I. Einführung
Bei verbundenen Verträgen handelt es sich um eine Kombination aus einem Vertrag über die Lieferung einer Ware oder anderen Leistungserbringung und einem Verbraucherdarlehensvertrag zur Finanzierung. Diese beiden Verträge bilden dabei eine wirtschaftliche Einheit. §§ 358, 359 BGB enthalten besondere Regelungen zum Schutz des Verbrauchers. Verbraucher und Existenzgründer (§ 513 BGB) sollen vor den Risiken geschützt werden, die sich aus der Aufspaltung eines Geschäfts in ein Bargeschäft und einen damit verbundenen Darlehensvertrag ergeben.
Definition
Definition: Verbundene Verträge im Sinne des § 358 III 1 BGB liegen vor, wenn
das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und
beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden.
Eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 358 III 2 BGB wird unwiderleglich vermutet, wenn
der Unternehmer das Geschäft selbst finanziert oder
wenn sich der Drittfinanzierer (i.d.R. eine Bank) bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient.
Beispiel
1. Ist der Finanzdienstleiter sowohl Vertragspartner des Darlehensvertrags als auch des Beschafftungsvertrags, liegt rechtliche Identität i.S.v. § 358 III 2 Alt. 1 BGB vor. Nicht ausreichend ist eine rein wirtschaftliche Identität, wie es z. B. bei einem Konzernunternehmen wäre.
2. Hat der Händler Bankformulare in seinem Geschäft, die er nach Unterzeichnung durch den Kunden bei der Bank einreicht oder vermittelt der Händler mit Wissen und Wollen des Darlehensgebers Kunden an diesen, liegt ein arbeitsteiliges Zusammenwirken i.S.v. § 358 III 2 Alt. 2 BGB vor.
3. Besorgt sich der Kunde das Darlehen selbstständig bei seiner Bank, bilden die Verträge keine wirtschaftliche Einheit i.S.v. § 358 III BGB. Allerdings sollte man hier an zusammenhängende Verträge gemäß § 360 II BGB denken.

II. Widerrufsdurchgriff, § 358 BGB
1. Widerrufsdurchgriff nach § 358 II BGB
Beispiel
K möchte sich einen neuen Fernseher kaufen. Im Laden des H überredet dieser den K einen Fernseher für 5000 € zu kaufen. Da K diesen Betrag nicht auf einmal aufbringen kann, bietet H ihm an, den Kauf durch ein Verbraucherdarlehen der Hausbank B zu finanzieren. Beide Verträge werden formgerecht abgeschlossen. Nach 10 Tagen merkt K, dass er kein Interesse an dem Fernseher hat.
In unserem Beispielfall ergibt sich nun folgendes Problem: K kann den Darlehensvertrag gemäß §§ 495, 355 BGB widerrufen, nicht aber den Kaufvertrag. Der isolierte Widerruf des Darlehensvertrags hilft K aber nicht weiter, denn er müsste das Darlehen gemäß § 357b I BGB an B zurückzahlen und wäre trotzdem an den Kaufvertrag mit H gebunden. Wiederhole hier die Rechtsfolgen beim Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags.
Hier hilft § 358 II BGB weiter: Liegt ein verbundener Vertrag i.S.v. § 358 III BGB vor, ist der Verbraucher gemäß 358 II BGB auch dann nicht mehr an das finanzierte Geschäft gebunden, wenn er den Darlehensvertrag wirksam widerrufen hat. In der Folge erlöschen die Pflichten aus dem Lieferungsvertrag beziehungsweise werden nach § 355 III 1 BGB rückabgewickelt.

2. Widerrufsdurchgriff nach § 358 I BGB
Gleichermaßen funktioniert auch der umgekehrte Fall, dass der Verbraucher seine auf Abschluss des zu finanzierenden Vertrags gerichtete Willenserklärung widerruft. Die Verbindlichkeit entfällt gemäß § 355 I 1 BGB, sodass der Verbraucher das Darlehen nicht mehr benötigt. Liegt ein verbundener Vertrag i.S.v. § 358 III BGB vor, greift hier der Widerrufsdurchgriff gemäß § 358 I BGB. Auch die Pflichten aus dem Darlehensvertrag erlöschen danach bzw. werden nach § 355 III 1 BGB rückabgewickelt.
3. Rechtsfolgen des Widerrufs
Gemäß § 358 IV 1 BGB gelten die §§ 355 III, 357-357c BGB entsprechend für den verbundenen Vertrag. Die Leistungen aus dem verbundenen Vertrag sind demnach unverzüglich zurückzugewähren, § 355 III BGB. Handelt es sich bei dem verbundenen Vertrag um den Darlehensvertrag, gilt gemäß § 357b I BGB eine Rückgewährungsfrist von 30 Tagen. Andernfalls beträgt die Frist nach § 357 I BGB 14 Tage. Wertersatz ist nur unter den Voraussetzungen des § 357a BGB zu leisten.
Nach § 358 IV 4 BGB besteht kein Anspruch auf Zinsen oder Kostenersatz gegen den Verbraucher.
4. Rückabwicklung im jeweiligen Leistungsverhältnis
Solange das Darlehen von dem Darlehensgeber noch nicht dem Vertragspartner des verbundenen Geschäfts zugeflossen ist, erfolgt die Rückabwicklung in den jeweiligen Leistungsverhältnissen. Gleiches gilt, wenn das Darlehen zwar an den Verbraucher ausgezahlt wurde, dieser das Geld aber noch nicht an den Unternehmer weitergeleitet hat.
Ist das Darlehen hingegen schon dem Unternehmer zugeflossen, ist § 358 IV 5 BGB zu beachten. Danach tritt der Darlehensgeber in die Rechte und Pflichten des Unternehmers nach § 358 IV 1-4 BGB ein. Dadurch soll es dem Verbraucher erspart bleiben, den Darlehensbetrag an den Darlehensgeber zurückzahlen und sich selbst an den Unternehmer halten zu müssen.
Der Darlehensgeber tritt nach § 358 IV 5 BGB vollständig in die Position des Unternehmers ein. Das hat zur Folge, dass sich der Rückzahlungsanspruch des Verbrauchers aus § 355 III 1 BGB nunmehr gegen die finanzierende Bank richtet. Dieser Anspruch wird jedoch regelmäßig vollständig mit dem Anspruch der Bank gegen den Verbraucher auf Darlehensrückzahlung aus § 355 I 1 BGB saldiert. Hat der Verbraucher bereits eine Anzahlung oder Zinszahlungen geleistet, hat er einen Anspruch auf Saldoausgleich gegen den Darlehensgeber.
Eine weitere Folge ist, dass der Verbraucher die finanzierte Leistung (z. B. die Kaufsache) nun an den Darlehensgeber übereignen muss, um den finanzierten Vertrag gemäß § 355 I 1 BGB rückabzuwickeln.
Merke
Oftmals ist der Darlehensvertrag mit einer Sicherungsabrede verbunden, nach der der Darlehensgeber Sicherungseigentum an der finanzierten Sache erhält. Ist der Darlehensgeber Sicherungseigentümer, richtet sich der Anspruch gegen den Verbraucher i.S.v. § 355 III 1 BGB auf Herausgabe der Sache, nicht auf Übereignung.
Die beiderseitigen Ansprüche zwischen Verbraucher und Darlehensgeber sind Zug-um-Zug gemäß §§ 348 S. 2 analog, 320 BGB zu erfüllen.
Der Darlehensgeber ist demnach Eigentümer der finanzierten Sache (entweder Sicherungseigentümer oder durch Übereignung im Rahmen der Rückabwicklung), während der Unternehmer weiterhin den Darlehensbetrag in seinem Vermögen hat. Die Rückabwicklung findet auf der zweiten Stufe zwischen Unternehmer und Darlehensgeber statt.
Die wohl herrschende Meinung löst die Rückabwicklung zwischen Unternehmer und Darlehensgeber über einen Bereicherungsanspruch gemäß § 812 I 1 Alt. 2 BGB der Bank gegen den Unternehmer. Eine andere Ansicht will § 358 IV 5 BGB analog anwenden, sodass der Darlehensgeber nunmehr im Verhältnis zum Unternehmer in die Rolle des Verbrauchers rückt.

III. Einwendungsdurchgriff, § 359 BGB
Beispiel
K möchte sich einen neuen Fernseher kaufen. Im Laden des H überredet dieser den K, einen Fernseher für 5000 € zu kaufen. Da K diesen Betrag nicht auf einmal aufbringen kann, bietet H ihm an, den Kauf durch ein Verbraucherdarlehen der Hausbank B zu finanzieren. Beide Verträge werden formgerecht abgeschlossen. H liefert den Fernseher nicht an K. Die Bank verlangt Zahlung der Darlehensraten von K.
Hier ergibt sich nun folgendes Problem: Prinzipiell hat K zwei verschiedene Verträge abgeschlossen. Dass er die Ware von H nicht erhalten hat, hat grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Darlehensvertrag mit B. K muss seine Raten dennoch zahlen.
Gemäß § 359 I 1 BGB kann der Verbraucher jedoch die Rückzahlung des Darlehens verweigern, wenn er gegenüber dem Unternehmer des verbundenen Vertrags die Leistung verweigern darf. Voraussetzung dafür ist wiederum das Vorliegen eines verbundenen Vertrags i.S.v. § 358 III BGB. K steht gegenüber H die Einrede des nicht erfüllten Vertrags aus § 320 BGB zu. Diese kann er gemäß § 359 I 1 BGB auch der B entgegenhalten, sodass er die Zahlung der Darlehensraten verweigern kann.
Beispiel
K möchte sich einen neuen Fernseher kaufen. Im Laden des H überredet dieser den K einen Fernseher für 5000€ zu kaufen. Da K diesen Betrag nicht auf einmal aufbringen kann, bietet H ihm an, den Kauf durch ein Verbraucherdarlehen der Hausbank B zu finanzieren. Beide Verträge werden formgerecht abgeschlossen. H liefert den Fernseher an K, jedoch hat er einen Bildschirmfehler. Die Bank verlangt Zahlung der Darlehensraten von K.
Auch in diesem Fall steht K grundsätzlich die Einrede aus § 320 BGB gegen H zu, die er gemäß § 359 I 1 BGB auch B entgegenhalten könnte. Gemäß § 359 I 3 BGB kann die Rückzahlung des Darlehens jedoch erst dann verweigert werden, wenn die Nacherfüllung durch den Vertragspartner des verbundenen Vertrags fehlgeschlagen ist.
Merke
§ 359 I 3 BGB soll das im BGB verankerte Prinzip des Rechts zur zweiten Andienung absichern.
Fehlgeschlagen i.S.d. § 359 I 3 BGB ist in diesem Zusammenhang weit auszulegen: jede Verweigerung, Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Nacherfüllung oder der erfolglose Ablauf einer angemessenen Frist führt zu einem solchen Fehlschlag.
IV. Zusammenhängende Verträge, § 360 BGB
Liegen keine verbundenen Verträge vor, ist stets an zusammenhängende Verträge i.S.v. § 360 BGB zu denken.
Merke
Zusammenhängende Verträge nach § 360 BGB dürfen nur geprüft werden, wenn die Verträge nicht schon verbunden i.S.v. § 358 III 1 BGB sind.
1. Zusammenhängender Vertrag nach § 360 II 1 BGB
Nach § 360 II 1 BGB liegt ein zusammenhängender Vertrag vor, wenn er
einen Bezug zu dem widerrufenen Vertrag aufweist und
eine Leistung betrifft, die
von dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags oder
einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Unternehmer des widerrufenen Vertrags erbracht wird.
Für einen „Bezug zu dem widerrufenen Vertrag“ reicht jeder kausale und tatsächliche Zusammenhang aus. Nicht erforderlich ist, dass es eine Bezugnahme im Vertragstext oder einen engen zeitlichen Zusammenhang gibt.
Eine „Leistung“ umfasst sämtliche Warenlieferungen und Dienstleistungen und ist weit auszulegen.
Als personelle Voraussetzung muss die Leistung des zusammenhängenden Vertrags entweder von der Vertragspartei des widerrufenen Vertrags selbst oder von einem Dritten, der mit dem Unternehmer zusammenarbeitet, erbracht werden. Nur durch diese Einschränkung kann eine Erstreckung der Folgen des Widerrufs auf den zusammenhängenden Vertrag gerechtfertigt werden. Der Unternehmer muss sich nicht jeden Widerruf eines Vertrags, der ansatzweise im Zusammenhang mit dem mit ihm geschlossenen Vertrag steht, entgegenhalten lassen.
2. Ausnahme nach § 360 II 2 BGB
Liegen die Voraussetzungen nach § 360 II 1 BGB nicht vor, kann ein Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 I 1, II BGB) oder ein unentgeltliches Verbraucherdarlehen (§ 514 I BGB) nach § 360 II 2 BGB dennoch ein zusammenhängender Vertrag sein.
Das ist dann der Fall, wenn
ein Unternehmer einem Verbraucher ein Darlehen gewährt,
das ausschließlich der Finanzierung des widerrufenen Vertrags dient und
die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag in dem Darlehensvertrag genau angeben ist.
§ 360 II 2 BGB hat somit eine Auffangfunktion. Er greift, wenn es entweder an einer wirtschaftlichen Einheit i.S.v. § 358 III 2 BGB fehlt oder wenn ein Darlehensvertrag den Verwendungszweck zwar genau bezeichnet, der Darlehensnehmer den Leistungserbringer aber noch nicht ausgewählt hat.
3. Widerrufsdurchgriff, § 360 I 1 BGB
Liegen die Voraussetzungen eines zusammenhängenden Vertrags nach § 360 II 1 BGB oder § 360 II 2 BGB vor, regelt § 360 I 1 BGB parallel zu § 358 I, II BGB einen Widerrufsdurchgriff. Auch bei Vorliegen eines zusammenhängenden Vertrags soll der Verbraucher davor geschützt werden, dass er sich an der Ausübung seines Widerrufsrechts gehindert fühlt, weil er denkt an einen anderen Vertrag gebunden zu sein.
Mit dem wirksamen Widerruf erlöschen somit auch die Pflichten aus dem zusammenhängenden Vertrag beziehungsweise werden nach § 355 III 1 BGB rückabgewickelt.
Gemäß § 360 I 2 BGB ist § 358 IV 1-3 BGB entsprechend anwendbar. Mithin finden die §§ 355 III, 357-357c BGB Anwendung. Nicht anwendbar sind hingegen §§ 358 IV 4, 5, 359 BGB.
Merke
Einen Einwendungsdurchgriff gibt es beim zusammenhängenden Vertrag nach § 360 II BGB nicht. Auch tritt der Darlehensgeber hier nicht nach § 358 IV 5 BGB in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem zusammenhängenden Vertrag ein.
