Dieser Artikel beschäftigt sich mit der allgemeinen Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme. Die Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme ist äußerst examensrelevant und gehört zu den Grundlagen, die jeder Jura-Student beherrschen muss. Im Verlaufe dieses Artikels gibt es immer Verknüpfungen, Überschneidungen und Verlinkungen zur Beihilfe, Anstiftung, mittelbaren Täterschaft sowie zur Mittäterschaft. Du solltest die entsprechenden Artikel daher immer im Blick behalten, um die Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen der jeweiligen Rechtsinstitute nachzuvollziehen.
I. Allgemeines
Das StGB unterscheidet zwischen der Täterschaft und der Teilnahme. Gemäß § 28 II StGB gelten Täter und Teilnehmer als “Tatbeteiligte”. Die Abgrenzung ist deshalb relevant, weil Täter die Tat in den Händen halten, während Teilnehmer nur in einer bestimmten Art und Weise im Vorfeld oder bei der Tatbegehung zur Seite stehen. Die Frage der Täterschaft oder Teilnahme hat auch Auswirkungen auf die konkrete Strafe, die verhängt wird. Im Rahmen der Täterschaft sind drei Täterschaftsformen zu unterscheiden, während die Teilnahme lediglich zwei Teilnahmeformen umfasst.

1. Täterschaftsformen
a) Einzeltäter
§ 25 I StGB unterscheidet zwischen dem Einzeltäter und dem mittelbaren Täter.
Zitat
§ 25 I StGB:
“Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.”
Handelt ein Einzeltäter selbst, ist er gemäß § 25 I Alt. 1 StGB als Täter zu bestrafen. Der vorsätzlich handelnde Einzeltäter ist die Grundkonstellation des StGB. Fast jeder Straftatbestand - mit Ausnahme einiger Fahrlässigkeitsdelikte und (Erfolgs-)Qualifikationen - geht zunächst vom vorsätzlich handelnden Einzeltäter aus.
Darüber hinaus gibt es weitere Täterschaftsformen, die unterschieden werden müssen.
b) Mittelbarer Täter
§ 25 I Alt. 2 StGB qualifiziert auch solche Handelnden als Täter, die die Tat nicht selbst, sondern durch einen anderen begehen. Die mittelbare Täterschaft als Rechtskonstrukt unterliegt strengen Voraussetzungen, die sich in einem gesonderten Prüfungsschema niederschlagen. So ist es etwa erforderlich, dass der Vordermann - auch Tatmittler genannt - ein Strafbarkeitsdefizit aufweist, sodass nur der Hintermann als (mittelbarer) Täter bestraft werden kann. Die mittelbare Täterschaft kannst du dir in diesem Artikel genauer anschauen.
c) Mittäter
Die Mittäterschaft wird in § 25 II StGB legaldefiniert.
Zitat
§ 25 II StGB:
“Begehen mehrere die Tat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).”
Auch die Mittäterschaft folgt einem eigenen Schema, das bei in Frage kommen, einer Mittäterschaft abgearbeitet werden muss. So setzt die gemeinschaftliche Begehung etwa einen gemeinschaftlichen Tatplan voraus. Das genaue Schema und die Besonderheiten der Mittäterschaft kannst du dir in diesem Artikel noch einmal vor Augen führen.
2. Sonderfall: Der Unterlassungstäter
Im Zusammenhang mit den Täterschaftsformen ist auch auf die Unterlassungstäterschaft einzugehen. Diese ist aber keine Täterschaftsform im hier gebrauchten Sinne, sondern lediglich eine Art und Weise der Tatbegehung. Bei der Unterlassungstäterschaft geht es nicht um die Frage, ob eine oder mehrere Personen gehandelt haben, sondern darum, wie die Tathandlung zu qualifizieren ist. Handelt der Täter nicht durch aktives Tun, sondern durch Unterlassen, sind auch im Rahmen der sogenannten unechten Unterlassungsdelikte bestimmte Anforderungen an die Strafbarkeit zu stellen, die sich etwa durch eine Garantenstellung und die Entsprechungsklausel auszeichnen. Den Artikel zu den Unterlassungsdelikten kannst du dir hier durchlesen.
3. Teilnahmeformen
Die beiden Teilnahmeformen Anstiftung und Beihilfe haben vieles gemeinsam. Beide haben ein ähnliches Aufbauschema, allerdings gibt es spezifische Probleme, die getrennt voneinander betrachtet werden müssen.
4. Anstiftung
Das StGB stellt gemäß § 26 StGB auch die Anstiftung zu einer Straftat unter Strafe.
Zitat
§ 26 StGB:
“Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.”
Anstifter ist also, wer eine andere Person bestimmt hat. Der Täter ruft also nur den Entschluss zur Begehung einer Straftat bei einem anderen hervor. Er leistet keine Hilfe bei der Tatausführung und er handelt auch nicht gemeinschaftlich mit dem Angestifteten. Der Anstifter ist “gleich einem Täter” zu bestrafen, somit ist die Anstiftung keine Täterschaftsform. Die Voraussetzungen und Besonderheiten der Anstiftung kannst du dir in diesem Artikel durchlesen.
Merke
Die Anstiftung ist in jedem Fall von der sogenannten “versuchten Anstiftung” zu unterscheiden, die nur durch § 30 I 1 StGB unter Strafe gestellt ist. Den Artikel zur versuchten Anstiftung kannst du dir hier durchlesen.
5. Beihilfe
Zuletzt ist auch das Hilfeleisten zur Begehung einer Straftat gemäß § 27 StGB unter Strafe gestellt.
Zitat
§ 27 StGB:
“Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe leistet.”
Die Beihilfe zeichnet sich folglich dadurch aus, dass eine Person eine Straftat eines anderen fördert oder unterstützt, ohne dass die Voraussetzungen einer Mittäterschaft vorliegen. Weil der Unterschied zwischen der Teilnahme in Form der Förderung einer Tat und der täterschaftlichen gemeinschaftlichen Begehung einer Tat oft uneindeutig ist und teilweise auch Gemeinsamkeiten vorliegen, bedarf es einer genauen Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme. Denn die Frage, welche Beteiligungsform vorliegt, entscheidet maßgeblich über die Härte der Strafe.
Die genauen Voraussetzungen der Beihilfe findest du dir hier.
II. Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme
Die Abgrenzung von Täterschaft muss grundsätzlich immer dann vorgenommen werden, wenn mehrere Personen irgendwie zusammenwirken, um einen Taterfolg herbeizurufen. Dabei sind vor allem die Abgrenzungen von Mittäterschaft und Beihilfe einerseits, sowie mittelbarer Täterschaft und Anstiftung andererseits relevant.
1. Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme durch die Erfordernisse von Tatplan und Strafbarkeitsdefizit
a) Mittäterschaft und Beihilfe
Eine Abgrenzung ist dann einfach, wenn die Tatbeteiligten keinen gemeinsamen Tatplan haben. Fehlt es an einem gemeinsamen Tatplan, der die gesamte Tat erfasst, kann keine Mittäterschaft gemäß § 25 II StGB vorliegen.
Beispiel
T will O töten und benötigt eine Waffe. T weiß bereits genau, wie er den O in eine Falle locken und ihn töten will. Um sich eine Waffe zu besorgen, geht er zu seinem Kumpel D, den er um seine Jagdwaffe bittet. D ahnt bereits, dass sich der T an O rächen will und nimmt billigend in Kauf, dass T den O mit der Waffe töten will. So geschieht es.
In diesem Beispiel ist erkennbar, dass T und O keinen gemeinsamen Tatplan haben, weil sie die genaue Tatausführung nicht kommunizieren. D ist also kein Mittäter. Allerdings liegt eine Beihilfe des D vor, weil dieser die vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat des T billigend in Kauf nimmt und durch die Aushändigung der Waffe Hilfe leistet.
Merke
Es gibt auch Fälle, in denen beide Täter täterschaftlich handeln, ohne dass ein gemeinsamer Tatplan vorliegt. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Täter durch aktives Tun handelt und der andere Täter bei Anwesenheit, Einschreitungsmöglichkeit und vorsätzlichem Handeln in Bezug auf die Tat durch Unterlassen handelt. Man spricht insoweit von einer Unterlassungsnebentäterschaft. Dabei ist jeder Täter mangels gemeinsamen Tatplans Einzeltäter.
b) Mittelbare Täterschaft und Anstiftung
Die Abgrenzung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung kann einerseits aufgrund des Vorliegens von Tatherrschaft vorgenommen werden; sie kann aber auch schon an einer früheren Stelle der Prüfung anhand des fehlenden Strafbarkeitsdefizits des Tatmittlers entschieden werden.
Liegt das Strafbarkeitsdefizit nur aus Sicht des Hintermannes vor, wird es sich regelmäßig um eine vollendete Anstiftung handeln, weil der schwächere Teilnehmervorsatz im Vorsatz des mittelbaren Täters enthalten ist. Hierbei handelt es sich um die Frage der sogenannten “versuchten mittelbaren Täterschaft”.
Merke
Da du immer zunächst den Tatnächsten prüfst, wirst du zunächst den Tatmittler beziehungsweise den Täter prüfen. In einem zweiten Schritt prüfst du dann die tatfernere Person, die je nach Ergebnis der Prüfung des Tatnäheren als Täter oder Teilnehmer zu prüfen ist. Ist der Tatnähere mangels Defizits kein Werkzeug/Tatmittler, kannst du eine vollendete Anstiftung durch den (dann entsprechend einzustufenden) Teilnehmer annehmen.
Die Fallgruppe und den Streit rund um die versuchte mittelbare Täterschaft kannst du dir hier durchlesen.
2. Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme durch die Tatherrschaft
Scheitert die Prüfung der Mittäterschaft nicht am gemeinsamen Tatplan, beziehungsweise die mittelbare Täterschaft nicht am Strafbarkeitsdefizit, muss eine weitergehende Prüfung erfolgen.
In dieser muss die besondere Bedeutung des Tatbeteiligten für die begangene Tat untersucht werden. Nur, wenn der Tatbeteiligte eine herausgehobene Stellung bei der Tatbegehung hatte, darf er als Täter bestraft werden. Unterschiedlich wird dabei beurteilt, ob diese herausgehobene Stellung nur aus Tätersicht oder objektiv vorliegen muss. Zudem gibt es Untermeinungen, die zusätzlich auf die Frage abstellen, ob der Tatbeteiligte (Täter oder Teilnehmer) eine Mitwirkungshandlung im Ausführungsstadium oder nur im Vorbereitungsstadium der Tat vorgenommen hat.

a) Mitwirkungshandlung im Ausführungsstadium
Liegt eine Mitwirkungshandlung des Tatbeteiligten im Ausführungsstadium der Tat vor, erweist sich die Streitdarstellung als weniger kompliziert als bei einer Mitwirkungshandlung im Vorbereitungsstadium. Dieser Streit ist bei der Prüfung der Mittäterschaft im Punkt “Zurechnung der Tathandlung” und im Rahmen der mittelbaren Täterschaft bei “Willens-/Wissensherrschaft” anzusprechen.
Problem
Abgrenzung der Täterschaft und Teilnahme bei Vorliegen einer Mitwirkungshandlung im Ausführungsstadium
Die h.L. nimmt für die Beurteilung der Frage, welche Bedeutung der Tatbeteiligte für die Tat innehaben muss, die Tatherrschaftslehre zu Hilfe. Täter ist demnach, wer aus objektiver Sicht Tatherrschaft hatte. Tatherrschaft meint dabei, dass der Täter die Tat auf spezifische Art und Weise durch seine Mitwirkungshandlung im Ausführungsstadium in den Händen halten muss, sodass er den Tatablauf nach Belieben hemmen oder weiterlaufen lassen kann. Wie genau die Tatherrschaft ausgestaltet sein muss, entscheidet sich anhand der Täterschaftsform.
Bei der Einzeltäterschaft (§ 25 I Alt. 1 StGB) muss die sogenannte völlige Handlungsherrschaft vorliegen. Der Täter muss alle Tatbestandsmerkmale also in eigener Person verwirklichen, wodurch er die Tat nach Belieben hemmen oder ablaufen lassen kann.
Bei der Mittäterschaft muss die sogenannte funktionale Tatherrschaft vorliegen. Der Täter muss die Tatbestandsmerkmale also nicht in eigener Person verwirklichen, sondern lediglich eine Position während der Tatausführung haben, durch die er die Tat funktional in den Händen hält, sodass er die Tat im Wesentlichen hemmen oder ablaufen lassen kann.
Bei der mittelbaren Täterschaft muss die sogenannte Willens- oder Willensherrschaft vorliegen. Weil der mittelbare Täter bei der eigentlichen Tatausführung nur durch das Einwirken auf den Tatmittler tätig wird, muss er durch das Strafbarkeitsdefizit des Tatmittlers eine Stellung innehaben, durch die er die Tat im Wesentlichen hemmen oder ablaufen lassen kann.
Die Rechtsprechung zieht für die Beurteilung die sogenannte animus auctoris - Theorie (= Täterwillen-Theorie) heran. Diese besagt, dass nur derjenige als Täter bestraft werden kann, der die Tat auch mit Täterwillen begeht. Der Tatbeteiligte muss seine Rolle bei der Tatbegehung also subjektiv als Täter einordnen. Entscheidungskriterium für die Frage, ob der Tatbeteiligte Täterwillen hatte, sind objektive Anhaltspunkte:
Grad des Interesses an der Tat (z. B.: zwei Tatbeteiligte bekommen den gleichen Anteil an der Beute)
Umfang der Tatbeteiligung (z. B.: Planung und Organisation, “Schmiere” stehen)
Tatherrschaft (wie oben, z. B. Wissensherrschaft)
Stellungnahme: Die animus auctoris-Theorie kann je nach Gewichtung der unterschiedlichen Kriterien zu den gewünschten Ergebnissen führen, sodass es hier nicht zu klaren Ergebnissen kommt. Die Tatherrschaftslehre stellt hingegen klare Anforderungen an die Stellung des Tatbeteiligten, sodass hier die Bewertungsmaßstäbe nicht austauschbar sind. Es sollte also der Tatherrschaftslehre gefolgt werden.
Merke
Im Falle eines versuchten Delikts in Mittäterschaft muss die Tatherrschaft ebenfalls aus subjektiver Sicht beurteilt werden. Der Täter muss folglich die objektive Tatherrschaft haben wollen, weil die Verwirklichung des Straftatbestandes im Tatentschluss des Täters enthalten sein muss. Weil die Prüfung der Mittäterschaft und damit die Tatherrschaft zum objektiven Tatbestand gehören, muss auch der Wille zur Tatherrschaft vorliegen. Welche Besonderheiten genau die Kombination von Mittäterschaft und Versuch mit sich bringen, kannst du dir hier durchlesen.
Beispiel
Funktionale Tatherrschaft
T1 und T2 wollen den O töten. Sie hecken zusammen einen Plan aus. T1 soll den O in eine dunkle Seitengasse locken. Sodann soll T2 den O erstechen, während T1 “Schmiere” steht.
In diesem Beispiel werden T1 und T2 im Ausführungsstadium der Tat aktiv. So sind beide während der gesamten Zeit anwesend, wodurch sie die Tat nach Belieben hemmen oder weiterlaufen lassen konnten. T1 etwa hätte die Tat nach Belieben hemmen können, wenn er O nicht in die Seitengasse gelockt oder sich geweigert hätte, Schmiere zu stehen.
Beispiel
Willens-/Wissensherrschaft
Arzt A sagt zu seiner Krankenschwester K, sie möge Patientin P das Medikament X spritzen, um den Blutdruck zu senken. Dabei weiß K nicht, dass das Medikament eigentlich Gift ist, mit dem A die P endlich loswerden will. P stirbt.
In diesem Beispiel hat der A Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens, also Wissensherrschaft. Nur A weiß, dass durch das Spritzen des Medikaments der Taterfolg eintreten wird. Durch den Austausch des Medikaments durch Gift und die Anweisung der K wurde er auch im Ausführungsstadium aktiv.
b) Mitwirkungshandlung im Vorbereitungsstadium
Liegt von einem Tatbeteiligten lediglich eine Mitwirkungshandlung im Vorbereitungsstadium vor, stellt sich der Streit um die Frage, wie die Bedeutung des Tatbeteiligten beurteilt und welche Anforderungen erfüllt werden müssen, komplizierter dar. In diesem Fall grenzt sich ein Teil der Vertreter der Tatherrschaftslehre ab und kommt zu einem anderen Ergebnis.
Problem
Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme bei Vorliegen einer Mitwirkungshandlung im Ausführungsstadium
Die sogenannte strenge Tatherrschaftslehre vertritt, dass eine Tatherrschaft in Form der funktionalen Tatherrschaft oder der Willens-/Wissensherrschaft ausgeschlossen ist, wenn der Tatbeteiligte keine Mitwirkungshandlung im Ausführungsstadium erbringt. Er könne die Tatherrschaft nicht innehaben, weil er bei der konkreten Tatausführung nicht aktiv beteiligt ist und diese, wenn überhaupt, nur mittelbar beeinflussen kann.
Die gemäßigte Tatherrschaftslehre vertritt den gegenteiligen Standpunkt. Auch, wenn ein Tatbeteiligter nicht direkt an der Tatausführung beteiligt ist, so kann sein im Vorbereitungsstadium erbrachter Tatbeitrag noch bis zur konkreten Tatausführung weiterwirken, sodass er die Tat planvoll lenkend in den Händen hält.
Die animus auctoris-Theorie zieht die gleichen Bewertungsmaßstäbe für die Beurteilung der Tätereigenschaft des Tatbeteiligten heran. Hier wird bei entsprechend starkem Tätigwerden regelmäßig der Grad am Tatinteresse so hoch sein, dass er mit Täterwillen handelte.
Stellungnahme: Die strenge Tatherrschaftstheorie ist abzulehnen. Es kommt zu Wertungswidersprüchen, wenn eine Person, die die Tat etwa maßgeblich plant, organisiert und im Zweifel an der Ausbeute in gleichem Maße partizipiert, nicht als Täter bestraft werden kann. Gefolgt werden sollte der gemäßigten Tatherrschaftslehre.
aa) Funktionale Tatherrschaft
Beispiel
Funktionale Tatherrschaft
A, B und C hecken einen Plan für einen Juwelenraub aus, wobei alle gleichermaßen an der Ausbeute partizipieren können. Der organisatorisch begabte C widmet sich ausschließlich der Planung und Vorbereitung des Raubes. C ist es, der den Plan maßgeblich ins Leben ruft und kein Detail dem Zufall überlässt. Eines Tages schreiten A und B zur Tat und setzen den Plan wie von C geplant um.
In diesem Beispiel scheidet eine Mittäterschaft des C nach der strengen Tatherrschaftslehre aus, weil er keine Mitwirkungshandlung im Ausführungsstadium erbracht hat, sodass er nur als Gehilfe (§ 27 StGB) bestraft werden könnte. Nach der gemäßigten Tatherrschaftslehre und der animus auctoris-Theorie ist C hingegen Mittäter. Durch seine Planung und Organisation hatte er die Tat planvoll lenkend in der Hand, weil er die Tat jederzeit hätte hemmen können. C hatte funktionale Tatherrschaft. Und auch die animus-auctoris-Theorie kommt zum Ergebnis, dass C als Mittäter zu bestrafen ist, weil er durch die paritätisch aufgeteilte Beute einen ebenso hohen Grad des Tatinteresses aufweist.
bb) Wissens-Willensherrschaft
Beispiel
Wissens-Willensherrschaft
Grenzsoldat T tötet O, der versucht, über die Berliner Mauer zu klettern. Im Vorfeld wurde ihm der Schießbefehl von den Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrates der DDR erteilt.
In diesem Beispiel scheidet eine mittelbare Täterschaft nach der strengen Tatherrschaftslehre abermals aus, weil die Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates keine Mitwirkungshandlung im Ausführungsstadium erbracht haben, sodass diese nur als Anstifter (§ 26 StGB) bestraft werden könnten. Nach der gemäßigten Tatherrschaftslehre wären die Mitglieder hingegen als mittelbare Täter zu bestrafen, weil sie durch ihre Stellung als Machthaber Willensherrschaft hatten. Ihnen kam es wohl mehr als dem einzelnen Grenzsoldaten darauf an, die Menschen durch Tötung vom Überlaufen in den Westen abzuhalten, um ihre Macht aufrechtzuerhalten. Hieraus ergibt sich auch ein gesteigerter Grad des Tatinteresses, weshalb die animus-auctoris-Theorie zum selben Ergebnis kommt.