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Zustandekommen von Verträgen

Vertragsschluss im Internet

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Zustandekommen von Verträgen

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Vertragsschluss im Internet
§ 145 BGB
Gliederung
  • I. Vertragsschluss im Online-Handel

  • II. Vertragsschluss auf eBay 

    • 1. Möglichkeit 1

    • 2. Möglichkeit 2

  • III. Sonderprobleme

    • 1. Probleme bei Übereignung im Kontext von Online-Auktionen

      • a) Untergang/Verlust der Kaufsache

      • b) Veräußerung/Zerstörung der Kaufsache

      • c) Mängel der Kaufsache

    • 2. Einbeziehung von AGB

    • 3. Shill-Bidding

    • 4. Bid Shielding

    • 5. Schnäppchenjäger

    • 6. Abbruchjäger

Vertragsschlüsse finden heutzutage immer öfter im Internet statt. Hierbei ergeben sich einige Besonderheiten, die insbesondere im Rahmen von Onlineauktionen auf Plattformen wie eBay, aber auch allgemein im Online-Handel klausurrelevant werden.

I. Vertragsschluss im Online-Handel

Der Vertragsschluss kann auch über das Internet erfolgen. Hier sind grundsätzlich die §§ 145 ff. BGB anwendbar. Es sind also wie gewohnt ein Antrag und eine Annahme erforderlich. 

Im Hinblick auf den Antrag ist zu beachten, dass das Anbieten von Waren auf der Website eines Onlineshops in der Regel kein verbindliches Angebot darstellt. Der Verkäufer möchte sich die Wahl seines Vertragspartners gegebenenfalls vorbehalten. Auch möchte er nicht riskieren, gleichzeitig zu viele Verträge einzugehen und sich dann wegen Nichterfüllung schadensersatzpflichtig zu machen. Damit erfolgt das Anbieten von Waren in einem Onlineshop in der Regel ohne Rechtsbindungswillen. Es handelt sich um eine invitatio ad offerendum.

Indem der Käufer dann auf der Website, etwa auf den Button „zahlungspflichtig bestellen“ klickt oder anderweitig eine Bestellung vornimmt, gibt er ein Angebot ab. 

Häufig erhält der Käufer sodann per E-Mail eine automatisierte Bestellbestätigung. Diese kann nur eine Bestätigung des Eingangs der Bestellung, zu deren Abgabe der Verkäufer nach § 312i I Nr. 3 BGB verpflichtet ist, darstellen. Es kann sich aber auch bereits um eine verbindliche Annahme handeln. Was letztendlich vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Für eine Annahme ist maßgeblich, dass der Verkäufer den Willen äußert, die Bestellung vorbehaltlos durchzuführen. 

II. Vertragsschluss auf eBay 

Es stellt sich die Frage, wie ein solcher Vertrag zustande kommt.

Bei einem Blick in die §§ 145 ff. BGB fällt § 156 S. 1 BGB auf, wonach der Vertragsschluss bei einer Auktion erst mit dem Zuschlag zustande kommt. 

Hieraus ergibt sich, dass es sich bei dem Zuschlag des Auktionators um die Annahme handelt, welcher ein Angebot des Bieters vorhergehen muss. Nach gefestigter Rechtssprechung ist § 156 S. 1 BGB jedoch nicht auf den Vertragsschluss über das Internet anwendbar, da bei der Internetauktion keine dem Zuschlag entsprechende Willenserklärung durch den Versteigerer abgegeben wird.

Es bestehen zwei Möglichkeiten, wie der Vertragsschluss erfolgen kann: 

1. Möglichkeit 1

Das Eröffnen der Onlineauktion bei eBay und sonstigen Plattformen kann einen Antrag des Verkäufers im Sinne des § 145 BGB darstellen. Die Besonderheit dieses Antrags besteht darin, dass die Person des Vertragspartners und der Kaufpreis bei Abgabe des Angebots noch nicht feststehen. Vielmehr richtet sich das Angebot an denjenigen, der im Zeitpunkt des Aktionsendes Höchstbietender ist. Für die Bestimmtheit des Angebots genügt also die Bestimmbarkeit im weiteren Auktionsverfahren. Bei der Festlegung der Laufzeit der Auktion handelt es sich um die Setzung einer Annahmefrist im Sinne des § 148 BGB. Entsprechend stellt die Abgabe eines Gebots die Annahme des Käufers dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese unter der auflösenden Bedingung im Sinne des § 158 II BGB steht, dass ein anderer Bieter ein höheres Gebot abgibt. Mit dem Ende der Auktion kommt der Vertrag so mit dem Höchstbietenden zustande.

2. Möglichkeit 2

Andererseits lässt sich das Einstellen eines Artikels auf einer Onlineauktionsplattform als antizipierte Annahmeerklärung des Verkäufers einordnen. Bei der Qualifikation der Erklärung als Angebot oder vorweggenommene Annahme im Wege der Auslegung, sind die AGB der Onlineplattform heranzuziehen. So sehen beispielsweise die AGB von eBay ausdrücklich vor, dass das Einstellen eines Artikels ein verbindliches Angebot darstellt. Geht man von einer antizipierten Annahme des Verkäufers aus, die sich an den bei Auktionsende Höchstbietenden richtet, kommt der Vertrag dann mit Abgabe des Höchstgebots (=Angebot) zustande.

III. Sonderprobleme

Im Zusammenhang mit über das Internet geschlossenen Verträgen können folgende Sonderprobleme eine Rolle spielen: 

1. Probleme bei Übereignung im Kontext von Online-Auktionen

a) Untergang/Verlust der Kaufsache

Eine Angebotsrücknahme ist beim Untergang oder Verlust der Kaufsache aus vom Anbieter nicht zu vertretenden Gründen berechtigt. Der Versteigerer kann die Auktion beenden. Entgegenstehende AGB der Auktionsplattform verstoßen gegen § 307 BGB.

Um die Rechtsfolgen der §§ 123 I, 826 BGB zu verhindern, müsste der Verkäufer künftige Bieter über den Untergang oder Verlust der Kaufsache aufklären. Damit wäre die Auktion jedoch praktisch beendet. 

Damit ist ein Rückgriff auf die allgemeineren §§ 145 ff. BGB geboten, sodass auch beim Vertragsschluss über das Internet Angebot und Annahme erforderlich sind.

b) Veräußerung/Zerstörung der Kaufsache

Hat der Verkäufer die Kaufsache weiterveräußert oder selbst schuldhaft zerstört, kann er die Auktion nicht beenden. Der Untergang oder Verlust der Kaufsache aus vom Anbieter zu vertretenden Gründen berechtigen ihn nicht zur Angebotsrücknahme. Wegen § 162 I BGB kommt trotz unberechtigter Angebotsrücknahme ein Kaufvertrag mit dem bei Abbruch der Auktion Höchstbietenden zustande.

c) Mängel der Kaufsache

Wird während der Laufzeit der Auktion ein Mangel erkannt, muss der Verkäufer potentielle Bieter auf den Mangel hinweisen. Die künftigen Bieter können deshalb nach §§ 442 I 1, 2 BGB aus dem Mangel keine Rechte herleiten. Dem bei Aufdeckung des Mangels Höchstbietenden steht ein Anfechtungsrecht nach § 119 II BGB zu. 

Der Verkäufer muss sich auf ein Auktionsergebnis für die Ware mit Mangel einstellen und kann die Auktion nicht vorzeitig abbrechen. 

2. Einbeziehung von AGB

Der Erklärungsinhalt von Erklärungen, die im Rahmen einer Internetauktion abgegeben werden, ist unter Berücksichtigung der AGB des Betreibers der Internetplattform des Betreibers zu bestimmen.

Dasselbe gilt für durch Amazon vermittelte Käufe ("A bis Z Garantie") oder Zahlungen über Paypal ("Käuferschutz").

Der AGB-Verwender ist hierbei nicht selbst Partei des Vertrags, für den die AGB relevant sein sollen.

Dennoch werden diese AGB im Rahmen der Auslegung des Kaufvertrags berücksichtigt. Jeder Vertragspartner hat darauf zu achten, wie der andere Teil die AGB verstehen musste.

3. Shill-Bidding

Ein weiteres Klausurproblem im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss im Internet kann das sogenannte Shill-Bidding darstellen.

Hierunter ist eine Manipulation des Verkäufers zu verstehen, der sich entweder selbst unter Verwendung eines zweiten Mitgliedskontos an der Auktion beteiligt oder sich hierzu Dritter bedient, um den Kaufpreis künstlich in die Höhe zu treiben.

Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass derartige Lockvogelangebote unwirksam sind und von seriösen Bietern nicht überboten werden müssen:

  • Bietet eine andere Person als der Verkäufer mit dessen Einverständnis, liegt ein unwirksames Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB vor.

  • Bietet der Verkäufer selbst, liegt in dem Scheingebot keine wirksame Willenserklärung (§ 145 BGB: „Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt…“). 

Merke

Wenn also das Lockvogelangebot unwirksam ist, wurden niedrigere Angebote anderer Bieter nicht übertroffen. Diese bleiben somit wirksam, verbindlich und sind bei Auktionsende das höchste Angebot, sodass mit dem jeweiligen Bieter der Vertrag zustande kommt (siehe oben Vertragsschluss auf Ebay). 

4. Bid Shielding

Auch auf Käuferseite kann eine Manipulation durch den Gebrauch eines zweiten Kontos vorliegen.  Im Falle des Bid Shieldings bietet der Käufer mit einem zweiten Account eine derart hohe Summe, dass andere Käufer abgeschreckt werden. 

Beispiel

K bietet zunächst 120 € und direkt im Anschluss 800 €. 

Kurz vor Ende der Auktion zieht der Käufer das zweite, höhere Angebot zurück, in der Absicht, dass der Vertrag mit seinem nächst höheren Angebot von 120 € zustande kommt. Im Ergebnis wird jedoch das zweite Angebot von 800 € als wirksames verbindliches Angebot betrachtet: 

  • Ein Widerruf des Angebots nach § 130 I 2 BGB ist wegen des bereits erfolgten Zugangs beim Verkäufer nicht mehr möglich

  • Ein geheimer Vorbehalt des Käufers beim Angebot 2 ist gemäß § 116 S. 1 BGB nicht beachtlich 

  • Eine Unwirksamkeit wegen Scheingeschäfts gemäß § 117 I BGB liegt nicht vor, da der Verkäufer von diesem nichts wusste

  • Auch liegen keine Anhaltspunkte für eine Unernstlichkeit im Sinne des § 118 BGB vor

  • Schließlich ist auch kein Anfechtungsgrund ersichtlich, sodass eine Beseitigung des Angebots durch Anfechtung ebenso wenig in Betracht kommt

Merke

Beim Bid Shielding bleibt das höhere Angebot des Käufers wirksam, sodass ein Vertrag mit den Konditionen des zweiten Angebots zustande kommt. Dies stellt den umgekehrten Fall zum Shill-Bidding dar.

5. Schnäppchenjäger

Problem

Erfüllungsanspruch des Höchstbietenden

Fraglich ist, ob der Höchstbietende Erfüllung verlangen kann, wenn bei unberechtigter Angebotsrücknahme gemäß § 162 I BGB ein Kaufvertrag zustande kommt. 

Beispiel

Ein VW Golf 6 wird für einen Euro verkauft. 

Lösungsansatz

Möglicherweise steht dem Erfüllungsanspruch des Käufers die Einrede des Rechtsmissbrauchs im Sinne des § 242 BGB entgegen.

Hierbei ist jedoch zu berücksichtigten, dass sich der Käufer das selbstschädigende Verhalten des Verkäufers zunutze macht, indem er sich auf die ihm daraus erwachsenen Ansprüche beruft. Auch wenn es sich um einen unvorhergesehenen Gewinn (windfall profit) handelt, bietet dies keinen Grund zur rechtlichen Beanstandung.

Dass das Maximalgebot des Bieters nicht dem objektiven Wert des Kaufgegenstandes entspricht, rechtfertigt allein nicht den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters. Es macht gerade den Reiz einer Internetauktion aus, etwas zu einem Schnäppchenpreis zu erwerben.

Gibt der Verkäufer einen zu niedrigen Startpreis an, geht er selbst das Risiko eines ungünstigen Auktionsendes ein.

6. Abbruchjäger

Vom beschriebenen Schnäppchenjäger, der lediglich Gebote abgibt, deren Höhe unter dem objektiven Marktwert der Kaufsache liegt, ist der Abbruchjäger zu unterscheiden.

Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er es auf abgebrochene Auktionen absehen hat und anschließend Schadensersatz aus dem gemäß § 162 I BGB zustande gekommenen Kaufvertrag verlangt. Oft bietet der Abbruchjäger auf eine Kaufsache, an der er eigentlich kein Erwerbsinteresse hat und hofft, dass der Verkäufer die Auktion abbricht. Der BGH stuft eine derartige Abbruchjagd als rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) ein.

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