I. Einführung
Das Vertretungsrecht existiert, da Geschäftsunfähige und juristische Personen nicht selbst rechtsgeschäftlich handeln können. Für sie müssen gesetzliche Vertreter oder Organe tätig werden. Für beschränkt Geschäftsfähige können stets ihre gesetzlichen Vertreter tätig werden.
Aber auch voll Geschäftsfähige können andere Personen bevollmächtigen, für sie tätig zu werden (gewillkürte Vertreter). Dies entspricht der rechtlichen Lebensrealität, dass nicht alle Personen, die rechtlich betroffen werden, selbst agieren können oder wollen. Daher muss das Gesetz die Verhältnisse zwischen den betroffenen Personen und deren jeweilige Rechte und Pflichten regeln, damit der Rechtsverkehr nicht davon abhängig ist, dass die Parteien das Vertretungsrecht privatautonom selbst regeln.
1. Systematik
Die Stellvertretung ist in §§ 164-181 BGB geregelt. Die Normen sind direkt auf die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen anwendbar - das ergibt sich aus der Systematik des BGB: Die §§ 164 ff. BGB befinden sich in Buch 1 Abschnitt 3 des BGB, das sich mit Rechtsgeschäften befasst. Sie finden analoge Anwendung auf geschäftsähnliche Handlungen. Eine Anwendbarkeit auf Realakte scheidet aus.
2. Arten der Vertretung
§ 164 I BGB normiert die Aktivvertretung, § 164 III BGB die Passiv-/Empfangsvertretung.
Definition
Aktivvertretung
Die Aktivvertretung nach § 164 I BGB umfasst die Vertretung bei der Abgabe einer Willenserklärung und bei der Vornahme einer geschäftsähnlichen Handlung.
Passivvertretung
Die Passivvertretung nach § 164 III BGB umfasst die Vertretung bei dem Empfang einer Willenserklärung und bei der Entgegennahme einer geschäftsähnlichen Handlung.
3. Innen- und Außenverhältnis
Wichtig ist außerdem, dass §§ 164-181 BGB das Außenverhältnis, also das Verhältnis zwischen Vertretenem und dem Adressaten der Willenserklärung, regeln. Sie sind heranzuziehen, wenn es darum geht, ob die Willenserklärung des Vertreters für und gegen den Vertretenen wirkt (rechtliches Können).
Davon strikt zu trennen ist das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem. Dieses beschäftigt sich mit der Frage, ob der Vertreter die Drittwirkung herbeiführen durfte (rechtliches Dürfen).

II. Prüfungsschema
Die Voraussetzungen einer wirksamen Stellvertretung sind wie folgt zu prüfen:

Liegen die Voraussetzungen vor, wirkt die Erklärung des Vertreters gemäß § 164 I 1 BGB unmittelbar für und gegen den Vertretenen.
1. Zulässigkeit der Stellvertretung
Die Stellvertretung ist bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften, vor allem der Eheschließung (§ 1311 S. 1 BGB), der Testamentserrichtung (§ 2064 BGB) und dem Abschluss eines Erbvertrags (§ 2274 BGB) ausgeschlossen.
Rechtsfolge der Unzulässigkeit der Stellvertretung ist die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts.
Merke
In der Regel spielt diese Voraussetzung keine Rolle und kann sogar ungeprüft bleiben. Bei familienrechtlichen oder erbrechtlichen Konstellationen sollten allerdings deine Alarmglocken klingen.
2. Abgabe einer eigenen Willenserklärung
Der Stellvertreter gibt stets eine eigene Willenserklärung ab. Er äußert einen eigenen Willen und nimmt selbst ein Rechtsgeschäft vor.
Hiervon ist der Bote abzugrenzen. Dieser übermittelt lediglich eine fremde Willenserklärung. Er hilft beim Abschluss eines fremden Rechtsgeschäfts, ohne einen eigenen Willen zu äußern.

Um herauszufinden, ob der Handelnde Stellvertreter oder Erklärungsbote ist, ist zunächst zu prüfen, welchen Willen er hatte und ob dies zutreffend von dem Adressaten erkannt wurde. Ist dies der Fall, ist der richtig erkannte Wille maßgeblich.
Andernfalls ist zu ermitteln, wie ein objektivierter Adressat das Verhalten des Handelnden interpretiert hätte. Damit ist letztlich das äußere Auftreten entscheidend. Hierbei ist insbesondere relevant, ob dem Handelnden ein eigener Entscheidungsspielraum zukommt. Diesen kann nur der Vertreter, nicht aber der eine vorgefertigte Willenserklärung übermittelnde Bote haben.
Problem
Vertreter in der Erklärung
Die Abgrenzung zwischen Vertreter und Erklärungsboten gestaltet sich bei sogenannten Vertretern in der Erklärung schwierig.
So können etwa Betriebsratsvorsitzende (§ 26 II 1 BetrVG) und Aufsichtsratsvorsitzende (§ 107 I AktG) nur im Rahmen der Beschlüsse des Betriebs- oder Aufsichtsrats handeln. Da sie eine eigene Willenserklärung abgeben, sind sie keine Boten.
Da aber ihre Willensbildung nicht durch sie selbst, sondern durch Gremienbeschluss erfolgt, sind sie keine Vertreter im herkömmlichen Sinne. Es gelten aber dennoch die §§ 164 - 181 BGB.
3. Handeln in fremdem Namen
Weiterhin erfordert die wirksame Stellvertretung, dass der Handelnde ein Fremdgeschäft vornimmt. Wer eine eigene Willenserklärung abgibt, nimmt in der Regel ein Eigengeschäft vor.
Er kann aber auch ein Fremdgeschäft vornehmen, wenn er im Namen des Vertretenen handelt und somit den Voraussetzungen des Offenkundigkeitsgrundsatzes Genüge tut.
a) Offenkundigkeitsprinzip (Handeln im fremden Namen)
Dieses Prinzip ergibt sich aus § 164 I 1 BGB, der erfordert, dass "im Namen des Vertretenen" gehandelt wird. Es muss für einen objektivierten Adressaten erkennbar sein, ob im Namen eines anderen gehandelt wird. Dies kann im Wege der Auslegung bestimmt werden.
Handelt jemand "im Namen des Vertretenen", handelt es sich stets um ein Fremdgeschäft. Und wird nicht "im Namen des Vertretenen" gehandelt, handelt es sich in der Regel um ein Eigengeschäft.
Merke
Aus einem Fremdgeschäft kann nie ein Eigengeschäft werden! Auch wenn es an der Vertretungsmacht fehlt! Das heißt, dass eine Person, die ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen eine Willenserklärung abgibt, sich durch diese Erklärung nicht selbst verpflichtet. Das Gleiche gilt auch umgekehrt: Aus einem Eigengeschäft im eigenen Namen kann nie ein Fremdgeschäft im Namen eines Anderen werden - dies betrifft nicht den Fall des Geschäfts für den, den es angeht, bei dem der Wille, für einen anderen handeln zu wollen, besteht, aber nicht kundgetan wird.
Ob ein Eigengeschäft vorliegt ist, wie die Abgrenzung von Stellvertreter und Boten, dreistufig zu prüfen.
Zunächst ist der Wille des Handelnden zu bestimmen: Wollte er ein Eigengeschäft oder ein Fremdgeschäft vornehmen?
Hat der Adressat dies richtig erkannt, gilt dies.
Falls nein, ist zu bestimmen, wie ein objektivierter Adressat das Verhalten des Handelnden interpretiert hätte. Entscheidend ist letztlich auch hier das äußere Auftreten. In Zweifelsfällen liegt ein Eigengeschäft vor.

Will der Handelnde ein Fremdgeschäft tätigen, ist dies aber nicht erkennbar, handelt es sich um ein Eigengeschäft. Da der Handelnde über den Inhalt seiner Willenserklärung irrt, könnte er nach allgemeinen Regeln gemäß § 119 I BGB anfechten. Nach § 164 II BGB ist eine Anfechtung jedoch ausgeschlossen, wenn der Irrtum gerade darin liegt, dass statt eines Fremdgeschäfts tatsächlich ein Eigengeschäft vorgenommen wird.
Beispiel
Ein Fremdgeschäft kann nie zu einem Eigengeschäft werden. Fehlt die Vertretungsmacht, bleibt es ein (schwebend unwirksames) Fremdgeschäft gemäß § 177 BGB analog.
b) Durchbrechungen des Offenkundigkeitsprinzips
Es gibt aber auch Durchbrechungen des Offenkundigkeitsprinzips. Obwohl dieses nicht eingehalten wurde, kann in den entsprechenden Fällen ausnahmsweise trotzdem eine wirksame Stellvertretung vorliegen.
aa) Unternehmensbezogenes Geschäft
Tritt jemand im Tätigkeitsbereich eines Unternehmens oder Freiberuflers auf (etwa als Arbeitnehmer), liegt in der Regel ein Fremdgeschäft vor.
Falls ein Fremdgeschäft vorliegt, greift nach der Rechtsprechung folgende Auslegungsregel ein:
Im Zweifel treffen die Rechtsfolgen den tatsächlichen Unternehmensträger. Das gilt auch dann, wenn der Erklärungsempfänger den Handelnden selbst oder einen Dritten für den Unternehmensträger gehalten hat.
bb) Geschäft für den, den es angeht
Eine weitere Ausnahme des Offenkundigkeitsgrundsatzes ist das Geschäft für den, den es angeht. Es ist zwischen dem offenen und dem verdeckten Geschäft für den, den es angeht zu unterscheiden.
Definition
Offenes Geschäft für den, den es angeht
Das offene (unechte) Geschäft für den, den es angeht, liegt vor, wenn der Erklärende für einen Dritten handeln will und dies aufdeckt, ohne jedoch (zunächst) den Vertretenen zu benennen.
Lässt sich der Erklärungsempfänger hierauf ein, handelt es sich um ein Fremdgeschäft.
Definition
Verdecktes Geschäft für den, den es angeht
Beim verdeckten (echten) Geschäft für den, den es angeht, will der Erklärende für einen Dritten handeln, gibt jedoch nicht zu erkennen, ob er für sich oder einen Dritten handeln will.
Da die Willenserklärung nicht "im Namen des Vertreters" erfolgt, ist ein solches Geschäft in der Regel ein Eigengeschäft und kann auch nicht als Fremdgeschäft im Namen des Vertretenen ausgelegt werden. Ist dem Geschäftspartner gleichgültig, mit wem er kontrahiert, ist der Schutz durch das Offenkundigkeitsprinzip überflüssig. Dies ist insbesondere bei Bargeschäften und Massengeschäften des täglichen Lebens der Fall, insbesondere wenn es um verhältnismäßig geringe Beträge geht. Es handelt sich dann um ein Fremdgeschäft. Das Offenkundigkeitsprinzip ist durchbrochen.
cc) Handeln unter fremdem Namen
Gibt jemand einen falschen Namen an, stellt sich die Frage, ob es sich um ein Fremd- oder ein Eigengeschäft handelt.
Hierbei sind zwei Fälle zu unterscheiden:
Namenstäuschung ➝ Eigengeschäft
Identitätstäuschung ➝ Fremdgeschäft
aaa) Namenstäuschung
Ist dem Erklärungsadressaten der Namensträger unbekannt oder gleichgültig, so möchte er mit dem Handelnden kontrahieren.
Hier erweckt der Handelnde nur eine Fehlvorstellung bezüglich seines Namens. Folglich kann nur der tatsächlich Handelnde Geschäftspartner sein. Es handelt sich um ein Eigengeschäft des Handelnden.
Beispiel
Herr Maier checkt zusammen mit seiner Freundin im Hotel ein und zahlt sofort bar. Damit seine Frau ihm nicht auf die Schliche kommt, trägt er sich und seine Freundin unter dem Namen "Ehepaar Müller" ein.
Hier liegt ein Eigengeschäft des Herrn Maier vor. Der Hotelinhaber möchte mit der Person einen Vertrag schließen, die vor ihm steht. Der Name ist ihm hierbei gleichgültig.
bbb) Identitätstäuschung
Will der Erklärungsadressat nur mit dem Namensträger kontrahieren und ist sich auch bewusst, wer dies ist, liegt zum Schutz des Empfängers ein Fremdgeschäft vor. Dessen Wirkungen können nur den wahren Namensträger treffen. Der Handelnde hat keine Möglichkeit, das Geschäft an sich zu ziehen. Die §§ 164-181 BGB gelten analog.
Beispiel
R ergattert im ausgebuchten Grand-Hotel noch ein Zimmer, weil sie sich telefonisch unter dem Namen einer Prominenten anmeldet.
Der Hotelier möchte nur diese Prominente beherbergen. Damit kann kein Eigengeschäft der R vorliegen, sondern nur ein Fremdgeschäft für die Prominente. R hat keine Möglichkeit das Fremdgeschäft an sich zu ziehen. Die Prominente kann hingegen das Geschäft an sich ziehen, indem sie den gemäß § 177 BGB analog schwebend unwirksamen Vertrag genehmigt.
4. Vertretungsmacht (§ 164 I 1 BGB)
Vertretererklärungen sind dem Vertretenen nur zuzurechnen, wenn der Vertreter sie innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht abgibt. Dann wirken sie nach § 164 I 1 BGB unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Der Vertreter repräsentiert den Vertretenen (Repräsentationstheorie).
Merke
Wegen der Drittwirkung ihres Handelns können beschränkt Geschäftsfähige durch ihr Vertreterhandeln keine rechtlichen Nachteile erleiden. § 165 BGB lässt sie deshalb als Vertreter zu.
Da die Bevollmächtigung die Rechtsmacht des Bevollmächtigten auf "Fremdgeschäfte" erweitert, ohne ihn zu etwas zu verpflichten, ist sie nicht rechtlich nachteilig. Die Vollmachtserteilung muss demnach gem. § 131 II 2 Fall 1 BGB nicht den Eltern des beschränkt Geschäftsfähigen zugehen.
Geschäftsunfähige können jedoch keine Vertreter sein, da sie nicht wirksam eine eigene Willenserklärung abgeben können. Sie können jedoch Boten sein, da diese gerade keine eigene Willenserklärung abgeben, sondern nur eine fremde Willenserklärung übermitteln.
a) Vertretungsmacht
Vertretungsmacht ist die Rechtsmacht zur Abgabe von Willenserklärungen, deren Wirkungen (ausschließlich) den Vertretenen treffen.

Sie kann beruhen auf:
Rechtsgeschäft (Bevollmächtigung, § 167 I BGB; Prokura, § 48 HGB; Handlungsvollmacht, § 54 BGB; Ladenvollmacht, § 56 HGB)
Verfassung einer juristischen Person (Vereinsvorstand, § 26 II 1 BGB; AG - Vorstand, § 78 AktG; GmbH - Geschäftsführer, § 35 I GmbHG)
Gesetz (Eltern, § 1629 BGB)
Staatsakt (Vormund, §§ 1793 - 1796 BGB; Betreuer, § 1902 BGB; Pfleger, §§ 1909 - 1921 BGB)
Rechtsschein (§§ 170 - 173 BGB; Duldungsvollmacht, Anscheinsvollmacht) - siehe dazu auch diesen Artikel.
Merke
Im Umgangssprachgebrauch werden die Begriffe Vertretungsmacht und Vollmacht oft synonym verwendet - die Vertretungsmacht ist jedoch der Überbegriff für die Fähigkeit, im Namen eines Anderen zu handeln, während die Vollmacht die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht kraft Bevollmächtigung ist. Näheres zur Vollmacht findest du hier.
b) Vertretungsbefugnis
Die Vertretungsmacht ist von der Vertretungsbefugnis abzugrenzen.Die Vertretungsmacht betrifft das Außenverhältnis zu Dritten, während die Geschäftsführungs-/ Vertretungsbefugnis das Innenverhältnis zwischen Vertreter und Vertretenem betrifft.
Definition
Vertretungsmacht
Die Vertretungsmacht meint die Kompetenz den Geschäftsherrn rechtsgeschäftlich zu binden. Sie betrifft das rechtliche Können beziehungsweise die Befähigung Willenserklärungen abzugeben, deren Wirkungen unmittelbar den Vertretenen treffen.
Definition
Vertretungsbefugnis
Die Geschäftsführungs-/Vertretungsbefugnis meint die Berechtigung zur Ausübung der eingeräumten Rechtsmacht. Sie betrifft das rechtliche Dürfen im Verhältnis zum Vertretenen.
Die Vertretungsmacht ist abstrakt und braucht sich nicht mit dem Umfang der Vertretungsbefugnis zu decken.
c) Gesamtvertretung
Es ist auch eine Gesamtvertretung (beispielsweise durch Eltern - § 1629 I 2 Hs. 1 BGB) denkbar.
Definition
Bei einer Gesamtvertretung können mehrere Vertreter eine Person oder Gesellschaft nur gemeinsam vertreten.
Von nur einem Gesamtvertreter geschlossene Verträge sind nach § 177 I BGB schwebend unwirksam; von nur einem Gesamtvertreter vorgenommene einseitige Rechtsgeschäfte sind nach § 180 S. 1 BGB nichtig - insofern handelt es sich nämlich schlicht um einen Vertreter ohne (Einzel-)Vertretungsmacht.
Für die Entgegennahme von Willenserklärungen haben Gesamtvertreter allerdings in der Regel Einzelvertretungsmacht. Hierbei handelt es sich um ein allgemeines Rechtsprinzip, welches sich aus § 1629 I 2 Hs. 2 BGB, § 125 II 3 HGB, § 170 III ZPO ergibt. Erklärungen werden damit mit Zugang bei nur einem Gesamtvertreter wirksam. Andernfalls könnte der Zugang von Willenserklärungen dadurch vereitelt werden, dass stets ein Gesamtvertreter „zufällig“ abwesend ist.
d) Beschränkung der Vertretungsmacht bei Insichgeschäften
Eine Norm, die im Kontext der Stellvertretung relevant werden kann, ist § 181 BGB. Nach § 181 BGB sind Rechtsgeschäfte im Namen des Vertretenen
mit sich im eigenen Namen (Selbstkontrahieren)
als Vertreter eines Dritten (Mehrfachvertretung)
schwebend unwirksam.
Wer gegen § 181 BGB verstößt, handelt ohne Vertretungsmacht. Es handelt sich um eine immanente Beschränkung der Vertretungsmacht. Der Vertretene kann jedoch Verträge nach § 177 I BGB genehmigen.
Ausnahmsweise können Insichgeschäfte jedoch wirksam sein. Eine Möglichkeit einer solchen Ausnahme stellt die Gestattung nach § 181 BGB am Anfang dar. Sie kann im Gesetz, etwa in § 125 II 2 HGB; § 78 IV AktG; in der Vollmacht selbst oder in einem Gesellschaftsvertrag oder einer Satzung vorgesehen sein.
Insichgeschäfte sind außerdem nach § 181 BGB am Ende wirksam, wenn es sich bei dem Geschäft nur um die Erfüllung einer Verbindlichkeit handelt.
Beispiel
Eltern schenken ihrem zehnjährigen Kind ein vermietetes Grundstück.
Der schuldrechtliche Schenkungsvertrag ist lediglich rechtlich vorteilhaft, da er das Kind zu nichts verpflichtet. Es kann damit nach § 107 BGB selbst handeln.
Der Erwerb des Grundstücks ist für das Kind rechtlich nachteilig, da es nach §§ 578, 566 BGB in die Vermieterpflichten eintritt. Es kann mithin nicht nach § 107 BGB selbst handeln und muss sich durch seine Eltern als gesetzliche Vertreter gemäß §§ 1626, 1629 BGB vertreten lassen.
Da die Eltern die Einigung als Vertreter des Kindes mit sich selbst im eigenen Namen abschließen, handelt es sich um ein Selbstkontrahieren. Die Eltern könnten nach § 181 BGB daran gehindert sein, das Kind zu vertreten.
Möglicherweise ist das Insichgeschäft jedoch ausnahmsweise wirksam. Die Übereignung des Grundstücks erfolgt nämlich ausschließlich in Erfüllung der Verbindlichkeit der Eltern aus dem Schenkungsvertrag. „An sich“ können die Eltern die Einigung damit wegen § 181 BGB am Ende ohne Mitwirkung eines Ergänzungspflegers im Sinne des § 1909 BGB vornehmen.
Problematisch hierbei ist jedoch, dass das Kind nach §§ 578, 566 BGB in die Vermieterpflichten eintreten würde, also durch das Selbstkontrahieren der Eltern einen Nachteil erleiden würde.
Dem ist durch teleologische Reduktion der Ausnahme nach § 181 BGB (so die h.M.) am Ende Rechnung zu tragen.
Sofern ein Minderjähriger vertreten wird und das Erfüllungsgeschäft für diesen rechtlich nachteilig ist, ist das Insichgeschäft trotz Erfüllung einer Verbindlichkeit unwirksam. Dem Gesetz liegt nämlich die Annahme zugrunde, dass die Erfüllung einer Verbindlichkeit für den Vertretenen nicht zu Nachteilen führen kann. Das Erfüllungsgeschäft ist damit unwirksam, wenn es isoliert betrachtet für den Minderjährigen rechtlich nachteilig ist. Es muss dann durch einen Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB vorgenommen werden.
e) Missbrauch der Vertretungsmacht
Keine Vertretungsmacht zu haben, ist das eine - die Vertretungsmacht zu haben, sie aber zu missbrauchen, ist etwas anderes. Mehr zu dieser Problemstellung haben wir in diesem Artikel zusammengefasst.