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Zivilrecht

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Vertragliche & quasivertragliche Schuldverhältnisse

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Geschäftsführung ohne Auftrag

Einführung in die Geschäftsführung ohne Auftrag

Teilgebiet

Vertragliche & quasivertragliche Schuldverhältnisse

Thema

Geschäftsführung ohne Auftrag

Tags

Geschäftsführung ohne Auftrag
GoA
Gesetzliche Schuldverhältnisse
Fremdgeschäftsführungswille
Echte GoA
Unechte GoA
Berechtigte GoA
Unberechtigte GoA
Angemaßte Eigengeschäftsführung
Gefälligkeit
§ 662 BGB
§ 670 BGB
§ 675 BGB
§ 677 BGB
§ 678 BGB
§ 679 BGB
§ 680 BGB
§ 681 BGB
§ 682 BGB
§ 683 BGB
§ 684 BGB
§ 685 BGB
§ 686 BGB
§ 687 BGB
Gliederung
  • I. Begriff der Geschäftsbesorgung

  • II. Verschiedene Konstellationen 

    • 1. Wissentlich und willentlich für einen anderen, § 677 BGB

    • 2. Der Geschäftsführer führt ein fremdes Geschäft als ein eigenes, § 687 BGB 

Bei der Geschäftsführung ohne Auftrag (kurz: GoA) besorgt jemand ein Geschäft für einen anderen, ohne von diesem beauftragt oder sonst dazu berechtigt zu sein. In diesem Fall entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis nach den §§ 677 ff. BGB

Die Geschäftsführung ist stets subsidiär gegenüber allen anderen Rechtsbeziehungen, die zu einer Geschäftsführung berechtigen oder verpflichten (z. B. Dienstvertrag, Werkvertrag, Auftrag). 

Merke

Hierin liegt auch der Grund dafür, dass vertragliche Ansprüche in der Prüfungsreihenfolge vor quasivertraglichen Ansprüchen (wie der GoA) geprüft werden. Liegt nämlich eine vertragliche Abrede in Bezug auf die Geschäftsführung vor, ist eine Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677 ff. BGB stets ausgeschlossen.

Der Geschäftsherr ist derjenige, in dessen Rechts- und Interessenkreis das entsprechende Geschäft grundsätzlich liegt. 

Der Geschäftsführer ist derjenige, der die Geschäftsführung im konkreten Einzelfall an sich genommen hat, obwohl das Geschäft nicht in seinem Rechts- und Interessenkreis liegt. 

Die Regelungen der §§ 677 ff. BGB sollen einen interessengerechten Ausgleich zwischen Geschäftsherr und Geschäftsführer ermöglichen. 

  • Der Geschäftsherr soll vor unerwünschten, aufdringlichen, eigennützigen oder inkompetenten Geschäftsführern geschützt werden (§§ 677 – 682 BGB). Er allein soll darüber entscheiden, ob er sich die fremde Geschäftsführung zunutze machen will.

  • Der Geschäftsführer soll seine Aufwendungen, die er zum Zwecke der Geschäftsführung getätigt hat, ersetzt erhalten (§§ 683 – 686 BGB). 

Immer, wenn jemand eine Handlung vornimmt, deren Vornahme eigentlich einem anderen obliegen würde, solltest du gedanklich an die Geschäftsführung ohne Auftrag denken. Typische Konstellationen einer GoA sind: 

  • das Bekämpfen eines Brandes für einen anderen (= grundsätzlich obliegt es dem Eigentümer, eine in Brand geratene Sache zu löschen und sie vor Zerstörung zu bewahren)

  • der Verkauf einer fremden Sache (= grundsätzlich obliegt es dem Eigentümer, über seine Sachen zu verfügen)

  • das Abschleppenlassen eines fremden Fahrzeugs (= grundsätzlich obliegt es dem Halter eines Fahrzeugs, darüber zu entscheiden, wie und von wem das Fahrzeug genutzt wird)

I. Begriff der Geschäftsbesorgung

Grundvoraussetzung für eine Geschäftsführung ohne Auftrag ist stets das Vorliegen einer Geschäftsbesorgung. 

Eine Geschäftsbesorgung i.S.d. § 677 BGB ist eine Tätigkeit jeder Art, egal ob rechtsgeschäftlich, wirtschaftlich oder rein tatsächlich. Nicht ausreichend ist jedoch ein bloßes Dulden oder Unterlassen.

Beispiel

Typische Beispiele für eine Geschäftsbesorgung sind der Abschluss von Rechtsgeschäften, das Hilfeleisten tatsächlicher Art, das Abschleppen eines PKWs, die Begleichung von Schulden oder die Beseitigung von Beeinträchtigungen. 

Diese Definition der Geschäftsbesorgung ist nicht ohne weiteres auf andere Konstellationen übertragbar: 

  • Eine Geschäftsbesorgung i.S.v. § 662 BGB (Auftrag) ist identisch mit einer Geschäftsbesorgung nach § 677 BGB.

  • Hingegen gilt für § 675 BGB ein enger Geschäftsbesorgungsbegriff. Danach kann eine Geschäftsbesorgung ausschließlich in der „selbstständigen Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen“ liegen.

Dadurch, dass der Begriff der Geschäftsbesorgung im Rahmen von § 677 BGB derart weit ist, wird bei der Prüfung, ob eine Geschäftsbesorgung vorliegt, in aller Regel kein Problem auftauchen.

Ein wichtiger Ausnahmefall liegt jedoch bei einer alltäglichen Gefälligkeit vor. Bei einer reinen Gefälligkeit fehlt es am Rechtsbindungswillen. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, dürfen bei einer reinen Gefälligkeit nicht die §§ 677 ff. BGB herangezogen werden.

Beispiel

Die E spielt in der Fußballmannschaft des Vereins V. Die Oma O von E übernimmt gelegentlich (ohne Vereinbarung einer Gegenleistung) die Fahrt der Spielerinnen zu Auswärtsspielen. Auf einer Fahrt erleidet O einen Unfall, bei dem ihr Auto erheblich beschädigt wird. O verlangt Ersatz für den Schaden von V.

  • Ein Anspruch aus § 670 BGB scheitert am fehlenden Rechtsbindungswillen 

  • Ein Anspruch aus §§ 677, 683 S. 1, 670 BGB scheidet ebenfalls aus, da kein Geschäft vorliegt, wenn es sich um eine Alltagsgefälligkeit handelt

II. Verschiedene Konstellationen 

Bei der Geschäftsführung ohne Auftrag sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden.  Zunächst ist entscheidend, ob der Geschäftsführer bei seiner Geschäftsführung mit dem Willen gehandelt hat, ein Geschäft für einen anderen zu besorgen (namentlich: ob er Fremdgeschäftsführungswillen hatte). Dies ist maßgeblich für die Frage, ob es sich um eine echte oder eine unechte Geschäftsführung ohne Auftrag handelt. 

1. Wissentlich und willentlich für einen anderen, § 677 BGB

Hat der Geschäftsführer bei der Geschäftsbesorgung mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt, liegt eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 677 BGB vor.  

Weiterhin ist zu unterscheiden, ob die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn entsprach oder nicht. 

  • Entsprach die Geschäftsführung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, liegt eine echte berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 683 BGB vor. 

  • Lag die Übernahme der Geschäftsführung hingegen nicht im Interesse und Willen des Geschäftsherrn, liegt eine echte unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 684 BGB vor. 

2. Der Geschäftsführer führt ein fremdes Geschäft als ein eigenes, § 687 BGB 

Handelt der Geschäftsführer bei der Geschäftsbesorgung ohne Fremdgeschäftsführungswillen und will er das Geschäft als ein eigenes führen, liegt eine unechte Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß § 687 BGB vor. 

Hierbei ist zu unterscheiden, ob dem Geschäftsführer die Fremdheit des Geschäfts bewusst ist oder nicht. 

  • Nimmt der Geschäftsführer irrig an, es handele sich um ein eigenes Geschäft, liegt eine irrtümliche Eigengeschäftsführung nach § 687 I BGB vor. Gemäß § 687 I BGB finden die §§ 677 ff. BGB keine Anwendung, sodass kein Fall einer Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt. 

  • Führt der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft mit dem Wissen um die Nichtberechtigung, handelt es sich um eine angemaßte Eigengeschäftsführung gemäß § 687 II BGB. 

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