinen Verjährungsvorschriften mit der Ausnahme des § 634a III 2 BGB.
3. Ausschluss des Rücktritts- und Minderungsrechts (§ 634a IV, V BGB)
Rücktritt und Minderung sind keine Ansprüche, sondern Rechte und können damit nicht verjähren (§ 194 BGB). Daher regeln §§ 634 IV, V, 218 BGB, dass der Besteller diese Rechte dennoch dann nicht geltend machen kann (in den Worten des Gesetzes ist der Rücktritt oder die Minderung dann „unwirksam“), wenn
der Anspruch auf die vertragsgemäße Leistung oder Nacherfüllung verjährt wäre und
der Unternehmer sich auf die Verjährung dieses Anspruchs beruft
Merke
Beachte aber § 634 II 2, 3 BGB: Hat der Besteller den Werklohn noch nicht vollständig gezahlt, kann er trotz Unwirksamkeit des Rücktritts oder der Minderung die Zahlung des restlichen Lohns verweigern, wenn und soweit er dies bei Erklärung eines wirksamen Rücktritts auch nicht hätte tun müssen.
V. Exkurs: Kündigungsrecht des Bestellers (§§ 648, 648a BGB)
Das Kündigungsrecht des Bestellers gemäß § 648 BGB ist eine zentrale Regelung im Werkvertragsrecht und eröffnet dem Besteller die Möglichkeit, sich auch ohne wichtigen Grund vor Vollendung des Werkes vom Vertrag zu lösen (648 S. 1 BGB). Das gibt dem Besteller Flexibilität, stellt aber gleichzeitig sicher, dass der Unternehmer für die bereits erbrachten Leistungen vergütet wird (§ 648 S. 2 BGB). § 648 BGB erlaubt dem Besteller, den Werkvertrag jederzeit zu kündigen, unabhängig davon, ob ein wichtiger Grund vorliegt. Damit wird das Werkvertragsrecht stark vom allgemeinen Vertragsrecht abgehoben, in dem eine einseitige Vertragsbeendigung in der Regel nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist.
Merke
Das Kündigungsrecht dient der Wahrung der Autonomie des Bestellers, stellt jedoch sicher, dass der Unternehmer nicht leer ausgeht.
1. Voraussetzungen der Kündigung
Der Besteller kann den Werkvertrag jederzeit bis Vollendung des Werkes kündigen, ohne dass es eines wichtigen Grundes bedarf.
Merke
Der Besteller muss die Kündigung ausdrücklich dem Werkunternehmer erklären und sichergehen, dass die Erklärung dem Werkunternehmer zugeht. Eine bloße Untätigkeit oder das Einstellen der Mitwirkung reicht nicht aus.
Beispiel
B beauftragt U mit der Errichtung eines Hauses. Noch bevor die Bauarbeiten abgeschlossen sind, entscheidet sich B, den Vertrag zu kündigen, weil B das Bauvorhaben nicht mehr länger weiterverfolgen möchte. Hier kann B gemäß § 648 BGB den Vertrag ohne Angabe von Gründen kündigen.
Nach Fertigstellung des Werks kann der Besteller den Vertrag nicht mehr nach § 648 BGB kündigen, sondern kann allenfalls Gewährleistungsrechte geltend machen, falls er mit dem Werk unzufrieden sein sollte. Das stellt sicher, dass der Unternehmer nach der Vollendung seiner Leistung rechtlich abgesichert ist und nicht mehr mit einer kurzfristigen Vertragsauflösung rechnen muss.
2. Sonderfall: Kündigung aus wichtigem Grund
Neben der freien Kündigung nach § 648 BGB gibt es darüber hinaus auch die Möglichkeit, den Werkvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Hierzu verweist § 648a BGB auf die allgemeinen Regeln zur außerordentlichen Kündigung. Beide Parteien können aus wichtigem Grund und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen (§ 648a I 1 BGB).
Definition
Wichtiger Grund (§ 648a I 2 BGB):
"Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann."
Eine Kündigung aus wichtigem Grund muss dem Werkunternehmer in der Regel nach vorheriger Abmahnung erklärt werden, es sei denn, die Pflichtverletzung des Werkunternehmers ist so gravierend, dass eine Abmahnung nicht zumutbar oder sinnlos wäre. Dies ergibt sich aus der Verweiskette über § 648a III BGB -> § 314 II BGB -> § 323 II BGB.
Beispiel
Ein wichtiger Grund kann z. B. in der Überschreitung eines (grundsätzlich unverbindlichen) Kostenvoranschlags von 15-20 % liegen. Eine gewisse Kostenüberschreitung liegt im Risiko des Bestellers – ab diesem Richtwert jedoch, liegt das Risiko auf Seiten des Unternehmers. Der Besteller soll nicht das Risiko einer so gravierenden Fehlplanung des Unternehmers tragen müssen. Alternativ zur Kündigung kann der Besteller bei einer schuldhaften Überschreitung des Kostenvoranschlags auch Schadensersatz verlangen. Dieser Anspruch folgt aus dem Prinzip der culpa in contrahendo (c.i.c.) gemäß §§ 311 II, 241 II, 280 I BGB, wenn die Überschreitung dem Unternehmer anzulasten ist.
3. Rechtsfolgen der Kündigung
a) Vergütungsanspruch des Werkunternehmers
Die Kündigung des Werkvertrages entbindet den Besteller zwar von weiteren Leistungspflichten, jedoch hat der Unternehmer einen Anspruch auf Vergütung der bisher erbrachten Leistungen. Dieser Vergütungsanspruch umfasst:
Die erbrachte Leistung bis zum Zeitpunkt der Kündigung
Den entgangenen Gewinn für noch nicht erbrachte Leistungen, soweit der Unternehmer durch die Kündigung einen Gewinnverlust erleidet.
Bei Beendigung des Vertrages muss sich der Werkunternehmer dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Beendigung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder anderweitig verdient oder zu erwerben böswillig unterlässt.
b) Abrechnung nach der Kündigung
Nach Kündigung des Werkvertrags wird in der Regel eine Abrechnung erstellt, in der der Werkunternehmer die bis zum Kündigungszeitpunkt erbrachten Leistungen sowie den entgangenen Gewinn aufführt. Der Besteller hat dann die Pflicht, den ausgewiesenen Betrag zu begleichen, abzüglich möglicher Einsparungen des Werkunternehmers. Sollte der Besteller bereits Vorauszahlungen geleistet haben, können diese entsprechend verrechnet werden.
c) Schadensersatz
Die Rechtsfolgen einer Kündigung aus wichtigem Grund unterscheiden sich in einem Aspekt von denen der freien Kündigung: Im Falle der Kündigung aus wichtigem Grund kann der Besteller unter Umständen auch Schadensersatz statt der Leistung oder wegen Verzögerung der Leistung nach den allgemeinen Regelungen des BGB (280 ff. BGB) geltend machen.