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Stellvertretung

Wissenszurechnung bei Stellvertretern (§ 166 BGB)

Teilgebiet

BGB AT

Thema

Stellvertretung

Tags

Stellvertretung
§ 166 BGB
§ 164 BGB
Gliederung
  • I. § 166 I BGB

    • 1. Regel

      • a) Willensmängel

      • b) Kenntnis und Kennenmüssen von Umständen

    • 2. Mehrere Vertreter

  • II. § 166 II BGB

Da Vertreter und Vertretener zwei unterschiedliche Personen sind, können diese auch unterschiedliche Ansichten, Wissen und Motivationen haben. § 166 BGB regelt daher, wie in Stellvertretungskonstellationen subjektive Elemente zu behandeln sind.

I. § 166 I BGB

1. Regel

Bei subjektiven Elementen von Rechtsgeschäften (Willensmängeln, Kenntnis, etc.) ist einzig auf den Vertreter abzustellen - nur er gibt eine eigene Willenserklärung ab oder nimmt sie entgegen. Der Vertretene weiß häufig nichts von der Abgabe oder Entgegennahme der Willenserklärung.

In § 166 I BGB hat der Gesetzgeber diese Regel (allerdings unvollkommen) zum Ausdruck gebracht.

a) Willensmängel

Bei der Auslegung von Willenserklärungen und geschäftsähnlichen Handlungen kommt es auf die Person des Vertreters an. Gibt er eine Willenserklärung ab, ist allein sein Wille relevant (und nicht der Wille des Vertretenen). Nimmt er als Empfangsvertreter eine Willenserklärung entgegen, ist allein seine Sicht relevant. Hat er den Willen des Erklärenden verkannt, kommt es auf das Verständnis eines objektiven Empfängers in der Position des Vertreters an.

Auch im Rahmen der Willensvorbehalte nach §§ 116-118 BGB ist grundsätzlich auf den Vertreter abzustellen.

Unterläuft dem Vertreter ein Irrtum bei Abgabe seiner Willenserklärung, ist der Vertretene anfechtungsberechtigt. Er kann also eine fremde Willenserklärung anfechten. Schließlich treffen ihn nach § 164 I 1 BGB die Rechtsfolgen der irrtumsbehafteten Erklärung.

b) Kenntnis und Kennenmüssen von Umständen

Nach § 166 I Fall 2 BGB kommt es auch hinsichtlich der Kenntnis oder des Kennenmüssens bestimmter Umstände auf den Vertreter an. Diese können vor allem beim Erwerb vom Nichtberechtigten nach § 892 BGB, §§ 932 ff. BGB eine Rolle spielen.

Merke

Fall

A erwirbt im Namen des K einen Grüneberg von V, der dem X gehört.

Wird K Eigentümer?

Lösung

(1) K, aber nicht A, hat hiervon Kenntnis.

Der Eigentumserwerb gemäß §§ 929 S.1, 932 I BGB scheitert nicht daran, dass dem Erwerber K die Eigentumslage bekannt ist, da gemäß § 166 I Fall 2 BGB auf A abzustellen ist. Ihm ist die Eigentumslage nicht bekannt.

➝ K erwirbt Eigentum.

(2) A, aber nicht K, hat Kenntnis vom fehlenden Eigentum des V.

Der Eigentumserwerb des K gemäß §§ 929 S.1, 932 I BGB scheitert daran,

dass dem A, auf welchen gemäß § 166 I Fall 2 BGB abzustellen ist, die Eigentumslage bekannt ist.

➝ K erwirbt kein Eigentum.

2. Mehrere Vertreter

Die Situation kann sich schwieriger gestalten, wenn mehrere Vertreter eingeschaltet sind.

Sind von mehreren Vertretern zum Beispiel einzelne bösgläubig, ist zu differenzieren:

  • Haben sie Einzelvertretungsmacht, bleiben Informationen Unbeteiligter unberücksichtigt.

  • Bei der Gesamtvertretung schadet hingegen schon die Bösgläubigkeit eines Vertreters (Wissenszusammenrechnung).

  • Bei organschaftlicher Vertretung ist zu berücksichtigen, dass die Informationen eines Organmitglieds gleichzeitig Informationen des Organs und damit auch der juristischen Person darstellen.

Merke

Auch für die Wissenszurechnung sonstiger Personen folgt aus § 166 I BGB der allgemeine Grundsatz:

Wer andere mit der eigenverantwortlichen Erledigung von Aufgaben betraut, muss sich die Kenntnis seiner "Wissensvertreter" zurechnen lassen.

Auch in arbeitsteiligen Betrieben erfolgt eine Wissenszusammenrechnung. Die Informationen eines anderen werden berücksichtigt, wenn ein Anlass zur Speicherung der Information und eine Pflicht zum Austausch des Wissens bestand.

II. § 166 II BGB

Hat ein Vertreter nach bestimmten Weisungen oder auf Veranlassung des Vertretenen gehandelt, wird die Informationslage des Vertretenen gemäß § 166 II BGB mitberücksichtigt.

Grund hierfür ist, dass ein Bösgläubiger nicht sanktionslos gutgläubige Dritte vorschieben können soll.

§ 166 II BGB gilt über den Wortlaut hinaus auch bei einer gesetzlichen Vertretungsmacht, wenn eine konkrete Veranlassung vorliegt.

Beispiel

Ein bösgläubiger 17-Jähriger lässt sich durch seine gutgläubigen Eltern vertreten.

§ 166 II BGB ist analog anzuwenden, wenn der Geschäftsabschluss in Gegenwart des Vertreters erfolgt, ohne dass dieser einschreitet und wenn der Vertretene einen durch einen falsus procurator geschlossenen Vertrag genehmigt.

Problem

§ 166 II BGB analog im Kontext der §§ 989, 990 BGB

  • H.M.: Wer sich bei Besitzerwerb von einer Person vertreten lässt, muss sich eigenes Wissen gemäß § 166 II BGB analog zurechnen lassen. § 166 BGB ist eine Norm die Wissen zurechnet, wenn sich eine Person einer anderen Person im Rechtsverkehr bedient und diese agieren lässt. Entsprechend muss auch bei bösgläubigem Besitzerwerb etwaiges Wissen berücksichtigt werden.

  • A.A.: §§ 989, 990 regeln die Verhältnisse bei unredlichem Besitzerwerb und nicht wie § 166 BGB die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung. Daher ist hier als Zurechnungsnorm § 831 BGB anzuwenden, da §§ 987 ff. BGB im Kern Sondervorschriften zum Deliktsrecht darstellen. Außerdem entspricht der Besitzdiener eher dem Typus eines Verrichtungsgehilfen als dem eines Vertreters. Zusätzlich erhält der Besitzer so die Möglichkeit sich zu exkulpieren (§ 831 BGB.

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