I. Einleitung
Die Ansprüche aus §§ 987 - 993 BGB sind im Gegensatz zu § 985 BGB keine dinglichen, sondern schuldrechtliche Ansprüche. Sie sind allein wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs zu § 985 BGB im Sachenrecht geregelt.
Da es sich um keine dinglichen Ansprüche handelt, stehen sie nicht dem aktuellen Eigentümer gegen den aktuellen Besitzer zu. Entscheidend ist vielmehr, wer zum Zeitpunkt der Nutzung oder Beschädigung der Sache Eigentümer oder Besitzer war.
Im Rahmen des EBV ist zwischen Ansprüchen des Eigentümers gegen den Besitzer und Ansprüchen des Besitzers gegen den Eigentümer zu differenzieren.
Die Ansprüche des Eigentümers gegen den Besitzer können sich auf Nutzungsersatz und Schadensersatz richten.
Die Ansprüche des Besitzers gegen den Eigentümer sind im Wesentlichen auf Verwendungsersatz gerichtet.
II. Anspruchsgrundlagen
Die einschlägigen Anspruchsgrundlagen für die Ansprüche des Eigentümers auf Nutzungsersatz stellen die § 987 BGB, §§ 987, 990 BGB, § 988 BGB und § 993 I Hs. 1 BGB dar. Sie richten sich sowohl auf die Herausgabe der Nutzungen als auch deren Ersatz.
Merke
Gemäß § 993 I BGB am Ende verdrängen sie sämtliche konkurrierenden Ansprüche aus (Eingriffs-)Kondiktion bezüglich etwaiger Nutzungen. Dies nennt man auch die Sperrwirkung des EBV.
Was Nutzungen sind, ist in § 100 BGB legaldefiniert: Nutzungen im Sinne des § 100 BGB sind Früchte (§ 99 BGB) und Gebrauchsvorteile einer Sache oder eines Rechts.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland erlaubt ist, kannst du dir den § 100 BGB neben die § 987 BGB, §§ 987, 990 BGB, § 988 BGB und § 993 I Hs. 1 BGB kommentieren.
Es ist wichtig in der Klausur die richtigen Anspruchsgrundlagen zu finden. Auf der Suche nach der einschlägigen Anspruchsgrundlage, ist je nach Anspruchsgegner zu differenzieren:

1. Anspruch aus § 987 BGB
Der Anspruch aus § 987 BGB richtet sich gegen den verklagten Besitzer (Prozessbesitzer). Aus § 987 I BGB kann der Eigentümer die Herausgabe tatsächlich gezogener Nutzungen beziehungsweise Ersatz für diese in Geld verlangen.

Der Anspruch setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Nutzungsziehung eine Vindikationslage bestand. Außerdem muss der Besitzer tatsächlich Nutzungen gezogen haben und im Zeitpunkt der Nutzungsziehung verklagt gewesen sein. Dies setzt die Rechtshängigkeit der Klage auf Herausgabe nach §§ 261 I, 253 I ZPO voraus.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland erlaubt ist, kannst du dir die §§ 261 I, 253 I ZPO neben den § 987 BGB kommentieren.
Nach § 987 II BGB kann der Eigentümer außerdem Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen verlangen. Der Anspruch setzt ebenfalls voraus, dass im Zeitpunkt der Nutzungsziehung eine Vindikationslage bestand und die Klage rechtshängig war.
Weiterhin muss es sich um eine nicht gezogene Nutzung handeln, die nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hätte gezogen werden müssen. Auch ist ein Verschulden des Besitzers erforderlich. Hierbei sind Vorsatz und Fahrlässigkeit erfasst.
2. Anspruch aus §§ 987, 990 I BGB
Der Anspruch aus §§ 987, 990 I BGB richtet sich gegen den unverklagten, unredlichen (= bösgläubigen) Besitzer.
Er räumt dem Eigentümer ebenfalls die Möglichkeit ein, Herausgabe der Nutzungen oder Wertersatz in Geld zu verlangen.
a) Voraussetzungen

In § 990 I 1 BGB ist normiert, dass der Besitzer, der bei Besitzerwerb nicht im guten Glauben war, dem Eigentümer nach § 987 BGB haftet. Damit wird der Anwendungsbereich des § 987 BGB auch auf den bösgläubigen Besitzer erstreckt. Er kann nach §§ 987 I, 990 I 1 BGB wegen tatsächliche gezogener und nach §§ 987 II, 990 I 1 BGB wegen schuldhaft nicht gezogener Nutzungen haften.
Der Anspruch aus §§ 987 I, 990 I BGB setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Nutzungsziehung eine Vindikationslage bestand. Außerdem muss der Besitzer in diesem Zeitpunkt bösgläubig gewesen sein. Je nach Zeitpunkt, stellt § 990 I BGB unterschiedliche Anforderungen an die Bösgläubigkeit. § 990 I 1 BGB stellt auf den Zeitpunkt des Besitzerwerbs ab, während es bei § 990 I 2 BGB um einen späteren Zeitpunkt nach dem Besitzerwerb geht.
§ 990 I 1 BGB setzt voraus, dass der bei dem Erwerb des Besitzes nicht im guten Glauben im Sinne des § 932 II BGB war. Anknüpfungspunkt der Bösgläubigkeit ist das Recht zum Besitz.
Definition
Der Besitzer ist bösgläubig im Sinne des § 990 I 1 BGB, wenn er sein fehlendes Recht zum Besitz im Zeitpunkt des Besitzerwerbs kennt oder grob fahrlässig verkennt.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir den § 932 II BGB neben den § 990 I 1 BGB kommentieren. Außerdem kannst du den § 142 II BGB neben § 990 I 1 BGB kommentieren, da die Norm die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom fehlendem Besitzrecht um die Kenntnis der Anfechtbarkeit erweitert.
Nach § 990 I 2 BGB haftet der Besitzer, der im Zeitpunkt des Besitzerwerbs gutgläubig ist, aber später Kenntnis von seinem fehlenden Recht zum Besitz erlangt, ab der Kenntniserlangung. Nachträglich schadet damit nur noch positive Kenntnis.
Definition
Kenntnis im Sinne des § 990 I 2 BGB ist gegeben, wenn dem Besitzer tatsächlich weiß, dass er nicht zum Besitz berechtigt ist oder wenn ihm die Umstände bekannt sind, aufgrund derer sich ein redlich Denkender nicht der Kenntnis vom fehlendem Besitzrecht verschließen würde.
b) Zurechnung des Wissens Dritter im Rahmen des § 990 I BGB
Sofern mehrere Personen in der Sphäre des Besitzers tätig werden, kann sich die Frage stellen, wessen Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis im Rahmen des § 990 I 1, 2 BGB eigentlich maßgeblich ist. So kann etwa ein Besitzdiener Kenntnis vom fehlenden Besitzrecht des Besitzherrn haben, während der Besitzherr davon ausgeht zum Besitz berechtigt zu sein.
Merke
Zurechnung des Wissens Dritter im Rahmen des § 990 I BGB
Um dieses Problem in der Klausur zu lösen, solltest du kurz überlegen, welche Zurechnungsnormen du kennst oder welche Normen das Verhalten eines Dritten betreffen und überlegen, ob diese im konkreten Fall entsprechend anwendbar sein könnten:
Zunächst könnte man eine Zurechnung der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis nach § 278 BGB andenken. Nach § 278 BGB muss sich der Schuldner das Verhalten seines Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen. Gleichermaßen könnte der Besitzherr sich das Verhalten seines Besitzdieners zurechnen lassen müssen.
Dem ist jedoch entgegenzusetzen, dass § 278 BGB eine sehr weitgehende Haftung vorsieht. § 278 BGB setzt außerdem voraus, dass zwischen den Parteien eine Sonderbeziehung in Gestalt eines Schuldverhältnisses besteht. Das EBV als gesetzliches Schuldverhältnis entsteht jedoch erst mit dem Besitzerwerb. Damit scheidet § 278 BGB für eine Zurechnung von Wissen vor/ beim Besitzerwerb aus.
Weiterhin könnte man an § 166 I BGB denken. Hiernach muss sich der Vertretene das Wissen seines Vertreters zurechnen lassen. Damit findet die Norm im Rahmen des Vertretungsrecht Anwendung. Da der Besitzerwerb aber einen Realakt und damit kein der Vertretung zugängliches Geschäft darstellt, scheidet jedenfalls eine direkte Anwendung des § 166 I BGB aus.
Es wäre auch möglich auf den § 831 I BGB abzustellen. Hierbei handelt es sich zwar um keine Zurechnungsnorm, es wird jedoch die Haftung für das eigene Auswahl- und Überwachungsverschulden in Bezug auf einen Dritten normiert.
Da keine der Normen so richtig zu passen scheint, musst du nun überlegen, ob eine Analogie oder eine Anwendung des Rechtsgedankens einer Norm sinnvoll ist.
Nach einer Ansicht ist das Wissen eines Dritten dem Besitzer nach § 831 I BGB analog zuzurechnen. Der Besitzer muss sich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis seiner Hilfsperson damit nur zurechnen lassen, wenn ihn selbst ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft. Er kann sich nach § 831 I 2 BGB analog exkulpieren.
Für die Anwendung des § 831 I 1 BGB analog spricht, dass es sich um eine deliktsrechtliche Norm handelt, die zum quasi - deliktischen Charakter des bösgläubigen Besitzbegründung im Rahmen des § 990 I BGB passt.
Dagegen spricht jedoch, dass Wissen kein Fehlverhalten ist und sich dessen Zurechnung im Rahmen einer Norm, die auf eigenes Fehlverhalten abstellt schwierig gestaltet. Auch ist § 831 I BGB analog nur bei sozial abhängigen und weisungsgebundenen Dritten anwendbar.
Andererseits hat der BGH in einer derartigen Konstellation eine Zurechnung des Wissens eines Dritten nach § 166 I BGB analog vorgenommen. Hiergegen lässt sich einwenden, dass es sich um eine Norm der Rechtsgeschäftslehre handelt, die sich auf die Vornahme von Rechtsgeschäften bezieht. Der Besitzerwerb stellt jedoch kein Rechtsgeschäft sondern einen tatsächlichen Vorgang dar. Allerdings ist zu beachten, dass es im Rahmen des § 166 I BGB immerhin um die Zurechnung von Wissen geht. Auch bei § 990 I 1 BGB kommt es auf etwaiges Wissen des Dritten an. Es geht nicht um Fehlverhalten wie bei § 831 I 1 BGB. Damit passt § 166 I BGB analog besser, da er wie § 990 I 1 BGB ein subjektives Element aufweist.
Damit ist es überzeugender auf § 166 I BGB analog abzustellen und nach dieser Norm eine Zurechnung des Wissens von Hilfspersonen des Besitzers vorzunehmen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Besitzdiener eine Stellung aufweist, die der eines Stellvertreters vergleichbar ist.
Handelt es sich um einen minderjährigen und damit beschränkt geschäftsfähigen Besitzer, ist im Rahmen der Bösgläubigkeit nach § 990 I BGB auf die Kenntnis seiner Eltern abzustellen.
3. Anspruch aus § 993 I Hs. 1 BGB
Handelt es sich bei dem Anspruchsgegner um einen redlichen, unverklagten, entgeltlichen Besitzer, ist § 993 I Hs. 1 BGB einschlägig.

Hierbei handelt es sich um eine etwas unpräzise gesetzliche Formulierung. Sie stellt darauf ab, ob der Besitzer für den Besitz etwas zahlen muss.
Der Besitzer erbringt damit eine wirtschaftliche Gegenleistung hinsichtlich des vermeintlichen Besitzrechts und seiner vermeintlichen Nutzungsbefugnis. Er ist in größerem Umfang schutzwürdig, als der unentgeltliche Besitzer, bei dem eine derartige Gegenleistung ausbleibt.
Der § 993 I Hs. 1 BGB verpflichtet den Besitzer auf den Ersatz oder die Herausgabe der Nutzungen in Gestalt der nach Kondikitonsrecht. Der Anspruchsgegenstand ist damit im Vergleich zu den Ansprüchen aus § 987 BGB und §§ 987, 990 I BGB beschränkt.
Definition
Übermaßfrüchte sind die gezogenen Früchte im Sinne des § 99 BGB, die nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft nicht als Ertrag der Sache anzusehen sind.
Mit dem Ertrag der Sache sind alle Früchte gemeint, die im Wege einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache gezogen werden. Demgegenüber betreffen die die Übermaßfrüchte die Sachsubstanz selbst betreffen.
Der Hintergrund der Regelung des § 993 I Hs. 1 BGB besteht darin, dass der Besitzer, der trotz Unverklagtheit und gutem Glauben die Sache über die Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hinaus ausnutzt, weniger schutzwürdig ist.
Beispiel
Kahlschlag eines Waldes
Der Anspruch aus § 993 I Hs. 1 BGB setzt das Bestehen einer Vindikationslage im Zeitpunkt der Nutzungsziehung voraus. Gleichzeitig muss der Besitzer zu diesem Zeitpunkt redlich und unverklagt gewesen sein und entgeltlich besessen haben.
Im Rahmen des § 993 I Hs. 1 BGB wird auf das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung verwiesen. Es handelt sich um eine Rechtsfolgenverweisung auf das Kondiktionsrecht. Der Besitzer kann damit den Einwand der Entreicherung nach § 818 III BGB geltend machen, soweit sich die Nutzung oder deren Wert nicht mehr in seinem Vermögen befinden.
4. Anspruch aus § 988 BGB
Eine weitere Anspruchsgrundlage für die Herausgabe und den Ersatz von Nutzungen stellt § 988 BGB dar. Der Anspruch richtet sich gegen den unverklagten, redlichen, unentgeltlichen Besitzer.

§ 988 BGB normiert, wie § 993 I Hs. 1 BGB, eine Nutzungsherausgabepflicht des Besitzers nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Auch hier handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung auf das Kondiktionsrecht. Dementsprechend kann sich der Besitzer auf den Wegfall der Bereicherung nach § 818 III BGB berufen.
Der Anspruch aus § 988 BGB setzt zunächst das Bestehen einer Vindikationslage im Zeitpunkt der Nutzungsziehung voraus. Gleichzeitig muss der Besitzer zu diesem Zeitpunkt redlich und unverklagt gewesen sein und unentgeltlich besessen haben.
Besitz in diesem Sinne bedeutet, dass er die Sache als ihm gehörig (Eigenbesitz, § 872 BGB) besitzen muss oder zum Zwecke der Ausübung eines vermeintlichen (dinglichen oder schuldrechtlichen) Nutzungsrechts besessen haben.
Problem
Analoge Anwendung des § 988 BGB auf den rechtsgrundlosen Besitzer
Der Anspruch aus § 988 BGB setzt den unentgeltlichen Besitz voraus. Fraglich ist, ob der unentgeltliche Besitzer, dem rechtsgrundlosen, entgeltlichen Besitzer gleichzustellen ist, mit der Konsequenz, dass § 988 BGB in diesen Fällen analog anzuwenden wäre.
Fall
E veräußert ein Auto an B. Kaufvertrag und Übereignung sind rechtsunwirksam. B zieht Nutzungen.
Hat E einen Anspruch auf Nutzungsersatz gegen B?
Lösung
Ein Anspruch des E gegen B auf Nutzungsersatz aus §§ 987 I BGB scheidet aufgrund der fehlenden Rechtshängigkeit aus.
Da B nicht bösgläubig hinsichtlich seines Rechts zum Besitz war, ist auch ein Anspruch aus §§ 987 I, 990 I BGB zu verneinen. Mangels Unentgeltlichkeit des Besitzes, kann E ebenfalls nicht nach § 988 BGB gegen B vorgehen. Gleiches gilt für einen Anspruch aus § 993 I Hs. 1 BGB, da es sich bei der Nutzung des Autos nicht um die Ziehung von Übermaßfrüchten handelt. Schließlich kommt ein Anspruch des E gegen B auf Ersatz der Nutzungen aus Leistungskondiktion nach §§ 812 I 1 Alt. 1, 818 I, II BGB in Betracht. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Norm überhaupt anwendbar ist.
Hiergegen spricht der Wortlaut des § 993 I a.E. BGB, der ausdrücklich vorsieht, dass der redliche unverklagte Besitzer abgesehen von Übermaßfrüchten nicht zur Herausgabe von Nutzungen nach Kondiktionsrecht verpflichtet ist.
Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass E nach § 812 I 1 Alt. 1 BGB kondizieren könnte, wenn nur der Kaufvertrag nichtig wäre.
Erklärt man die Leistungskondiktion bei einem derart gravierenden Mangel der Rechtsgeschäfte, der sogar zur Nichtigkeit der Übereignung führt, für unanwendbar, stelle dies einen Wertungswiderspruch dar. Der Eigentümer stünde bei Nichtigkeit von schuldrechtlichem und dinglichem Geschäft schlechter, als wenn nur das schuldrechtliche Geschäft nichtig wäre. Verlangt man für eine Nutzungsersatzanspruch bei nichtiger Übereignung nach § 990 I BGB zusätzlich die Bösgläubigkeit des Besitzer, so wird der Kondiktionsgläubiger besser gestellt.
Um diesen Wertungswiderspruch aufzulösen, gibt es zwei Lösungsansätze:
Der BGH vertiritt die Auffassung, dass § 988 BGB auf den rechtsgrundlosen Besitzer analoge Anwendung findet. Dies wird damit begründet, dass der rechtsgrundlose Besitzer, wie der unentgeltliche Besitzer keine Gegenleistung erbringen muss.
E stünde damit ein Nutzungsersatzanspruch aus § 988 BGB analog gegen B zu.
Dagegen spricht jedoch, dass der rechtsgrundlose Besitzer hiervon oftmals keine Kenntnis haben und die nicht geschuldete Gegenleistung erbringen wird, sodass er in einem höheren Grad schutzwürdig erscheint, als der unentgeltliche Besitzer, der sich seiner fehlenden Pflicht zu Gegenleistung von Anfang an bewusst ist.
Eine andere Auffassung behilft sich mit einer teleologischen Reduktion des § 993 I am Ende BGB. Hiernach solle § 993 I am Ende BGB nur die Eingriffskondiktion und nicht die Leistungskondiktion verdrängen.
Damit hätte E gegen B einen Anspruch auf Nutzungsersatz aus §§ 812 I, 818 I, II BGB.
Die Ansichten kommen damit zum gleichen Ergebnis - die Streitentscheidung kann in der Klausur daher offengelassen werden
5. § 991 I BGB
Im Rahmen der Nutzungsherausgabe- und Nutzungsersatzansprüche aus dem EBV ist auch an § 991 I BGB zu denken.
Dieser wird bei gestuftem Besitz relevant und sieht eine Milderung der Haftung des Besitzmittlers, also des unmittelbaren Besitzers, nach § 990 I BGB vor. Dieser haftet trotz eigener Bösgläubigkeit nur aus §§ 987 I, 990 I BGB, wenn der mittelbare Besitzer selbst bösgläubig oder verklagt ist.
Beispiel
Fall
E vermietet sein Auto an M. Der Mietvertrag ist unerkannt nichtig. M vermietet das Auto weiter an B, der die Nichtigkeit des Vertrags zwischen E und M kannte.
Schuldet B dem E nach §§ 990 I, 987 I BGB Wertersatz für die Gebrauchsvorteile?
Lösung
E könnte gegen B einen Anspruch auf Nutzungsersatz aus §§ 990 I, 987 I BGB haben.
Dies setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Nutzungsziehung eine Vindikationslage zwischen E und B bestand. E war Eigentümer des Autos, B war dessen unmittelbarer Besitzer nach § 854 I BGB. Da der Mietvertrag zwischen M und B nur relativ wirkt, scheidet ein eigenes Besitzrecht des B nach § 986 I 1 Alt. 1 BGB aus. Angesichts der Nichtigkeit des Mietvertrags zwischen E und M, scheidet auch ein von M abgeleitetes Besitzrecht des B nach § 986 I 1 Alt. 2 BGB aus. Damit bestand eine Vindikationslage.
Ferner müsste B bösgläubig hinsichtlich seines Besitzrechts gewesen sein. Angesichts seiner Kenntnis der Nichtigkeit des Mietvertrags zwischen M und E, war B bei Besitzerwerb bösgläubig im Sinne des § 990 I 1 BGB.
Damit liegen die Voraussetzungen des §§ 987 I, 990 I 1 BGB vor. B schuldet Wertersatz für die Nutzungen des Autos in Gestalt der Gebrauchsvorteile.
Gleichzeitig ist jedoch zu berücksichtigen, dass M seine mietvertragliche Pflicht zur rechtsmangelfreien Gebrauchsüberlassung der Sache aus § 536 III BGB verletzt hat. Folglich hat er dem B nach § 280 I BGB den Schaden zu ersetzen, den B durch die Leistung von Nutzungsersatz an E erleidet. Dies gilt auch dann, wenn M selbst weder bösgläubig noch verklagt war.
Da § 993 I BGB am Ende aber den redlichen und unverklagten Besitzer (hier M) privilegiert und diese Privilegierung nicht durch eine schuldrechtliche Schadensersatzpflicht unterlaufen werden soll, haftet nach § 991 I ein bösgläubiger Besitzmittler dem Eigentümer nur, wenn der mittelbare Besitzer selbst bösgläubig oder verklagt ist.
Dementsprechend ist statt §§ 987 I, 990 I 1 BGB, der § 991 I BGB anzuwenden. Dieser setzt für eine Nutzungsersatzpflicht des unmittelbaren Besitzers B voraus, dass der mittelbare Besitzer M bösgläubig oder verklagt war. Dies ist nicht der Fall.
Damit hat E keinen Anspruch auf Nutzungsersatz aus § 991 I BGB gegen B.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kommentiere dir den § 991 I BGB neben § 990 I BGB, um nicht zu vergessen, dass dieser bei gestuftem Besitz Anwendung findet.