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Die einzelnen Grundrechte

Art. 12 GG (Berufsfreiheit)

Teilgebiet

Grundrechte

Thema

Die einzelnen Grundrechte

Tags

Bürgerrecht
Beruf
Berufsregelnde Tendenz
3-Stufen-Theorie
Berufsausübung
Subjektive Zulassungsvoraussetzungen
Objektive Zulassungsvoraussetzungen
Zulassungsbeschränkungen
Art. 12 GG
Art. 19 GG
Gliederung
  • I. Einleitung

  • II. Schutzbereich

    • 1. Persönlicher Schutzbereich

    • 2. Sachlicher Schutzbereich

  • III. Eingriff

  • IV. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

    • 1. Einschränkungsmöglichkeit des Grundrechts

    • 2. Verfassungsmäßige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit

      • a) 1. Stufe: Berufsausübung („wie“)

      • b) 2. Stufe: Subjektive Zulassungsvoraussetzungen („ob“)

      • c) 3. Stufe: Objektive Zulassungsvoraussetzungen („ob“)

I. Einleitung

Die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG zählt zu den zentralen Freiheitsrechten des Grundgesetzes und schützt die freie Wahl und Ausübung eines Berufs, sowie die Ausbildung. Art. 12 GG ist dabei nicht nur Ausdruck individueller Selbstbestimmung, sondern auch eine zentrale Voraussetzung für eine dynamische und wettbewerbsfähige Gesellschaft. Durch die Gewährleistung der Berufsfreiheit ist es den Menschen möglich, ihre Fähigkeiten und Talente frei zu entfalten, was Innovation und wirtschaftliches Wachstum fördert. Dies stärkt nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern trägt auch wesentlich zur positiven Entwicklung und Flexibilität des gesamten Arbeitsmarktes bei.

II. Schutzbereich

Zitat

Art. 12 I GG:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

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1. Persönlicher Schutzbereich

Art. 12 I GG umfasst im persönlichen Schutzbereich nur Deutsche und stellt damit ein Bürgerrecht dar.

2. Sachlicher Schutzbereich

Dem Wortlaut nach differenziert Art. 12 I GG zwischen Berufswahl (Satz 1) und Berufsausübung (Satz 2).

Nach herrschender Meinung wird Art. 12 I GG aber als einheitliches Grundrecht auf Berufsfreiheit verstanden, das die Bereiche Berufswahl und Berufsausübung umfasst. Diese Sichtweise betont, dass Berufswahlfreiheit und Berufsausübungsfreiheit nicht als voneinander getrennte Rechte existieren, sondern eine einheitliche Schutzgarantie bilden, die den gesamten beruflichen Tätigkeitsbereich abdeckt. Grund dafür ist, dass eine klare Trennung der Begriffe im Gesamten kaum möglich ist. Die freie Wahl des Ausbildungsplatzes ist dabei ebenfalls garantiert. Prüfungsleistungen in diesem Kontext müssen dem Maßstab von Art. 12 GG entsprechen.

Die Differenzierung zwischen Berufswahl und Berufsausübung ist jedoch bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Eingriffen von Bedeutung. Dazu später ausführlich.

Definition

Beruf ist jede Tätigkeit, die auf eine gewisse Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient.

Auf gewisse Dauer angelegt heißt nicht, dass die Tätigkeit lebenslang ausgeübt werden muss, aber es sollte eine gewisse Kontinuität oder Wiederholungsabsicht bestehen.

Beispiel

  • Ein Erntehelfer, der jedes Jahr während der Erntesaison für mehrere Wochen in der Landwirtschaft arbeitet.

  • Ein IT-Berater, der kontinuierlich für verschiedene Unternehmen Projektaufträge annimmt.

Der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient die Tätigkeit, wenn der Erwerbszweck ist, Einkommen zu generieren, um den eigenen Lebensunterhalt ganz oder teilweise zu sichern.

Problem

Umstritten ist, ob die Tätigkeit erlaubt sein muss.

Nach einer Ansicht sind verbotene Tätigkeiten nicht vom Schutzbereich des Art. 12 I GG erfasst. Die herrschende Meinung (sogenannte Einheitstheorie) ist demgegenüber der Ansicht, dass auch verbotene Tätigkeiten erfasst sind (z. B.: Erwerbstätiger arbeitet weiter in seinem Beruf, obwohl er eine gesetzliche Altersgrenze überschritten hat), solange es sich nicht um schlichtweg gemeinschädliche Tätigkeiten handelt (z. B.: Berufsverbrecher, Rauschgifthandel, Spionagetätigkeiten).

Dadurch geschützt ist auch die Wettbewerbsfreiheit. Die Wettbewerbsfreiheit bedeutet, dass jeder das Recht hat, seine berufliche Tätigkeit im Wettbewerb mit anderen auszuüben. Sie schützt die Möglichkeit, am freien Marktgeschehen teilzunehmen, Leistungen anzubieten und Kunden zu werben, ohne unzulässige staatliche Beschränkungen oder Eingriffe zu erfahren.

III. Eingriff

Definition

Ein Eingriff in die Berufsfreiheit liegt vor, wenn gezielt und spezifisch der Schutzbereich beschränkt wird (berufsregelnde Tendenz).

IV. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

1. Einschränkungsmöglichkeit des Grundrechts

An dieser Stelle wird nun wieder relevant, dass Art. 12 I GG nach allgemeiner Ansicht als einheitliches Grundrecht der Berufsfreiheit zu betrachten ist. Wenn man die beiden Sätze des Absatzes 1 dem Wortlaut nach getrennt betrachten würde, würde der einfache Gesetzesvorbehalt in Satz 2 nur für die Berufsausübung, aber nicht für die Berufsfreiheit (Satz 1) gelten. Durch die Auslegung als einheitliches Grundrecht gilt dieser aber auch für Absatz 1, beziehungsweise für das einheitliche Grundrecht der Berufsfreiheit.

Somit besteht ein einfacher Gesetzesvorbehalt.

2. Verfassungsmäßige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit

Die Prüfung der verfassungsmäßigen Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit erfolgt wie gewohnt vor allem anhand des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Allerdings wird die Prüfung bei Eingriffen in die Berufsfreiheit durch die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte „3-Stufen-Theorie“ modifiziert. Diese differenziert Eingriffe in die Berufsfreiheit nach der Intensität des Eingriffs in drei Stufen, wobei strengere Anforderungen an die Rechtfertigung gestellt werden, je stärker die Berufsfreiheit beeinträchtigt wird.

Klausurtipp

Die Kategorisierung, auf welcher Stufe ein Eingriff steht, kann theoretisch auch schon bei der Prüfung des Eingriffs vorgenommen werden. Da aber an dieser Stelle zunächst für die Gesamtprüfung nur relevant ist, ob überhaupt ein Eingriff vorliegt und die Kategorisierung erst später relevant wird, empfiehlt es sich, diese erst hier im Rahmen der Rechtfertigung vorzunehmen.

Die Anforderungen der 3-Stufen-Theorie sind auf der Ebene der Angemessenheit im Rahmen der Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu prüfen.

Klausurtipp

Teilweise wird die 3 Stufen-Theorie auch schon auf der Ebene des legitimen Zwecks geprüft, da die Anforderungen der 3-Stufen-Theorie auch Auswirkungen auf die Anforderungen an den legitimen Zweck hat. Eine vollständige Prüfung in der Angemessenheit ist aber vorzugswürdig, da Ausführungen und Argumente nicht aufgespaltenwerden müssen. Zudem besteht mit diesem Prüfungsaufbau nicht die Gefahr, dass man sich wesentliche Klausurprobleme abschneidet.

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a) 1. Stufe: Berufsausübung („wie“)

Die erste Stufe betrifft die Berufsausübung, also das “wie” der Berufsfreiheit.

Beispiel

Vorschriften, die die Öffnungszeiten von Geschäften regeln oder hygienische Anforderungen für die Ausübung bestimmter Berufe (z. B. für Ärzte oder Friseure) vorschreiben.

Solche Regelungen sind zulässig, wenn sie durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sind.

b) 2. Stufe: Subjektive Zulassungsvoraussetzungen („ob“)

Diese Regelungen betreffen persönliche Voraussetzungen für die Aufnahme eines Berufs, wie etwa Bildungsabschlüsse oder Qualifikationen. Merkmal ist, dass der Grundrechtsträger auf sie einen Einfluss hat, weshalb man von subjektiven Zulassungsvoraussetzungen spricht. Sie greifen stärker in die Berufsfreiheit ein als Berufsausübungsregelungen.

Beispiel

  • Die Pflicht, ein bestimmtes Studium oder eine Ausbildung abzuschließen, um einen Beruf ausüben zu können, z. B. das Erfordernis eines abgeschlossenen Jurastudiums und eines Referendariats, um als Rechtsanwalt arbeiten zu dürfen.

  • Bei der Polizei oder Bundeswehr werden oft bestimmte Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit gestellt (z. B. Ausdauer, Kraft), die durch Training erreicht werden können.

Solche Regelungen sind zulässig, wenn sie dem Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen.

c) 3. Stufe: Objektive Zulassungsvoraussetzungen („ob“)

Diese Stufe betrifft Zugangsbeschränkungen, die an äußere, objektive Faktoren anknüpfen. Auf diese hat der Grundrechtsträger keinen Einfluss, weshalb diese als objektive Zulassungsvoraussetzungen bezeichnet werden.

Beispiel

  • Um als Lkw- oder Busfahrer tätig zu sein, ist ein Mindestalter von 21 Jahren vorgeschrieben.

  • Zulassungshöchstzahl und Numerus clausus

Solche Regelungen sind nur zulässig, wenn sie zur Abwehr schwerwiegender Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut erforderlich sind.

Beispiel

Um eine flächendeckende und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung zu gewährleisten, kann der Staat in bestimmten Regionen Zulassungsbeschränkungen für niedergelassene Ärzte oder Apotheker einführen. Eine solche Bedarfsprüfung soll eine Überversorgung verhindern und sicherstellen, dass medizinische Ressourcen optimal verteilt werden. Das überragend wichtige Gemeinschaftsgut ist hier der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung.

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