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Vertragsbeteiligung Dritter

Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter

Teilgebiet

Schuldrecht AT

Thema

Vertragsbeteiligung Dritter

Tags

Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
§ 157 BGB
§ 328 BGB
§ 311 BGB
§ 242 BGB
§ 334 BGB
Gliederung
  • I. Grundsatz

  • II. Ausnahme - Schutzwirkung für Dritte

  • III. Voraussetzungen 

    • 1. Leistungsnähe

    • 2. Gläubigernähe

    • 3. Fürsorgepflicht

    • 4. Drittbezogenheit der Leistung

    • 5. Erkennbarkeit

    • 6. Schutzbedürftigkeit

  • IV. Einwendungen des Schuldners

  • V. Rechtsfolge

Dieser Artikel behandelt den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (auch: VSD oder VSzD). Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist ein bedeutendes Instrument des Schuldrechts, das die Grenzen des vertraglichen Haftungsbereichs erweitert. Er ermöglicht es, dass Dritte, die selbst nicht Vertragspartei sind, dennoch Schutz aus einem bestehenden Vertragsverhältnis herleiten können. Dabei wird der Dritte in den Schutzbereich des Vertrags einbezogen und erhält einen Anspruch auf Schadensersatz, falls der Vertragspartner seine Pflichten verletzt. Dieses Rechtsinstitut dient insbesondere dazu, Personen zu schützen, die typischerweise in den Gefahrenbereich der Vertragserfüllung geraten können. Die Klausurrelevanz ist als hoch einzustufen, unter anderem weil die Voraussetzungen nicht normiert sind. Die Voraussetzungen für die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich werden im Folgenden näher erläutert.

I. Grundsatz

Grundsätzlich haben Dritte keine vertraglichen Ansprüche auf Ersatz von Schäden, die ihnen aus der Verletzung von Vertragspflichten erwachsen, sofern sie weder Vertragspartner noch Begünstigte beim Vertrag zugunsten Dritter sind. 

Sie haben zwar deliktsrechtliche Ansprüche. Diese weisen jedoch drei Schwächen auf:

  • Es gibt keine allgemeine Vermögenshaftung - der Geschädigte als Dritter wäre insoweit ungeschützt.

  • Der Geschädigte muss das Verschulden des Schädigers beweisen. 

  • Es besteht eine Exkulpationsmöglichkeit des Schädigers nach § 831 I 2 BGB.

II. Ausnahme - Schutzwirkung für Dritte

Ausnahmsweise, wenn die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten auch bestimmte „Nichtvertragspartner“ schützen sollen und damit Schutzwirkung für Dritte haben, können „Nichtvertragspartner“ vertragliche Schadensersatzansprüche haben. Schutzwirkung für Dritte hat ein Vertrag regelmäßig dann, wenn Dritte typischerweise in den Gefahrenbereich der Vertragserfüllung kommen. Diese Konstellation ist nicht mit der Drittschadensliquidation zu verwechseln. Die Abgrenzung von Drittschadensliquidation und Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kannst du dir hier durchlesen.

Die dogmatische Herleitung des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ist umstritten. Die Schutzwirkung der vertraglichen Verpflichtungen für Dritte kann hergeleitet werden aus:

  • dem konkreten Vertrag mittels ergänzender Vertragsauslegung nach § 157 BGB oder 

  • dem Rechtsgedanken des § 328 BGB oder

  • § 311 III 1 BGB oder

  • § 242 BGB.

Klausurtipp

In der Klausur ist es ausreichend, die möglichen Rechtsgrundlagen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter eingangs in einem Satz zu erwähnen. Da der Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter allgemein anerkannt ist, spielt die konkrete Herleitung im Ergebnis keine Rolle. 

III. Voraussetzungen 

Das Bestehen eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte setzt eine erkennbare Leistungs- und Gläubigernähe des Dritten sowie dessen Schutzbedürftigkeit voraus. 

1. Leistungsnähe

Der Dritte muss sich in Leistungsnähe befinden. 

Definition

Leistungsnähe ist gegeben, wenn der Dritte den Gefahren einer Schlechtleistung des vertraglichen Schuldners ebenso ausgesetzt ist wie der Gläubiger.

Beispiele sind:

  • Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber gekaufte Maschinen bedienen; 

  • Angehörige eines Mieters, die mit diesem zusammenleben.

2. Gläubigernähe

Außerdem ist eine Gläubigernähe des Dritten erforderlich. Diese setzt voraus, dass der Gläubiger eine Fürsorgepflicht für den Dritten hat oder die Leistung des Gläubigers drittbezogen ist.

3. Fürsorgepflicht

Nach der Rechtsprechung besteht eine Fürsorgepflicht des Gläubigers für den Dritten, wenn der Schuldner für das Wohl und die Wehe des Dritten mitverantwortlich ist (Wohl und Wehe - Formel). Die Schädigung des Dritten trifft dann auch den Gläubiger, indem er dem Dritten gegenüber zum Schutz und zur Fürsorge verpflichtet ist, wie beispielsweise Eltern für ihre Kinder oder Ehegatten untereinander. 

4. Drittbezogenheit der Leistung

Eine Leistung ist drittbezogen, wenn sie bestimmungsgemäß einem Dritten zugutekommen soll, wie beispielsweise die Anmietung von Schulungsräumen.

Merke

Zunächst war der vertragliche Drittschutz nur auf Schutzpflichtverletzungen beschränkt. Der BGH hat diesen dann 1965 auf die Verletzung von Hauptleistungspflichten erweitert. Dies wurde damit begründet, dass es keinen tragfähigen Grund gebe, zwischen der Schlechterfüllung infolge einer Verletzung von Leistungspflichten und der Nichterfüllung von Leistungspflichten zu differenzieren. Anschließend hat der BGH sein Wohl- und Wehe-Kriterium als zu eng angesehen. Die Haftung wurde schon dann bejaht, wenn ein Sachverständiger es unterlassen hat, in seinem Gutachten darauf hinzuweisen, inwieweit er sich auf nicht überprüfte Informationen seines Auftraggebers stützt. 

5. Erkennbarkeit

Sowohl die Leistungsnähe als auch die Gläubigernähe müssen für den Schuldner bei Vertragsschluss erkennbar sein. Er muss den geschützten Personenkreis vorhersehen können, ohne dass ihm die Anzahl und Namen der einbezogenen Dritten bekannt sein müssten.

6. Schutzbedürftigkeit

Außerdem ist die Schutzbedürftigkeit des Dritten erforderlich. 

Definition

Der Dritte ist schutzbedürftig, wenn er keine eigenen vertraglichen Schadensersatzansprüche hat. 

Merke

Ein Dritter kann auch stets durch eine ausdrückliche oder konkludente Vereinbarung in den Schutzbereich des Vertrags einbezogen werden. Dann hat er auch ohne Rückgriff auf die Grundsätze des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter einen eigenen vertraglichen Schadensersatzanspruch.

IV. Einwendungen des Schuldners

Der Schuldner kann dem Dritten beim Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gemäß § 334 BGB analog Einwendungen entgegenhalten. Diese können in Gestalt gesetzlicher Haftungsbeschränkungen, vertraglicher Haftungsfreizeichnung oder aber im Mitverschulden des Gläubigers bestehen.

Merke

Die Haftung gegenüber dem Dritten kann nie weiter reichen als die Haftung gegenüber dem Vertragspartner.

V. Rechtsfolge

Liegen die Voraussetzungen für einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter vor, besteht ein eigener vertraglicher Schadensersatzanspruch des Dritten. Anspruchsgrundlage ist hierbei in der Regel §§ 280 I, 241 II BGB. Der Vertrag zugunsten Dritter bildet das erforderliche Schuldverhältnis und räumt dem Schuldner Schutzpflichten gegenüber dem Dritten ein. 

Dadurch, dass der Dritte einen eigenen Schadensersatzanspruch hat, trägt der Schuldner das Risiko, sowohl von seinem Vertragspartner als auch von dem Dritten in Anspruch genommen zu werden. Es kommt zu einer Risikohäufung.

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