I. Einleitung
Die §§ 650a BGB regeln den speziellen Vertragstyp des Bauvertrags. Dieser ist im Kern ein Werkvertrag (was sich auch aus der systematischen Stellung im Gesetz ergibt als Teil des Titel 9, Untertitel 1). Allerdings haben bauvertragliche Konstellationen aufgrund der vertraglichen Konstellation und der Vielzahl der Beteiligten Besonderheiten, die es rechtfertigen, Sonderregelungen zu schaffen.
Merke
In den Worten des Gesetzgebers ging es bei der Neuschaffung der Normen um die Stärkung des „bauvertraglichen Kooperationsgedankens“ sowie des Verbraucherschutzes.
Die Vertragsparteien des Bauvertrages sind wie im normalen Werkvertragsrecht Besteller und Unternehmer. Der Unternehmer wird jedoch regelmäßig als Generalunternehmer bezeichnet, da er die für die Herstellung des (Bau-)Werks erforderlichen Aufgaben regelmäßig an Subunternehmer vergibt, was bedeutet, dass er seinerseits im eigenen Namen Werkverträge (nicht: Bauverträge!) mit diesen schließt.

II. Definitionen des Bauvertrags
Der Bauvertrag und der damit zusammenhängende Vertrag über die Instandhaltung (eines Bauwerks) sind in § 650a BGB legaldefiniert.
Definition
Bauvertrag (§ 650a I BGB):
"Ein Bauvertrag ist ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon."
Definition
Vertrag über die Instandhaltung (§ 650a II BGB):
"Ein Vertrag über die Instandhaltung eines Bauwerks ist ein Bauvertrag, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist."
Die Begriffe des „Bauwerks“ und der „Außenanlage“ wurden durch die Rechtsprechung geprägt.
Definition
Bauwerk: Eine „unbewegliche, durch Verwendung von Arbeit und Material in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte Sache“.
Definition
Außenanlage: Grundstücksbezogene Leistungen wie Erd-, Pflanz-, Rasen-, Saatarbeiten, sowie entwässerungs- und vegetationstechnische Arbeiten durch Unternehmen des Garten- u. Landschaftsbaus.
III. Vertragliche Besonderheiten des Bauvertrages
1. Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB)
Regelmäßig wird bei Bauverträgen die sogenannte VOB berücksichtigt. Die VOB ist ein Dokument, das inhaltliche und prozessuale Bestimmungen für Bauaufträge trifft und für öffentliche Bauvorhaben verpflichtend ist. Sie werden regelmäßig – müssen aber nicht – aber auch bei privaten Vorhaben angewandt und werden Vertragsbestandteil, sofern die Auslegung einen entsprechenden Rechtsbindungswillen ergibt. Sofern die VOB in den Vertrag miteinbezogen wird, ist ihre Wirksamkeit als AGB zu prüfen.
Vernetztes Lernen
Du siehst hier eine typische Überschneidung verschiedener Rechtsgebiete. Einerseits befindest du dich im Werkvertrags-/Bauvertragsrecht, andererseits musst du Probleme des BGB AT prüfen (Rechtsbindungswille) und darüber hinaus auch noch AGB-Recht.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, zitiere dir den § 310 I 3 BGB an den § 650a BGB, um dich daran zu erinnern, dass bei einer umfassenden Übernahme der VOB ohne inhaltliche Abweichungen keine Inhaltskontrolle nach AGB-Recht stattfindet.
2. Vertragsänderung (§ 650b BGB)
§ 650b BGB macht es den Parteien leichter, den vertraglichen Inhalt anzupassen. Dies ergibt aufgrund der Komplexität von Bauvorhaben und deren Langwierigkeit auch Sinn, um flexibel reagieren zu können.
Merke
Grundsätzlich bedarf es (§ 311 I BGB) einer vertraglichen Vereinbarung, um eine vertragliche Vereinbarung zu ändern. § 650b I BGB hingegen spricht davon, dass „Einvernehmen“ über eine Änderung „anzustreben“ sei. Der Unternehmer ist in Folge eines Begehrens des Bestellers verpflichtet, ein Angebot für das geänderte Vorhaben zu erstelln (§ 650b II 2 BGB). Sofern ein Einvernehmen nicht innerhalb von 30 Tagen erzielt werden kann, kann der Besteller die Änderung in Textform anordnen (§ 650b II 1 BGB).
a) Zumutbarkeit des Änderungsbegehrens
§ 650b BGB enthält jedoch zwei Zumutbarkeitseinschränkung zugunsten des Unternehmers:
Ist ihm die Ausführung der Änderung des vereinbarten Werkerfolgs (§ 650b I 2 BGB) nicht zumutbar, muss er ein Angebot nicht erstellen.
Ist ihm die Anordnung auf eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs (§ 650b I 1 Nr. 1 BGB) nicht zumutbar, muss er der Anordnung nicht nachkommen.
b) Anpassung der Vergütung
Gemäß § 650c BGB kann die Vergütung angepasst werden, wenn der Vertrag gemäß § 650b BGB geändert wurde.
Zitat
§ 650c I 1 BGB: „Die Höhe des Vergütungsanspruchs für den infolge einer Anordnung des Bestellers nach § 650b Absatz 2 vermehrten oder verminderten Aufwand ist nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn zu ermitteln.“
c) Einstweilige Verfügung (§ 650d BGB)
Sofern es hinsichtlich des Anordnungsrechts (§ 650b BGB) oder der Vergütungsanpassung (§ 650c BGB) zu einem Gerichtsprozess kommt und eine der Parteien eine einstweilige Verfügung begehrt, ist es abweichend vom normalen Verfahren nicht erforderlich, dass der Verfügungsgrund glaubhaft gemacht wird (§ 294 ZPO).
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, zitiere dir die §§ 936, 920 BGB an den § 650d BGB (und umgekehrt), um dich daran zu erinnern, dass der Grundsatz, dass ein Verfügungsgrund im einstweiligen Verfügungsverfahren glaubhaft zu machen ist, nicht auf den § 650d BGB anwendbar ist.