I. Einleitung
1. Feststellung eines Rechtsverhältnisses (Alternative 1)
Die allgemeine Feststellungsklage bildet in ihrer ersten Alternative das Gegenstück zur Fortsetzungsfeststellungsklage. In Abgrenzung zur Fortsetzungsfeststellungsklage findet sie grundsätzlich Anwendung, wenn die Feststellung nicht die Rechtmäßigkeit eines erledigten Verwaltungsakts, sondern einer behördlichen Maßnahme betrifft, die keinen Verwaltungsakt darstellt, § 43 I Alt. 1 VwGO. Somit können mit diesem Instrument auch behördliche Maßnahmen überprüft werden, die keinen Verwaltungsakt gemäß § 35 S. 1 VwGO darstellen.
Beispiel
Die Feststellung der Rechtmäßigkeit der Anwendung körperlichen Zwangs durch einen Polizeibeamten.
2. Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts (Alternative 2)
In Form der zweiten Alternative kann auch Gegenstand der allgemeinen Feststellungsklage die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts sein, § 43 I Alt. 2 VwGO (sogenannte Nichtigkeitsfeststellungsklage).
Hier ist vor allem das Verhältnis zu anderen Klagearten relevant.
II. Zulässigkeit

1. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Für eine ausführliche Darstellung der Prüfung der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs siehe hier.
2. Statthafte Klageart
a) Klagebegehren
Die statthafte Klageart beurteilt sich nach dem Klagebegehren, § 88 VwGO. Hier begehrt der Kläger eine der folgenden Feststellungen:
aa) Bestehen oder Nichtbestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses (Alt. 1)
In Abgrenzung zur Fortsetzungsfeststellungsklage geht es hierbei nicht um Verwaltungsakte, sondern um Rechtsverhältnisse.
aaa) Definition des Rechtsverhältnisses
Definition
Ein Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen verschiedener Personen zueinander (oder einer Person zu einer Sache), die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer Rechtsnorm ergeben.
Das sich aus einer Rechtsnorm ergebende Rechtsverhältnis zwischen Bürger und Behörde begründet hierbei die Befugnis der Behörde, gegenüber den Adressaten hoheitlich tätig zu werden.
Gegenstand der Feststellung können auch nur einzelne, sich aus dem Rechtsverhältnis ergebende Rechte oder Pflichten sein.
Hinweis: Auch hier wird in der Klausur regelmäßig ein Problem in der Abgrenzung der Rechtsnatur bestehen, also ob ein Verwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwGO vorliegt.
Merke
Als besondere Ausgestaltung kann die allgemeine Leistungsklage im Kommunalrecht als sogenannte Kommunalverfassungsstreitigkeit auftreten. Hier zeigt sich, dass sich der Anwendungsbereich der Feststellungsklage nicht nur auf das Außenverhältnis bezieht.
bbb) Hinreichende Konkretisierung des Rechtsverhältnisses
Voraussetzung für die Statthaftigkeit ist bezüglich des Rechtsverhältnisses, dass dieses hinreichend konkret ist. Erforderlich ist dafür, dass Gegenstand der Feststellung die Anwendung einer bestimmten Norm auf einen konkreten, den Kläger betreffenden Sachverhalt ist.
Abstrakte Rechtsfragen können daher nicht Gegenstand der Feststellungsklage sein. Hier ist regelmäßig das Normenkontrollverfahren vor dem OVG statthaft.
Klausurtipp
Eine Differenzierung danach, zu welchem Zeitpunkt das Rechtsverhältnis bestand, wann Erledigung eingetreten ist und weitere Umstände sind an dieser Stelle noch nicht zu erörtern.
Merke
Es kann aber die Situation bestehen, dass sich aufgrund der Anwendung der Norm auf einen bestimmten Sachverhalt ein Rechtsverhältnis ergibt und dabei zudem die Rechtmäßigkeit der Norm überprüft werden soll. In diesen Fällen ist eine Inzidentkontrolle der Norm möglich und durchzuführen, da Anknüpfungspunkt das Rechtsverhältnis und nicht die Norm an sich ist. Wenn die Norm nicht wirksam ist, kann auch das sich potenziell aus ihr ergebende Rechtsverhältnis nicht bestehen.
bb) Nichtigkeit eines Verwaltungsakts (Alt. 2)
In diesem Fall besteht aufseiten des Bürgers ein Wahlrecht zwischen der Feststellungs- und der Anfechtungsklage. Dies leitet sich aus der ausdrücklichen Ausnahme der Subsidiarität in § 43 II 2 VwGO her. Demnach gilt bei einem Begehren der Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts § 43 I 1 VwGO nicht. Dieser regelt die Subsidiarität zur Gestaltungs- und Leistungsklagen (und somit auch der Anfechtungsklage).
Grund dafür ist, dass eine vorherige Abgrenzung, ob ein Verwaltungsakt wohl nur rechtswidrig oder auch nichtig sein könnte, nicht möglich ist. Die allgemeine Leistungsklage ist also für den Fall, dass die Feststellung die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts betrifft, nicht subsidiär zur Anfechtungsklage.
b) Keine Subsidiarität, § 43 II 1 VwGO
aa) Grundsatz
Weiterhin ist für die Statthaftigkeit grundsätzlich erforderlich, dass keine Subsidiarität gemäß § 43 II 1 VwGO besteht.
Gemäß § 43 II 1 VwGO kann die Feststellungsklage nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
bb) Ausnahmen
aaa) Nichtigkeitsfeststellungsklage
Die Nichtigkeitsfeststellungsklage ist, wie bereits thematisiert, nicht subsidiär zur Anfechtungsklage, sodass ein Wahlrecht des Klägers besteht.
bbb) Intensiverer Schutz
Subsidiarität besteht auch nicht, wenn die Feststellungsklage intensiveren Schutz bietet.
ccc) Sinn und Zweck
Zuletzt besteht ebenfalls keine Subsidiarität, wenn Sinn und Zweck des § 43 II 2 VwGO dies nicht gebieten. Dies ist der Fall, wenn weder die Gefahr eines Doppelprozesses besteht noch eine anderweitige Umgehung sonst notwendiger Voraussetzungen besteht.
Merke
Teilweise wird, vertretbarer Weise, die Subsidiarität auch als eigenständige besondere Sachurteilsvoraussetzung oder als Teil des Feststellungsinteresses geprüft.
c) Exkurs Normerlassklage
Eine besondere Konstellation bildet die Normerlassklage. Hier begehrt der Kläger den Erlass einer Norm von der zuständigen Stelle (zum Beispiel bei Verordnungen von der jeweiligen Körperschaft auf kommunaler Ebene). Strittig ist hierbei für manche Fälle, welche die statthafte Klageart ist.
Wenn es um ein Begehren gegenüber dem formellen Gesetzgeber (also z. B. auf den Erlass eines formellen Gesetzes) geht, liegt eine verfassungsrechtliche Streitigkeit vor, wodurch schon der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist und nur der Weg der Verfassungsbeschwerde statthaft ist.
Bei Begehren des Erlasses von untergesetzlichen Rechtsnormen (wie Satzungen oder Verordnungen) liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor. Hier ist strittig, welche die statthafte Klageart ist.
Problem
Statthafte Klageart bei Klage auf Erlass von untergesetzlichen Rechtsnormen
Das Normenkontrollverfahren vor dem OVG gemäß § 47 VwGO wird weitgehend abgelehnt, da es sich auf die Feststellung der Unwirksamkeit einer Norm und nicht auf eine Verpflichtung zum Erlass beziehe.
Aus diesem Gedanken bildet die herrschende Meinung dagegen ein Argument für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage. Diese stellt eine besondere Ausgestaltung für bereits erlassene Rechtsnormen dar. Im Umkehrschluss sei daraus zu schließen, dass für den Normerlass die allgemeine Feststellungsklage statthaft ist. Dies sei auch eher mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung vereinbar.
Eine alternative Ansicht sieht die allgemeine Leistungsklage als statthaft an, da der Normerlass eine Leistung darstelle. Dagegen wird argumentiert, dass diese sich nur auf Einzelakte beziehe.
Im Ergebnis überzeugt die herrschende Meinung und die allgemeine Feststellungsklage ist in diesem Fall als statthafte Klageart heranzuziehen.
Hinweis: Es handelt sich hierbei um eine eher exotische Konstellation, die daher selten Gegenstand einer Klausur sein wird.
3. Besondere Sachurteilsvoraussetzungen
a) Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog
Zur Vermeidung von Popularklagen bedarf es auch hier nach der herrschenden Meinung einer Klagebefugnis nach § 42 II VwGO analog.
Nach einer Gegenansicht ist eine analoge Anwendung von § 42 II VwGO hierbei nicht notwendig, da sich eine Klagebefugnis impliziert schon aus den Voraussetzungen der Konkretheit des Rechtsverhältnisses und des Feststellungsinteresses ergebe. Dagegen spricht aber die Systematik der Zulässigkeitsvoraussetzungen, bzw. der VwGO. Sonst würde bei der Feststellungsklage praktisch nur ein Interesse und keine subjektive rechtliche Betroffenheit, gefordert, sodass eine systematische Abweichung entsteht.
Merke
Es handelt sich hierbei um einen dogmatischen Streit, der meistens unproblematisch ist, da bei Bestehen einer Klagebefugnis im Sinne des § 42 II VwGO ein Streitentscheid entbehrlich ist.
b) Feststellungsinteresse, § 43 I VwGO
Als weitere Voraussetzung muss ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 I VwGO bestehen.
Dabei sind an dieses Interesse verschiedene Anforderungen zu stellen.
aa) Berechtigtes Interesse (Grundsatz)
Definition
Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 43 I VwGO besteht, wenn ein berechtigtes Interesse an alsbaldiger Feststellung vorliegt, wobei grundsätzlich jedes anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art genügt.
bb) Qualifiziertes Feststellungsinteresse
Bei zwei Unterfällen der allgemeinen Feststellungsklage ist abweichend davon ein qualifiziertes Feststellungsinteresse erforderlich, der nachträglichen Feststellungsklage und der vorbeugenden Feststellungsklage.

aaa) Nachträgliche Feststellungsklage
Bei der nachträglichen Feststellungsklage hat sich das gegenständliche Rechtsverhältnis bereits erledigt, die rechtliche Beziehung besteht also in zeitlicher Hinsicht nicht mehr. Die Anforderungen an das Feststellungsinteresse gleichen hierbei denen, die auch im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage zu prüfen sind. Es bedarf also einer Wiederholungsgefahr, eines Rehabilitationsinteresses oder eines schweren Grundrechtseingriffs.
bbb) Vorbeugende Feststellungsklage
Bei der vorbeugenden Feststellungsklage geht es um ein erst zukünftig bestehendes Rechtsverhältnis.
In diesem Fall darf der nachträgliche Rechtsschutz für den Kläger nicht zumutbar sein. Es müssen also die anderen Möglichkeiten des Rechtsschutzes des Klägers untersucht werden und anhand dieser ist dann eine Abwägung vorzunehmen, ob solche überhaupt bestehen und wenn, ob sie zumutbar sind.
Merke
Diese Anforderungen werden teilweise im Aufbau im Rahmen eines qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses geprüft. Im Sinne eines übersichtlichen Aufbaus scheint aber eine einheitliche Prüfung im Rahmen des Feststellungsinteresses, wie hier dargestellt, geboten.
c) Richtiger Beklagter
Bezüglich der Prüfung des Beklagten ergeben sich keine Unterschiede zur allgemeinen Leistungsklage. Der richtige Beklagte ist nach dem Rechtsträgerprinzip zu bestimmen, wobei aufgrund der Gesetzessystematik nicht § 78 VwGO zu zitieren ist.
d) Vorverfahren
Bei der allgemeinen Feststellungsklage ist grundsätzlich kein Vorverfahren durchzuführen. Dies ergibt sich aus Wortlaut und der gesetzlichen Systematik, da dies für die ausdrücklich gesetzlich geregelte Feststellungsklage vom Gesetzgeber nicht geregelt wurde.
Besonderheiten ergeben sich nur im Beamtenrecht.
§ 54 II 1 BeamtStG regelt: "Vor allen Klagen ist ein Vorverfahren nach den Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung durchzuführen.” Durch diese Verweisung findet § 68 VwGO und damit auch § 74 I 1 VwGO Anwendung.
Gleiches regelt § 126 II 1 BBG.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir § 54 II 1 BeamtStG oder auch § 126 II 1 BBG an den § 68 VwGO zitieren, um dich daran zu erinnern, dass in diesen Konstellationen ein Vorverfahren (auch bei der Leistungsklage) erforderlich ist.
4. Allgemeine Sachurteilsvoraussetzungen
a) Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61,62 VwGO
b) Ordnungsgemäße Klageerhebung, §§ 81, 82 VwGO
III. Begründetheit
Je nachdem, welche Alternative statthaft ist, lautet der Obersatz:
Zitat
Die Klage ist begründet, soweit
das strittige Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht (Alt. 1)
oder
der Verwaltungsakt nichtig ist (Alt. 2)
1. Positive/Negative Feststellungsklage
Bei der ersten Alternative ist daher zu prüfen, ob das Rechtsverhältnis anhand der Voraussetzungen der einschlägigen Rechtsnormen besteht oder nicht besteht.
Beispiel: In dem Beispiel der körperlichen Zwangsausübung durch einen Polizisten müsste hier also geprüft werden, ob die polizeiliche Maßnahme rechtmäßig war. Dies würde sich hier nach der Rechtmäßigkeit der Vollstreckung richten. Diese richtet sich nach den einschlägigen Regelungen des Landesrechts.
2. Nichtigkeitsfeststellungsklage
Bei der zweiten Alternative ist daher zu prüfen, ob der Verwaltungsakt nach den §§ 44 ff. VwVfG nichtig ist.