I. Einleitung
In der öffentlichen Verwaltung kann in verschiedenen Formen gehandelt werden, wobei jede Handlungsform für einen spezifischen Zweck oder eine bestimmte Zielrichtung der Maßnahme eingesetzt wird.
Das Handeln der Verwaltung ist von den Grundsätzen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und des Verwaltungsverfahrens geprägt. Die Verwaltung ist bei ihrem Handeln an die Verfassung, Gesetze und Verordnungen gebunden, was aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt.
II. Die Handlungsformen der Verwaltung
Bei den Handlungsformen der Verwaltung ist zwischen konkret und abstrakt sowie individuell und generell zu unterscheiden.
Daraus ergeben sich vier verschiedene Konstellationen:
abstrakt-generell
konkret-individuell
konkret-generell
abstrakt-individuell
Definition
Abstrakt bedeutet, dass eine unbestimmte Zahl von Sachverhalten betroffen ist.
Konkret bedeutet, dass ein bestimmter Sachverhalt betroffen ist.
Individuell bedeutet, dass eine bestimmte oder bestimmbare Anzahl von Personen Adressat der Handlung ist.
Generell bedeutet, dass eine unbestimmte Anzahl von Personen Adressat der Handlung ist.

1. Abgrenzung zu privatrechtlichen Handeln
Öffentlich-rechtliche Handlungsformen sind von privatrechtlichen Handlungsformen abzugrenzen. Die Ausführungen zur Abgrenzung decken sich mit den zur Prüfung des Vorliegens einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit im Rahmen der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs.
Zu dem Erfordernis einer direkten Abgrenzung kommt es vor allem in Fällen von mehraktigen Handlungen, die sich in einzelne Teile aufspalten lassen. Hier wird dann anhand der 2-Stufen-Theorie zwischen dem “Ob” und dem “Wie” der Handlung unterschieden. Dies betrifft oft Fälle, die sowohl eine hoheitliche Genehmigung als auch einen privatrechtlichen Vertrag oder Akt umfassen:
Die hoheitliche Genehmigung betrifft das öffentlich-rechtliche Grundverhältnis, also ob überhaupt ein Anspruch besteht.
Die Modalitäten und konkrete Ausgestaltung, also das Wie, betrifft das privatrechtliche Verhältnis.
Beispiel
Benutzung öffentlicher Einrichtungen: Auf der ersten Stufe ist zu klären, ob überhaupt ein Anspruch auf Benutzung der Einrichtung besteht (öffentlich-rechtliches Grundverhältnis). Die zweite Stufe betrifft die konkrete Ausgestaltung und ist privatrechtlich, also unter anderem Öffnungszeiten und Benutzungsgebühr.
2. Abstrakt-generelle Handlungsform
Bei den abstrakt-generellen Handlungsformen ist zwischen solchen mit und ohne Außenwirkung zu unterscheiden.
a) Mit Außenwirkung
Abstrakt generelle Handlungsformen mit Außenwirkung sind Rechtsverordnungen und Satzungen.
Beispiel
Verordnungen über Prüfungsordnungen der Schulbehörden. Gemeinde- oder Universitätssatzungen.
b) Ohne Außenwirkung
Abstrakt generelle Handlungsformen ohne Außenwirkung sind Verwaltungsvorschriften.
Definition
Verwaltungsvorschriften sind Vorschriften, welche sich an die Verwaltung wenden und ausschließlich für die Verwaltung gültig sind.
Beispiel
Richtlinien
3. Konkret-individuelle Handlungsform
Auch bei den konkret-individuellen Handlungsformen ist zwischen solchen mit und ohne Außenwirkung zu unterscheiden. Bei beiden Alternativen ist ferner zwischen Rechtsakten und Realakten zu unterscheiden.
a) Mit Außenwirkung
aa) Rechtsakte
Definition
Ein Rechtsakt ist eine Rechtshandlung, die auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist.
Rechtsakte mit Außenwirkung richten sich an Personen außerhalb der Verwaltung und betreffen deren Rechtsverhältnisse.
Dabei ist zwischen einseitigen und zweiseitigen Rechtsakten zu unterscheiden:
Ein einseitiger Rechtsakt mit Außenwirkung ist ein Verwaltungsakt gemäß § 35 S. 1 VwVfG.
Beispiel: Erteilung einer Genehmigung für ein Gewerbe.
Ein zweiseitiger Rechtsakt mit Außenwirkung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne der §§ 54 ff. VwVfG.
Beispiel
Kommunen schließen häufig Verträge mit privaten Bauträgern, um die Erschließung eines Baugebiets zu regeln. Dabei verpflichtet sich der Bauträger beispielsweise, die Infrastruktur (Straßen, Kanalisation, Stromversorgung) herzustellen, und die Kommune übernimmt die Kosten ganz oder teilweise oder sorgt für deren Abnahme.
bb) Realakte
Definition
Der Realakt ist eine Handlung, die auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtet ist.
Durch einen Realakt wird keine Rechtsfolge, sondern lediglich ein tatsächlicher Erfolg herbeigeführt.
Beispiel
Auskünfte einer Behörde sind Realakte mit Außenwirkung.
b) Ohne Außenwirkung
aa) Rechtsakte
Rechtsakte ohne Außenwirkung bleiben innerhalb der Verwaltung und regeln nur interne Angelegenheiten.
Beispiel
Gemeinderatsbeschlüsse oder Weisungen eines Behördenleiters an andere Behördenangestellte.
bb) Realakte
Realakte ohne Außenwirkung sind schlichte verwaltungsinterne Handlungen. Dies sind alle Handlungen innerhalb der Verwaltung, die keine Rechtsfolge setzen und keine Außenwirkung haben.
Beispiel
Das Bearbeiten von Anträgen oder der Austausch von Angestellten der Behörde untereinander.
4. Konkret-generelle Handlungsform
Die Allgemeinverfügung nach § 35 S. 2 VwVfG ist die einzige konkret-generelle Handlungsform der Verwaltung. Mit ihr wird ein bestimmter (konkreter) Sachverhalt für einen unbestimmten (abstrakten) Adressatenkreis geregelt. Sie ist ebenfalls ein Verwaltungsakt, aber vom Einzelverwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG abzugrenzen.
Beispiel
Straßensperrungen aufgrund einer Veranstaltung oder einer Gefahrenlage.

5. Abstrakt-individuelle Handlungsform
Der Einzelverwaltungsakt nach § 35 S. 1 VwVfG kann neben der konkret-individuellen Form auch in abstrakt-individueller Form auftreten.
Der konkret-individuelle Verwaltungsakt betrifft einen konkreten Sachverhalt und eine bestimmte Person.
Der abstrakt-individuelle Verwaltungsakt betrifft einen abstrakten Sachverhalt, richtet sich jedoch an eine bestimmte Person oder einen bestimmten Personenkreis.
Beispiel
Anordnung gegenüber einem Bürger, bei Glatteis die Gehwege vor dem Haus zu streuen. Der individuelle Adressat ist der Bewohner des Hauses. Der abstrakte Sachverhalt ist das Aufkommen von Glatteis auf dem Gehweg vor dem Haus.