I. Einleitung
Zitat
Art. 17 GG:
„Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“
Das Petitionsrecht gemäß Art. 17 GG ist ein fundamentales demokratisches Instrument, das es jedermann erlaubt, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Behörden und die Volksvertretung zu wenden. Dieses Grundrecht ist von zentraler Bedeutung für die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger am staatlichen Geschehen und stellt einen direkten Kommunikationskanal zwischen dem Einzelnen und den staatlichen Organen dar.
II. Schutzbereich

1. Persönlicher Schutzbereich
Bei Art. 17 GG handelt es sich um ein Jedermannsrecht.
2. Sachlicher Schutzbereich
Der Leitbegriff von Art. 17 GG ist die Petition.
Definition
Eine Petition ist ein formloser Rechtsbegriff, mit dem jedermann die Möglichkeit erhält, auch außerhalb eines Gerichtsverfahrens seine Sorgen und Nöte (positive Bitten und negative Beschwerden) dem Staat zur Kenntnis bringen zu können.
Beispiel
Eine Gruppe von Tierschutzaktivisten reicht eine Petition beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages ein, um ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen zu fordern.
Eine Bürgerinitiative reicht eine Petition beim Landtag ein, um den Bau einer neuen Autobahntrasse zu verhindern, die durch ein Naturschutzgebiet führen würde. Sie beruft sich auf den Schutz der Umwelt
Damit eine ordnungsgemäße Petition vorliegt, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
a) Voraussetzungen
aa) Formelle Voraussetzungen
Petitionen müssen schriftlich eingereicht werden. Dies umfasst klassische schriftliche Eingaben (z. B. Briefe) sowie digitale Einreichungen (z. B. über Online-Portale oder per E-Mail).
Petitionen sind aber ansonsten formlos. Das heißt, es gibt keine spezifischen Anforderungen an den Inhalt, die Sprache oder die Struktur der Eingabe. Sie müssen lediglich die Petition als solche erkennbar machen.
bb) Inhaltliche Voraussetzungen
Der Inhalt der Petition muss erkennen lassen, welches Ziel mit der Petition verfolgt wird. Es muss also das sogenannte Petitum (Bitte oder Beschwerde) enthalten und darauf aufbauend, welches Verhalten oder Unterlassen erreicht werden soll.
cc) Adressat
Art. 17 GG schützt die Eingabe von Petitionen an zuständige Stellen. Dies sind Behörden (Exekutive) und Volksvertretungen (Legislative).
Beispiel
Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages
Petitionsausschüsse von Landesparlamenten
Nach herrschender Meinung auch kommunale Verwaltungen, also Gemeinderat und Ähnliches
b) Rechtswirkungen der Petition
Wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und damit eine ordnungsgemäße Petition vorliegt, entfaltet diese bestimmte Rechtswirkungen.
aa) Erledigungspflicht des Adressaten
Wenn eine ordnungsgemäße Petition beim richtigen Adressaten eingeht, entsteht dadurch eine Erledigungspflicht des Adressaten. Diese umfasst die Entgegennahme und Kenntnisnahme der Petition an sich sowie die Kenntnisnahme des Inhalts, dessen Prüfung und den Erlass eines Petitionsbescheids.
bb) Inhalt des Petitionsbescheids
Wichtig ist, dass durch das Vorliegen der Voraussetzungen kein Anspruch auf eine bestimmte Entscheidung in der Sache entsteht. Es handelt sich nicht um einen gebundenen Anspruch gegen den Adressaten. Zudem besteht auch keine besondere Begründungspflicht!
c) Eventuelle Anspruchsdurchsetzung
Wenn es trotz Vorliegen der Voraussetzungen seitens des Adressaten nicht zur Ausstellung eines Petitionsbescheids kommt, kann die Ausstellung durch eine verwaltungsgerichtliche Leistungsklage, speziell in Gestalt einer Unterlassungsklage, durchgesetzt werden. Subsidiär dazu auch durch Verfassungsbeschwerde.
Merke
Wichtig: Der Petitionsbescheid ist kein Verwaltungsakt!
III. Eingriff
Ein Eingriff in Art. 17 GG liegt nur vor, wenn der Petitionsadressat die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Bearbeitung nicht erfüllt. Dies betrifft also die eben dargestellten Rechtswirkungen der Petition, also die Pflichten, die für den Adressaten aus dem Eingang einer ordnungsgemäßen Petition entstehen.
Beispiel
Die Petition wurde nicht sachlich geprüft, sondern ohne rechtliche Grundlage zurückgewiesen. Dies stellt eine Verletzung des Anspruchs auf ernsthafte Auseinandersetzung mit der Petition dar.
IV. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
1. Einschränkungsmöglichkeit
Nach allgemeiner Ansicht bestehen grundsätzlich für die Einschränkungsmöglichkeit von Art. 17 GG nur verfassungsimmanente Schranken.
Von diesem Grundsatz gibt es aber zwei Ausnahmen:
Art. 17a I 3. Fall GG: Art. 17a I 3. Fall GG enthält einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt für Soldaten und Zivildienstleistende. Demnach können Gesetze über Wehrdienst und Ersatzdienst das Petitionsrecht einschränken, soweit es das Recht gewährt, Bitten oder Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen vorzubringen.
Merke
Art. 17a I GG enthält einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt für die Grundrechte aus Art. 5 I 1 Hs. 1 GG, Art. 8 GG und Art. 17 GG
Art. 17 II GG enthält daneben noch einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt für Einschränkungen der Grundrechte aus Art. 11 GG und Art. 13 GG.
Art. 33 V GG: Art. 17 GG gilt auch für Beamte, jedoch unter Berücksichtigung der in Art. 33 V GG garantierten Grundsätze des Berufsbeamtentums. Das bedeutet, dass Beamte das Petitionsrecht nicht in einer Weise ausüben dürfen, die ihren dienstrechtlichen Verpflichtungen widerspricht.
2. Verfassungsmäßige Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit
Hier bestehen keine Besonderheiten für die Prüfung.