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Zurückbehaltungsrechte

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Grundlagen

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Zurückbehaltungsrecht
§ 273 BGB
§ 323 BGB
Gliederung
  • I. Einführung

  • II. Wirkungen

  • III. Voraussetzungen

    • 1. Gegenseitigkeit der Forderungen

    • 2. Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Gegenforderung

    • 3. Konnexität der Ansprüche

  • IV. Ausschluss der Einrede

  • V. Weitere Zurückbehaltungsrechte

    • 1. Kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht, §§ 369-372 HGB

    • 2. Einrede des nicht erfüllten Vertrages, § 320 BGB

      • a) Zweck

      • b) Voraussetzungen

      • c) Ausschluss

Das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 I BGB ist als Leistungsverweigerungsrecht des Schuldners ausgestaltet und soll diesen vor einseitiger Rechtsdurchsetzung des Gläubigers schützen.

I. Einführung

Nach § 273 I BGB kann der Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird. Das Zurückbehaltungsrecht ist somit ein Leistungsverweigerungsrecht, das in Form einer Einrede (Anspruch nicht durchsetzbar) geltend gemacht werden kann. Da es sich um eine Ausprägung des Prinzips von Treu und Glauben handelt, kann es entgegen der Systematik auch außerhalb des Schuldrechts eingewendet werden.

Merke

Im Prozess wird das Zurückbehaltungsrecht nicht von Amts wegen geprüft, sondern nur auf Einrede des Schuldners („Einreden müssen reden“).

Klausurtipp

In einer Klausur darf die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts keinesfalls unterstellt werden. In einem Gutachten wird es dennoch geprüft und eventuell darauf verwiesen, dass dem Berechtigten ein solches zwar zusteht, aber (noch) nicht geltend gemacht wurde.

§ 273 BGB zwingt den Gläubiger mittelbar zur Erfüllung seiner Verpflichtung und schützt dadurch den Schuldner vor einseitiger Rechtsdurchsetzung des Gläubigers. Zugleich sichert § 273 BGB  damit den Gegenanspruch des Schuldners und dient als Sicherungsmittel.

Merke

Auch die Aufrechnung schützt vor einseitiger Rechtsdurchsetzung. Ihre Rechtsfolgen sind aber weitgehender. Wer wirksam aufrechnet, vernichtet nach § 389 BGB Haupt- und Gegenforderung, soweit sie sich decken. Bei gleichartigen Ansprüchen kann der Schuldner zwischen Aufrechnung und Zurückbehaltungsrecht wählen. Wenn die Forderungen nicht gleichartig sind, kommt nur § 273 BGB in Betracht.

II. Wirkungen

Das Zurückbehaltungsrecht gewährt dem Schuldner nur eine aufschiebende (dilatorische) Einrede. Verweigert der Schuldner die Leistung ausdrücklich oder konkludent, muss er so lange nicht leisten, bis er die ihm gebührende Leistung erhält oder in Annahmeverzug gerät.

Beruft sich der Schuldner in einem Prozess zu Recht auf § 273 BGB, wird die Klage nicht abgewiesen. Vielmehr wird der Beklagte (Schuldner) nach § 274 I BGB zur Leistung Zug um Zug verurteilt.

III. Voraussetzungen

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1. Gegenseitigkeit der Forderungen

Beide Personen müssen jeweils einen Anspruch gegen die andere Person haben. Unerheblich ist, ob sich diese Ansprüche aus Vertrag oder Gesetz ergeben.

Merke

Sofern die gegenseitigen Forderungen überdies im synallagamatischen Austauschverhältnis zueinander stehen, findet § 320 BGB Anwendung.

2. Fälligkeit und Durchsetzbarkeit der Gegenforderung

Die Forderung des Schuldners gegen den Gläubiger (Gegenforderung) muss fällig und durchsetzbar sein.

Klausurtipp

An dieser Stelle ist der Gegenanspruch des Schuldners unter Umständen inzident zu prüfen.

3. Konnexität der Ansprüche

Die gegenseitigen Ansprüche müssen zudem konnex sein, das heißt aus demselben rechtlichen Verhältnis stammen.

Unerheblich ist, ob die Forderungen aus einem Vertrag, aus mehreren Verträgen, aus Quasivertrag, Delikt oder Kondiktion resultieren. Entscheidend ist, dass ein einheitliches Lebensverhältnis im Sinne eines natürlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den Ansprüchen besteht.

Beispiel

Der Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens aus Darlehensvertrag und der Anspruch auf Rückgewähr der Sicherheiten aus Sicherungsvertrag (die Erteilung eines Darlehens wird regelmäßig durch Sicherheiten abgesichert, z. B. durch Hypothekenbestellung).

IV. Ausschluss der Einrede

Das Zurückbehaltungsrecht kann vertraglich oder durch Gesetz ausgeschlossen sein (vgl. § 273 I BGB: „sofern sich nicht aus dem Schuldverhältnis ein anderes ergibt“). In AGB kann es weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden (§ 309 Nr. 2b BGB).

Beispiel

  • Ausschluss kraft Gesetzes: Dem Bevollmächtigten steht nach Erlöschen der Vollmacht kein Zurückbehaltungsrecht an der Vollmachtsurkunde zu (§ 175 BGB).

  • Ausschluss kraft Natur des Schuldverhältnisses: Das Zurückbehaltungsrecht entfällt, wenn der Gläubiger auf Gegenstände dringend angewiesen ist wie z.B. Reisepass, Führerschein, Arbeits- oder Geschäftspapiere.

  • Ausschluss kraft Treu und Glauben: Wenn sich der Schuldner eines Herausgabeanspruchs auf einen Aufwendungsersatzanspruch beruft, den er erst durch die unberechtigte Herausgabeverweigerung erlangt hat.

Merke

Ist die Aufrechnung ausgeschlossen, dann in der Regel auch das Zurückbehaltungsrecht, denn das Zurückbehaltungsrecht ist ein „Minus“ der Aufrechnung, sodass der Ausschluss der Aufrechnung „erst recht“ für das Zurückbehaltungsrecht gilt.

V. Weitere Zurückbehaltungsrechte

1. Kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht, §§ 369-372 HGB

Im Unterschied zum Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB müssen die Ansprüche nicht konnex sein.

Außerdem gewährt das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht dem Berechtigten ein Befriedigungsrecht an dem zurückbehaltenen Gegenstand (§ 371 HGB).

2. Einrede des nicht erfüllten Vertrages, § 320 BGB

a) Zweck

Bei der Einrede des nicht erfüllten Vertrages folgt bereits aus dem Synallagma, das dem Vertrag zugrunde liegt, dass der Schuldner nur zu leisten braucht, wenn der Gläubiger die Gegenleistung bewirkt. § 320 BGB ist überdies nicht nur ein Spezialfall des § 273 BGB, sondern verfolgt auch andere Zwecke:

  • § 320 BGB ist primär ein Druckmittel. Bei teilweiser Nicht- oder Schlechtleistung kann grundsätzlich die komplette Gegenleistung verweigert werden.

  • Das Recht aus § 320 BGB wird von Amts wegen berücksichtigt, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und muss daher nicht gesondert geltend gemacht werden (h.M.).

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b) Voraussetzungen

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Es muss ein gegenseitiger Vertrag bestehen, mit gegenseitigen (synallagmatischen) Verpflichtungen (fehlt beispielsweise bei einem Auftragsverhältnis im Sinne von § 662 BGB - mehr zum Begriff des Synallagmas findest du hier). Letzteres ist der Fall, wenn die Leistung des einen das Entgelt für die Gegenleistung des anderen darstellen soll.

Die Gegenforderung des Schuldners muss zudem fällig und durchsetzbar sein.

Klausurtipp

An dieser Stelle ist in einer Klausur der Gegenanspruch des Schuldners gegebenenfalls inzident zu prüfen.

c) Ausschluss

Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB kann bei Vorliegen einer Vorleistungspflicht oder nach Treu und Glauben ausgeschlossen sein.

Beispiel

Die Einrede nach § 320 BGB kann wegen Treu und Glauben ausgeschlossen sein 

  • bei verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils der Leistung (§ 320 II BGB) oder

  • wenn der Einredende zum Ausdruck bringt, dass er selbst nicht am Vertrag festhalten will.

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