I. Einleitung
Die allgemeinen Ehewirkungen sind in den §§ 1353 bis 1362 BGB geregelt und stellen das Fundament des rechtlichen Miteinanders von Ehegatten dar. Sie regeln die wesentlichen Rechte und Pflichten, die durch den Eheschluss entstehen, und beeinflussen damit den Alltag und die Vermögensverhältnisse der Ehepartner in zentraler Weise. Dabei bilden sie nicht nur die Basis für das Verständnis familienrechtlicher Fragestellungen, sondern spielen auch in anderen Rechtsbereichen (z. B. im Erbrecht, Arbeitsrecht oder Steuerrecht) eine Rolle.
II. Die eheliche Lebensgemeinschaft
1. § 1353 BGB
Die “Generalklausel” der ehelichen Lebensgemeinschaft findet sich in § 1353 BGB.
Dort heißt es in § 1353 I 2 BGB:
Zitat
§ 1353 I 2 BGB:
“Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet; sie tragen füreinander Verantwortung.”
Merke
Die Ehe ist ein Dauerschuldverhältnis personenrechtlicher Natur, welches durch einen Vertrag zustande kommt, der grundsätzlich auf Lebenszeit geschlossen wird. Dies ergibt sich auch aus § 1353 I 1 BGB, welcher auch statuiert, dass die gleichgeschlechtliche Ehe mit der Ehe verschiedenen Geschlechts gleichgestellt ist.
Hieraus ergeben sich verschiedene Pflichten und mögliche Ansprüche, die hauptsächlich durch die Rechtsprechung entwickelt wurden. Sie sind aber nicht abschließend und modifizierbar.
Merke
Die allgemeinen Ehewirkungen sind nicht abhängig vom Güterstand der Ehe und gelten grundsätzlich für alle Ehen.
a) Anspruch auf Herstellung der Lebensgemeinschaft, § 1353 I 2 BGB
Theoretisch erhalten die Ehegatten einen Anspruch auf die Herstellung der Lebensgemeinschaft aus § 1353 I 2 BGB. Dieser ist aber aufgrund von § 120 III FamFG nicht vollstreckbar.
b) Pflicht zur häuslichen Gemeinschaft
Die Pflicht zur häuslichen Gemeinschaft verpflichtet die Ehegatten, einen gemeinsamen Haushalt zu führen und ein partnerschaftliches Zusammenleben zu pflegen, das sowohl die materiellen als auch die emotionalen Bedürfnisse beider Partner berücksichtigt. Diese Verpflichtung dient nicht nur der praktischen Alltagsgestaltung, sondern auch der Stärkung der gegenseitigen Fürsorge und Verbundenheit, wobei individuelle Gestaltungsfreiheiten im Rahmen der partnerschaftlichen Beziehung anerkannt werden. Wenn die individuellen Lebensverhältnisse dagegen stehen, kann diese Pflicht auch eingeschränkt werden
c) Pflicht zur Wahrung der ehelichen Treue
Die Pflicht zur Wahrung der ehelichen Treue verpflichtet beide Ehegatten zu einem vertrauensvollen und loyalen Zusammenleben, was über den rein sexuellen Aspekt hinausgeht. Die Treuepflicht sichert das Fundament der ehelichen Gemeinschaft, indem sie das gegenseitige Vertrauen stärkt und die emotionale Stabilität beider Partner fördert. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann nicht nur persönliche Beziehungen nachhaltig belasten, sondern auch zivilrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, da das Vertragsverhältnis der Ehe auf gegenseitiger Zuverlässigkeit beruht. Vollstreckbarkeit ist hier aufgrund von § 120 III FamFG ebenfalls nicht gegeben.
Beispiel
Eheleute E und M führen ein gemeinsames Bankkonto, von dem sie ihre täglichen Ausgaben bestreiten. E vertraut M an, dass sie die Rücklagen des Kontos für die spätere Finanzierung einer gemeinsamen Reise verwenden möchte. M nutzt jedoch ohne Absprache einen Großteil des Geldes, um Schulden eines Freundes zu begleichen. Damit verletzt M nicht nur das finanzielle Vertrauen von E, sondern verstößt auch gegen die eheliche Treuepflicht: Er gefährdet das Fundament der Ehe, indem er die emotionalen und wirtschaftlichen Interessen seiner Partnerin missachtet.
d) Mitbenutzung von Haushaltsgegenständen
Die Pflicht zur Gewährung der Mitbenutzung von Haushaltsgegenständen sichert, dass Ehegatten nicht nur einen gemeinsamen Haushalt führen, sondern auch die in diesem Haushalt vorhandenen Gegenstände gemeinsam nutzen dürfen, was das Prinzip der solidarischen Lebensgemeinschaft unterstreicht. Durch diese Regelung wird gewährleistet, dass beide Partner gleichberechtigt am ehelichen Alltag teilhaben und die materiellen Ressourcen des gemeinsamen Haushalts zum Wohle beider Ehepartner genutzt werden. Wenn ein Gegenstand nicht allein durch einen Ehegatten benutzt wird, liegt grundsätzlich ein Besitzmittlungsverhältnis im Sinne von § 868 BGB vor.
2. Ehename, § 1355 BGB
Gemäß § 1355 I 1 BGB sind Ehegatten grundsätzlich dazu angehalten, einen gemeinsamen Familiennamen zu führen. Im Unterschied zu früheren Regelungen besteht jedoch keine zwingende Verpflichtung dazu: Jeder Ehepartner hat nach § 1355 I 3 BGB die Möglichkeit, den bei der Eheschließung geführten Namen beizubehalten. Daraus ergeben sich unter anderem die beiden häufigsten Konstellationen: Beide Ehegatten behalten ihren bisherigen Namen (§ 1355 I 3 BGB) oder der Ehename wird als der Geburtsname des Mannes oder der Frau bestimmt (§ 1355 II BGB); bei späteren Namensbestimmungen sind die Regelungen des § 1355 III BGB zu beachten.
3. Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit, § 1356 BGB
Gemäß § 1356 I 1 BGB regeln die Ehegatten den Haushalt im gegenseitigen Einvernehmen. Satz 2 führt dazu ergänzend aus, dass der Haushalt auch nur im Verantwortungsbereich eines Ehegatten liegen kann. Ist dies der Fall, so leitet der betroffene Ehegatte den Haushalt in eigener Verantwortung. Es besteht also eine „freie Rollenverteilung“, die die Ehegatten untereinander vereinbaren. § 1356 II 1 BGB regelt, dass beide Ehegatten einer Erwerbstätigkeit nachgehen können, wobei sie aber gemäß § 1356 II 2 BGB bei der Wahl und Ausübung der Erwerbstätigkeit auf die Belange des anderen Ehegatten und der Familie Rücksicht zu nehmen haben.
Beispiel
Ein Ehepartner nimmt eine Position als international tätiger Vertriebsleiter an, bei der kurzfristig angekündigte, mehrtägige Auslandseinsätze regelmäßig an der Tagesordnung stehen. Durch die damit verbundene häufige und unvorhersehbare Abwesenheit kann dieser Ehepartner die alltägliche Betreuung der Kinder, die Organisation des Haushalts und weitere familiäre Verpflichtungen nicht zuverlässig wahrnehmen. Ist der andere Ehegatte nicht in der Lage, diese Aufgaben alleine zu bewältigen, wird klar, dass die berufliche Tätigkeit nicht mit den Erfordernissen der gemeinsamen Familienführung vereinbar ist – womit die Rücksichtnahmepflicht gemäß § 1356 II 2 BGB nicht ausreichend berücksichtigt wird.
4. Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs, § 1357 BGB
Die Stellvertretung unter Ehegatten nach § 1357 BGB wird in diesem Artikel behandelt.
5. Umfang der Sorgfaltspflicht, § 1359 BGB
§ 1359 BGB regelt den Umfang der Sorgfaltspflicht unter Ehegatten. Demnach müssen Ehegatten bei der Erfüllung der sich aus dem Eheverhältnis ergebenden Verpflichtungen nur die Sorgfalt anzuwenden, die sie auch in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. Diese Vorschrift nimmt damit Bezug auf § 277 BGB.
Zitat
§ 277 BGB:
“Wer nur für diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, ist von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht befreit.”
Somit kann bis zur Stufe (nicht einschließlich) grober Fahrlässigkeit eine potenzielle Haftungsbefreiung gemäß §§ 1359, 277 BGB gegeben sein. Beachte, dass § 1359 BGB keine Anspruchsgrundlage, sondern ein Haftungsmaßstab ist!
Klausurtipp
Achte hier genau auf den Wortlaut des Sachverhalts. Wenn diese Fallgruppe einschlägig ist, ist dies eigentlich immer eindeutig durch einen Hinweis auf den eigenen Sorgfaltsmaßstab der handelnden Person im Sachverhalt angelegt.
6. Verpflichtung zum Familienunterhalt, § 1360 BGB

§ 1360 BGB legt fest, dass jeder Ehepartner zum Familienunterhalt beitragen muss, während § 1360a BGB den Umfang dieser Verpflichtung präzisiert, indem er die Leistungsfähigkeit der Ehegatten und den konkreten Bedarf der Familie berücksichtigt. Diese Regelungen stellen sicher, dass die finanziellen Lasten im Haushalt gerecht verteilt werden und der familiäre Zusammenhalt gestärkt wird. Gemäß § 1361 BGB besteht die Unterhaltsverpflichtung auch bei Getrenntleben fort.
