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Schadensersatz

Aufwendungsersatz (§ 284 BGB)

Teilgebiet

Schuldrecht AT

Thema

Schadensersatz

Tags

Aufwendungsersatz
§ 284 BGB
§ 280 BGB
§ 281 BGB
Gliederung
  • I. Einführung

  • II. Verhältnis zu den §§ 280 ff. BGB

    • 1. Verhältnis zu Schadensersatz neben der Leistung und wegen Verzögerung der Leistung

    • 2. Verhältnis zu Schadensersatz statt der Leistung

      • a) Grundsatz

      • b) Sonstige Aufwendungen

  • III. Voraussetzungen

    • 1. Voraussetzungen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung

    • 2. Vergebliche Aufwendungen im Vertrauen auf Erhalt der Leistung

    • 3. Gläubiger durfte Aufwendungen billigerweise tätigen

    • 4. Kein Ausschluss (§ 284 a.E. BGB)

I. Einführung

§ 284 BGB ist kein Schadensersatzanspruch, sondern ein Aufwendungsersatzanspruch. Dennoch steht er in einem engen Zusammenhang mit den Schadensersatzansprüchen aus §§ 280 ff. BGB, denn er kann bei bestehenden Ersatzansprüchen alternativ geltend gemacht werden und betrifft aber nicht die durch die Pflichtverletzung entstandenen Schäden, sondern die Aufwendungen die auch bei ordnungsgemäßer Erfüllung entstanden wären. Dabei geht es also um den Ersatz von Aufwendungen aufgrund ihrer „Frustration“ (oder: Erfolglosigkeit). Der Ersatz richtet sich somit auf einen Teil des positiven Interesses, das darin besteht, so gestellt zu werden, als wäre der Anspruch erfüllt worden.

Merke

Eine Mindermeinung geht davon aus, dass es eigentlich um das negative Interesse geht, da der Gläubiger auf die Durchführung des Vertrages vertraut und nur deswegen die Aufwendungen getätigt hat. Somit hätte er die Aufwendungen unterlassen, wenn er nicht auf die Vertragsdurchführung vertraut hätte (= Vertrauensschaden). Dagegen spricht jedoch die Regelungssystematik des § 284 BGB, wonach der Aufwendungsersatz nur anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung gefordert werden kann.

II. Verhältnis zu den §§ 280 ff. BGB

1. Verhältnis zu Schadensersatz neben der Leistung und wegen Verzögerung der Leistung

Eine Konkurrenz zu dem Schadensersatz neben (§ 280 I BGB) und wegen Verzögerung der Leistung (§§ 280 I, II, 286 BGB) besteht nicht, da diese das Integritätsinteresse ausgleichen und nicht das Interesse an einer rechtzeitigen Leistung. Daher regelt § 284 BGB nur ausdrücklich, dass der Aufwendungsersatz anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung verlangt werden kann.

2. Verhältnis zu Schadensersatz statt der Leistung

a) Grundsatz

„anstelle“ des Schadensersatzes bedeutet, dass beide Anspruchsarten nicht gleichzeitig geltend gemacht werden können. Das leuchtet auch wertungsmäßig ein, insbesondere bei den Transaktionskosten, denn der Nutzer soll nicht durch den Schadensersatz einerseits so gestellt werden, als hätte er die Leistung erhalten und andererseits zusätzlich die Transaktionskosten ersetzt bekommen. Dies würde andernfalls gegen das schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoßen.

Beispiel

Der Käufer nimmt zur Finanzierung eines Warenkaufs über 100.000 Euro einen Kredit auf,

dessen Zinsen sich auf 5.000 Euro belaufen. Bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung hätte der Käufer die Waren für 125.000 Euro weiterverkaufen können. Könnte er 20.000 Euro entgangenen Gewinn (125.000 – 100.000 – 5.000 Euro) und 5.000 Euro Zinsaufwendungen verlangen, stünde er besser, als wenn der Vertrag ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre.

b) Sonstige Aufwendungen

Bei sonstigen Aufwendungen tritt der Aufwendungsersatzanspruch entgegen dem Wortlaut neben den Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung, da insoweit keine Doppelkompensation droht. Die Anordnung des Alternativverhältnisses durch das Wort „anstelle“ soll nur eine ungerechtfertigte Bereicherung des Gläubigers verhindern.

Beispiel

Der Käufer erwirbt ein Kfz 1.000 Euro unter Marktpreis. Sodann erwirbt er für 2.000 Euro Leichtmetallfelgen. Hier droht keine Doppelkompensation, wenn er Schadensersatz statt der Leistung in Höhe von 1.000 Euro sowie Aufwendungsersatz in Höhe von 2.000 Euro (Zug um Zug gegen Übereignung der Felgen) erhält.

III. Voraussetzungen

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Teilweise wird im Hinblick auf die sogenannte Rentabilitätsvermutung, die der BGH zur Rechtslage vor der Schuldrechtsmodernisierung entwickelt hat, eine einschränkende Auslegung des § 284 BGB vorgenommen. 

Merke

Die Rentabilitätsvermutung besagt, dass sich erwerbswirtschaftliche Aufwendungen in der Regel amortisieren. Diese Aufwendungen wären daher im Grundsatz auf Grundlage des Schadensersatzes statt der Leistung zu ersetzen.

Problem

Verhältnis von § 284 BGB zur „Rentabilitätsvermutung“

  • M.M.: § 284 BGB ist subsidiär zur Rentabilitätsvermutung. Somit wird § 284 BGB bei kommerziellen Aufwendungen mit wirtschaftlicher Zielsetzung nicht angewandt.

  • A.A.: Die Rentabilitätsvermutung ist nicht mehr anwendbar und wurde durch die Neueinführung des § 284 BGB verdrängt.

  • H.M.: Es besteht ein Wahlrecht zwischen der Anwendung des § 284 BGB und der Geltendmachung von Schadensersatz (unter dem Vorbehalt des Verbots der Doppelkompensation). Das bedeutet, dass der Gläubiger ungeachtet der Wirtschaftlichkeit oder Nicht-Wirtschaftlichkeit der Zielsetzung der Aufwendungen entweder Schadensersatz geltend machen kann oder Aufwendungsersatz. Die Einführung des § 284 BGB sollte die Rechte von Schuldnern erweitern, nicht einschränken und bezweckte nach dem Willen des Gesetzgebers die Unterscheidung der Aufwendungen überflüssig zu machen. 

1. Voraussetzungen des Anspruchs auf Schadensersatz statt der Leistung

Zunächst muss geprüft werden, ob ein Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung besteht (§§ 280 I, III, 281 ff. BGB). Ein korrektes Anspruchszitat enthält auch diese Normen

Merke

Es müssen nur die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Auf das Vorliegen eines Schadens kommt es nicht an, da hier ja gerade die Aufwendungen und nicht der Schaden ersetzt werden sollen.

2. Vergebliche Aufwendungen im Vertrauen auf Erhalt der Leistung

Dann muss festgestellt werden, dass der Gläubiger Aufwendungen, also freiwillige Vermögenseinbußen, getätigt und damit gerechnet hat, die Leistung des Schuldners zu erhalten.

Beispiel

Zulassungskosten für ein Kfz, Finanzierungskosten für Immobilie

Vergeblich“ meint, dass sich die Aufwendung wegen der Nichtleistung oder der nicht vertragsgerechten Leistung als nutzlos erweist.

3. Gläubiger durfte Aufwendungen billigerweise tätigen

Der Ersatzanspruch ist auf vernünftige Aufwendungen begrenzt. Nicht ersatzfähig sind Aufwendungen, die überflüssig oder unverhältnismäßig waren. Tätigt der Gläubiger Aufwendungen, die außer Verhältnis zum erwartbaren Gewinn stehen, sind sie ihm nach § 284 nur insoweit zu ersetzen, wie er sie „billigerweise machen durfte“. Denn Sinn und Zweck ist es (nach dem Rechtsgedanken des § 254 BGB), den Schuldner vor der missbräuchlichen Abwälzung von evidenten Fehlinvestitionen des Gläubigers zu schützen.

4. Kein Ausschluss (§ 284 a.E. BGB)

Der Anspruch darf nicht ausgeschlossen sein, siehe § 284 a.E. BGB: „… es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden“.

Wäre der Zweck der Aufwendung auch ohnehin fehlgeschlagen, fehlt es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der Frustration der Aufwendungen - diesem Gedanken verleiht dieser Ausschlusstatbestand Ausdruck.

Klausurtipp

Testfrage: Hätten die Aufwendungen des Gläubigers ihren Zweck auch ohne die Pflichtverletzung verfehlt? Falls ja, ist der Anspruch ausgeschlossen.

Erreichen die Aufwendungen tatsächlich ihren Zweck, sind sie nicht vergeblich („frustriert“). In diesen Fällen ist der Ersatzanspruch gemäß § 284 a.E. BGB analog „erst recht“ ausgeschlossen.

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