Dieser Artikel beschäftigt sich mit der mittelbaren Täterschaft, gemäß § 25 I Alt. 2 StGB, die als Konstrukt zwar im StGB vorgesehen ist, deren genaue Voraussetzungen aber durch Literatur und Richterrecht entwickelt wurden. Die mittelbare Täterschaft beschreibt Fälle, in denen der Täter nicht selbst als unmittelbarer Täter das Tatgeschehen in den Händen hält, sondern als Hintermann die Tatausführung kontrolliert. Die Examensrelevanz ist als hoch einzustufen, weil die mittelbare Täterschaft oft übersehen wird, ihre genauen Voraussetzungen nicht aus dem Gesetz ablesbar sind und sie viele Probleme enthält, die exklusive Ausnahmen und Fallgruppen enthalten.
I. Allgemeines und Abgrenzungen
Die Grundlage der mittelbaren Täterschaft findet sich in § 25 StGB. In § 25 I Alt. 2 StGB heißt es: “Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.” Damit wird klar, dass ein Täter auch dann bestraft werden kann, wenn er sich zur Erfüllung des Straftatbestandes einer anderen Person bedient. Man spricht terminologisch auch von “Hintermann” und “Vordermann”. Der Hintermann, also der mittelbare Täter, begeht die Tat durch den Vordermann. Der Vordermann wird auch “Tatmittler” genannt, weil er dem Hintermann die Tat mittelt, indem er die eigentliche Tathandlung übernimmt und den Taterfolg herbeiführt. Aus diesem Verhältnis werden zwei Grundsätze abgeleitet:
1. Täterstrafbarkeit nur einer Person
Weil der Täter die Tat durch einen anderen begehen muss, darf nur er als Täter bestraft werden können - im Rahmen der mittelbaren Täterschaft wird also in aller Regel nur eine Person bestraft. Wäre auch der Vordermann als Täter zu bestrafen, liegt regelmäßig eine Mittäterschaft vor, weil der Hintermann und Vordermann in aller Regel miteinander kommunizieren und ein Tatplan vorliegen wird. Sollte der vermeintliche Hintermann in solchen Fällen keine Tatherrschaft haben, liegt in der Regel eine Anstiftung vor.
a) Grundfall: mittelbare Täterschaft
Führe dir zunächst den typischen Fall der mittelbaren Täterschaft (§ 25 I Alt. 1 StGB) vor Augen.
Beispiel
Arzt A sagt zu seiner Krankenpflegerin K, sie möge Patientin P das Medikament X spritzen, um den Blutdruck zu senken. Dabei weiß K nicht, dass das Medikament eigentlich Gift ist, mit dem A die P endlich loswerden will. P stirbt.
In diesem Beispiel kann K nicht bestraft werden, weil sie keinen Vorsatz hinsichtlich der Tötung von P hat (§§ 15, 16 I 1 StGB). A bedient sich der ahnungslosen K als Tatmittlerin und handelt als einziger Täter vorsätzlich.
b) Abgrenzung zur Mittäterschaft
Bei der Mittäterschaft haben mindestens zwei Personen Täterqualität.
Beispiel
Arzt A sagt zu seiner Krankenpflegerin K, er will Patientin P mit einer Überdosis des Medikaments X töten. K pflichtet dem A bei. A plant die Tat, übergibt der K das Medikament. K spritzt P das Medikament. P stirbt.
In diesem Beispiel kann auch K bestraft werden, weil auch sie vorsätzlich handelt. Ferner haben A und K einen gemeinsamen Tatplan geschmiedet und A hielt das Geschehen durch seine Organisation planvoll lenkend in der Hand. Eine Mittäterschaft im Sinne des § 25 II StGB liegt vor.
c) Abgrenzung zur Anstiftung (§ 26 StGB)
Bei der Anstiftung hat nur eine Person Täterqualität. Allerdings haben beide Beteiligte Vorsatz.
Beispiel
Krankenpflegerin K beschwert sich bei Arzt A über die nervige Patientin P. A sagt zu K, sie könne der P auch einfach eine Überdosis des Medikaments X spritzen. Das falle bei der Obduktion nicht auf. K besorgt sich das Medikament, passt einen günstigen Moment ab und spritzt P das Medikament X. P stirbt.
Hier haben wiederum A und K vorsätzlich gehandelt. Eine Mittäterschaft liegt aber mangels konkretem Tatplan und Tatherrschaft des A nicht vor. Vielmehr hat der A die K gemäß § 26 StGB zur Tat angestiftet. Eine mittelbare Täterschaft scheidet aus.
d) Abgrenzung zur Beihilfe (§ 27 StGB)
Auch bei der Beihilfe hat nur eine Person Täterqualität. Der Gehilfe ist wie auch der Anstifter nur Teilnehmer.
Beispiel
Krankenpflegerin K beschwert sich bei Arzt A über die nervige Patientin P. K sagt zu A, sie wolle P durch eine Überdosis des Medikaments X töten. A pflichtet der K bei und meint, das Medikament X falle bei der Obduktion nicht auf. K könne sich das Medikament bei Apotheker A besorgen, der seinen Medikamentenschrank regelmäßig offen lässt. K besorgt sich das Medikament, passt einen günstigen Moment ab und spritzt P das Medikament X. P stirbt.
In diesem Fall haben erneut A und K vorsätzlich gehandelt. Eine Mittäterschaft liegt wiederum nicht vor, da kein konkreter Tatplan und keine Tatherrschaft des A vorliegt. Allerdings hat der A die K unterstützt und damit Beihilfe geleistet. Eine mittelbare Täterschaft scheidet aus.
e) Ausnahme: Täter hinter dem Täter
Im Rahmen der mittelbaren Täterschaft gibt es jedoch eine Ausnahme vom Grundsatz, dass es grundsätzlich nur einen Täter geben kann. In den Fällen des “Täters hinter dem Täter” ist der Hintermann wegen vollendeter mittelbarer Täterschaft strafbar, während auch der Vordermann als Täter bezüglich der vollendeten Tat strafbar ist. Diese Ausnahme ist systematisch dem Prüfungspunkt “Strafbarkeitsmangel des Vordermanns” zuzuordnen und wird auch in diesem Artikel dort ausgeführt.
f) Abgrenzung zur versuchten mittelbaren Täterschaft
Geht es um die Frage, ob eine mittelbare Täterschaft auch möglich ist, wenn der Vordermann entgegen der Vorstellung des Hintermanns keinen deliktischen Mangel aufweist und somit strafbar ist, spricht man von der sogenannten “versuchten mittelbaren Täterschaft”. In dieser Fallgruppe handeln dann eigentlich auch zwei Täter:
Der Täter der versuchten mittelbaren Täterschaft und
der Tatmittler als Täter, weil er keinen Defekt aufweist und daher strafbar ist.
Diese Fallgruppe ist aber nicht unumstritten. Systematisch muss dieses Problem ebenfalls in der Frage des Strafbarkeitsmangels des Vordermanns geprüft werden.
2. Ein “anderer”
Aus dem Wortlaut des § 25 I Alt. 2 StGB kann außerdem geschlussfolgert werden, dass der Täter sich nicht selbst als Tatmittler nutzen kann. Der Täter muss sich als Werkzeug also einer anderen Person bedienen als sich selbst.
Vernetztes Lernen
Dieser Aspekt wird insbesondere bei der “actio libera in causa” relevant. Hier wird unter anderem die Werkzeugtheorie zur Begründung der alic verwendet. Diese muss aber entsprechend abgelehnt werden. Den Artikel zur alic kannst du dir hier durchlesen.
II. Prüfungsschema
Das Prüfungsschema ergibt sich nur sehr bedingt aus dem Gesetz und muss daher auswendig gelernt werden.

III. Prüfung des Tatnächsten/Vordermanns
Zunächst bietet es sich an, die Strafbarkeit des Vordermanns zu prüfen. In dieser Prüfung muss dann der Strafbarkeitsmangel des Vordermanns festgestellt werden. Das bedeutet, dass die Prüfung entsprechend dem einschlägigen Defekt bereits am objektiven Tatbestand oder Vorsatz, der Rechtswidrigkeit oder Schuld scheitert und eine Strafbarkeit ausscheidet. Dieses Vorgehen vermeidet komplizierte Inzidentprüfungen und fördert die Übersichtlichkeit der Klausur sowie die Strukturierung der eigenen Gedanken.
Klausurtipp
Das gilt natürlich nur insofern, als der Tatmittler nicht tot ist. Der Grundsatz “Tote prüft man nicht” gilt auch hier. Im Falle eines verstorbenen Tatmittlers muss der Defekt kurz im Prüfungspunkt “Strafbarkeitsmangel des Tatmittlers” erläutert werden.
IV. Prüfung des Hintermanns
An die Prüfung des Tatnächsten/Vordermanns schließt sich die Prüfung des Hintermanns an. Beachte, dass es sich dabei genau genommen um zwei voneinander unabhängige Prüfungen handelt. Deshalb musst du den Defekt des Vordermanns auch in der Prüfung des Hintermanns noch mal aufgreifen.
1. Kein Ausschluss der mittelbaren Täterschaft
Zunächst muss geprüft werden, ob die mittelbare Täterschaft bei dem in Frage kommenden Delikt nicht ausnahmsweise ausscheidet.
a) Taugliches Delikt
Dabei kommen Sonderdelikte nicht immer und eigenhändige Delikte generell nicht als taugliche Straftaten für die mittelbare Täterschaft in Betracht.
Sonderdelikte sind alle Delikte, die an die Person des Täters bestimmte Anforderungen stellen. Beispielhaft sei hier die Falschbeurkundung im Amt gemäß § 348 StGB angesprochen. Fehlt es dem Täter an der Tätereigenschaft (Amtsträger), scheidet eine mittelbare Täterschaft aus.
Eigenhändige Delikte sind alle Delikte, die der Täter nur selbst verwirklichen kann. Sie setzen also eine eigenhändige Vornahme der Tatbestandsverwirklichung voraus und können nicht in mittelbarer Täterschaft begangen werden (§§ 153 ff., 323a, 315c, 316 StGB).
b) Sonderfall: Neutrale Handlung des Opfers oder eines Dritten
Problematisch sind solche Fälle, in denen der Täter eine Falle präpariert, die durch eine neutrale Handlung eines Dritten oder des Opfers selbst ausgelöst wird. Hier stellt sich die Frage, ob eine mittelbare Täterschaft überhaupt Anwendung findet, weil der Täter nicht auf den mutmaßlichen Tatmittler eingewirkt hat.
Beispiel
Neutrale Handlung durch Opfer selbst
O ist Politiker geworden, was den T aufregt. Er will “ein politisches Zeichen” setzen und den O mit einer Sprengfalle öffentlichkeitswirksam töten. T präpariert den Wagen des O derart, dass eine Betätigung des Zündschlüssels die Bombe automatisch auslöst. O setzt sich eines Morgens in sein Auto, dreht den Zündschlüssel und stirbt durch die Explosion.
Beispiel
Neutrale Handlung durch Dritten
O ist Politiker geworden, was den T aufregt. Er will “ein politisches Zeichen” setzen und den O mit einer Sprengfalle öffentlichkeitswirksam töten. T präpariert den Wagen des O derart, dass eine Betätigung des Zündschlüssels die Bombe automatisch auslöst. O setzt sich eines Morgens in sein Auto, dreht den Zündschlüssel und die Bombe explodiert. O überlebt wie durch ein Wunder, aber die zufällig vorbeilaufende Passantin P stirbt durch die Explosion.
Zwar wird auch in diesen Fällen der Erfolg unmittelbar durch “einen anderen” hervorgerufen. Dennoch sind diese Fälle nicht der mittelbaren Täterschaft zuzuordnen. Das liegt zum einen daran, dass der Täter in keiner Weise direkten Einfluss auf die Willensbildung des Dritten oder des Opfers nimmt. Zum anderen nutzt der Täter nur einen in aller Regel erwartbaren Handlungsablauf, dessen Kausalkette er in Gang gebracht hat. Folglich ist hier die mittelbare Täterschaft ausgeschlossen.
Klausurtipp
Wenn du zum Ergebnis kommst, dass die mittelbare Täterschaft hier ausgeschlossen ist, ist das Problem der neutralen Handlung dann im Rahmen der Prüfung der unmittelbaren Täterschaft in der objektiven Zurechnung anzusprechen.
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Der Unterschied zwischen einer automatisch zündenden Bombe und einer Bombe, die durch Funk detoniert, also von einem Täter in Sichtweite des Explosionsortes ausgelöst wird, kann den Unterschied ausmachen, ob ein gemeingefährliches Mittel im Sinne des § 211 II Gruppe 2, Alt. 2 StGB vorliegt, der Täter also wegen Mordes bestraft wird. Näheres dazu im Mord-Artikel.
2. Verursachungsbeitrag des Hintermanns
Zunächst muss der Verursachungsbeitrag des Hintermanns festgestellt werden. Dieser Prüfungspunkt bereitet in der Regel keine Probleme. Der Hintermann muss nur irgendwie einen Beitrag geleistet haben, der zur Tathandlung des Vordermannes kausal ist.
Definition
Das Wirken des Hintermanns muss die Tathandlung des Vordermanns kausal hervorgerufen haben.
Beispiel
Arzt A sagt zu seiner Krankenpflegerin K, sie möge Patientin P das Medikament X spritzen, um den Blutdruck zu senken. Dabei weiß K nicht, dass das Medikament eigentlich Gift ist, mit dem A die P endlich loswerden will. P stirbt.
In diesem grundlegenden Beispiel hat A die K angewiesen, der P das Medikament (Gift) zu spritzen. Das Wirken des A war somit kausal.
3. Zurechnung der Tathandlung des Vordermanns/Tatmittlers
a) Strafbarkeitsmangel des Tatmittlers
Besondere Aufmerksamkeit sollte dem Defekt des Tatmittlers entgegengebracht werden. Hier gibt es grundlegend vier Fallgruppen, die bei Vorliegen unproblematisch einen Defekt begründen und somit zu einer Zurechnung führen. Darüber hinaus werden aber auch Fallgruppen vertreten, die zu problematisieren sind.

aa) Unproblematische Fallgruppen
Wird eine vorgelagerte Prüfung des Tatnächsten vorgenommen, scheitert die Prüfung entweder am objektiven Tatbestand, dem Vorsatz (also dem subjektiven Tatbestand), der Rechtswidrigkeit oder der Schuld. Hieraus ergeben sich die Fallgruppen der Strafbarkeitsdefekte:
aaa) Der objektiv tatbestandslos handelnde Tatmittler
Im Fall des objektiv tatbestandslos handelnden Tatmittlers scheitert die Prüfung des Tatnächsten am objektiven Tatbestand. Der Tatmittler handelt dann objektiv tatbestandslos, wenn ihm etwa eine Tätereigenschaft fehlt.
Merke
Fehlt dem mittelbaren Täter eine durch das Delikt vorausgesetzte Tätereigenschaft (Amtsträger), scheidet eine mittelbare Täterschaft aus und es kommt lediglich eine Anstiftung in Betracht. Fehlt hingegen dem Tatmittler die vorausgesetzte Tätereigenschaft, handelt er objektiv tatbestandslos und weist einen Strafbarkeitsdefekt auf.
Ferner sind Fälle denkbar, in denen der Tatmittler gegen sich selbst handelt. Die aktive Selbstschädigung ist nicht strafbar (z.B. Straflosigkeit des Suizids), sodass der Tatmittler schon nicht objektiv tatbestandsverwirklichend handeln kann. Die mittelbare Täterschaft durch Veranlassung einer Selbstschädigung ist aber nicht stets straflos. Vielmehr kommt es auf den konkreten Einzelfall an:
Beispiel
Sirius-Fall
A ist mit der ihm hörigen B in einer Beziehung. A und B unterhalten sich oft über Spiritualität und Philosophie. Im Laufe der Beziehung wird der A für B zu einem Lehrer und Berater für alle Lebenslagen. Aus diesem Grund kann der A der B einreden, er sei ein Abgesandter des Stern Sirius und auf der Erde, um die Menschheit zu retten. Auch die B soll gerettet werden, müsse dafür aber ihre menschliche Hülle zu Lebzeiten auf der Erde ablegen, um auf einem anderen Planeten in einem anderen Körper weiterzuleben. Vorher solle sie aber noch eine Lebensversicherung abschließen und den A als alleinigen Berechtigten einsetzen. B willigt ein, weil sie denkt, sie wechsele nur ihren Körper. A schlägt der B vor, sie soll einen “Unfall” vortäuschen, indem sie einen Föhn in ihr Badewasser fallen lässt. B gehorcht, jedoch kommt es zu keinem tödlichen Stromschlag, sondern nur zu einem leichten Kribbeln im Körper der B. Ist A wegen versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft strafbar?
Ob eine Veranlassung zur Selbstschädigung strafbar sein kann, ist umstritten:
Problem
Mittelbare Täterschaft durch Veranlassung einer Selbstschädigung
Die herrschende Meinung geht vom Verantwortungsprinzip aus. Wäre die Selbstverletzung eine Fremdschädigung und wäre der Handelnde in einer Situation, die seine strafrechtliche Verantwortlichkeit als Vorsatztäter ausschließt, sei der Tatveranlasser mittelbarer Täter. Diese Lage besteht, wenn der Vordermann über den selbstschädigenden Charakter getäuscht wird (§ 16 StGB), eine Selbstverletzung durch Kinder oder Geisteskranke (§§ 19, 20 StGB) vorliegt oder das Opfer in eine entschuldigende Notstandslage (§ 35 StGB) gerät.
Eine andere Ansicht geht von der Einwilligungstheorie aus. Es komme auf die Eigenverantwortlichkeit der Selbstschädigung an. Liegen die Voraussetzungen einer rechtfertigenden Einwilligung nicht vor, ist der Tatveranlasser mittelbarer Täter.
Die Rechtsprechung beurteilt die Fälle anhand der Tatherrschaft. Sei nach einer Gesamtwürdigung der Umstände ersichtlich, dass der Hintermann wegen eines Irrtums des sich selbst Schädigenden überlegenes Sachwissen habe, liege eine mittelbare Täterschaft vor.
Für den Sirius-Fall bedeutet dies die Annahme einer mittelbaren Täterschaft für A. Die B wurde von A hinsichtlich des selbstschädigenden Charakters der Handlung getäuscht (Verantwortungsprinzip), eine rechtfertigende Einwilligung kann wegen dieses Irrtums nicht vorliegen (Einwilligungstheorie) und auch die Tatherrschaft lag bei A, der wusste, dass B sterben würde und nicht auf einem anderen Planeten erwacht.
bbb) Der vorsatzlose Tatmittler
Der vorsatzlose Tatmittler weist hinsichtlich der von ihm begangenen Tat keinen Vorsatz auf. Diese Fallgruppe weist regelmäßig keine tiefergehenden Probleme auf. Hier kann das eingangs erwähnte Beispiel herangezogen werden:
Beispiel
Arzt A sagt zu seiner Krankenpflegerin K, sie möge Patientin P das Medikament X spritzen, um den Blutdruck zu senken. Dabei weiß K nicht, dass das Medikament eigentlich Gift ist, mit dem A die P endlich loswerden will. P stirbt.
K weiß nicht, dass das Medikament eigentlich Gift ist und die P töten wird. Die P handelt somit gemäß § 16 I 1 StGB ohne Vorsatz.
Vernetztes Lernen
Es bietet sich an, auch den Tatmittler hier zu verorten, der sich während seiner Tathandlung in einem Erlaubnistatbestandsirrtum befindet. Denn mit der herrschenden Meinung wird der Erlaubnistatbestandsirrtum über § 16 I 1 StGB beziehungsweise § 16 I 1 StGB analog gelöst. Den Erlaubnistatbestandsirrtum kannst du dir in diesem Artikel noch einmal durchlesen.
Zu beachten ist, dass auch ein Tatmittler, der zwar nicht gänzlich vorsatzlos ist, aber sonst Defizite im Rahmen des subjektiven Tatbestands aufweist, Strafbarkeitsmangel im Sinne der mittelbaren Täterschaft aufweisen sein.
Merke
Hier sind vor allem die Fälle relevant, in denen der Täter im Rahmen des Vorsatzes einem Irrtum über privilegierende Tatumstände unterliegt, der durch den Hintermann ausgelöst wird, der Tatmittler mithin gemäß § 16 II StGB nur wegen des milderen Gesetzes bestraft werden kann.
ccc) Der rechtmäßig handelnde Tatmittler
Der rechtmäßig handelnde Tatmittler kann wegen eines bestehenden Rechtfertigungsgrundes nicht bestraft werden. Besonders relevant sind hier solche Fallkonstellationen, in denen Staatsorgane getäuscht werden, indem vom Hintermann eine Verdachtslage geschaffen wurde, die rechtfertigend wirkt.
Beispiel
T will seinen nervigen Nachbarn O endlich hinter Gitter sehen, weil die Hecke des O mal wieder auf sein Grundstück wächst. Eines Nachts vergräbt er eine von ihm gefundene Diebesbeute unter der Hecke des O und gibt einen Tipp bei der Polizei ab. Die Polizei findet die Beute und nimmt den O fest.
Hier haben die Polizeibeamten wegen § 127 II, 112 StPO gerechtfertigt gehandelt. T ist unter anderem wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft strafbar (§§ 239 I, 25 I Alt. 2 StGB).
ddd) Der schuldlos handelnde Tatmittler
Der Tatmittler kann auch dann nicht bestraft werden und weist ein Defizit auf, wenn ihm die Schuld fehlt. Besonders relevant sind hier die Fälle der Strafunmündigkeit (§ 20 StGB) sowie des unvermeidbaren Verbotsirrtums (§ 17 S. 1 StGB).
Beispiel
T will sich an seinem nervigen Nachbarn O wegen der ständig überstehenden Hecke rächen. Er bringt seinen 11-jährigen Sohn S dazu, die Hecke des O anzuzünden.
Merke
Auch, wenn der Hintermann den Vordermann in eine Lage drängt, in der der Hintermann nach § 35 StGB entschuldigt ist (entschuldigender Nötigungsnotstand), handelt es sich um einen Fall des schuldlos handelnden Tatmittlers.
bb) Problematische Fallgruppen
Neben den gerade diskutierten, weitgehend unproblematischen Fallgruppen müssen aber noch weitere Ausnahmen beachtet werden.
aaa) Täter hinter dem Täter
Eine bereits angesprochene Ausnahme vom Grundsatz, dass der Vordermann nicht als Täter bestraft werden soll, es also nur einen Täter geben kann, sind die sogenannten Täter hinter dem Täter Fälle. Diese Fallgruppe hat sich in der Rechtsprechung und der Literatur weitgehend durchgesetzt. Sie wird damit begründet, dass in wenigen, besonderen Fällen, eine mittelbare Täterschaft auch dann vorliegen kann, wenn auch der Vordermann als Täter strafbar ist, aber der Hintermann trotzdem die planvoll lenkende Tatherrschaft innehat. Diese Konstellation wird in folgenden Konstellationen angenommen:
1. Der Hintermann hat durch die mit Machtapparaten einhergehende Organisationsherrschaft über den Vordermann (sogenannte Mauerschützen- oder Mafiafälle)
Beispiel
Grenzsoldat T tötet O, der versucht, über die Berliner Mauer zu klettern. Im Vorfeld wurde ihm der Schießbefehl von den Mitgliedern des Nationalen Verteidigungsrates der DDR erteilt. Der Soldat ist strafbar, aber auch die Mitglieder des Verteidigungsrates sind als mittelbare Täter strafbar.
Merke
Bei vorhandener Organisationsherrschaft bietet sich eine Kombination mit einem unechten Unterlassungsdelikt an. Wenn z. B. ein die Organisationsherrschaft innehabender Chefarzt seinen unterstellten Pfleger anweist, einen Patienten nicht mehr mit Magensondennahrung zu versorgen, bis der Tod eingetreten ist, handelt es sich um einen Totschlag durch Unterlassen in mittelbarer Täterschaft und im Zweifel um einen Fall des “Täters hinter dem Täter”.
2. Der Hintermann ruft einen vermeidbaren Verbotsirrtum beim Vordermann hervor (z. B. der Katzenkönigfall)
Beispiel
Polizeibeamter P lebt mit Frau A zusammen in einer Wohnung. Wegen der unerfüllten Liebe zu ihr ist P leicht beeinflussbar. A bringt P durch mythische Rituale und schauspielerische Tricks dazu, an die Existenz eines “Katzenkönigs” zu glauben, der das Böse verkörpere. Um den Zorn des “Katzenkönigs” nicht auf sich und die Menschheit zu ziehen, müsse er wegen seiner begangenen Fehler Wiedergutmachung durch das Erbringen eines Menschenopfers leisten. Wenn P die O nicht töte, würde der Katzenkönig einen Großteil der Menschheit vernichten. A selbst will den Tod der O aus Eifersucht und Hass, sodass sie dem P mithilfe eines anderen Beteiligten etwaige Gewissensbisse dadurch ausredet, dass ein göttlicher Auftrag vorliege. P sieht die Tötung der O zur Rettung der Menschheit als gerechtfertigt und versucht später, die O heimtückisch zu töten, wobei A aber keine Kenntnis von der heimtückischen Begehungsweise hat.
Das Beispiel des “Katzenkönig-Falls” zeigt den Unterschied zwischen einem Tatmittler, der einem unvermeidbaren Verbotsirrtum (§ 17 S. 1 StGB) unterliegt und folglich unproblematisch als schuldlos handelnder Tatmittler zu qualifizieren ist und einem Tatmittler, der einem vermeidbaren Verbotsirrtum unterliegt und folglich voll deliktisch handelt. Der P hätte seinen Irrtum über die rechtlichen Grenzen des Notstandes (Verbotsirrtum) leicht vermeiden können, einerseits schon dadurch, dass er weniger leichtgläubig hätte sein können und andererseits selbst dann, wenn er der A glaubt, indem er sich als Polizeibeamter einer Vertrauensperson anvertraut hätte. P ist als unmittelbarer Täter zu bestrafen, während die A mittelbare Täterin ist, weil sie die Tat trotz allem planvoll lenkend in den Händen hält.
3. Der Hintermann hält die Tat durch einen manipulierten error in persona die Tat planvoll lenkend in den Händen
Beispiel
T will O an einem bestimmten Ort eines einsamen Spazierweges im Wald auflauern und ihn aus dem Hinterhalt erschießen. O erfährt hiervon und lockt seinen Rivalen R mittels einer SMS an diese Stelle. T verwechselt den R mit O, sodass R, wie von O erwartet, von T getötet wird.
Problem
Liegt eine mittelbare Täterschaft bei einem manipulierten error in persona vor?
Eine Ansicht nimmt die Nebentäterschaft als einschlägig an. Der Hintermann habe die Herrschaft nur über die Frage, welches Opfer eventuell getötet wird. Außerdem fand keinerlei kommunikative Auseinandersetzung oder andere Beeinflussung seitens des Hintermanns auf den Vordermann statt. Das genüge den Anforderungen an eine mittelbare Täterschaft nicht.
Die herrschende Meinung nimmt eine mittelbare Täterschaft an. Wer Kenntnis über den genauen Tathergang hat und die Tat derart beeinflussen kann, dass er über das konkrete Opfer entscheidet, hat einen ausreichenden Wissens- und Willensvorsprung, um eine planvoll lenkende Tatherrschaft zu bejahen.
Merke
Die “Täter hinter dem Täter” - Fallgruppe bezieht sich auf ein überlegenes Wissen oder Wollen. Sind hierfür keine klaren Anzeichen im Sachverhalt erkennbar, wird empfohlen, der herrschenden Meinung zu folgen.
bbb) Versuchte mittelbare Täterschaft
Problematisch sind auch die Konstellationen, in denen der Hintermann nur glaubt, der Vordermann sei wegen eines Defizits nicht strafbar, der objektive Tatbestand der mittelbaren Täterschaft also nicht erfüllt ist.
Beispiel
Arzt A sagt zu seiner Krankenpflegerin K, sie möge Patientin P das Medikament X spritzen, um den Blutdruck zu senken. A hatte aber das Medikament gegen Gift ausgetauscht, weil er die nervige P endlich tot sehen will. A weiß nicht, dass er dabei von K beobachtet wurde und K die Pläne des A durchschaut. K fährt aber wie von A geplant fort und spritzt P das Medikament. P stirbt.
In diesem Beispiel wird das Problem rund um die versuchte mittelbare Täterschaft klar. Wäre eine versuchte mittelbare Täterschaft möglich, würde es zwei Täter geben, wobei keiner einen Strafbarkeitsmangel aufweist. Umstritten ist aber, ob es eine “versuchte mittelbare Täterschaft” überhaupt gibt.
Problem
Versuchte mittelbare Täterschaft
Eine Ansicht geht davon aus, dass eine versuchte mittelbare Täterschaft möglich sei, wenn der Hintermann irrtümlich davon ausgeht, der Vordermann habe ein in Wahrheit gar nicht vorliegendes Strafbarkeitsdefizit. Die Prüfung der Versuchsstrafbarkeit bezieht sich dann nicht auf das verwirklichte Grunddelikt, sondern auf das Vorliegen der Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft, nach § 25 I Alt. 2 StGB.
Die herrschende Meinung geht von einer vollendeten Anstiftung aus. Der Täter habe in den meisten Fällen auf den Entschluss zur Tatbestandsverwirklichung des Vordermanns hingewirkt. Außerdem sei der Teilnehmervorsatz als “geringeres Übel” im Tätervorsatz der mittelbaren Täterschaft als “Minus” enthalten (argumentum a maiore ad minus).
b) Willens- oder Wissensherrschaft des Hintermanns
Hinsichtlich der Zurechnung der Tathandlung muss noch eindeutig festgestellt werden, dass der Hintermann durch das Defizit des Vordermanns tatsächlich eine überlegene Wissens- oder Willensherrschaft innehat. Dabei muss diese Willens- oder Wissensherrschaft kausal auf dem Defizit beruhen.
Klausurtipp
Liegt eine “Täter hinter dem Täter”- Fallgruppe vor, muss bereits dort das überlegene Wissen oder der überlegene Willen behandelt werden, um über das Fehlen eines Strafbarkeitsdefizits hinwegzuhelfen.
Merke
An dieser Stelle der Prüfung muss im Zweifel der Streit um die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme geführt werden. Eine Darstellung des Streits kannst du dir in diesem Artikel durchlesen.
4. Subjektiver Tatbestand
Der subjektive Tatbestand setzt voraus, dass der Täter den sogenannten Doppelvorsatz hatte. Der Hintermann muss sowohl Vorsatz bezüglich der Tat seines Tatmittlers haben als auch Vorsatz in Bezug auf die Merkmale seiner mittelbaren Täterschaft.
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Ein “Doppelvorsatz” muss auch bei der Beihilfe, Anstiftung und der actio libera in causa geprüft werden.
a) Vorsatz hinsichtlich der Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale durch den Tatmittler
Im Rahmen des Vorsatzes hinsichtlich der Tat des Tatmittlers muss regelmäßig mit einem Irrtum des Vordermanns gerechnet werden. Dabei ist vor allem die Fallgruppe des error in persona relevant, weil hier die Auswirkungen auf den Hintermann streitig sind.
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Für die generelle Abgrenzung von error in persona und aberratio ictus siehe den Artikel zu den strafrechtlichen Irrtümern.
aa) Hintermann bestimmt das Tatobjekt eindeutig
Bestimmt der Hintermann das Tatobjekt aus den Augen eines objektiven Dritten eindeutig, wirkt sich der error in persona auf den Hintermann in der Form aus, dass in seinen Augen ein Fehlgehen der Tat vorliegt (aberratio ictus). Das führt zur Konsequenz, dass dem Hintermann der Vorsatz hinsichtlich der konkreten vollendeten Tat fehlt.
Beispiel
Arzt A sagt zu Krankenpflegerin K, sie möge das Medikament X (das eigentlich Gift ist), der Patienten mit den langen braunen Haaren Frau P geben, die in Zimmer 002 liegt. K geht in Zimmer 002. Dort wurde vor wenigen Stunden zusätzlich Patientin O untergebracht, die ebenfalls lange braune Haare hat und von der K keine Kenntnis hat. Frau P befindet sich gerade auf der Toilette. K gibt O das “Medikament” und O verstirbt.
In diesem Beispiel hat der Täter (A) das Tatobjekt (Frau P) eindeutig bestimmt. Aus seiner Sicht geht die Tat fehl. Ihm fehlt folglich der Vorsatz hinsichtlich der Tötung der O. Das führt einerseits zu einer Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) aufgrund seines pflichtwidrigen Vorverhaltens (Austausch des Medikaments mit Gift und auf den Weg schicken der K) hinsichtlich der vollendeten Tat an =. Andererseits ist A wegen des versuchten Mordes in mittelbarer Täterschaft hinsichtlich der versuchten Tat an P strafbar.
bb) Hintermann bestimmt das Tatobjekt nicht eindeutig
Bestimmt der Hintermann das Tatobjekt nicht eindeutig, ist die Konsequenz für den Hintermann umstritten.
Beispiel
Arzt A sagt zu Krankenpflegerin K, sie möge das Medikament X (das eigentlich Gift ist) dem Patienten in Zimmer 002 geben. In diesem Zimmer sind aber mehrere Patienten untergebracht. K spritzt das Medikament einem anderen Patienten.
Problem
Auswirkungen des error in persona auf den Hintermann bei uneindeutiger Tatobjektbestimmung
Eine Mindermeinung sieht auch in diesem Fall einen aberratio ictus. Der Täter stelle sich ein bestimmtes Tatobjekt vor, das nicht getroffen wird. Aus Sicht des Hintermanns gehe die Tat fehl.
Die herrschende Meinung will auch für den Hintermann einen unbeachtlichen error in persona sehen, da keine wesentliche Abweichung vom Kausalverlauf vorliege. Der Hintermann müsse bei uneindeutiger Tatobjektbestimmung mit diesem Kausalverlauf rechnen.
Stellungnahme: Wer das Tatgeschehen aus der Hand gibt, muss bei lebensnaher Betrachtung damit rechnen, dass ein falsches Tatobjekt getroffen wird, wenn das Tatobjekt nicht eindeutig bestimmt wird. Der Täter nimmt dann billigend in Kauf, dass ein anderes Tatobjekt getroffen wird. Somit ist der herrschenden Meinung zu folgen.
Im obigen Beispiel wäre T nach der herrschenden Meinung wegen vollendetem Mordes in mittelbarer Täterschaft schuldig. Der error in persona hat keine Auswirkungen.
b) Vorsatz hinsichtlich der Merkmale der mittelbaren Täterschaft
Der Hintermann muss auch hinsichtlich der Merkmale der mittelbaren Täterschaft Vorsatz aufweisen. Der Täter muss folglich bezüglich seines Verursachungsbeitrages, des Strafbarkeitsmangels des Vordermanns und seiner Willens- oder Wissensherrschaft vorsätzlich handeln (der Täter muss also auch Tatherrschaftswille haben). Der denkbare Fall des Irrtums über die Beteiligungsform (Tatmittler weist entgegen der Vorstellung des mittelbaren Täters keinen Strafbarkeitsmangel auf) wurde bereits an anderer Stelle (Strafbarkeitsmangel des Vordermanns) erläutert.
V. Versuch und mittelbare Täterschaft
Liegen die objektiven Merkmale der mittelbaren Täterschaft vor, ist aber die Verwirklichung des Grunddelikts durch den Vordermann im Versuchsstadium stecken geblieben, muss das Modul “Versuch” und “mittelbare Täterschaft” kombiniert werden.

1. Vorprüfung
Zunächst muss kurz die Strafbarkeit des Versuchs des Grunddelikts sowie die fehlende Vollendung durch den Tatmittler festgestellt werden. Für den Grundlagenartikel zum Versuch siehe diesen Artikel.
2. Tatentschluss
Sodann muss der Tatentschluss des Hintermanns festgestellt werden. Dieser ist im besten Fall zweiteilig zu prüfen.
a) Tatentschluss bezüglich der Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale durch den Tatmittler
Im Rahmen der Prüfung des Tatentschlusses bezüglich der Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale durch den Tatmittler muss der jeweilige objektive Tatbestand des einschlägigen Delikts geprüft werden. Dazu gehört der Tatentschluss bezüglich:
der Tathandlung des Tatmittlers
des Taterfolgs
der Kausalität von Tathandlung des Tatmittlers und Taterfolg
der objektiven Zurechenbarkeit von Tathandlung des Tatmittlers und Taterfolg
b) Tatentschluss bezüglich der Merkmale der mittelbaren Täterschaft
Ferner muss der Hintermann einen Tatentschluss in Bezug auf die Merkmale der mittelbaren Täterschaft aufweisen. Er muss daher Vorsatz hinsichtlich seines Verursachungsbeitrags, des Strafbarkeitsmangels des Vordermanns und seiner überlegenen Wissens- oder Willensherrschaft haben.
3. Unmittelbares Ansetzen
Regelmäßig problematisch und ein echter “Klassiker” in Examensklausuren ist das Problem rund um die Frage des unmittelbaren Ansetzens des mittelbaren Täters. Wann der mittelbare Täter, der das eigentliche Tatgeschehen aus der Hand gibt, zur Tat unmittelbar ansetzt, ist umstritten:
Problem
Unmittelbares Ansetzen des mittelbaren Täters
Die Einwirkungstheorie sieht das unmittelbare Ansetzen zu dem Zeitpunkt, in dem der mittelbare Täter beginnt, auf den Tatmittler einzuwirken.
Die Gesamtlösung zieht eine Parallele zur Mittäterschaft. Das Wirken des Tatmittlers und mittelbaren Täters sei eine “einheitliche Gesamthandlung”, sodass der mittelbare Täter erst zur Tat ansetzt, wenn der Tatmittler nach der allgemeinen Kombinationsformel zur Tat unmittelbar ansetzt.
Andere wollen ebenfalls die allgemeine Kombinationsformel anwenden, allerdings mit dem Unterschied, dass sie auf den mittelbaren Täter abstellt. Danach soll also der mittelbare Täter zur Tat ansetzen, wenn aus seiner Sicht durch sein Wirken bereits eine konkrete Rechtsgutsgefährdung sowie keine wesentlichen Zwischenakte bis zur Tatbestandsverwirklichung vorliegen.
Die Entlassungstheorie (Rspr.) nimmt das unmittelbare Ansetzen mit dem “Aus-der-Hand-geben” des mittelbaren Täters an. Sobald der mittelbare Täter den Tatmittler aus seinem Einwirkungsbereich entlassen hat und mit einer alsbaldigen Tatausführung rechnet, liegt unmittelbares Ansetzen vor.
Stellungnahme: Gegen die Einwirkungstheorie spricht, dass der Versuch des mittelbaren Täters wesentlich früher beginnt als der Versuch des unmittelbaren Täters. Für die Entlassungstheorie spricht, dass der Hintermann das Risiko seines “Aus-der-Hand-Gebens” tragen muss.
Vernetztes Lernen
Das unmittelbare Ansetzen bietet auch bei der Unterlassungstäterschaft und der Mittäterschaft Raum für Problemschwerpunkte. Die strukturell verwandten und logisch miteinander verknüpften Argumentationsansätze kann man sich am besten im Vergleich merken. Eine Vernetzung der Argumentationslinien ist hier sinnvoll.
4. Rücktritt
Zum Rücktritt bei mehreren Tatbeteiligten nach § 24 II StGB und der Frage der Anwendbarkeit auf die mittelbare Täterschaft siehe diesen Artikel.