Belastungsobjekt von Hypothek und Grundschuld ist nach § 1113 I BGB und § 1191 I BGB das Grundstück - mit all seinen Bestandteilen.
I. Bestandteile
1. Grundstücksbestandteile
Zum belasteten Grundstück gehören auch alle Grundstücksbestandteile, soweit sie nicht ausnahmsweise einem Dritten gehören.
Definition
Bestandteile einer Sache sind diejenigen Sachen, die entweder von Natur aus eine Einheit bilden oder die durch die Verbindung miteinander ihre Selbstständigkeit dergestalt verloren haben, dass sie fortan, solange ihre Verbindung dauert, als eine einzige Sache erscheinen.
Zu den Grundstücksbestandteilen gehören nach § 94 BGB alle Sachen, die mit dem Grund und Boden fest verbunden sind, und zwar (im Gegenschluss aus § 95 I BGB) auf Dauer.
Den Hauptfall der Grundstücksbestandteile bilden Gebäude. Das führt wiederum zur Frage, was zu einem Gebäude gehört und damit mittelbar zum Grundstück gehört.
Definition
Gebäudebestandteile sind Sachen, die nach § 94 II BGB zur Herstellung eines Gebäudes (nicht notwendigerweise fest) eingefügt sind und dies (im Gegenschluss aus § 95 II BGB) dauerhaft.
Bestandteile eines Grundstücks sind etwa ein Haus oder eine Garage.
2. Scheinbestandteile
Keine Bestandteile von Grundstücken oder Gebäuden sind Scheinbestandteile im Sinne des § 95 BGB. Sie werden weder von der Hypothek noch von der Grundschuld erfasst.
Definition
Scheinbestandteile sind Sachen, die zwar mit einem Grundstück verbunden oder in ein Gebäude eingefügt sind, aber nur zu einem vorübergehenden Zweck oder in Ausübung eines Grundstücksrechts.
Hierbei erfolgt die Verbindung nur zu einem vorübergehenden Zweck, wenn die Verbindung nach dem Willen des Einfügenden nicht dauernd, sondern nur zeitweilig bestehen soll.
Scheinbestandteile sind etwa eine von einem Pächter errichtete Garage oder ein in Ausübung eines Nießbrauchs errichtetes Haus.
Das Definitionsmerkmal des vorübergehenden Zwecks bei Scheinbestandteilen kann Probleme bereiten. Insbesondere dann, wenn die Sache für ihre gesamte wirtschaftliche Lebensdauer auf dem Grundstück verbleibt und erst danach entfernt werden soll.
Problem
Vorübergehender Zweck einer Windkraftanlage
Eine Windkraftanlage hat eine wirtschaftliche Lebensdauer von 40 Jahren. Sie wird für diese 40 Jahre auf dem Grundstück des E installiert.
Ob es sich um eine Verbindung mit dem Grundstück zu einem vorübergehenden Zweck handelt, hängt davon ab, ob man die Frage aus Perspektive des Grundstücks oder der Windkraftanlage beurteilt:
Geht man von der Windkraftanlage aus, so ist diese für ihre gesamte wirtschaftliche Lebensdauer mit dem Grundstück verbunden. Es handelt sich damit nicht um eine Verbindung zu einem vorübergehenden Zweck.
Geht man demgegenüber von dem Grundstück aus, wird die Windkraftanlage nur zu einem vorübergehenden Zweck für die Dauer von 40 Jahren mit dem Grundstück verbunden.
Nach der Rechtsprechung des BGH bezieht sich das Zeitmoment nicht auf die wirtschaftliche Lebensdauer der Sache, sondern auf deren Verbindung mit dem Grundstück - es kommt also auf die Absicht im Zeitpunkt der Verbindung/Einfügung der Sache an, diese später wieder entfernen zu wollen.
3. Wesentliche und unwesentliche Bestandteile
Es ist zwischen wesentlichen und unwesentlichen Bestandteilen zu differenzieren.
Definition
Wesentliche Grundstücksbestandteile sind nach §§ 93, 94 I BGB Sachen, die mit dem Grund und Boden fest und dauerhaft verbunden sind (§ 94 I BGB), durch Trennung vom Grundstück zerstört oder in ihrem Wesen verändert werden (§ 93 BGB) und durch Trennung von dem Grundstück ihren Wert verlieren.
Wesentliche Bestandteile gehören nach § 93 BGB stets dem Grundstückseigentümer. Sie sind nicht sonderrechtsfähig. Aus dem Eigentum des Grundstückseigentümers an den wesentlichen Bestandteilen folgt deren automatische Belastung mit Hypothek oder Grundschuld.
Definition
Wesentliche Gebäudebestandteile sind nach §§ 93, 94 II BGB Sachen, die zur Herstellung eines Gebäudes dauerhaft (nicht zwingend fest) eingefügt sind (§ 94 II BGB), durch Trennung vom Gebäude zerstört oder in ihrem Wesen verändert werden (§ 93 BGB) und durch Trennung vom Gebäude ihren Wert verlieren. Alle anderen Grundstücks- oder Gebäudebestandteile sind unwesentliche Bestandteile.
Unwesentliche Bestandteile können im Umkehrschluss auch Dritten gehören. Sie sind sonderrechtsfähig. Unwesentliche Bestandteile sind nur mit der Hypothek oder Grundschuld belastet, wenn sie im Zeitpunkt der Bestellung der Hypothek oder Grundschuld dem Grundstückseigentümer gehören.
Merke
Da Dritteigentum nicht im Rahmen einer Hypothek oder Grundschuld haftet, sind die Eigentumsverhältnisse bei der Bestimmung der Bestandteile zu prüfen.
4. Haftungsverband, § 1120 BGB
Der Haftungsverband von Hypothek und Grundschuld ist in § 1120 BGB (für die Grundschuld in §§ 1192 I, 1120 BGB) geregelt. Er besagt, dass sich die Hypothek (wie auch die Grundschuld) auch auf Sachen erstreckt, die nicht schon ohnehin Bestandteile des Grundstücks und damit des Belastungsobjekts sind.
In den Haftungsverband fallen nach § 1120 Hs. 1 BGB getrennte Bestandteile und nach § 1120 Hs. 2 BGB Zubehör im Sinne des § 97 BGB.
a) Getrennte Bestandteile
Getrennte Bestandteile sind nach § 1120 Hs. 1 BGB Teil des Haftungsverbands, wenn sie im Eigentum des Grundstückseigentümers verbleiben.
Sie werden nach § 1120 Hs. 2 BGB von der Haftung frei, wenn ein Dritter nach §§ 954 - 957 BGB Eigentümer wird. Gehörten unwesentliche Bestandteile vor der Trennung einem Dritten, bleibt dieser Eigentümer und sie haften als Sachen im Dritteigentum nicht.
b) Zubehör
Auch Zubehör ist nach § 1120 Hs. 2 BGB Teil des Haftungsverbands. Da den Gläubigern aber nur das Vermögen des Grundstückseigentümers haftet, haften Zubehörstücke, die nicht in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt sind, nicht.
Definition
Zubehör sind nach § 97 I BGB bewegliche Sachen, die nicht Bestandteile der Hauptsache sind, aber dauernd dem wirtschaftlichen Zweck der Sache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen.
Zubehör stellen zum Beispiel Maschinen auf einem Fabrikgrundstück oder Baumaterial auf einem Baugrundstück dar. Kein Zubehör stellen etwa der Fuhrpark eines Transportunternehmens oder das Rohmaterial auf einem Fabrikgrundstück dar.
Erwirbt der Grundstückseigentümer Zubehör unter Eigentumsvorbehalt, haftet dieses zunächst nicht, da es bis zur Restkaufpreiszahlung dem Veräußerer gehört. Das Anwartschaftsrecht des Grundstückseigentümers haftet jedoch, da es zu dessen Vermögen gehört. Wird der Restkaufpreis gezahlt, erstarkt das Anwartschaftsrecht zum Eigentum. Das Grundpfandrecht erfasst nun nach § 1287 S. 1 BGB analog die Sache selbst.
Gesetzesverweis
Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir die § 97 BGB und § 1287 S. 1 BGB neben den § 1120 BGB kommentieren.
5. Weitere Haftungsobjekte
Weitere Haftungsobjekte der Hypothek sind
§§ 1123 - 1125 BGB: Miet- und Pachtforderungen
§ 1126 BGB: subjektiv - dingliche Rechte auf wiederkehrende Leistungen im Sinne des § 96 BGB, wie zum Beispiel die Reallast nach § 1105 II BGB oder der Erbbauzins,
§ 1127 - 1130 BGB: Versicherungsforderungen
6. Enthaftung
Eine Hypothek oder eine Grundschuld begründet lediglich eine latente/ potentielle Haftung: Sie ermöglicht die Beschlagnahme des Grundstücks und mithaftender Gegenstände zugunsten des Gläubigers - erst durch die Beschlagnahme realisiert sich das Haftungsrisiko für den Eigentümer.
Nach § 20 I ZVG gilt die Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung durch das Vollstreckungsgericht (Rechtspfleger) als Beschlagnahme des Grundstücks zugunsten des Gläubigers.
Nach § 20 II ZVG umfasst die Beschlagnahme auch diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt. Sie richtet sich damit auf Bestandteile und Zubehör, die nach § 1120 BGB in den Haftungsverband gelangt sind und nicht nach §§ 1121 f. BGB von der Haftung frei wurden.
Die Enthaftung von Bestandteilen und Zubehör vor der Beschlagnahme erfolgt nach § 1122 BGB dadurch, dass der Eigentümer über mithaftende Gegenstände innerhalb der Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft disponiert. Andernfalls ist nach § 1121 I BGB eine Veräußerung und Entfernung von dem Grundstück erforderlich.
Merke
Da § 1122 BGB geringere Anforderungen an die Enthaftung stellt, ist er vor § 1121 BGB zu prüfen.
Da die Beschlagnahme nach § 23 I 1 ZVG die Wirkung eines relativen Veräußerungsverbots nach §§ 135, 136 BGB hat, wird ein Dritter bei Veräußerung von Bestandteilen und Zubehör durch den Grundstückseigentümer nach der Beschlagnahme zwar Eigentümer, muss aber nach § 1004 II BGB analog die Verwertung der Sachen dulden.
Beispiel
Fall
V verkauft und übereignet an K einen Gabelstapler, der Zubehör eines mit einer Hypothek belasteten Fabrikgrundstücks ist,
1. im ordnungsgemäßen Geschäftsgang
2. als „Notverkauf" weit unter Wert.
Zunächst belässt K den Gabelstapler auf dem Anwesen des V. Als er ihn abholen will, ist bereits die Zwangsvollstreckung angeordnet.
Muss K die Versteigerung des Gabelstaplers dulden?
Lösung
Eine Duldungspflicht des K besteht, wenn der Gabelstapler nach § 1120 BGB in den Haftungsverband der Hypothek gelangt ist und nicht nach §§ 1121 f. BGB von der Haftung frei wurde.
Da der Gabelstapler nach § 97 BGB Zubehör des Grundstücks ist, haftet er nach § 1120 BGB. Da V ihn vor Anordnung der Zwangsversteigerung an K verkauft und übereignet hat, könnte die Haftung des Gabelstaplers schon vor der Beschlagnahme nach §§ 1121 f. BGB erloschen sein.
Nach §§ 1122 II BGB werden Zubehörstücke von der Haftung frei, wenn die Zubehöreigenschaft innerhalb der Grenzen der ordnungsgemäßen Wirtschaft aufgehoben wird. Durch die Ausschreibung zum Verkauf wurde die Zubehöreigenschaft des Gabelstaplers aufgehoben. Dies müsste auch in den Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft geschehen sein. Gemeint ist eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks. Im ersten Fall wurde der Gabelstapler im ordnungsgemäßen Geschäftsgang veräußert. Es liegt eine Enthaftung nach § 1122 II BGB vor. Der Gabelstapler wurde von der Hypothekenhaftung frei. K braucht seine Versteigerung nicht zu dulden. Im zweiten Fall gilt, dass die Veräußerung innerhalb der Grenzen der ordnungsgemäßen Wirtschaft bei einem „Notverkauf“ weit unter Wert ausscheidet. Eine Enthaftung nach § 1122 II BGB liegt nicht vor.
Der Gabelstapler könnte jedoch nach § 1121 I BGB von der Haftung frei geworden sein. Hiernach werden Gegenstände, die vor der Beschlagnahme veräußert und entfernt werden (egal in welcher Reihenfolge) von der Haftung frei. Dies gilt auch dann, wenn der Erwerber von der Hypothek/ Grundschuld weiß. Der Gabelstapler wurde zwar vor Beschlagnahme veräußert, aber nicht entfernt. Damit sind die Voraussetzungen des § 1121 I BGB nicht erfüllt. Da immerhin die Veräußerung vor Beschlagnahme erfolgt ist, ist ein lastenfreier Erwerb nach § 936 BGB denkbar. § 1121 II 1 BGB schließt einen solchen jedoch aus. Der Erwerber kann sich nicht darauf berufen, dass er in Ansehung der Grundschuld nicht in gutem Glauben gewesen sei. Hintergrund des Ausschlusses des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs ist, dass Haftungsobjekte bis zur Enthaftung haften sollen. Angesichts der Veräußerung des Gabelstaplers vor Beschlagnahme könnte man sich fragen, ob die Beschlagnahme unwirksam war. Schließlich gehörte der Gabelstapler zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits dem K. Nach § 20 II ZVG umfasst die Beschlagnahme auch diejenigen Gegenstände, auf welche sich bei einem Grundstück die Hypothek erstreckt. Aus § 55 II ZVG ergibt sich, dass die Eigentumslage unerheblich ist. Die Versteigerung erstreckt sich auf Zubehörstücke, die sich im Besitz des Schuldners befinden, auch dann, wenn sie einem Dritten gehören.
Da sich die Hypothek nach wie vor auf den Gabelstapler erstreckt, muss K die Versteigerung seines (!) Gabelstaplers dulden.
Merke
§ 55 II ZVG mag einem auf den ersten Blick irritierend vorkommen. Schließlich haben wir gelernt, dass Dritteigentum nicht haftet. Dieser Grundsatz ist jedoch noch etwas zu präzisieren:
Er bedeutet, dass die Sache im Zeitpunkt der Haftungsbegründung (Bestellung der Hypothek) dem Grundstückseigentümer gehören muss. Wem sie im Zeitpunkt der Beschlagnahme gehört, ist nach § 55 II ZVG unbeachtlich.
7. Zusammenfassend:
Zusammenfassend kannst du dir hinsichtlich des Haftungsverbands der Hypothek, Folgendes merken:
1. Vor Beschlagnahme besteht eine latente Hypothekenhaftung für den ganzen Verband.
2. Die Haftung erlischt durch:
Entfernung von Erzeugnissen und Bestandteilen im ordnungsgemäßen Geschäftsgang, § 1122 II BGB
Aufhebung der Zubehöreigenschaft im ordnungsgemäßen Geschäftsgang, § 1122 II BGB
Veräußerung und Entfernung, § 1121 I BGB.
3. Was nicht enthaftet ist, wird von der Beschlagnahme erfasst.