Constellatio Logo Icon
InhalteFeaturesKarteikartenPreisBlogNewsÜber unsAnmelden

Zivilrecht

/

Schuldrecht AT

/

Schuldnerwechsel

Befreiende Schuldübernahme

Teilgebiet

Schuldrecht AT

Thema

Schuldnerwechsel

Tags

Schuldnerwechsel
Schuldübernahme
§ 414 BGB
§ 415 BGB
§ 416 BGB
§ 418 BGB
Gliederung
  • I. Definition

  • II. Rechtsnatur

  • III. Vertragsparteien

    • 1. Vertrag zwischen Gläubiger und Übernehmer (§ 414 BGB)

    • 2. Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer (§ 415 BGB)

    • 3. Genehmigung (§ 415 I 1 BGB)

  • IV. Exkurs: Übernahme einer hypothekarischen Schuld

  • V. Einwendungen des Übernehmers

    • 1. Unwirksamkeit der Schuldübernahme

    • 2. Einwendungen gegen das Übernahmeobjekt

    • 3. Einwendungen gegen die Übernahmeverpflichtung

  • VI. Akzessorische Rechte

I. Definition

Bei einer befreienden Schuldübernahme wird eine Schuld von einem Dritten durch Vertrag mit dem Gläubiger in der Weise übernommen, dass der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt, vergleiche § 414 BGB.

Das heißt ein neuer Schuldner tritt an die Stelle des alten Schuldners. Letzterer wird von seiner Schuld befreit, bleibt aber Vertragspartei.

II. Rechtsnatur

Es handelt sich um eine Form des Schuldnerwechsels. Andere Formen des Schuldnerwechsels sind die Gesamtrechtsnachfolge oder die Vertragsübernahme.

Web App FeatureUnsere Grafiken sind nur in der Web App verfügbar.
Platzhalter Grafik

Merke

Die befreiende Schuldübernahme führt lediglich zu einem Schuldnerwechsel und lässt den Schuldinhalt unberührt. Der Gläubiger darf durch den Schuldnerwechsel weder einen rechtlichen Vorteil noch einen rechtlichen Nachteil erleiden.

III. Vertragsparteien

Web App FeatureUnsere Grafiken sind nur in der Web App verfügbar.
Platzhalter Grafik

1. Vertrag zwischen Gläubiger und Übernehmer (§ 414 BGB)

Der Dritte, auch Übernehmer genannt, muss mit dem Gläubiger einen Vertrag dahingehend schließen, dass er anstelle des alten Schuldners die Schuld übernehmen möchte (verfügender Vertrag zugunsten Dritter).

Dies kann auf beiden Seiten zu nachteiligen Folgen führen. Der Gläubiger sucht sich den Dritten regelmäßig nicht als Vertragspartner aus und kann daher gegebenenfalls seine Solvenz nicht umfassend beurteilen.

Der Dritte dagegen übernimmt eine Schuld, die er nicht verursacht hat.

Klausurtipp

Aus diesen Gründen sind an beide Willenserklärungen strenge Anforderungen zu stellen. Man kann also nicht ohne Weiteres eine befreiende Schuldübernahme annehmen. In einer Klausur müssten hierzu entsprechende, ausführliche Angaben gemacht werden.

2. Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer (§ 415 BGB)

Die Schuldübernahme kann auch zwischen Schuldner und Übernehmer vereinbart werden. Die Wirksamkeit dieser Vereinbarung hängt jedoch von der Genehmigung des Gläubigers ab, vgl. § 415 I 1 BGB. Darin zeigt sich, dass der Gläubiger vor einem möglicherweise nachteiligen Schuldnerwechsel geschützt werden soll.

Umstritten ist jedoch die Rechtsnatur dieser Vereinbarung.

Problem

Rechtsnatur des Vertrages zwischen Schuldner und Übernehmer im Rahmen eines Schuldübernahmevertrages

  • Angebotstheorie: Der Schuldübernahmevertrag wird stets zwischen Gläubiger und Übernehmer geschlossen. Die Mitteilung nach § 415 I 2 BGB stellt ein Angebot zur Schuldübernahme, die Genehmigung des Gläubigers nach § 415 I 1 BGB die damit korrespondierende Annahme dar.

  • Verfügungstheorie (h.M.): § 415 BGB und § 414 BGB regeln zwei verschiedene Arten der befreienden Schuldübernahme. Bei § 415 BGB verfügen der Übernehmer und der (Alt-)Schuldner mittels des Schuldübernahmevertrags als Nichtberechtigte im Sinne des § 185 BGB; diese Verfügung ist/wird nach § 185 I, II 1 BGB wirksam mit Einwilligung / Genehmigung des Gläubigers (Arg: Wortlaut des § 415 BGB („Genehmigung“); Systematik)

Relevanz des Theorienstreits

1. Wirksamkeitszeitpunkt der Schuldübernahme:

- Verfügungstheorie: Genehmigung wirkt zurück (§ 184 I BGB).

- Angebotstheorie: Schuldübernahme kommt erst mit „Genehmigung“ zustande.

2. Form: Eine Einwilligung/Genehmigung ist stets formfrei (§ 182 II BGB), eine Annahme nicht.

3. Täuscht der Altschuldner den Ü arglistig, ist er nach der Angebotstheorie Dritter im Sinne des § 123 II BGB, nach der Verfügungstheorie nicht.

3. Genehmigung (§ 415 I 1 BGB)

Die Genehmigung kann grundsätzlich erst erteilt werden, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgeteilt hat, vgl. § 415 I 2 BGB. Die Parteien können nämlich bis zur Genehmigung den Vertrag ändern oder aufheben (§ 415 I 3 BGB). Diese Befugnis geht mit der Genehmigung verloren, da dann die Schuldübernahme (rückwirkend) wirksam wird.

Nach der Rechtsprechung kann der Gläubiger aber auch vor Vertragsschluss einwilligen.

Der Schuldner oder der Dritte können den Gläubiger zudem unter Setzung einer Frist zur Erklärung über die Genehmigung auffordern. Wird sie nicht innerhalb der Frist erklärt, gilt sie als verweigert, vgl. § 415 II 2 BGB.

IV. Exkurs: Übernahme einer hypothekarischen Schuld

Übernimmt der Erwerber eines Grundstücks durch Vertrag mit dem Veräußerer eine Schuld des Veräußerers, für die eine Hypothek an dem Grundstück besteht, so kann der Gläubiger die Schuldübernahme nur genehmigen, wenn der Veräußerer sie ihm mitteilt (§ 415 I 2 BGB).

Nach Ablauf von sechs Monaten seit der Mitteilung gilt die Genehmigung als erteilt (§ 416 I 2 BGB).

Beispiel

Sachverhalt

A nimmt ein Darlehen bei der Bank B auf. Zur Sicherung bestellt A eine Hypothek an seinem Grundstück. Kurz darauf veräußert A dieses Grundstück „in Anrechnung der Hypothek“ an den Dritten D, ohne die B zu informieren. Als das Darlehen fällig ist, möchte die Bank den A auf Rückzahlung in Anspruch nehmen. Dieser wendet ein, nicht mehr Eigentümer des Grundstücks zu sein.

Lösung

Der Anspruch der B nach § 488 I 2 BGB besteht dem Grunde nach. Fraglich ist allein, ob D die Schuld übernommen hat. In der Vereinbarung „in Anrechnung der Hypothek“ kann eine solche Schuldübernahme liegen. Sie setzt allerdings eine Genehmigung voraus (§ 415 I 1 BGB). Da A der B die Schuldübernahme nicht mitgeteilt hat, konnte B die Schuldübernahme nicht genehmigen, vgl. § 416 I 1 BGB. Daher ist weiterhin A der Schuldner der Darlehensforderung.

V. Einwendungen des Übernehmers

1. Unwirksamkeit der Schuldübernahme

Falls die Schuldübernahme unwirksam ist (§§ 116 f., 125, 138, 142 BGB etc.), wird der Übernehmer nicht Schuldner und kann dies gegenüber der Inanspruchnahme einwenden.

Ob der Übernehmer die Schuldübernahme anfechten kann, wenn er durch den (Alt-)Schuldner arglistig getäuscht wurde und der Gläubiger nichts davon wusste, hängt von der Frage ab, ob der Schuldner Dritter im Sinne des § 123 II 1 BGB ist. Hier wird nach der Art der Schuldübernahme differenziert.

Beispiel

  1. Im Rahmen der Schuldübernahme nach § 414 BGB ist der Schuldner Dritter im Sinne des § 123 II 1 BGB. Eine Anfechtung scheidet demnach bei Unkenntnis des Gläubigers aus.

  2. Bei der Schuldübernahme nach § 415 BGB ist der Schuldner kein Dritter im Sinne des § 123 II 1 BGB. Eine Anfechtung nach § 123 I BGB ist mithin möglich.

2. Einwendungen gegen das Übernahmeobjekt

Der Übernehmer kann dem Gläubiger alle Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Gläubiger und (Alt-)Schuldner entgegensetzen, vgl. § 417 I BGB.

Das gilt auch für Einwendungen, die erst nach Schuldübernahme entstanden sind, sofern sie dem Grunde nach schon angelegt waren (wie dies auch bei § 404 BGB im Rahmen der Abtretung der Fall ist; mehr dazu findest du hier).

3. Einwendungen gegen die Übernahmeverpflichtung

Einwendungen aus der Übernahmeverpflichtung, also aus dem der Schuldübernahme zugrundeliegenden Kausalgeschäft zwischen Übernehmer und Schuldner, kann der Übernehmer dem Gläubiger nicht entgegenhalten. Die Schuldübernahme ist abstrakt, sodass Mängel im Kausalgeschäft nicht durchschlagen.

Ausnahmsweise gilt etwas anders, wenn eine Bedingungseinheit (§ 158 BGB) oder eine Geschäftseinheit (§ 139 BGB) zwischen dem Grundgeschäft und dem Übernahmevertrag besteht.

VI. Akzessorische Rechte

Besonderheiten gelten hinsichtlich der akzessorischen Rechte (beispielsweise Bürgschaften, Pfandrechte etc.). Sie erlöschen gemäß § 418 I 1 BGB infolge der Schuldübernahme. 

Grund hierfür ist, dass die Bürgen und Pfandrechtsbesteller möglicherweise vorrangig vor dem Neuschuldner in Anspruch genommen werden würden, wenn dieser weniger solvent ist. Da sie aber nicht am Schuldnerwechsel beteiligt sind, sind sie grundsätzlich schutzwürdig. Keines Schutzes bedarf es daher, wenn die oben genannten Personen in die Schuldübernahme eingewilligt haben, vgl. § 418 I 3 BGB. Das Sicherungsrecht erlisch in diesen Fällen nicht.

Die Hypothek geht auf den Eigentümer über, vgl. § 418 I 2 BGB, also wandelt sich in eine Eigentümerhypothek um, vgl. § 1168 I BGB.

Merke

Dass der Gläubiger Rechte verliert, ist angemessen, da eine Schuldübernahme letztlich nur mit seiner Zustimmung möglich ist.

Flag
Flag
Background lines

Bereit, Jura digital zu lernen?

Mach dir dein eigenes Bild unseres Digitalen Compagnons und erlebe, mit wie viel Freude man Jura im Jahr 2025 lernen kann.

Kostenlos ausprobieren

Ohne Zahlungsdaten