Drei Spezialfälle der Eingriffskondiktion ergeben sich aus dem § 816 BGB, der in § 816 I 1 BGB, § 816 I 2 BGB und § 816 II BGB insgesamt drei dazu passende Anspruchsgrundlagen enthält. Sie haben gemeinsam, dass sie in jeweils in einer Konstellation unter Beteiligung eines Nichtberechtigten einschlägig sind. Eine typische Klausurkonstellation ist daher, den § 816 BGB mit dem gutgläubigen Erwerb von beweglichen oder unbeweglichen Sachen zu kombinieren.
I. Anspruch aus § 816 I 1 BGB
Die bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlage des § 816 I 1 BGB ist einschlägig, wenn ein Nichtberechtigter eine entgeltliche Verfügung vornimmt.

1. Voraussetzungen

a) Verfügung eines Nichtberechtigten
Im Rahmen der Anspruchsvoraussetzungen ist damit zunächst eine Verfügung eines Nichtberechtigten, also etwa eine Übereignung, erforderlich.
Definition
Eine Verfügung ist jedes Rechtsgeschäft, durch das ein bestehendes Recht unmittelbar übertragen, belastet, inhaltlich geändert oder aufgehoben wird.
Nichtberechtiger ist jemand, der mangels Rechtsinhaberschaft oder aufgrund einer Verfügungsbeschränkung keine Verfügungsbefugnis hat.
b) Anspruchsgegener ist zum Zeitpunkt der Verfügung Nichtberechtigter
Der Anspruchsgegner muss zum Zeitpunkt der Verfügung Nichtberechtigter sein.
c) Anspruchssteller ist zum Zeitpunkt der Verfügung Berechtigter
Der Anspruchssteller muss zum Zeitpunkt der Verfügung Berechtigter sein.
d) Entgeltlich
Außerdem muss die Verfügung des Nichtberechtigten entgeltlich sein. Diese Voraussetzung ist nicht ausdrücklich im Gesetzestext vorgesehen, ergibt sich aber aus einem Umkehrschluss zu § 816 I 2 BGB.
In § 816 I 2 BGB ist der Gesetzgeber etwas ungenau. Eine Verfügung selbst kann angesichts des Trennungsprinzips weder entgeltlich noch unentgeltlich sein. Gemeint ist, ob der Grund für die Verfügung in einem entgeltlichen oder unentgeltlichen Verpflichtungsgeschäft besteht.
Definition
Entgeltlichkeit liegt vor, wenn der Erwerber der Sache eine Gegenleistung erbracht hat oder eine solche geschuldet ist.
e) Wirksamkeit gegenüber dem Berechtigten
Die Verfügung des Nichtberechtigten muss weiterhin dem Berechtigten gegenüber wirksam sein.
Dies ist nach den Vorschriften des Sachenrechts zu beurteilen. Maßgeblich sind die Vorschriften des gutgläubigen Erwerbs vom Nichtberechtigten gemäß §§ 892 f. BGB, §§ 932 ff. BGB, §§ 2366 f. BGB und § 366 HGB. Die Verfügung ist auch dann dem Berechtigten gegenüber wirksam, wenn dieser sie gemäß § 185 II 2 Fall 1 BGB genehmigt.
Klausurtipp
Fordert der Berechtige von dem nichtberechtigt Verfügenden den Veräußerungserlös heraus, kann hierin eine konkludente Genehmigung im Sinne des § 185 II 2 Fall 1 BGB liegen.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir die § 185 II 1 Fall 1 BGB, § 892 f. BGB, §§ 932 ff. BGB, §§ 2366 f. BGB und § 366 HGB neben den § 816 I 1 BGB kommentieren, um dir die Anwendungsfälle des § 816 I 1 BGB besser merken zu können.
2. Rechtsfolge
Als Rechtsfolge sieht § 816 I 1 BGB die Pflicht zur Herausgabe des durch die Verfügung erlangten vor. Was genau hiermit gemeint ist, ist umstritten.
Denkbar ist, dass es sich um eine Pflicht zur Herausgabe des Veräußerungserlöses handelt.
Andererseits könnte auch der objektive Wert der veräußerten Sache herauszugeben sein.

Beispiel
Fall
Dieb D entwendet Stoff und veräußert ihn für 10.000 € an die Färberei F. Diese färbt ihn unter Aufwendungen von 2.000 €. Anschließend veräußert sie ihn für 13.000 € an Händler H weiter. Dieser verkauft ihn schließlich für insgesamt 20.000 € an seine Kunden. Eigentümer E genehmigt diese Verfügungen.
Welche Ansprüche hat er gegen H?
Kann H das an F gezahlte Entgelt abziehen?
Lösung
Ansprüche des E gegen H
E könnte gegen H einen Anspruch aus § 816 I 1 BGB haben.
Ein solcher setzt voraus, dass H als Nichtberechtigter wirksam über eine fremde Sache verfügt hat. H hat den von D entwendeten Stoff des E an seine Kunden veräußert. Es handelt sich um eine Verfügung, zur der H mangels Rechtsinhaberschaft nicht berechtigt war. Diese Verfügung müsst gegenüber E wirksam sein. Da der Stoff angesichts des Diebstahls im Sinne des § 935 I 1 BGB abhanden gekommen ist, scheidet ein gutgläubiger Erwerb der Kunden nach §§ 929 S. 1, 932 I 1 BGB aus. Die Verfügung ist jedoch aufgrund der Genehmigung des E nach § 185 II 1 Fall 1 BGB wirksam.
Damit liegen die Voraussetzungen des § 816 I 1 BGB vor. H ist gemäß § 816 I 1 BGB zur Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten verpflichtet. Fraglich ist, was das durch die Verfügung Erlangte konkret ist.
Streitstand
Nach Ansicht der Rechtsprechung und herrschenden Lehre handelt es sich hierbei um den Veräußerungserlös. Dieser beträgt vorliegend 20.000 €.
Hierfür spricht der Wortlaut des § 816 I 1 BGB. Schließlich wird ja der Veräußerungserlös durch die Verfügung erlangt. Außerdem ist in systematischer Hinsicht zu berücksichtigen, dass bei der Vereitelung von Ansprüchen § 285 BGB gilt. Hiernach kann der Veräußerungserlös geltend gemacht werden. Es wäre ein Wertungswiderspruch bei der Vereitelung dinglicher Rechte weniger zu gewähren.
Weiterhin trägt der Bereicherungsgläubiger das Risiko der Unter - Wert - Veräußerung. Also soll er auch von einer Über - Wert - Veräußerung profitieren. Außerdem handelt es sich um einen Sonderfall der Eingriffskondiktion. Die Veräußerung durch einen Nichtberechtigten greift in den Zuweisungsgehalt fremden Eigentums ein. Die Verwertung der Sache in Gestalt einer Veräußerung bleibt dem Eigentümer vorbehalten.
Eine andere Ansicht sieht in dem Herausgabeobjekt des Anspruchs aus § 816 I 1 BGB den objektiven Wert der Sache. Hiernach könnte E von H nur Zahlung von 12. 000 € verlangen.
Dafür lässt sich das systematische Argument aufführen, dass eine Verpflichtung zur Gewinnherausgabe nur Geschäftsanmaßer trifft. Hierfür sieht §§ 687 II 1, 681 S. 2, 667 BGB enge Voraussetzungen vor.
Auch beruht der Übererlös in der Regel auf besonderer Geschäftstüchtigkeit und einem besonderen Verhandlungsgeschick des Veräußeres und gebührt dementsprechend ihm.
Auch wird für diese Ansicht aufgeführt, dass der Verfügende durch die Veräußerung der Sache lediglich die Befreiung von einer Verbindlichkeit erlangt. H wird von der kaufvertraglichen Verpflichtung gegenüber seinen Kunden befreit. Da diese Befreiung selbst nicht herausgegeben werden kann, ist nach § 818 II BGB ihr Wert zu ersetzen.
Gegen diese Argumentation spricht jedoch, dass § 816 I 2 BGB davon ausgeht, dass der unentgeltliche Veräußerer nichts erlangt, obwohl er von seiner Verpflichtung aus einem Schenkungsversprechen befreit wurde.
2. Anrechenbarkeit des Gewinns
H kann das an F gezahlte Entgelt in Höhe von 13.000 € nicht im Rahmen des Anspruchs aus § 816 I 1 BGB abziehen. Vor der Weiterveräußerung durch H hätte E den Stoff nach § 985 BGB herausverlangen können. Nach § 1000 S. 1 BGB hätte ihm H die Entgeltzahlung nur entgegen halten können, wenn sie eine objektbezogene Verwendung wäre. Das heißt wenn sie dem Stoff selbst zu Gute käme. Das Entgelt kommt dem Erwerb des Stoffes, nicht aber dem Stoff selbst zu Gute.
Da H nach der Weiterveräußerung nicht besser als vorher stehen kann, kann er das Entgelt nicht abziehen.
II. Anspruch aus § 816 I 2 BGB
Ein Anspruch aus § 816 I 2 BGB kommt - in Abgrenzung zu § 816 I 2 BGB - bei einer unentgeltlichen Verfügung eines Nichtberechtigten in Betracht.
Eine Besonderheit des Anspruchs liegt darin, dass er dem Bereicherungsgläubiger einen unmittelbaren Anspruch gegen den Erwerber gewährt, obwohl der Nichtberechtigte an den Erwerber geleistet hat. Damit wird der Grundsatz der Subsidiarität der Nichtleistungskondiktion durchbrochen.
1. Voraussetzungen
Die Voraussetzungen des Anspruchs aus § 816 I 2 BGB sind mit Ausnahme der Unentgeltlichkeit die gleichen, wie jene des § 816 I 1 BGB. Es ist eine Verfügung eines Nichtberechtigten erforderlich. Diese muss unentgeltlich erfolgen und dem Berechtigten gegenüber wirksam sein.
Definition
Unentgeltlichkeit ist zu bejahen, wenn den Erwerber der Sache weder eine Gegenleistung erbracht hat noch eine solche geschuldet ist.
Beispiel
Erwerb aufgrund einer Schenkung

2. Rechtsfolge
Auf der Rechtsfolgenseite sieht der Anspruch aus § 816 I 2 BGB einen Anspruch auf Herausgabe der veräußerten Sache gegen den gutgläubigen Erwerber vor.
Merke
Aufgrund der geringeren Schutzwürdigkeit des unentgeltlichen Erwerbs, ist der gutgläubige, unentgeltliche Erwerb nicht kondiktionsfest.
III. Anspruch aus § 816 II BGB
Während § 816 I BGB die Leistung eines Nichtberechtigten an einen gutgläubigen Erwerber betrifft, ist § 816 II BGB bei der Leistung an einen Nichtberechtigten einschlägig. Genauer gesagt, kommt § 816 II BGB dann zur Anwendung, wenn ein Nichtberechtigter wirksam eine fremde Forderung einzieht.
1. Voraussetzungen
Der Anspruch aus § 816 II BGB setzt die Bewirkung einer Leistung an einen Nichtberechtigten voraus, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist.

a) Leistung an einen Nichtberechtigten
Zunächst ist eine Leistung an einen Nichtberechtigten erforderlich. Hinsichtlich der Leistung gelten die Ausführungen zur Leistungskondiktion. Diese kannst du hier wiederholen.
Der Leistungsempfänger muss Nichtberechtigter sein.
Definition
Unter einer Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens zu verstehen.
b) Wirksamkeit gegenüber dem Berechtigten
Außerdem muss die Forderungseinziehung des Nichtberechtigten gegenüber dem berechtigten Forderungsinhaber wirksam sein.
Die Wirksamkeit gegenüber dem Forderungsinhaber kann sich etwa aus §§ 407 - 409 BGB, § 893 BGB, § 2367 BGB oder § 354a HGB ergeben. Auch hier kann eine Genehmigung des Berechtigten gemäß §§ 362 II, 185 II 1 Fall 1 BGB die Wirksamkeit herbeiführen.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir die §§ 362 II, 185 II 1 Fall 1 BGB, §§ 407 - 409 BGB, § 893 BGB, § 2367 BGB, § 354a HGB neben den § 816 II BGB, um zu wissen aus welchen Vorschriften sich eine Wirksamkeit gegenüber dem Berechtigten ergeben kann.
2. Rechtsfolge
Liegen die Voraussetzungen des § 816 II BGB vor, kann der Forderungsinhaber von dem Nichtberechtigten die Herausgabe des Geleisteten verlangen.
Beispiel
A hat gegen B eine Forderung in Höhe von 5.000 €. Diese tritt er gemäß § 398 BGB an C ab. B hart keine Kenntnis von der Abtretung und zahlt die 5.000 € an A. Gemäß § 407 I BGB ist die Zahlung an C dem A gegenüber wirksam. C kann aus der Forderung nicht mehr gegen B vorgehen. Er hat jedoch einen Anspruch aus § 816 II BGB auf Zahlung der 5.000 € gegen A.