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Die einzelnen Grundrechte

Art. 3 GG (Gleichheitsgrundrechte)

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Grundrechte

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Die einzelnen Grundrechte

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Gleichheitsrechte
Absolute Gleichheitsrechte
Relative Gleichheitsrechte
Besondere Gleichheitssätze
Funktionen der Gleichheitsrechte
Gleichbehandlung
Ungleichbehandlung
Abwehrrechte
Leistungsrechte
Art. 3 GG
Art. 6 GG
Art. 33 GG
Art. 38 GG
Art. 21 GG
Gliederung
  • I. Einleitung

  • II. Arten der Gleichheitsrechte

    • 1. Absolute Gleichheitsrechte

    • 2. Relative Gleichheitsrechte

  • III. Der allgemeine Gleichheitssatz, Art. 3 I GG

  • IV. Besondere Gleichheitssätze

    • 1. Gleichberechtigung von Mann und Frau, Art. 3 II GG

    • 2. Diskriminierungsverbot wegen Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Art. 3 III 1 GG

    • 3. Diskriminierungsverbot wegen Glauben und religiöser oder politischer Anschauung, Art. 3 III 1 GG

    • 4. Diskriminierungsverbot wegen einer Behinderung, Art. 3 III 2 GG

    • 5. Weitere besondere Gleichheitsrechte

I. Einleitung

Die Gleichheitsgrundrechte bilden eine zentrale Säule der Grundrechtsdogmatik und stellen sicher, dass der Staat alle Menschen in gleicher Weise respektiert und behandelt. Sie verbieten willkürliche Ungleichbehandlungen und verlangen, dass Differenzierungen stets auf sachlichen und nachvollziehbaren Gründen beruhen. Sie stellen neben den Freiheitsgrundrechten die zweite Kategorie der Grundrechte dar.

Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG gewährleistet die allgemeine Gleichheit vor dem Gesetz, während spezifische Gleichheitsrechte in Art. 3 II und III GG und weiteren Normen Diskriminierungen aufgrund bestimmter Merkmale, wie zum Beispiel Geschlecht, Abstammung oder Religion, verbieten.

Die Gleichheitsgrundrechte sind ein unverzichtbares Instrument zur Förderung der Gerechtigkeit und sozialen Teilhabe und prägen sowohl die Gesetzgebung als auch die Rechtsprechung in vielfältiger Weise.

Wie die Gleichheitsgrundsätze zu prüfen sind, erfährst du in diesem Artikel.

II. Arten der Gleichheitsrechte

Die Gleichheitsrechte können in zwei Kategorien aufgeteilt werden, die absoluten und relativen Gleichheitsrechte.

1. Absolute Gleichheitsrechte

Definition

Bei absoluten Gleichheitsrechten führt eine Ungleichbehandlung ohne Weiteres direkt zur Verfassungswidrigkeit.

2. Relative Gleichheitsrechte

Definition

Bei relativen Gleichheitsrechten führt eine Ungleichbehandlung nicht ohne Weiteres zur Verfassungswidrigkeit, sondern nur bei Unverhältnismäßigkeit der Ungleichbehandlung.

III. Der allgemeine Gleichheitssatz, Art. 3 I GG

Zitat

Art. 3 I GG:

Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG legt fest, dass der Staat wesentlich Gleiches nicht wesentlich ungleich und wesentlich Ungleiches nicht wesentlich gleich behandeln darf. Er ist ein relatives Gleichheitsrecht, das keine absolute Gleichbehandlung vorschreibt, sondern verlangt, dass jede Differenzierung auf sachlichen Gründen basiert. Der allgemeine Gleichheitssatz findet Anwendung, wenn keine speziellen Gleichheitsrechte greifen und dient als Prüfungsmaßstab für die Verhältnismäßigkeit staatlicher Ungleichbehandlungen.

Über Art. 3 I GG kann zudem bei Beurteilungs- und Ermessensentscheidungen durch ständige Verwaltungspraxis eine Selbstbindung der Verwaltung entstehen. Wenn dies der Fall ist, wird dadurch das eigentlich bestehende Ermessen der Behörde auf Null reduziert. Dadurch entsteht ein gebundener Anspruch aus Art. 3 I GG i.V.m. Selbstbindung der Verwaltung.

Damit bildet Art. 3 I GG eine zentrale Grundlage für die Gleichbehandlung vor dem Gesetz und schützt vor willkürlicher staatlicher Differenzierung. Als Grundrecht und damit Recht von Verfassungsrang ist er bei jedem staatlichen Handeln zu berücksichtigen.

Beispiel

  • Eine Regelung, die Alleinerziehenden höhere Sozialleistungen gewährt als verheirateten Eltern, könnte sachlich gerechtfertigt sein, da Alleinerziehende in der Regel eine höhere wirtschaftliche Belastung tragen.

  • Ein Numerus Clausus (NC) für die Zulassung zu einem Studiengang kann ebenfalls auf Art. 3 I GG geprüft werden. Die Ungleichbehandlung von Bewerbern mit unterschiedlichem Abiturschnitt ist nur dann zulässig, wenn sie auf objektiven und sachlichen Kriterien wie der Studienkapazität und dem Bildungsniveau basiert.

IV. Besondere Gleichheitssätze

Die besonderen Gleichheitsrechte konkretisieren inhaltlich den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG und schützen bestimmte Gruppen vor Diskriminierung in spezifischen Kontexten. Während der allgemeine Gleichheitssatz eine umfassende und flexible Gleichbehandlung fordert, erfassen die besonderen Gleichheitsrechte Ungleichbehandlungen aufgrund bestimmter Merkmale, die besonders schützenswert sind. Sie sind eigenständige Rechte und leges speciales gegenüber dem allgemeinen Gleichheitsgrundrecht.

Die besonderen Gleichheitsrechte sind in Art. 3 II und III GG sowie in weiteren Grundrechten verankert und verbieten insbesondere Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Glauben, religiösen oder politischen Anschauungen sowie Behinderungen. Diese speziellen Gleichheitsrechte stellen sicher, dass bestimmte Differenzierungen, denen eine besonders hohe Gefahr für Diskriminierungen innewohnt, nur unter strengsten Voraussetzungen zulässig sind.

Die wichtigsten besonderen Gleichheitssätze sind:

1. Gleichberechtigung von Mann und Frau, Art. 3 II GG

Art. 3 II GG garantiert die Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Satz 1) und verpflichtet den Staat, die tatsächliche Gleichstellung in allen Lebensbereichen zu fördern (Satz 2). Art. 3 II 1 GG stellt dabei ein relatives Gleichheitsrecht dar und Art. 3 II 2 GG ist eine darauf aufbauende Staatszielbestimmung.

Merke

Wiederholung: Eine Staatszielbestimmung ist eine rechtliche Vorgabe, die in der Verfassung eines Staates festgelegt ist und die Ausrichtung des staatlichen Handelns in einem bestimmten Bereich vorgibt. Sie legt fest, welche Ziele der Staat verfolgen soll, ohne dabei konkrete, einklagbare Rechte für den Einzelnen zu schaffen. Stattdessen richtet sie sich an die Staatsorgane (vor allem Gesetzgeber und Regierung) und gibt ihnen die Verpflichtung, bestimmte Werte oder Aufgaben bei ihrem Handeln zu berücksichtigen.

Dem Wortlaut nach würde man Art. 3 II 1 GG grundsätzlich als absolutes Gleichheitsrecht verstehen. Dies sieht das Bundesverfassungsgericht aber anders. Eine Rechtfertigung ist diesem nach (nur) möglich, wenn die Ungleichbehandlung zur Lösung von Problemen zwingend erforderlich ist, die ihrer Natur nach nur bei Frauen oder Männern auftreten können, oder durch kollidierendes Verfassungsrecht. Dabei müssen die Probleme allein auf biologischen Unterschieden beruhen. Funktionale Unterschiede dagegen sind nicht rechtfertigbar und damit unzulässig. Funktionale Unterschiede sind Unterschiede, die sich nicht aus biologischen Gegebenheiten, sondern aus sozialen Rollen, Aufgabenverteilungen oder gesellschaftlichen Funktionen ableiten.

2. Diskriminierungsverbot wegen Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, Art. 3 III 1 GG

Art. 3 III 1 GG verbietet jede Benachteiligung oder Bevorzugung aufgrund von Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft. Dies zielt darauf ab, den Schutz vor rassistischer und ethnischer Diskriminierung zu gewährleisten.

Ein Verstoß liegt hier nur vor, wenn die Ungleichbehandlung gerade oder nur wegen eines der genannten Merkmale erfolgt.

Definition

Abstammung = biologische Beziehung zu Vorfahren

Rasse = vererbliche Eigenschaften

Heimat = örtliche Beziehung zur Umwelt

Herkunft = die soziale Stellung oder das Umfeld, aus dem eine Person stammt (sozial) und kulturelle oder ethnische Zugehörigkeit, ohne sich jedoch direkt auf die Nationalität oder Staatsangehörigkeit zu beziehen (ethnisch)

Die einzigen Möglichkeiten, Differenzierungen in diesem Bereich vorzunehmen, wäre einerseits eine positive Förderung (z. B. im Sinne der Förderung von Gleichstellung oder der Beseitigung bestehender Nachteile), die jedoch darauf abzielt, bestehende Ungleichheiten auszugleichen und gerade nicht diskriminierend zu wirken. Solche Maßnahmen dienen der Gleichstellung und nicht der Benachteiligung und sind daher mit dem Schutzgedanken von Art. 3 III 1 GG vereinbar.

Beispiel

Förderung kultureller Minderheiten

Zum anderen sind in den Fällen kollidierenden Verfassungsrechts die gegenüberstehenden Interessen im Rahmen der praktischen Konkordanz in Einklang zu bringen.

3. Diskriminierungsverbot wegen Glauben und religiöser oder politischer Anschauung, Art. 3 III 1 GG

Art. 3 III 1 GG schützt vor Ungleichbehandlungen aufgrund von religiösen oder politischen Überzeugungen. Die Neutralitätspflicht des Staates gebietet, dass staatliche Institutionen keine Person aufgrund ihrer Glaubensrichtung oder politischen Meinung benachteiligen oder bevorzugen.

Beispiel

Ein Arbeitgeber lehnt die Bewerbung einer qualifizierten Bewerberin ab, weil sie ein Kopftuch aus religiösen Gründen trägt. Der Arbeitgeber begründet die Ablehnung damit, dass religiöse Symbole in seinem Unternehmen unerwünscht seien, da dies angeblich das Erscheinungsbild der Firma beeinträchtigen könnte.

Hier ist eine Rechtfertigung ebenfalls nur durch positive Förderung oder kollidierendes Verfassungsrecht möglich.

4. Diskriminierungsverbot wegen einer Behinderung, Art. 3 III 2 GG

Art. 3 III 2 GG untersagt die Benachteiligung von Menschen mit Behinderung. Der Staat ist verpflichtet, die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in allen Bereichen des Lebens sicherzustellen. Diese Schutzvorschrift hat zu umfassenden Maßnahmen im Bereich der Barrierefreiheit und Inklusion geführt, um eine Benachteiligung aufgrund einer Behinderung auszugleichen. Hier besteht also ebenfalls neben der Funktion als Abwehrrecht auch eine Funktion als Leistungsrecht des Grundrechts.

Beispiel

Ein Busunternehmen betreibt eine Busflotte, bei der kein einziger Bus für Rollstuhlfahrer zugänglich ist und bietet auch keine Alternativen für den Transport von Menschen mit Mobilitätseinschränkungen an.

Dies könnte gegen Art. 3 III 2 GG verstoßen, da Menschen mit Behinderung dadurch benachteiligt werden. Der öffentliche Nahverkehr muss so gestaltet werden, dass er für alle Menschen zugänglich ist.

5. Weitere besondere Gleichheitsrechte

Neben den genannten gibt es eine Vielzahl weiterer besonderer Gleichheitsrechte:

  • Art. 6 V GG: “ Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.”

  • Art. 33 I GG: Gleichbehandlung innerhalb der Bundesländer

  • Art. 33 II GG: Gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern

  • Art. 33 III GG: Klarstellung bezüglich Art. 4, Art. 3 II GG

  • Art. 38 I 1 GG: Gleichheit der Wahl

  • Art. 3 I GG i.V.m. Art. 21 GG analog: Chancengleichheit der Parteien

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