In diesem Artikel wird der Raub mit Todesfolge nach § 251 StGB behandelt. Die Examensrelevanz ist als hoch einzustufen, da die Grunddelikte im 20. Abschnitt des StGB regelmäßig zu prüfen sind und § 251 StGB dementsprechend häufig als erfolgsqualifiziertes Delikt von § 249 oder § 252 oder § 255 StGB in Betracht kommt.
Es wird empfohlen, zunächst die Artikel zu § 249, § 252, § 255 StGB und zu den Erfolgsqualifikationen durchzuarbeiten.
I. Allgemeines
§ 251 StGB steht im 20. Abschnitt des StGB “Raub und Erpressung” und schützt das Rechtsgut Leben.
Bei § 251 StGB handelt es sich um ein Verbrechen i.S.d. § 12 I StGB, sodass sich die Versuchsstrafbarkeit aus § 12 I i.V.m. § 23 I Hs. 1 StGB ergibt.
Der Raub mit Todesfolge ist grundsätzlich eine Erfolgsqualifikation zum (schweren) Raub nach §§ 249(, 250) StGB. § 251 StGB hebt sich dabei aufgrund der besonderen Gefährlichkeit durch das Herbeiführen der schweren Folge (Tod) ab.
Darüber hinaus kann § 251 StGB jedoch ebenfalls eine Erfolgsqualifikation vom räuberischen Diebstahl nach § 252 StGB sowie von der räuberischen Erpressung nach § 255 StGB sein. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, nach dem der Täter “gleichen einem Räuber” zu bestrafen ist und demnach ebenfalls § 251 StGB Anwendung findet.
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Neben § 251 StGB gibt es im StGB noch weitere Erfolgsqualifikationen. Neben der wohl relevantesten Erfolgsqualifikation nach § 226 StGB gibt es noch die Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB.
Unterschied:
Anders als bei den anderen erfolgsqualifizierten Delikten werden die Anforderungen bei § 251 StGB allerdings erhöht und es wird im Fahrlässigkeitsteil wenigstens leichtfertiges (also grob fahrlässiges) Handeln verlangt (vergleichbar mit dem räuberischen Angriff auf Kraftfahrer mit Todesfolge nach § 316a III StGB).
Die erhöhte Anforderung der Leichtfertigkeit beruht auf dem außergewöhnlich hohen Strafrahmen des § 251 StGB. Da die Vorschrift Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren vorsieht, soll nur besonders gravierende Pflichtwidrigkeit die Erfolgsqualifikation erfüllen. Dazu aber später mehr.
II. Prüfungsschema

Bei der Bearbeitung von Fällen sollten zunächst (gedanklich) die vorsätzlichen Tötungsdelikte (§§ 212, 211 StGB) geprüft werden. Insbesondere dann, wenn ein Tötungsvorsatz zwar in Betracht kommt, aber verneint wird.
Im Anschluss daran ist das Raub-Grunddelikt (§ 249 oder § 252 oder § 255 StGB) zu prüfen, gefolgt von der Qualifikation nach § 250 StGB und § 251 StGB.
Falls der Tötungsvorsatz bejaht wird, darf die Prüfung von § 251 StGB (anders als bei § 227 StGB) nicht unterbleiben. Es sollte zunächst § 251 StGB geprüft werden und erst danach die §§ 212, 211 StGB, um umfangreiche Inzidentprüfungen (insbesondere in der Ermöglichungsabsicht als Mordmerkmal) zu vermeiden.
Falls § 251 StGB an der Leichtfertigkeit scheitert, ist noch § 222 StGB anzusprechen.

III. Grundtatbestand, §§ 249, 252, 255 StGB
Zunächst muss der Grundtatbestand des § 249 beziehungsweise § 252 beziehungsweise § 255 StGB erfüllt sein. Insbesondere müssen der objektive sowie der subjektive Tatbestand erfüllt sein. Diesbezüglich kann vollständig auf die Ausführungen in den jeweiligen Artikeln verwiesen werden.
IV. Erfolgsqualifikation, § 251 StGB
1. Eintritt der schweren Folge: Tod eines anderen Menschen
Zunächst muss die schwere Folge, also der Tod eines anderen eingetreten sein. Hinsichtlich der Frage, wann ein Mensch tot ist, kann auf die Ausführungen im Artikel zu § 212 StGB verwiesen werden.
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Insofern der Tod nicht final eingetreten ist, kann sich die Problematik rund um den erfolgsqualifizierten Versuch sowie den Versuch der Erfolgsqualifikation stellen. Hierzu kann auf den Strafrecht-AT-Artikel zu den Erfolgsqualifikationen verwiesen werden.
2. Kausalität und objektive Zurechnung
Außerdem müssen zwischen der jeweiligen Handlung des Grunddelikts und der schweren Folge Kausalität auch die Anforderungen an die objektive Zurechnung vorliegen.
3. Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang
Die schwere muss ausweislich des Wortlauts “durch den Raub” verursacht werden, vgl. § 251 StGB. Daraus folgt, dass (wie bei allen erfolgsqualifizierten Delikten) zwischen dem Grunddelikt und der schweren Folge ein spezifischer Gefahrverwirklichungszusammenhang bestehen muss.
Definition
Der tatbestandsspezifische Gefahrzusammenhang liegt vor, wenn die schwere Folge gerade aus der spezifischen Gefahr resultiert, die durch die Begehung des Grunddeliktes geschaffen wurde.
Beispiel
Typisches Beispiel für einen tatbestandsspezifischen Gefahrzusammenhang:
A möchte dem Juwelier J eine besonders wertvolle Uhr entreißen. Um den Widerstand des J zu brechen, schlägt A diesem mit voller Wucht mehrfach mit einem Metallrohr auf den Kopf. J bricht bewusstlos zusammen. A nimmt die Uhr aus der Auslage und flieht. Kurz darauf verstirbt J an den schweren Kopfverletzungen. A hatte den Tod des J nicht angestrebt, wollte aber die Gewalt anwenden, um die Wegnahme zu ermöglichen.
Typisch für § 251 StGB ist hier, dass der Tod als Folge der zur Ermöglichung der Wegnahme eingesetzten qualifizierten Nötigungsmittel (massive körperliche Gewalt) eintritt. Unerheblich wäre sogar gewesen, wenn J bereits vor der Wegnahme verstorben wäre, solange die tatbezogene Gewalt in Raubabsicht angewendet wurde (strittig, mehr dazu im Artikel zu Erfolgsqualifikation)
Für weitergehende Ausführungen zum tatbestandsspezifischen Gefahrzusammenhang wird auf den entsprechenden Abschnitt im Artikel zur Erfolgsqualifikation verwiesen.
4. Leichtfertigkeit beziehungsweise Vorsatz hinsichtlich Todeserfolg und Gefahrverwirklichungszusammenhang
Der Täter muss wenigstens leichtfertig gehandelt haben. Aus dem Worlaut “wenigstens leichtfertig” ergibt sich, dass der Täter auch vorsätzlich bzgl. der Todesfolge handeln kann. In der Klausur sollte dann zunächst die Leichtfertigkeit abgelehnt und anschließend Vorsatz bejaht werden.
Definition
Leichtfertig handelt, wer zwar auf das Ausbleiben des tatbestandlichen Erfolges vertraut, sich aber aus frivoler Rücksichtslosigkeit über die klar erkannte Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung hinwegsetzt.
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Zum Vergleich: Bei der Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB genügt gemäß § 18 StGB (einfache) Fahrlässigkeit.
Für genauere Ausführungen wird auf den Artikel zur Erfolgsqualifikation verwiesen.
V. Rechtswidrigkeit
Es sind die allgemeinen Rechtfertigungsgründe zu beachten.
VI. Schuld
Im Rahmen der Schuld ist bei leichtfertiger Herbeiführung neben den allgemeinen Entschuldigungsgründen auch die subjektive Fahrlässigkeit zu prüfen.
VII. Konkurrenzen
Bei fahrlässiger Begehung wird § 222 StGB von § 251 StGB im Wege der Spezialität verdrängt.
§ 227 StGB kann in Tateinheit verwirklicht werden.
Wenn der Täter vorsätzlich bzgl. der Todesfolge handelt, stehen §§ 212(,211) StGB in Idealkonkurrenz zueinander.
Nutze die Gelegenheit, dir noch einmal den Artikel zu den Konkurrenzen durchzulesen, denn es gilt: Du hast das Strafrecht erst verstanden, wenn du die Konkurrenzen sicher beherrschst!


