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7. Abschnitt: Straftaten gegen die öffentliche Ordnung

§ 124 StGB (Schwerer Hausfriedensbruch)

Teilgebiet

BT

Thema

7. Abschnitt: Straftaten gegen die öffentliche Ordnung

Tags

Widerrechtliches Eindringen
Teilnahme
Wohnung
Schwerer Haufriedensbruch
Menschenmenge
Zusammenrotten
Gewalttätigkeiten
Mit vereinten Kräften
Tatobjekt
Öffentlichkeit
Subjektiver Tatbestand
Teilnahmehandlung
Geschäftsraum
Gliederung
  • I. Allgemeines

  • II. Prüfungsschema

  • III. Tatobjekt

  • IV. Tatsituation: Menschenmenge

    • 1. Öffentliches Zusammenrotten

    • 2. Widerrechtliches Eindringen

    • 3. In der Absicht, Gewalttätigkeiten mit vereinten Kräften zu begehen

  • V. Tathandlung: Teilnahme

  • VI. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz

Dieser Artikel behandelt den schweren Hausfriedensbruch nach § 124 StGB. Die Examensrelevanz ergibt sich vor allem daher, dass der schwere Hausfriedensbruch regelmäßig bei gewaltsamen Demonstrationen relevant wird und daher für Klausurkonstellationen wie die Klimakleberfälle oder die Besetzung von Uni-Gebäuden im Zuge der Pro-Palästina-Demonstrationen in den Jahren 2024/2025 gut geeignet ist.

Es wird empfohlen, sich im Vorhinein den Artikel zum “einfachen” Hausfriedensbruch nach § 123 I StGB durchzulesen.

I. Allgemeines

Der schwere Hausfriedensbruch ist als Qualifikation des § 123 StGB ebenfalls im 7. Abschnitt des StGB “Straftaten gegen die öffentliche Ordnung” angesiedelt. Anders als in der Diskussion um die Verortung des § 123 StGB im 7. Abschnitt, gibt es im Rahmen des § 124 StGB weniger Kritik. So geht die herrschende Meinung davon aus, dass § 124 StGB neben dem Hausrecht auch den öffentlichen Frieden schützt.

Besonderheiten ergeben sich hier vor allem im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Menschenmenge, da § 124 StGB die Absicht voraussetzt, Gewalttätigkeiten zu begehen.

Wichtig ist auch, dass es sich bei § 124 StGB im Gegensatz zu § 123 StGB um ein Offizialdelikt handelt. Anders als Antragsdelikte werden Offizialdelikte von Amts wegen verfolgt.

II. Prüfungsschema

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III. Tatobjekt

Der Prüfungspunkt Tatobjekt umfasst wie auch der § 123 I StGB die Merkmale Wohnung, Geschäftsräume sowie befriedetes Besitztum und Räume des öffentlichen Dienstes.

Für die Definitionen kann auf den Artikel zum § 123 StGB verwiesen werden.

IV. Tatsituation: Menschenmenge

Hinsichtlich der vorliegenden Tatsituation muss sich eine Menschenmenge öffentlich zusammengerottet haben, die in der Absicht, mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen zu begehen, widerrechtlich eindringt.

Definition

Eine Menschenmenge ist eine größere Anzahl von Personen, die sich räumlich zusammengefunden haben und so zahlreich sind, dass Einzelne kaum auffallen und ihr Kommen oder Gehen den Gesamteindruck nicht verändert.

1. Öffentliches Zusammenrotten

Definition

Ein Zusammenrotten liegt vor, wenn sich mehrere Personen mit dem erkennbaren Willen verbinden, gemeinsam in einer Weise gegen die öffentliche Ordnung oder gegen Rechtsgüter anderer vorzugehen.

Definition

Das Zusammenrotten ist öffentlich, wenn die Möglichkeit der Beteiligung von einer unbestimmten Anzahl von Menschen besteht.

2. Widerrechtliches Eindringen

Auch bei der Frage, wann ein Eindringen vorliegt, kann auf den Artikel zu § 123 I StGB verwiesen werden, da es ausreicht, dass einzelne Beteiligte, getragen vom Willen der Zusammenrottung, widerrechtlich eindringen. Nicht erforderlich ist also, dass die gesamte Menge eindringen muss.

3. In der Absicht, Gewalttätigkeiten mit vereinten Kräften zu begehen

Das wichtigste Merkmal ist die Absicht der Menschenmenge. Die Menschenmenge muss in der Absicht widerrechtlich eindringen, mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen zu begehen.

Merke

Wichtig ist hierbei, dass nicht der einzelne Täter, den du gerade gutachterlich prüfst, diese Absicht aufweisen muss. Es handelt sich also nicht etwa um ein Pendant zur Absicht der rechtswidrigen Zueignung (§ 242 I StGB), die der Täter selbst aufweisen muss und so die Anforderungen an den subjektiven Tatbestand erhöht. Vielmehr muss durch das Verhalten einzelner in der Gruppe oder aufgrund des Skandieren von Parolen auf die Absicht der Menschenmenge geschlossen werden.

Definition

Gewalttätigkeiten sind körperliche, unmittelbar gegen Personen oder Sachen gerichtete Handlungen, durch die mit einer gewissen Kraftanwendung ein körperlich wirkender Zwang ausgeübt wird.

Definition

Das Handeln mit vereinten Kräften liegt vor, wenn die (geplanten) Tathandlungen von einer in der Menschenmenge vorhandenen feindseligen Grundstimmung getragen sind.

Wichtig ist, dass bereits die vorhandene Absicht zur Begehung von Gewalttätigkeiten mit vereinten Kräften ausreichend ist. Nicht erheblich ist also, ob die Gewalttätigkeiten auch tatsächlich verübt werden.

Vernetztes Lernen

Zur Frage, wann Absicht gegeben ist, kann auf den Artikel zu den Vorsatzformen verwiesen werden.

V. Tathandlung: Teilnahme

Die eigentliche Tathandlung, die der Täter vornehmen muss, liegt in einer Teilnahme an den Handlungen der Menschenmenge. Dafür muss sich der Täter sowohl an der Zusammenrottung als auch an dem widerrechtlichen Eindringen beteiligen. Dies erfordert:

  1. dass er sich der Menschenmenge in Kenntnis ihres gewalttätigen oder bedrohlichen Zwecks anschließt oder bewusst in ihr verbleibt und durch seine körperliche Anwesenheit die von der Gruppe ausgehende Gefährdungslage verstärkt und

  2. sich auch dem Eindringen der Gruppe räumlich anschließt; ausreichend ist, wenn ihm das Verhalten der anderen nach den Grundsätzen der Mittäterschaft, nicht aber lediglich als Beihilfe, zugerechnet werden kann.

VI. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz

Weil nur die Menschenmenge als ganzes die Absicht aufweisen muss, einzudringen, um Gewalttätigkeiten mit vereinten Kräften zu begehen, genügt für den Einzelnen grundsätzlich dolus eventualis. Das heißt, dass es für die Strafbarkeit generell ausreichend ist, wenn diese Absicht anderer Teilnehmer vom bedingten Vorsatz des Einzelnen gedeckt ist.

Beispiel

A ist Impfgegner und will sich gegen eine vermeintlich bevorstehende Impfpflicht wehren. Dafür verabredet er sich mit Gleichgesinnten vor dem Bundestag. Im Vorhinein wird verabredet, im Verlaufe der Demonstration gewaltsam in den Reichstag einzudringen und der aufgestauten Wut freien Lauf zu lassen. Ebenso wird vereinbart, schon bei der Zusammenkunft Skimasken zu tragen und Knüppel mitzunehmen.

A selbst nimmt keinen Knüppel mit. Ihm geht es gar nicht darum den schönen Reichstag zu beschädigen, sondern nur darum, durch Besetzung des wichtigsten Gesetzgebungsorgans der BRD ein Zeichen zu setzen. Allerdings ist A klar, dass die anderen Teilnehmer Gewalttätigkeiten gegen Sachen verüben wollen, was ihm persönlich aber gleichgültig ist.

Wie verabredet, finden sie die Impfgegner zusammen, wobei eine Gruppe von 45 Personen zusammenkommt. Die allermeisten tragen eine Skimaske und haben Knüppel dabei. Sodann dringen Sie gewaltsam in den Reichstag ein und richten großen Sachschaden an.

In diesem Beispiel ist A nach § 124 StGB strafbar:

Zwar teilt A nicht persönlich die Absicht, Gewalttätigkeiten zu verüben. Er weiß jedoch, dass die Menschenmenge in der Absicht handelt, mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten gegen Sachen zu begehen. Er schließt sich der Menge dennoch an, um mit ihr in den Reichstag einzudringen.

Damit liegt eine Teilnahme an der Zusammenrottung und am Eindringen vor. Dass A die Gewalttätigkeiten nicht selbst plant oder will, steht der Strafbarkeit nicht entgegen, da dolus eventualis genügt und er die kollektive Gewaltbereitschaft billigend in Kauf nimmt.

Merke

Für die Strafbarkeit nach § 124 StGB ist nicht erforderlich, dass der Täter die Gewaltabsicht der Menschenmenge teilt - es genügt, wenn er sie erkennt und bewusst mitträgt.

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